Einzelbild herunterladen
 

Vonnerstag 23. Dezember 1926

Unterhaltung unö �Nissen

Settage Kes vorwärts

Liebe auf öen ersten ölick. Erzählung von Max varthel. lEchlutz.) In j«n«n Tagen, als Carlos Nina liebt«, ging auch in Jos««in« groß« Veränderung vor. Sein« rebellischen Reden wurden immer wilder, ganz finster wurde sein blatternarbiges Gesicht, unbeherrscht und verworren seine Gesten und Gebärden. Carlos ließ er ganz links liegen, wie man so zu sagen pflegt. Mit uns fuhr er durch die großen Wälder, besuchte die Fabriken und schloß«in« dick« Freundschaft mit dem Koreaner Wang, einem Professor der Philo. sophie, der nach Rußland gekommen war, um in einem verrückten Englisch für die Freiheit seines unterdruckten Baterlandes zu werben. Immer waren in diesen Tagen dies« zwei Männer zusammen, der koreanische Professor Wang mit dem unbeweglichen gelben Gesicht und den sehr kultivierten chänden, und der Student Ios6 mit dem kalten Mund und dem trommelnden Alarm einer immer sprung bereiten Rede. Auch Nina hatte sich in den vi«r Togen verwandelt. Jeder Blick, jeder Seufzer, jeder Kuß und jedes Lächeln löst« sie innner mehr aus ihrer jünglingshaften Berkleidung. Wie blühte der knaben hast« Mund auf! Die früher so klaren, offenen Augen verschleierten sich, strahlten, wurden mädchenhaft und schienen zu lächeln, so schön waren st«. Am zweiten Tag ihrer- Bekanntschast mit Carlos legte sie auch die Soldatenuniform ab und wir erkannten im ersten Augen blick in der jungen Frau mit der vollen Brust, dem sonst«» Gesicht und dem schwebenden Gang die einstig« Rotgardistin nicht wieder. Im Kampf der Soldaten an der Front vermännlicht« sie und wurde geschlechtslos, im Kampf der Geschlechter aber, im Ausruhr des Blutes unterlag und siegte sie zu gleicher Zeit. Ihr Blut wollte erlöst werden und in dem Schrei nach Erlösung war schon die B« freiung und der uralt« Sieg da. Carlos wollte in der Stadt bleiben und uns allein ressen lassen. Da war es Josö, der«in« wütend« Rede hiell und Carlos durch uns unverständliche Won« zur Abfahrt zwang. Der letzt« Tag bracht« noch«in kleines Bankett mit dröhnenden Reden und rauschender ver brüderung. Am Abend oerlieben wir Wyatka. Ein« Stund« vor der Abfahrt kam Carlos mit Nina nach dem Waggon. Mein Schlaf abtell lag neben dem von Carlos. Dies« vier Tage hatten mich sehr erschöpft; ich log schon im Bett, als die zwei Menschen kamen und hört« nun, ob ich wollt« oder nicht, den verzweifelten Abschied Carlos' von Nina. Ich hört« ihr Seufzen, Stammeln, Weinen und Zärteln, die wilde Süßigkeit unendlicher Umarmungen, das schmerzliche Ber- gessen in brennenden Küssen: ich hörte die Urstimme des Blutes, die Musik des Herzens, dm Seufzer der armen Kreatur Mensch:Ich lieb« bichl" Als Zuhörer erlebt« ich die grenzenlose Hingab« zweier Menschen, ihr Lächeln unter Tränen, chr« klopfenden Herzen, ihr blühendes Blut. Und das sage ich euch: da litt und seufzt« ich mit. Trotz allem Jammer und Kimnner beneidet« ich Carlos und Nina um ihr Schicksal.. Der junge Pracht stützt« die Hände in den Kopf und blieb lange stumm Auch wir sprachen kein Wort. In unserer Gesellschaft war ein junger Amerikaner,«in gut gewachsenes Exemplar Mensch, das da drüben aus der Blutmischung des alten Europa geworden ist: klar und selbstbewußt, ein wenig hochmütig und voller Ideen über die Führerroll« seines unerschöpflichen Landes. Ist ein guter Film, Mister