Der Abg. Wirth hat gestern Bezug genommen auf die Jahre 1922| und 1923. Damals hat im Westen und Osten das Schicksal des Deutschen Reiches an einem Faden gehangen. Aber wenn damals nicht die Anhänger meiner Partei auf der Wacht gestanden hätten, dann würde heute das Deutsche Reich nicht mehr egiffieren.( Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Gegenüber den Hand lungen des von Ihnen so gefeierten Schlageter haben sich die Arbeiter ein ganz anderes Verdienst um das Reich erworben.( Auf der Rechten erhebt sich großer Lärm.) Der Redner erklärt: Diese aktivistische Agitation von der Art Schlageters hat das Reich an den Rand des Verderbens gebracht.( Lebhafte Zustimmung.) Bir haben durch den Abg. Seidemann unsere Beschwerden über
die Zustände bei der Reichswehr vortragen lassen.
Wir haben das getan, weil eine rasche Klärung über die Frage der Reichswehr herbeigeführt werden muß und weil wir berechtigte Zweifel haben, ob alle Regierungsparteien die ernste Absicht haben, sich in dieser Kernfrage mit uns zu einigen. Die Nationalliberale Korrespondenz" hat den Bericht der Königsberger Allgemeinen Zeitung" über die Rede des Abg. Dr. Scholz in Insterburg wiedergegeben und dort wurde erklärt, daß eine Große Koalition mit der Sozialdemokratie infolge der Frage des Arbeitszeitgefeßes und der Reichswehr unmöglich sei.( hört, hört links.) Die Angriffe auf die Reichswehr seien unerträglich. Der Redner verweist demgegenüber auf die Protokolle der Reichstagsverhandlungen hin, aus denen sich ergeben würde, daß die Sozialdemokratie niemals zu Unrecht Angriffe auf Zustände in der Reichs wehr erhoben habe. Wenn aber der Führer einer der wichtigsten Regierungspartei sich so äußert, so haben wir das ernst zu nehmen. Wir haben der Regierung nur einen Teil des Mate= rials übermittelt, das wir in Händen haben und davon hat wiederum der Abg. Scheidemann nur den kleinsten Teil Dorgetragen. Der Reichskanzler hat gestern erklärt, daß eine vorläufige Nachprüfung des Materials ergeben habe, daß ein großer Teil falsch fei. Dafür haben wir noch den Nachweis zu erwarten. Bis dahin legen wir aber den Nachdruck auf das Wort ,, vorläufig".
Herr Koenen hat sich die Sache einfacher gemacht und alles als Schwindel bezeichnet. Haben Sie( zu den Kommunisten) aber verGesien, was die Abg. Frau 3ettin am 27. November 1925 im Reichstag gesagt hat: Wer den Frieden will, der muß das Bündnis mit der Sowjetunion als der ersten Friedensmacht der Welt suchen. Unter Umständen muß ein Zusammenarbeiten zwischen Reichswehr und Rotarmisten erfolgen.( Lebhaftes Hört, hört! bei den Sozialdemokraten. Lärm bei den Kommunisten.)
Die Prüfung des von dem Abg. Scheidemann vorgetragenen Materials möge doch im Auswärtigen Ausschuß vorge nommen werden; dessen Vorsitzender der Abg. Her gt fann sich ja deswegen mit dem Reichsaußenminister in Verbindung feßen. Im Ausschuß können die Einzelheiten durchgesprochen werden und die Regierung fann dann Auskunft darüber geben, was daran wahr ist und was nicht.
Das eine ist aber jetzt schon flar: In Rußland gibt es überhaupt keine Geheimnisse. Wenn deutsche . Offiziere sich mit Rußland in Verbindung sehen, dann weiß man das nicht nur bald in Berlin , sondern auch in London und Paris . Vielleicht kann Herr Stresemann auch darüber einige Auskünfte geben. Im Inland aber ebenso wie im Ausland hat man den Eindruck, daß endlich Schluß gemacht wird mit Methoden, die sich mit Locarno und mit dem Völkerbund nicht mehr vertragen.( Lebhafte Zustimmung links.)
Das Mißtrauensvotum.
