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Nr. 597+43. Jahrgang

2. Beilage des Vorwärts

Wege des deutschen Chemiekapitals.

Weltwirtschaftliche Umschau.

Während des Krieges und seitdem sind in fast allen Industrie-| tives darüber berichtet wurde. Die Deffentlichkeit ist heute wie bei ländern, vornehmlich in den Vereinigten Staaten , England, Frank- der Schwerindustrie auch für die chemische Industrie auf weitgehende reich, Italien und Japan , mit Staatshilfe große chemische Industrien internationale Bindungen gefaßt. Die Berreißung der entstanden, welche für manche chemischen Artikel den Inlandsbedarf Monopollage der deutschen chemischen Industrie drängt das deutsche vollständig zu decken vermögen, ja noch Ausfuhrüberschüsse aufweisen. ständigung. Für eine solche sind die chemischen Industrien der wie auch das ausländische Chemiekapital auf den Weg einer Ber­Demgegenüber ging die deutsche Farbenproduktion von 270 Millionen Pfund im Jahre 1913 auf gegenwärtig 150 Millionen bereits reif. Vereinigten Staaten, Englands und Frankreichs zurüd. Wenn die deutsche chemische Industrie troß dieses Rück­ganges heute einen noch wichtigeren Faktor der deutschen Wirtschaft darstellt als vor dem Kriege, so hat sie dies der Eroberung neuer Produktionsgebiete zu verdanken. In der Herstellung von fynthetischen Produkten vermochte die chemische Industrie in wenigen Jahren solche Fortschritte zu erzielen, wie nicht in Jahrzehnten zuvor. Neben die Produktion von Sprengstoffen, Farben und Arzneimitteln ist die von Stickstoff, Kunstseide, Rohfilmen, Methyl­alkohol usw. getreten, wodurch das Tätigkeitsgebiet der chemischen Industrie außerordentlich erweitert wurde.

Umwälzung in der Kohlenchemie.

Heute steht die deutsche chemische Industrie infolge der phan­tastischen Fortschritte der Kohlenchemie vor Umwälzungen von fast unabsehbarer Bedeutung. Die in Verbindung mit diesen Fortschritten aufgetauchten Bläne und Kämpfe gehören zu den aufregendsten, Dor welche die Entwicklung der Produktionstechnik die Wirtschaft je gestellt hat. Die Delgewinnung aus Kohle, die Ferngasversorgung, neue Verfahren zur Herstellung von flüssigem Ammoniat für Stid­stoff usw., eine grundlegend verbesserte Ausnügung der Kofereigase und die Gewinnung von billigem Wasserstoff sind die Umwälzungen, die heute die Deffentlichkeit lebhaft beschäftigen. Die drei Groß­mächte der deutschen Industrie, Schwerindustrie, Farben­trust und Kaliindustrie, werden sämtlich von diesen Um wälzungen ergriffen. Das Ammoniak des Klöckner- Konzerns, das auf Grund eines neuen Luftstickstoffverfahrens hergestellt werden soll, wird mit dem Kali des Wintershall- Konzerns zu einem Misch­dünger vermengt. Dieses Produkt soll in Konkurrenz zu dem Nitrophosta" treten, dem Mischdünger des Farbentrusts, mit deffen Erzeugung dieser kürzlich begonnen hat. Die im Besitz des Röchling - Konzerns befindliche Beche Mont Cenis soll gemeinsam mit der dem preußischen Staat gehörenden Bergwertgesellschaft Hibernia Stidstoff auf Grund einer neuen Ammoniaksynthese herstellen, ein Plan, der bei den Vertretern des Farbentrusts großen Merger ausgelöst hat. In lezter Zeit haben endlich auch die Kohlenzech en beschlossen, sich die Fortschritte der Kohlen chemie zunuze zu machen und gründeten zu diesem Zweck die A.-G. für Rohlenverwertung, in erster Linie für die Ferngas­versorgung, wobei aber Interessen des Farbentrusts und der chemischen Industrie ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen werden. Unter folchen Umständen steht mit Recht der deutsche Farben= trust im Mittelpunkt der Aufmerksam tett. Die Ameritareise der Führer des Farbentrusts hat die Anteilnahme der Deffentlichkeit noch verstärkt, vielleicht gerade weil nichts Posi­

V

Verbindungen nach Amerika und England.