Pracht," sagt« er kühl in unser Schweigen hinein,aber nur bis zum vierten Akt. Hoff«, daß olles allright wird und Nina und Charly«in Paar werden." Nein," antwortet« Pracht sehr schnell und hob seinen Kopf. Die Geschichte geht anders aus. Höven Sie gut zu... Bon Wyatka aus fuhren wir in den Ural nach Jekaterinenburg . Diele und seltsam« Ding« sahen wir, die Mauer in einem Hau-, an der der letzt« russische Kaiser erschossen wurde: einen siebzigjährigen Arbeiter, der als Kind noch leibeigen war verstehen Sie die Zusammenhänge zwischen dem toten Zar und dem lebendigen Arbeiter. Mister Bell?, dann haben wir noch Platingruben besucht. Kinderheim«, Gefängnisse und«in großes Eisenwerk. Mit Carlos aber war es aus. Zu nicht» war er mehr zu gebrauchen. Di« schwarzen Augen verloren den Glanz. Gelb wurde sein Gesicht. Reden wollt« er kein« mehr halten, die ganz« Well war ihm zuwider, und nun wurde er wieber wie früher: das farblos« Echo seines Freundes Josö, mit dem er sich auch wieder ausgesöhnt hotte. Nun weiß ich nicht genau, ob er schon damals krank war oder ob er sich nur oerstellte: jedenfalls verließ er uns und reiste mit Josö nach Wyatka zurück. Ueber«inen Monat hört« ich nichts mehr von den Freunden aus Uruguay . Wir fuhren nach Sibirien , kamen durch schrecklichen Winter und Schneesturm In den Ural zurück, blieben«inen Tag in Slatoust und ratterten über Ufa und Samara über die Wolga nach Moskau zurück. Erst in Moskau knüpft« sich wieder der Faden zu meiner Geschichte von der Liebe aus den ersten Blick. Ja, Carlos war im Ural wirtlich krank geworden, Fieber hatte ihn überfallen. Dann kam der Typhus. Todkrank kam er nach Wyatka. In seinen Phantasien wimmert« und schrie er nach Nina. Hundert zärtliche Worte gab er ihr. spanische und russische, und wenn erNina" sagt«, da wurde sein Gesicht ganz fröhlich, sein Herz friedvoll. Der Tod hatte keine Gewall über ihn. Auch Nina hatte Carlos nicht vergessen, trotzdem sie ihre Soldatenkleider wieder angezogen hatte. Aber sie war ein schlechter Soldat und trotz der Uniform war sie nur ein« Frau. Ein« Frau mit einem Herz voller hoffnungsloser Lieb«. Als sie nun ihren fiebernden Freund zum ersten Mal« wiedersah, brach sie lautlos zusammen. Erst an, anveren Tag« erwachte sie. Aber da war Carlos gestorben.. Ja, Mister Bell, jetzt kommt der Fllmabschluß: Josö, der in Wyatka Carlos nur haßte, weil auch er Nina liebte, Jose blieb zwei Wochen in der Stadt, sorgte für das kranke Mädchen, machte sie vom Soldatendienst srei und nahm sie dann nach Moskau mit. Als wir Jose und Nina trafen, war si« schon sein« Frau. Sie ist mit ihm einige Wochen darauf nach Uruguay gefahren." Und Carlos?" fragt« der Amerikaner. Carlos liegt begraben in der Stadt Wyatka, unweit des Hotels Eremitage, das heißt des Hauses, in dem er das Mädchen Nina zum ersten Male sah und liebte." sagte der jung« Pracht. Ob joung Weib, ob old Frau." sagt« nachdenklich Mister Bell, sie sind eines der großen Rössel aus die Well, yes." No." antwortete Pracht.Das Rätsel Nina hat in Moskau der koreanif-be Professor der Philosophie, Mister Wang, sehr gut gelöst. Einmal besprachen wir beide den Fall Nina und Carlos, da sagte der Koreaner mit einem absonderlichen Lächeln um den schmalen Mund: ,Was wollen Sie, Mister Pracht? Ein Rätsel? 0 nein. Missi?

Hermersheim.

Srkage« Sie Ihre« Gchsen In den Stall zurück, örianü, es ist Sie höchste Zeit!