Nach weiteren Ausführungen über die Reichswehr fam Genosse Müller, den die Zuhörerschaft von mehreren Hundert Abgeord neten und Regierungsvertretern in gespanntester Aufmerksamkeit umsteht, zur
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Begründung des von unserer Fraktion eingebrachten Mißtrauensantrag. Er erklärte, daß sowohl in unserer Fraktion wie beim Zentrum und bei den Demokraten gerade in den letzten Tagen mehr Anhänger der Großen Koalition vorhanden gewesen seien als jemals vorher. Wenn trotzdem das Mißtrauensvotum eingebracht wurde, so des= halb, weil die sozialdemokratische Fraktion das allergrößte Mißtrauen gegen die Haltung der Deutschen Wolfspartei hat.
Als der Reichskanzler vor mehreren Wochen in Uebereinstim= mung mit den Regierungsparteien jene Verhandlungen einleitete, die schließlich die Große Koalition herbeiführen und durch die
Die lustigen Weiber von Windsor . ( Städtische Oper.)
Sie hieß Maria Ivo gün. Das fedeste Weibchen der durch Shakespeare und eine leckere Suppe berühmt gewordenen Stadt. Sie schminkt sich nicht in ein Gesichtchen von blendender Unschuld Sie schminkt sich nicht in ein Gesichtchen von blendender Unschuld hinein, fie tut nicht so, als schmolle sie, als fofettiere sie, als führe fie einen Dickwanst an der Nase herum, als spiele sie mit ihrem eifersüchtig aufbegehrenden Mann. Nein, all das macht sie nicht, sondern sie findet die Töne von Liebe, Eifersucht, spielt Koketterie, Lustigkeit, Schelmerei aus ihrem echtesten, wahrsten Temperament heraus. Ihr Theatertum wächst aus ihrer Natur heraus. Diese Joogün ist einzig auf der deutschen Opernbühne. Ihr Gesang, lieblich und süß und glockentönend, ist Beigabe. selbstverständliche, föstlichste Zugabe eines lebenswarmen, wahrhaftigen Spiels; ihr Singen leidet nicht an der reizendsten Beweglichkeit ihres Körpers, ihre Gesten werden nicht steif und subaltern unter dem Hauch der glänzendsten Koloratur. Zerbinetta, Norma, Frau Fluth- diese Dreieinigkeit von Liebenswürdigkeit, Schaltheit, Stimmenglanz sei gepriesen. Sie geht nicht, sie schwebt. Sie lacht nicht, sondern es lacht aus ihr. Sie macht nicht Szenen, sondern die Szene lebt von ihr. Am köstlichsten im Monolog, da sie die Begegnung mit Falstaff vorwegspielt. Hier vergißt sie nicht die kleinste Pointe der Gebärde, des Ausdrucks, so stark suggestiv, daß wir schon den Koloß des Falstaff nben ihr auf dem Sessel erblicken. Und noch einmal wird die Joogün groß humorvoll, in der Eifersuchtsszene. Selbst ihre förperliche Kleinheit nutzt sie froh und feck zu einem Witz aus, fie springt im luftigsten und doch sauber gesungenen Juchzer dem drohenden, schwörenden Gatten an die Finger. Zum Schluß wie zu Anfang ist sie das Zentrum einer komischen Oper, die so reich ist an Schönheiten der Musik, daß sie sich sogar einen Ausflug in das Gefilde der Ehemoralität gestatten darf. Die Joogün droht mit dem Fingerchen. Und alle gehörnten, geprügelten, betrogenen, hintergangenen Männer des Parketts möchten dieses Fingerchen füssen , selbst wenn sie tausendmal wüßten, daß es ihnen nur eine Nase dreht.
Diese Frau Fluth- Jvogün ist vielleicht ein Geschöpf Walters. Aber man merkt es nicht mehr. Die beiden haben denselben Atem, dasselbe Tempo, den gleichen Geist für leichtlustige Motive, fie geben einander und nehmen von einander dieselben Kräfte des musikantisch besten Ausdrucks. Die Liebe, mit der Walter zartgeschmeidige, wie polterndhumorvolle Dinge aus dem Orchester heraushebt, ist beglückend. Er scheidet genau Romantik und Groteske, Versteckternstes und Offenluftiges von einander. Die Welt Falstaffs ist orchestral und regiemäßig eine andere als die des Bürgerhauses Fluth. Und ganz zum Schluß meldet sich der Weberton, der Walter für Oberon, Euryanthe , Freischütz begeistert macht. Er vermittelt eine Partitur, die an Einfällen so reich ist wie( außer Weber) feine feit Mozart, die an Ebenheit. Zartheit, Lichtheit, Glanz der Arien und Ensembles auch heute noch( und immer wieder) ihresgleichen sucht.