Sonntag, 19. Dezember 1926

deutschen chemischen Industrie verhandelt, wenn auch gegenwärtig der Farbentruft sich in einer großen Geldflüssigkeit befindet.

Mit der britischen Farbstoffgesellschaft( British Dyestuff Cor poration) hat die deutsche J. G. bereits 1923 eine Bereinbarung ge­troffen, nach der lettere auf dem englischen Markt ein Abfahmonopol und auf dem Auslands- und Kolonialmarkt einen bestimmten Anteil haben sollte. Des weiteren sollte die J. G. ihre Hilfskräfte, Patente usw. zur Verfügung stellen, wofür sie die Hälfte der Gewinne der englischen Gesellschaft erhalten sollte. Dieser Vertragsentwurf fonnte nicht in Kraft treten, weil die englische Regierung da­gegen Einspruch erhob. Inzwischen sind fapitalmäßige Verbin dungen mit verschiedenen Teilen der englischen chemischen Industrie durch die 3. G. und die Vereinigten Glanzstoffabriken kam die 3. G. zustande gekommen. Infolge der Gründung der Aceta G. m. b. H. in Verbindung mit dem großen englischen Kunstseiden= tonzern Courtaulds, durch die Angliederung der Köln­Rottweil A.-G. mit dem englischen Nobel- Konzern, dem größten Erzeuger von Sprengmaterial im britischen Reich( auch Gummi, Farben, Kunstseiden- und Motoreninteressen) und endlich In den Vereinigten Staaten hat sich vor allem seit dem Krieg durch die Gründung der aus der Stinnes- Riebed- Delgruppe ent­eine mächtige Farbstoffproduktion entwickelt. Die Erzeu standenen deutschen Gasolin 2.-G., außer mit Standard Dil aud) Gesamtwert von 600 Millionen Dollar. Da der eigene Bedarf nur gung betrug 1923 94 Millionen, 1925 86 Millionen Pfund im mit dem englisch - holländischen Deltonzern Royal Dutch Shell. Anfang November dieses Jahres ist nun unter der Leitung bereits ein großer Ausfuhrüberschuß vorhanden. etwa 55 Millionen Pfund ausmacht, ist in synthetischen Farbstoffen des bekannten Industriefapitäns Sir Alfred Mond ein großer Die englischer Chemietrust mit einem Aktienkapital von Zahl der Farbstoffe tonnte von 104: 1914 auf 325: 1925 gesteigert Millionen Mart zustandegekommen, woran die zwei obengenannten werden. Die feineren Qualitäten werden jedoch nicht hergestellt und Konzerne, die Nobelgesellschaft und die Britische Farbstoffgesellschaft, müffen eingeführt werden. Allerdings ging die Einfuhr von Teer beteiligt sind; außerdem noch zwei chemische Großfonzerne. Der farben im laufenden Jahr sehr beträchtlich, mengenmäßig um englische Großtrust wurde ausdrücklich unter Hinweis auf die Er 14 Proz.( wertmäßig sogar um 27 Broz.) zurück, trotz der großen leichterung von internationalen Verhandlungen mit Anstrengungen des deutschen Farbentrustes, auf dem amerikanischen chemischen Industrien anderer Länder gegründet. Die Möglichkeiten Markt wieder Fuß zu fassen. Andererseits sind aber die Farben- dieser neuen Verbindungen sind noch unabsehbar. preise infolge der Ueberproduktion in den Vereinigten Staaten außerordentlich niedrig. Sie santen von durchschnittlich 1 Dollar 8 Cents pro Pfund im Jahre 1920 auf 15 Cents 1925. Was den gesamten chemischen Bedarf anbelangt, sind die Bereinigten Staaten noch auf eine große Einfuhr angewiesen: sie betrug in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres 161,5 Millionen Dollar; dem gegenübersteht allerdings eine Ausfuhr von 132 Millio­nen in derselben Periode.