Nina liebt ihren Freund Charly ewig in seinem Freund Jose." Auch ich glaub«, daß es so ist." Also doch ein Film," sagte kühl und klar Msster Bell.Ich werde schreiben das Manuskript und an Chaplin senden. Carlos ist eine sehr gute Roll« für ihn. Wenn es sie spielt, wird er si« spielen allright." Ein Y7jähriger Gelehrter. Bon Dr. W. Wächter. Die Botanik ist eine äußerst gesunde Wissenschast: in Deutschland gibt es etwa ein Dutzend Hochschulbotaniker, die über 70 Jahr« alt und dabei noch wissenschaftlich tätig sind. Berlin besitzt sogar über KOjährige Gelehrte, aber den Bogel schießt doch München ab, das sich rühmen kann, einen fast Hundertjährigen zu leinen Mitbürgern zu zählen. Ilm 19. Dezember wurden es 97 Jahre, daß Ludwig Ra d l k o f e r das Licht der Welt erblickt«, und täglich geht dieser Mann noch in sein Institut und arbeitet dort von 10 bis 4 Uhr am Mikroskop und am«Schreibtisch. Kürzlich erlitt er alte Herr noch einen Unfall, als er die Straßenbahn erreichen wollte, aber schon der nächste Tag sah ihn wieder an der Arbeit. Die Aller-grenz« vermag keinen der ollen Herren zur Arbeits- cinstellung zu bewegen, und wenn sie auch ihr Hauptwerk wohl vollendet haben und die Geschichte der Wissenschaft sie bereits reoistrien" hat, so staunen wir doch zuweilen darüber, was sie noch zu leisten imstande sind: sie beschämen manchen jüngeren durch ihren Fleiß und ihre geistige Beweglichkeit. In der Geschichte der Botanik wird Ludwig Radlkofer fortleben als derjenige, der als erster einwandfrei die Sexualität der Blüten­pflanzen nachwies, als Begründer der jysieinalischen Anatomie der Pflanzen und als Spezialist für die Erforschung der Familie der Sapindaceen, einer ausländischen Pflanzenfamilie. Daß die Staubgesäße die männlichen und die Stempel die weib- lichen Geschlechtsorgane der Blutenpflanzen sind, nahm man schon seit langem an und der berühmte Linne, der Mann, der zum ersten Male Ordnung in die Zoologie und Botanik brachte, benannte schon einige seinerKlassen" noch'Männern" undWeibern ". Aber die Sexualität war doch immer noch nicht bewiesen und so konnte es sich' ereignen, daß Goethe, der bekanntlich einen großen Einfluß auf die botanische Wissenschaft gehabt hat, sich�durch den Pioiessor Scheloer in Jena bewegen ließ, die eigentliche Sexualität, an die auch er bishergeglaubt" hatte, zu leugnen. Er begrüßt die Ansichten Schelvers, weil er findet, daß es doch ojel anständiger sei, wenn bei den Pflanzen nicht von einer wirklichen Sexualität gesprochen werden könne: es sei für den Lehrer doch höchst peinlich, zumal wenn er junge Leute und Frauen unterrichte von Geschlecht und Befruchtung anstatt von Berstäubung reden zu müsse». Er meint, daß das sittliche Gefühl der Jugendlichen und Frauen beleidigt würde. Die ewigen Hochzeiien, die man nicht los wird, wobei die Monogamie, aus welche Sitte, Gesetz und Religion begründet sind, ganz in eine vage Lüstern- heit sich auslöst, bleiben dem reinen Menschensinn völlig unerträglich. Wenn das ein Goethe jagen konnte, dem man doch wirklich weder Prüderie noch Philifterhaftigkeit nachjagen kann, welche Darstellung müssen damals wohl die kleineren Geister vonSchmutz und Schund" gehabt haben! Die sexuelle Frage bei den Pslanzen ließ natürlich die Forscher nicht ruhen und der Lehrer Radlkojers, der berühmte Begründer der Zellentheorie, Matthias Jakob Schleiden , ebensalls Professor in Jena , suchte mit dein inzwischen verbesserten Mikrvikop der Frage aus den Leib zu rücken, und ihm gelang es auch, das Problem beinahe zu lösen. Infolge eines Beobachtungsfehlcrs kam er aber zu der cigentüinlichen Vorstellung, daß sich der pflanzliche Embryo aus dem Pollcnkorn entwickle, woraus er folgern mußte, daß die Staub- oesäße eigentlich die weiblichen Geschlechtsorgane feien. Dos Der» dienst Radlkofers besteht nun darin, daß er einwandfrei nachzuweisen in der Lag« war. daß der