Bildung einer ficheren Mehrheit den jezigen unleiblichen Zustand beseitigen sollte, desavouierte Herr Scholz den Reichsfanzler, indem er erklärte, die Regierungsparteien hätten den Reichskanzler zu solchen Verhandlungen nicht ermächtigt, auch nicht dazu, über alle Verhandlungsgegenstände zuerst mit den Sozialdemokraten zu verhandeln. Dazu kam dann die Insterburger Rede und manches andere, so daß der Sozialdemokratischen Fraftion eine vollständige Umbildung der Reichs regierung sowohl in fachlicher wie auch in persönlicher Hinsicht unerläßlich erschien.
J
Um die Klarheit herbeizuführen, habe die sozialdemokratische Fraktion ein Vorgehen eingeschlagen, dessen Beweggründe sie hiermit dargelegt habe. Sie werden die Motive nicht in Frage stellen oder in Zweifel ziehen lassen.
Damit schloß unter dem lebhaftesten Beifall der sozialdemokratischen Fraktion, aber auch verschiedener Mitglieder der anderen republikanischen Parteien, die Rede Hermann MülBei Schluß des Blattes spricht der Kommunist Roedel.
Iers.
Marx und Westarp bei Hindenburg . Reichspräsident v. Hindenburg empfing heute vormittag den Reichskanzler Dr. Marr zum Bericht über die innerpolitische Lage sowie ferner den Borsigenden der Fraktion der Deutsch nationalen Boltspartei Grafen Westarp.
Hugenbergsche Mordhehe.
Im Lokalanzeiger" schreibt Herr Johannes B. Harnisch gegen Scheidemann :
Man denke: Herr Scheidemann fabelte da von der Mordorganisation der OC.; fabelte davon in einer Rede, die ihm, wenn es eine folche Mordorganisation gäbe, mit födlicher Sicherheit das Schidfal eingetragen hätte,„ abgefilit" zu werden. Ein Held also? Ach nein, Herr Scheidemann ist alles andere als ein Held. Wenn er nur im entfernteſten argwöhnte, es möchte so etwas wie eine rächende Feme geben, er hätte sich wohlweislich gehütet, zu sagen, was er gestern gesagt hat. Wie er sich ebenso wohl gehütet hätte, seinen LandesDerrat außerhalb des Schutzes der Abgeordnetenim munität zu begehen.
Diese Sätze sind so erbärmlich wie verbrecherisch. Sie enthalten eine unverhohlene Aufforderung zum Mord.
Genosse Scheidemann weiß aus eigener Erfahrung, daß es eine Mordorganisation DC. gibt. Nur ein glücklicher Zufall hat ihn von dem Tode durch Mörderhand bewahrt. Trotzdem hat er das Anffagematerial gegen die Reichswehr im Reichstage vorgetragen!
Herr Johannes W. Harnisch, der Pressechef der Rapp- Regierung, war eine der fläglichsten Gestalten des Kapp- Butsches. Es steht ihm gut an, den Genossen Scheidemann des Landesverrats zu zeihen. Das Urteil dieses Hochverräters zeigt, welchem Geiste der gegen Scheidemanns Rede emperlodernde Haß entspringt.
Der gesehwidrige Stahlhelm. Auflösung einer Kreisgruppe wegen militärischer Betätigung.
