Der Engel im Vogelkäfig.
Es war einige Tage vor dem Fest... Schnee fiel als weißer Brief vom Himmel und kündigte den Menschenkindern das Nahen weihnachtlicher Zeit an...
Auf den Dachböden wurde aus Schachteln und Kisten der Christ baumschmuck hervorgesucht und Familienväter waren auf dem Wege, eine neue Grammophonplatte mit„ Stille Nacht, heilige Nacht"... zu kaufen. Unter den Torbögen wurden Tannenbäume zu einem spielzeugkleinen Wald aufgestellt. Alle Schaufenster waren strahlend hell wie Sonnenbäder... Und in der Luft knisterte es schon vom Zauber der wundersamen Nacht.
Um diese Zeit flogen winzig fleine Weihnachtsengel durch die nachtschwarzen Gassen, gleich Faltern, immer dem Licht entgegen. Gar oft stießen sie sich mit ihren Köpfen an eine Gaslaterne oder blinzelnde Bogenlampe...
Und einer dieser kleinen Engel flog schnurgerade durch die Gaststubentür in eine angerauchte Vorstadtwirtschaft hinein. Mit einem Flügel verfing er sich an der Petroleumlampe, die über dem Stammtisch hing. Ein Droschtenkutscher hörte ihn flattern und fing ihn mit der hohlen Hand, wie eine Fleischfliege. Da weinte der himmlische Engel gleich einem entlaufenen Kindergartenzögling, das der Schuhmann zur Wache bringt.
Ein Meggermeister schüttete Bier auf die Tischplatte, setzte den schreienden Engel in dies Nasse hinein und rührte ihn mit einem Bahnstocher hin und her.
Da schlug ein Möbeltransporteur vor, den ängstlich flatternden Engel auf den Fliegenhut zu fezen. Aber der Mezgermeister kaufte ihn dem Droschkenkutscher für eine Maß Bier ab, ließ sich von der Kellnerin eine leere Streichholzschachtel geben, worauf stand:" 3ündet nur an der Reibfläche".... Und er schob den Engel in den Spalt hinein und horchte, ob er auch surrte. In der Hosentasche, zwischen der: Messer mit dem Solinger Gruß und dem Schlüsselbund für den Eiskasten, trug er den himmlischen Fang nach Hause.
Dort schnarchte schon die ganze Meßgerfamilie aus Riffen und Betten heraus. Als sie vernahmen, daß der Vater ihnen etwas vom Wirtshaus mitgebracht hatte, sprangen sie ihm alle in Hemd und
Unterhofen entgegen.
Die Gattin dachte, sie bekäme warmen Stuttgarter Leberkäse, die Tochter Fanny hoffte auf eine Dampfwurst und sein Sohn Auguft erwartete sich weiße Mäuse oder Feuersalamander.
Alle traten fie unter den Kronleuchter. Aber der Vater hatte zu schnell und zu weit den Spalt der Streichholzschachtel aufgeschoben... und der Weihnachtsengel flatterte auch schon zur Decke
empor
.!
Jedes war fichtlich enttäuscht. Denn sie hatten doch schon so viel Heiligenbilder, Gipsfiguren und Christbaumschmuck in der Wohnung herumhängen. Und jetzt auch noch diesen Engel...! Er schien überflüffig.
,, Und was zum Essen warb man ihm auch no' geben müssen..!" meinte die Gattin mißmutig.
„ Der frißt uns noch arm!" stimmte ihr die Tochter bei. ,, Bielleicht mag er a' Mehlwürmer, wie unsern Rutscher sei' Laubfrosch ...?"
Inzwischen war der Engel vom Schlafzimmer in die Küche geflogen und hatte sich dort auf dem Kopf eines ausgestopften Eich hörnchens niedergelassen.