Die Verhandlungen der Vertreter des Farbentrusts mit dem chemischen Großfonzern Du Pont dürften sich auf Preisvereinbarungen für die Einfuhr erstreckt haben, außerdem aber auf den Austausch von Batenten. In der deutschen Presse las man über die Ewerbung eines amerikanischen Patents für ein Anti­flopfmittel. Bei der Jubiläumsfeier der amerikanischen chemischen Gesellschaft in Philadelphia hat der Präsident Du Bont über dieses Mittel Erflärungen von größter Wichtigkeit gemacht: durch den Zufag von 0,005 Broz. Tetraäthylblei fann ein Drittel des als Motorbetriebsstoff verwendeten Benzins erspart werden, was für 1925 eine Ersparnis von 3 milliarden Gallons Ben­in hätte bedeuten können. Die Berhandlungen mit dem Standard Oil, die sich auf die Delgewinnung aus Kohle bezogen, sollten die Abgrenzung des Absages des fünftlichen Dels zum Zwede haben, um einen vernichtenden Konkurrenzfampf zwischen natür lichem und fünstlichem Del zu vermeiden, wahrscheinlich gegen die Bezahlung einer angemessenen Entschädigung seitens des amerika­ nischen Deltrusts. Diese Verhandlungen sind nach der Watteilung des Aussichtsrats noch in der Schwebe. Deutschen Pressenach richten zufolge messen die Amerikaner diesen Plänen in ihrem gegen­wärtigen Stadium noch feine große Bedeutung bei. Bielleicht wurde aber auch über eine fapitalmäßige Beteiligung an der

Die Selbständigkeit Frankreichs .

Ein ähnlicher Vertrag wie mit der britischen Industrie murde 1923 zwischen dem französischen Großkonzern ,, Compagnie Natio nale" und der Badischen Anilin- und Sodafabrik unter Mitwirkung der franzöfifchen Regierung vorläufig abgeschlossen. Auch dieser Vertrag konnte jedoch nicht in Kraft treten, weil der erwähnte Kon­zern sich dem Großfonzern Ruhlmann angeschlossen hat, der feinerseits nicht in den Vertrag zu treten wünschte. Die chemische Industrie ist in Frankreich hochgradig pertrustet und be­findet sich in der Hand einiger weniger Großunter­nehmungen. Sie ist gänzlich auf Maschinenproduktion einge­stellt. Die zwei führenden Großkonzerne sind der von St. Gobin und der erwähnte Kuhlmann- Konzern. Ersterer verfügt über ein Attienkapital von 205 Millionen Franten, befißt 24 Werke und ist außerdem an zwei großen Fabriten für Luftstickstoffherstellung und fechs Glasfabriken beteiligt. Der Kuhlmann- Konzern mit einem Aktienkapital von 180 Millionen Franken hat im vergangenen Jahr eine Million Tonnen chemische Produkte hergestellt. Gein Tätigkeitsgebiet umfaßt die gesamte chemische Industrie von der Mineralsäuren- und Düngemittelindustrie( hauptsächlich Super­phosphate, aber auch Stickstoff) und Knochenverarbeitung( Leim) bis zu den Farbstoffen und Arzneimitteln. Er verfügt über 20 Werte mit den modernsten Einrichtungen. Laut französischen Pressemeldungen versuchte die deutsche J. G. in den letzten Monaten, Attienpatete des Kuhlmann- Konzerns zu erwerben; quf der anderen Seite hat der Kuhlmann- Konzern die Aufnahme einer Auslands­anleihe von 15 Millionen Schweizer Franken beschlossen, um die Fabrikation des Stickstoffes und anderer fünstlicher Düngemittel zu

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