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Der preußische Innenminister hat auf Grund des§ 1 des Gesetzes vom 22. März 1921 die Kreisgruppe Grotttau, Regie rungsbezirk Oppeln , des ,, Stahlhelm " und des Jung Stahl helm" einschließlich sämtlicher Ortsgruppen dieser Vereine im Kreise Grottfau mit 3ustimmung der Reichsregierung auf gelöst. Alle Militärwaffen der Bereinigung sowie alle Gegenstände der Bereinigung oder ihrer Mitglieder, die den unzuläffigen 3weden unmittelbar gedient haben, werden zugunsten des Reiches beschlagnahmt und eingezogen. Die Durchführung dieser Maßnahme ist Aufgabe der örtlichen Polizeiverwaltungen. Aus der Begründung teilt der Amtliche Preußische Pressedienst folgendes mit: Der Führer des„ Stahlhelm" und des„ Jung- Stahlhelm" im Streise Grottfau hat die Mitglieder dieser Vereine wiederholt im Gebrauch von Kriegswaffen praktisch ausgebildet und mit ihnen militärische Uebungen abgehalten. Dies wird durch das eigene Geständnis von Mitgliedern der Vereine in Verbindung mit den aufgefundenen Militärwaffen bewiesen.
Falstaff: Anton Baumann, feist und sinnlich, breit und lachend. Seines Basses Tiefe fehlt der Kellerton; Fluth: Wilhelm Guttmann, mit Elektrizität geladen, beherrscht und doch lodernd; Jungfer Anna: Jülich de Vogt, allzu blaß und fleinmädchenhaft, mit der Stimme nicht recht vorwärtskommend( in ihrer großen Szene. aber tapfer durchhaltend); Frau Reich: Emma Baßth, geschickt sekundierend den Schwänten der Nachbarin. Und die anderen alle, die dem lustigsten Weib von Windsor etwas von Laune und Humor
ablauschten.
Die Möglichkeit, über den Ozean zu sehen. Der Chefingenieur der ,, Generalelektric und Radio- Korporation" Dr. Alexanderson hielt in dem American- Institut of Elettric al Engeneers einen Vortrag über eine neue Erfindung, durch die es möglich sei, tatsächlich über den Ozean zu sehen. Er nennt die Er findung den Televisor( Fernseher). Es ist bekannt, daß in letzter Zeit besonders in Deutschland die Kunst des Fernsehens fehr weit vervollkommnet worden ist, ohne daß allerdings dieses Fernsehen bereits vollkommnet worden ist, ohne daß allerdings diefes Fernsehen bereits praktisch derart durchgeführt worden ist, daß es möglich ist, jeden Vorgang auf viele Meilen weit zu sehen. Es ist Alexanderson nach seinen Worten gelungen, mit feiner Maschine 16 Bilder in der Sekunde vorzuführen, so daß der Eindruck eines lebenden Bildes entsteht, wie er uns auf dem Film übermittelt wird. Sein Apparat stellt nicht eine Neuerung dar, sondern er ist offenbar völlig auf den Grundsätzen der deutschen Erfindung aufgebaut. Es war von vornherein anzunehmen, daß mit Hilfe der Technik Mittel und Wege gefunden werden, das Fernsehen so weit zu verwirklichen, daß es überall und jederzeit ermöglicht wird, nachdem einmal das Prinzip des Fernsehens durch Carolus gefunden worden war. Wir haben be: allen bedeutsamen technischen Erfindungen der neueren Zeit die Erfahrung gemacht, daß der erste Schritt zur Verwirklichung der Erfindung sehr schwer ist, daß es aber nur eine Frage der Zeit sei, die Mängel der ersten Erfindung soweit zu verbessern, daß nicht nur brauchbare, sondern auch für den Massenbetrieb geeignete Maschinen hergestellt werden. Aehnlich ist auch die Entwicklung des Fernsehens zu erwarten.
Die Forderung ging dahin, eine Maschine zu bauen, die jederzeit und überall in Tätigkeit gefeßt werden kann und die Möglichkeit einer regelmäßigen und gleichzeitigen Uebermittelung entfernter Bilder gibt. Die Entfernung felbft spielt dann keine Rolle und es ist dem Erfinder durchaus zu glauben, daß er mit seinem Apparat über den Dzean und auf Entfernungen von 10 000 Kilometern und mehr zu sehen imftande ist. Ist einmal erst dieser Fortschritt tatsächlich erzielt, dann ist nicht daran zu zweifeln, daß wir in Deutschland in der Lage sein werden, von hier aus Theatervorstellungen in Amerika bejzuwohnen. Heute hört sich diese Nachricht noch etwas phantastisch an. Man darf aber nicht vergessen, daß es mindestens ebenso phantastisch auf dem dargestellt wurde, wie man aus den verschiedensten Leitungen, war, als vor wenigen Jahrzehnten ein Wigblatt ein Bild brachte, die nach Art der Wasserleitungen dargestellt waren. Mufit aus fernen Städten und Ländern bezieht. Diese Faschingsnachricht ist inzwischen vollendete Wirklichkeit geworden. Etwas ähnliches bereitet sich offenbar
Aus Habsburgs Tagen. Die t. und f. Gewalthaber und die Kriegsschuldfrage.