Blütenstaub, der zu einem Schlauch aus- wächst, die männliche Geschlechtszelle enthält, die das Ei im Frucht- knoten befruchtet. Das war vor nunmehr 70 Jahren, und Radlkofers Beobachtungen haben sich als richtig erwiesen. Unser Forscher wandte stch nunmehr systematischen Studien zu und legte dadurch den Grund zu seiner zweiten großen Leistung. Bisher suchte man die Berwandtschaft der Pflanzen durch Vergleichung ihrer äußeren Organe festzustellen: Radlkofer kam nun auf den Gedanken, dle innere Struktur, die anatomischen Merkmale sür die Pflanzenver- wandsschaftslehre nutzbar zu machen, und es zeigte stch, daß sein Gedanke richtig war: verwandte Pflanzen zeigen auch in ihrem ana> tomischen Aufbau Aehnlichkeit, und so hat sich diese Methode bis heute neben der alten vergleichend morphologischen als äußerst frucht- bor erwiesen. In neuester Zeit ist als dritte Methode die erperimen- telle hinzugekommen, die aus dem Berholten des Blutserums beruht. Diesen Fortschritt der Wissenschaft hat unser greiser Gelehrter also auch noch erleben dürfen. Was nun die Sapindaceen anbetrifft, so geben sich noch heute fast sämtliche Hcrbarpslanzen dieser Familie aus der ganzen Welt in München ein Stelldichein. Wenn sie dort vergllchen. mit den vor- handenen und beschneben sind, wandern sie wieder zurück nach Poris» nach London , nach Amerika oder woher sie sonst gekommen sind. Das Pslanzenmoterial der Welt ist so groß, daß ein einzelner immer nur von wenigen Pflanzen eine genaue Kenntnis haben kann, aber das Spezialistentum auf dem Gebiete der Pflanzensystematik ist so aut international organistert, daß jeder Fachmann weiß, wo in der Welt der geeignete Bearbeiter sitzt. Wenn aljo ein Forsckungs- reifender mit einer Wagenladung gesammelter Pflanzen in die Heimat zurückkehrt, dann geht es ans Sichten des Materials, und die Samm- lungen werden an die verschiedenenMonographen" verteilt. Die große Masse, selbst unserer sogenannten Gebildeten weiß nichts von der großen Arbeit, die da im stillen in den botanischen

Laboratorien und Museen geleistet wird: sie hält die Botanik für«ine brotlose" Wissenschaft im Gegensatz zur Chemie und Physik, deren Ergebnisse vor aller Augen sich industriell verwerten lassen. Aber die Zeit liegt gor nicht weit zurück, da man weder elektrisches Licht, Dainpfmaschinen. Telegraph und Automobile kannte. Die wissen- schastlichen Grundlagen unserer ungeheuren technischen Fortschritte sind ober auch in stillen Gslehrtenla boratorten gewonnen worden. ohne daß die Forscher damals geahnt haben, welche Bedeutung ihre Arbeiten nach einmal für die menschliche Zivilisation haben würben. Der große Peitenkoier hat einmal gesagt, der Staat könne aar nicht genug Geld sür die reine Wissenschaft ausgeben, den« es wird immer eine Zeit kommen, in der das Kapital einmal reichlich Zinsen träg:. Der Aufdeckung der Geschlecht-verhältnisse bei den Blüten. pflanzen haben wir es zu danken, daß sich die moderne experimentelle Dererbungsforschung entwickeln konnte, und die Ergebnisse dieser Forschungen hat sich die Landwirsschait in so hohem Maße zunutze gemacht, daß es jetzt keine Schwierigkeit mehr macht, bewußt ein «Saatgut mit gewünschten Eigenschaften zu züchten. Daß Radlkofer auch dies« praktischen Konsequenzen seiner Jugendarbeiten noch erleben durfte, ist ein Lohn, der selten einem Irdischen zuteil wird. Bon brotloser Wissenschaft zu sprechen sollte also auch der sich hüten, der kein Verständnis für den reinen Erkenntnistrieb hat und dem die Wissenschot' nur Mittel zum Zweck ist. Wie Utopien von gestern morgen zur Wirklichkeit werden, so können auch bratlot« Künste von heute ül'ermorgen materiellen Gewinn bringen für die menschliche Gesellschaft, und darum ist es gerechtfertigt, auch einmal das große Publikum in die stille Werkstatt derjenigen Gelehrten schauen zu lassen, die scheinbar weltabgewandt ihr Tagewerk voll- bringen. Im