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Jeffes, wenn er mir nur net an den frischg strichenen Küchenfaften hinfliegt..! Die ganze schöne Farbe tät er mir vermischen!" Fanny versuchte ihn mit dem Staubwedel herunter zu befommen. August schoß nach ihm mit dem Luftdruckgewehr. Und endlich gelang es dem Vater, ihn mit seinem steifen Hut einzufangen. Jetzt hab'n wir dich wieder, du floana Schlawiner..." sprach er und steckte den Engel in einen leeren Vogelkäfig, der dicht neben der Lampe hing. Und da der himmlische Gast diese nahe Helle sah, meinte er, der Weihnachtsabend wäre schon gekommen, und sang das Lied" O du fröhliche, o du selige Weihnachtszeit aus dem Vogelkäfig heraus.
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Entrüstet schrie die Gattin:" Wasss, singa tuat er auch noch? Und die ganze Nacht müaßt ma dös G'schrei anhör'n?... 2 alte Brezz'n wenn'st ma mitbracht hätt'st dös wär mir lieber g'wef'n als der g'schreimaulige Engel...!" Und damit sie ihre Ruhe vor ihm hatte, stellte sie ihn auf den Küchenbalkon hinaus, neben den Krug mit Salzgurfen und deckte ihn mit Zeitungspapier zu.. Da flog der Engel von Ast zu Ait. und dann und wann auch in den Schaufelring. Durch das Zeitungspapier pfiff eisig der Wind. Aus Langeweile las er dann die Leitartikel und Todesanzeigen ab. Von den Dächern herab schrien die Katzen.
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Er steckte den goldhaarigen Kopf zwischen die Flügel und dachte über sein Schicksal nach:„ So sieht es jetzt auf Erden aus!... Und so kann es einem himmlischen Engel im irdischen Dasein ergehen!" Bor Kälte wuchsen an seinen Flügeln allmählich Eiszapfen. Er schrie, wie auch Menschen schreien oder Bögel, wenn ihr Blut zu gefrieren beginnt. Das hörte eine der Razen, fletterte auf den gußeisernen Balkon und spielte so lange mit dem Engel, bis er zerfiel- in Leib und Seele. Das Himmlische flog aufwärts ins ewige Blau, der starre Körper lag im Streusand...
Der Metzgermeister wollte ihn auch ausstopfen laffen, um ein Gegenſtück zu ſeinem Eichhörnchen zu bekommen. Die Gattin aber d'Schaben hineinkommen...?" war dagegen.„ Ja freilich, das auch noch! Was ist's nachher, wenn
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So wurde der Engel mit Goldlad, der eigentlich zur Reinigung von Strohhüten bestimmt war, bronziert. Und am Weihnachtsabend hing er neben dem blechernen Christbaumgeläute hoch oben am Gipfel des Tannenbaums. Zu seinen Füßen roch es nach Waldes grün, Hartwurst und Toiletteseifen Geschenke fürs Dienstmädchen herabblicken; das war das Briefpapier, und er konnte gerade auf die eine Hausschürze, ein Lebkuchen und zwei Aepfel... Das Grammophon trähte: Bom Himmel hoch da tomm' ich her Dazwischen hinein furrte die neue Dampfmaschine. Fanny probierte das Korsett, das sie sich vom Christkind gewünscht Die Gattin nahm aus dem Manikureetui die Nagelfeile und putzte sich damit die Fingernägel rein... Der Meggermeister band sich zur Feier des Abends die neue Schnurrbartbinde um. Et in terra pax hominibus..!"
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hatte....
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Und mild lächelte der bronzierte Engel von der Spitze des Tannenbaums herab. Als das Fest vorüber war, steckte ihm Auguft eine Nadel durch die Brust und verwahrte ihn bis zum nächsten Weihnachtsfest in seinem Schmetterlingsfaften..
Das aber war der letzte Engel, der durch die Gassen der Menschen geflogen war. Nirgends war seitdem mehr solch ein himmlischer Bote zu sehen. Denn jetzt fliegen sie direkt in die Herzen und nicht mehr in Wirtschaftsstuben und Bogelkäfige der Metzgermeister.
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Kindertheater.
Eine Weihnachtserinnerung von Alfred Hein .