Eine sehr geschäftige und betriebsame Propaganda, die die Machthaber des wilhelminischen Deutschland und auch die der Donaumonarchie von jeder Verantwortung am Ausbruch des Welt friegs reinwaschen möchte, hat, um mit dem Ei zu beginnen, sich in diesem Jahre eifrig mit dem Attentat von Sarajewo befaßt und ver sucht, der serbischen Regierung die Mitschuld an der Ermordung Franz Ferdinands aufzubürden. Da diese Unschuldspropa ganda mittelbar auch republikfeindliche Ziele verfolgt, ist es ange bracht, von Zeit zu Zeit ihre Karten aufzudecken. Ausschlußreich sind in diesem Zusammenhang etliche Urkunden, die Prof. Schurmin in den Aramer" Novosti" veröffentlicht. Die erste ist ein streng vertraulicher Privatbrief des ungarischen Ministerpräsidenten Grafen Tisza an den Banus von Kroatien Sferlec 3 vom 10. Juli 1914, m dem er um fonkrete Angaben über„ jene Machinationen" bittet, ,, die von Serbien aus gegen uns gerichtet sind und die Handlungen oder Verfäumnisse der serbischen amtlichen Kreise gegen uns be weisen"; vor allem ersucht er um Angaben, die Tatsachen schwererer Natur" enthalten. Vom gleichen Tag, dem 10. Juli 1914, stammt ein ebenfas privat gehaltenes Telegramm des österreichischungarischen Außenministers Grafen Berchtold an Skerlecz:
Geheim! Ersuche ich mir tunlichster Beschleunigung verläßliche fontrollierte Tatsachen aus den letzten Jahren mitzuteilen, aus denen eine von Serbien nach der Monarchie getragene großserbische Propaganda erwiesen werden kann. Leider waren die Angaben, die der Banus zwei Tage später an Tisza wie an Berchtold schickte, mehr als dürftig; sie bezogen sich auf einen in Bosnien 1908 verbreiteten Wandkalender, auf dem Das Wappen Serbiens von den kroatischen, slawonischen, syrmischen und bosnischen Emblemen umgeben war, auf einen 1912 in Karlowig gehaltenen Vortrag des Direktors der serbischen Staatsdruckerei, der, formal unanfechtbar, in seiner Tendenz den Stempel der Propa ganda trage, auf die geographische Karte eines Belgrader Frauenvereins, die Kroatien und Slawonien , Bosnien und Herzegowina , Batschka und Banat als serbische Länder zeigte und auf ähnliches mehr. Das ganze Material hielten selbst die f. und f. Gehalthaber für so kläglich, daß sie es mit Ausnahme eines Hinweises auf den Karlowitzer Vortrag nicht in das doch hinreichend lückenhafte Memorandum aufnahmen, mit dem sie das Ultimatum an Serbien vor Europa rechtfertigen wollten.
Aber das Interessanteste ist das Datum der an den kroatischen Banus gerichteten Bitten. Sofort bei der Nachricht vom Attentat, ehe er von den Tätern das Geringste weiß, ist der Generalstabschef Konrad von Högendorf zum Schlag gegen Serbien entschlossen, am 30. Juni äußerst Berchtold zum erstenmal die gleiche Absicht und am 7. Jüli legt sich die gemeinsame Ministerratsfizung auf den Krieg fest. Und dann erst, am 10. Juli, fängt man gemächlich an, sich nach Material umzusehen, mit dem man den bereits feststehenden Krieg vielleicht euch begründen könnte!
Sturz der volkssozialistischen Regierung. Memel , 17. Dezember. ( WTB.) Heute nach: 3 Uhr wurde die bisherige Regierung in Kowno geftürzt und festgenommen. Sueto na soll die Zügel der neuen Regierung fest in der Hand haben. Das Militär steht auf seiten der neuen Regierung. Ueber Litauen ist der Kriegszustand verhängt worden.