asiatischen Venedig . Der Reisende, der die etwa 500 000 Einwohner zählende Stadt Sutschou in der chinesischen Provinz Kiangfu am See Taihu und dem Kaiserkonal besucht von dem Chinesen wird sie alsirdisches Paradies" gepriesen, wähnt sich in ein verkleidetes Venedig versetzt.Man Hot den Eindruck," so schreibt ein Bcrichterstottcr derTribuna",als habe sich die Königin der 2ldria sür ein großes Kosrümjest in Mandarinengewändern gehüllt. Brücken überspannen die Kanäle, die Häusermauern umspielt das plätschernde Wasser, ja selbst der Riolto und der Canalc Grande fehlen in dem Bild io wenig wie die Gondolieri. Die Aehnlichkeit ist so verblüffend, daß die Chinesen, die nach Italien kommen, Venedig das europäische Sutschou nennen. Das ist ganz richtig. Die Orientalen sehen das Abendland mft demselben Recht vom Standpunkt des Morgenland.'? an, wi« wir den Orient vom Westen aus betrachten, und deshalb wollen die Chinesen auch bei aller Anerkennung der künstlerischen Uebcrlegenheit und der bevorzugten Lage der Perle der Lagunen Ihrem, dein asiatischen Venedig den Vorrang gewahrt wissen. Wenn das charakteristische Merkmal Venedigs der Conale Grande ist, so gilt dos für den Kanal von Sutschou noch in erhöhtem Maße, sowohl was sein Aller als auch was seine Länge angeht. Als die Bevölke- rung des italienischen Festlandes auf der Flucht vor Attila die Inseln der Lagunen noch nicht erreicht und zur Siedlung umgeschaffen hatten, diente bereits der große Kanal Asiens dem Verkehr. Er ist ohne Zweisel die längste künstliche Wasserstraße, die es in der Welt gibt. Er führt von Hangsschou nach Tientsin : er ist rund 1500 Kilo- meter lang und bildet seit Jahrhunderten den einzigen Verkehrsweg für den Handel zwischen Nord- und Südchina. Er ist für Sutschou dasselbe, was der Canale Grande für Venedig ist: in chn münden die kleinen Seitenkanäle, und von diesen wieder zweigen, genau wie in Venedig , die kleinen Flußläuse ab, wenn diese auch in geringerer Zahl vorhanden sind als in der Lagunenstadt. Aber eine andere Eigentümlichkeit macht Sutschou noch oene- zianijcher: die Gondolieri nämlich. Auch die chinesischen Boots- führer haben die Gewohnheit, ihre Fahrzeuge mit einem einzigen, sehr breiten SÄauselrudcr durch die Kanäle zu steuern, und an Geschicklichkeit, Zusammenstöße zu vermeiden und mit fabelhafter Schnelligkeit das Boot durch die enge Fahrrinne zu treiben, stehen die chinesischen Bootssuhrcr hinter ihren venezianischen Kollegen wahrlich nicht zurück. Da Sutschou nun einmal mit dem Namen desasiatischen Venedig " behaftet ist, so sind die Reisenden bemüht, auch im einzelnen Zlehnlichkeiten zu entdecken. So wird der Tach'iao". die große Brücke, die als älteste aller Brücken den Haupt» kanol überspannt, ohne weiteres mit der Rialto-Brücke verglichen. In der Nähe des Kaiserkanals von Sutschou steht ein uralter Turm. der eine Zeitlang zur Ueberwachung des Kanalverkehr« diente, und der deshalb von den Chinesen noch heut« derWachtturm" genannr wird. Die Fremden haben in dem merkwürdigen Bemühen, um jeden Preis Aebnlichkeiten mit Benedig festzustellen, sogar nicht gezögert, diesen Wachtturm mit dem Eampanile am Markusplatz zu vergleichen, obwohl viel Phantasie und guter Wille dazu gehört, ein in chinesischem Stil ausgeführtes Bauwerk dem Eampanile an die Seite zu stellen, der schön durch die Poesie der Umgebung eine Ausnahmestellung genießt, was an sich jeden Vergleich hinfällig erscheinen läßt._____ Man lernt nie aus. Neben dem Haus in Sttatford, in dem Shakespeare einst ge- wohnt hat, wurde ein Garten angelegt, der die ZOO verschiedenen Blumen enthält, die in des Dichters Werten erwähnt sind. -» Die älteste Sternkarte ist in der Pariser Nationalbibliothek. Si« wurde in China 600 Jahre vor unserer Zeitrechnung hergestellt und enthält die Stellung von 1400 Sternen. Afrika besitzt soviel Aequatoriallond wie die anderen Erdteile zusammen.