In allen Büchern stand geschrieben, daß Weihnachten das Fest der Kinder sei. Was sah ein großes, träumendes Kinderauge alles bei den Worten:„ ein Fest der Kinder": Spielzeuglager öffneten ihre weiten Gänge, an denen nur so eine bunte Flut von Kasten, Kisten, Bagen, Dampfmaschinen, Puppen und Eisenbahnen zu beiden Seiten wollte, es ward Weihnachtsgeschent. Und einen Nachmittag sah man entlangbrauste und dahinein durfte man greifen, wohin man vor sich, so einen recht langen malligen Winternachmittag in einer leis dämmrigen Stube, und des Nachbars Kinder waren mit ihrem Spielzeug angetrippelt gekommen, so daß es schon schwer wird, im Zimmer noch ein Plätzchen zu finden, das nicht mit einem kleinen Wunderding liche Unruhe haben dürfen: Was zuerst anfangen? Kaufladen oder aus dieser herrlichen Spielzeugwelt bestellt ist. Und dann diese töſtPuppenstube, Schaukelpferd oder Wagen..., denn alles, alles lag ringsherum. O solch ein Feiertagsnachmittag: Den Kirchgang( der immer ein bißchen wie ein vorgewälzter Stein vor all den Herrlichfeiten lag) hatte man hinter sich, Schulferien dehnten sich noch weit hinaus, es mußte erst nächstes Jahr werden", ehe der finstere Schulbeginn an einem müden Wintertag einsetzte, an dem ins muffige Klassenzimmer die trüben milchiggrauen Gaslampen blinkerten und das frischeste Jungengesicht fäsgrau aussah.
O solch ein Feiertagsnachmittag, wenn man den ein einziges Mal ganz und gar in aller Pracht des Traumes, mit dieser Fülle von Geschenken und der daraus entströmenden übermütigen Fröhlichkeit erein Traum geblieben! 3war einen Weihnachtsbaum hatten wir leben könnte! Aber für uns armselige Beamtenkinder ist es immer natürlich, doch hing schon seit einigen Jahren nichts mehr zu naschen daran, denn wir waren schon zu groß" dazu, wie die Mutter um des lieben Geldes willen unseren kindlichen Ehrgeiz fizelte. Bir vier von zwölf bis sieben Jahren ich selbst war der Aelteste taten auch so, als ob wir zu groß" seien und aßen am Heiligabend nur von den in einer Schale dargebotenen Pfefferfuchen, Aepfeln und Nüssen mit; soost aber eines von uns allein vor dem Christbaum stand, dachte es wohl lange nach, warum uns der leckere Anblid des mit Marzipanengeln und Schokoladentieren behangenen Weihnachtsbaumes schon entzogen sein muß. Und eine dunkle, unterbewußte
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Ahnung unserer Armut stieg damals schon auf. wünschen, Willy- ich zählte damals noch nicht vierzehn Als es aber hieß, ihr dürft euch in diesem Jahr nur ,, Nüßliches" ist ja fast erwachsen und ihr anderen seid ja auch schon vernünftige Kinder, ja, da weinten wir doch eine Adventsnacht lang in unseren Betten; denn auch nicht mehr ein Tüpfelchen erfüllt werden konnte, das war zuviel jetzt noch den schönen Feiernachmittagstraum träumen, wo von ihm Selbstüberwindung, selbst für einen fast Bierzehnjährigen wie ich. Die Mutter pries uns die Freude, die man auch an warmen Handschuhen, Unterhosen und Strumpfbändern haben fönnte, aber meine Schwesterchen bedauerten doch ihre Büppchen, daß sie dies Jahr nicht einmal neu angezogen werden sollten. Und wir Jungens riffen immer wieder die seit Ostern leeren Fächer unseres in besseren Zeiten" geschenkten Kaufladens vor der Eltern Augen auf. Aber auch diese diplomatischen Aktionen halfen nichts; die Püppchen sollten wahrhaft und wirklich nicht einmal neue Kleidlein bekommen, und die Schub
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bar und in Werten stiftet die Firma W. Spindler A. G. in Spindlersfeld für ein Preisausschreiben, dessen Bedingungen aus dem Nachstehenden ersicht lich sind:
In unserem arbeitsfreudigen Berlin gibt es eine Reihe von Betriebsstätten, deren Name zum Kennwort für bestimmte Industrien geworden ist. Zu ihnen gehört die jedem Berliner bekannte Firma Spindler. Schon im Eltern- und Großelternhause hieß es, daß alles, was uns aus Web- und Wirkwaren umgibt und im Laufe der Zeit durch Staub, Licht und Luft sein gutes Aussehen verloren hat ,,, zu Spindler muß", weil es in diesem Jungbrunnen von den Mängeln des Alters befreit und zu frischer Farbe, neuem Glanz und Ansehen gebracht wird.