Suetona, von Beruf Lehrer, ist Führer des linken Flügels der faschistischen Chriftlich- Demokraten.
Königsberg , 17. Dezember. ( WTB.) Der Telephonver= tehr mit Kowno ist gesperrt. Es werden von litauischer Seite nur Staatsgespräche zugelassen.
Das Mörderzeichen als Staatswappen. Das Mussolinische Dea fret, wonach das fascistische Rutenbündel mit der Art Staatszeichen wird, ist in Kraft getreten. Die Beseitigung, Zerstörung oder Vers unstaltung dieses Abzeichens wird mit Gefängnis von 3 Monaten bis 11 Jahren bedroht.
auch auf dem Gebiete des Fernsehens vor, und vielleicht ist die Er findung Alexandersons tatsächlich ein Schritt auf dem Wege zur Er zielung des Fernsehens über den Ozean.
Neue Institute der Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft. der neueste Tätigkeitsbericht der Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft über die Zeit vom Oktober 1925 bis Oktober 1926, ber in den Naturwissenschaften" veröffentlicht wird, macht nähere Mitteilungen über eine Reihe neuer Institute, die teils bereits geschaffen, teils im Entstehen begriffen sind. So wurde zur besseren Erforschung der glastechnischen und feramischen Arbeiten ein Institut für Gilitatforschung ins Leben gerufen. Dem Institut für Biochemie wurde eine Abteilung für Tabatforschung angeliebert, die hauptsächlich Untersuchungen über die Biochemie des Tabaks ausführen soll. Das Institut für Biologie wurde durch eine Gastabteilung für ausländische Gelehrie erweitert. Als erster wurde der dänische Krebsforscher Dr. A. Fischer berufen, um Arbeiten über die normale und pathologische Physiologie der Gewebs. zellen durchzuführen. Darüber hinaus ist ein Institut zur Aufnahme ausländischer Gäste in Aussicht genommen. Durch den bisherigen Raummangel war die Gesellschaft gehindert, ausländische Gelehrte in größerer Zahl als Gäste zu begrüßen, während die Gelehrten der Gesellschaft im Auslande großzügig auf genommen wurden. Auf dem Gebiete der Geisteswissenschaften wird ein Institut für internationales und ausländisches Privatrecht geschaffen, und in München ist die Gesellschaft an dem dort gegründeten Institut für Wasserbau und Wasserkraft maß. gebend beteiligt. Außerdem soll ein Institut für Anthropologie, richtet werden. menschliche Erblichkeitslehre und Eugenit er
Alle Jahre wieder erscheint, von den Lesern bereits sehnsüchtig erwartet, der sozialdemokratische Abreißkalender, den die Vorwärts- Buchdruckerei nun schon seit Jahren herausgibt. ( Preis 2 M.) Troß der großen Fülle der vorhandenen Abreißtalender ist keiner vorhanden, der diesem auch nur entfernt an die Seite zu stellen wäre. Der Vorwärts"-Kalender bietet at ßer den Kalenderangaben täglich ein Bild in Kupfertiefdruck , das irgendein dem modernen Menschen wichtiges Ereignis oder vertraute Gestalten wiedergibt. Auf der Rückseite findet man täglich ein gutgewähltes Gedicht oder eine fieine Sammlung von Zitaten oder eine wichtige Statiſtik aus der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung, Tabellen aus der Volkswirtschaft u. a. Viele unserer Leser haben es flo angewöhnt, diese Schäße nicht fortzuwerfen, sondern nach ver schiedenen Gesichtspunkten zu gruppieren und aufzubewahren. Sie tun gut daran und werden auch in diesem Jahr viel Verwertbares finden.
Ein Theatersfandal in Prag . Ein Theaterffandälchen gab es Donners Dame aus der Wiener Gesellschaft, eine blutige Dilettantin, die von Ge tag im Neuen Deutschen Theater in Biag beim ersten Auftreten Jan Riepuras. Kiepura batte als Tosca seine Gattin mitgebracht, eine fangs und Schauspielkunft feine Ahnung hat. Das Bubitum wehrte sich mit Recht energisch geaen solches Theaterspiel, sodaß die Vorstellung unter 3ischen und Pfeifen mit einem Standal endete.