Allgemein bekannt ist, daß Spindler Garderobenstücke, Teppiche, Gardinen, Spitzen, Tücher und was sonst zur Kleidung und Dekoration der Wohnräume gehört, chemisch reinigt, d. h. wirklich reinigt, und zugleich desinfiziert, färbt, auffrischt, stopft und repariert; aber noch ist sich nicht jede Hausfrau darüber klar, daß Spindler in seiner jetzt stark vergrößerten Abteilung Dampfwäscherei Leib-, Hausund Tischwäsche bei sachkundiger Behandlung besser und rationeller reinigt, als es im Haushalt möglich ist. In dem Stamm alter Arbeiter ist die Brancheerfahrung von nahezu 100 Jahren verankert; ein wissenschaftliches Laboratorium und ein Stab von Ingenieuren sorgen dafür, daß auf wissenschaftlicher Basis und nach modernsten Grundsätzen gearbeitet wird. Erweiterungsbauten des Werkes Spindlersfeld, die soeben in Angriff genommen sind, sollen dazu dienen, auch in den Saisonmonaten allen Wünschen auf schnellste Erledigung der Aufträge zu genügen. Hierüber hinaus wird die Gesellschaft die Zahl ihrer Annahmestellen vergrößern, um ihrer Kundschaft, wo es nur möglich ist, nahezukommen und den Verkehr zu erleichtern. Wir bitten alle diejenigen, die sich für Spindler interessieren, die Erfahrung, die sie mit uns gemacht haben,
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ihr Wissen über unser Können und ihr Verständnis für die Eigenart unseres Betriebes entweder in einem prägnanten Satz oder in einem Zweizeiler etwa folgender Art: W. Spindler drei Dinge vereinigt, Er wäscht, er färbt, er reinigt" niederzuschreiben und uns zu übersenden. Ein Kundenzwang ist hiermit nicht verbunden.
Die Einsendungen müssen bis zum 31. Januar 1927, abends 6 Uhr, an die nachstehende Adresse erfolgen: W, Spindler A. G., Spindlersfeld bel Cöpenick.
Der Briefumschlag ist außer dieser Adresse mit dem Wort ,, Preisausschreiben" zu beschriften und soll einen Zettel mit dem Verse, dem Namen und der Adresse des Einsenders( in deutlicher Schrift) sowie den Namen der Zeitung enthalten, in welcher der Einsender das Preisausschreiben gelesen hat. Das Preisrichter- Kollegium setzt sich aus folgenden Herren zusammen:
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1. Chefredakteur Georg Mühlenschulte, Berlin , 2. Reklamekünstler Hans Lindenstaedt, Charlottenbg. Mitgl. d. Verband. Deutscher Reklamefachleute, 3. Max Poculla, Reklamefachmann, Berlin ,
4. Rechtsanwalt u. Notar Friedrich Stegmann, Berlin . Die Entscheidung wird unter allen Umständen bis zum 28. Februar 1927 getällt und in den Tageszeitungen unter Namensnennung bekanntgemacht werden. Alle Preisträger, auch die Träger der Trostpreise, erhalten Benachrichtigungen und kostenfreie Uebermittlung der Preise. Die Entscheidung der Preisrichter ist endgültig und nicht anfechtbar. Dies erkennen alle Bewerber unter Ausschluß des Rechtsweges an.
Die mit den 73 ersten bis achten Preisen ausgezeich neten Einsendungen gehen mit allen Rechten in den Besitz der Firma W. Spindler A. G. über. Außerdem behalten wir uns vor, besonders originelle Lösungen zum Preise von M. 30,- zu erwerben.
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