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essen fallen, weil doppelseitig und vielverzweigt, nicht immer mit denen des jungen heimischen Industriekapitals zusammen. Gewiß ist nicht aller politisch-nationale Kampf des indi- schen Großbürgertums rein kapitalistisch bestimmt. Religion, Sentiment und Heimatliebe spielen hinein und sind sogar bei zahlreichen bedeutenden Persönlichkeiten das einzige treibende Motiv. Auch besteht die junge akademische Intelligenz des Landes nicht eben nur aus Syndizis und Firmenagenten. Sie bedeutet vielmehr in ihrer Mehr- zahl, wenn sie ihr Wollen und Streben den Volksmassen zu- wendet, für diese eine große Hoffnung. Erfreuliche Anzeichen lassen ein wirksames Zusammengehen von Hochschule und Arbeiterbewegung in der Zukunft erhoffen.
Nachts wie üer Juüe! Wullc als Kapuzinerprcdiger. Völkische Vergiftung der deutschen   Seele. Es steht schlimm um die Völkischen. Ein neues Jahr, aber keine neuen Hoffnungen. Zunehmende Tage, aber ab- nehmende Partei: Feinde, Verrat, Verblendung ringsum das kleine Häuflein der Aufrechten, geschmäht von rechts und links: so treten wir Völkischen über die Schwelle des Jahres 1927... Entmutigt? Hoffnungslos?... Nein, und aber- mals nein!" Wirklich nein, Herr von Graefe? Auf derselben Seite desDeutschen Tageblatts", auf der Herr von Graefe dem zusammengeschmolzenen Häuflein Mut zuspricht, sagt Herr W u l l e im Namen der Reichsleitung der Deutschvölkischen Freiheitspartei  , wie es wirklich ist: Hunderttausende haben ihre Stimme der Deutschvölkischen Freiheitsbewegung gegeben. Wären diese Hundert- tausende fleißige Arbeiter gewesen, wir wären eine Macht, die unerschütterlich wäre. Gearbeitet aber haben wenige Tausende, die anderen haben zugesehen. Weswegen lönncn wir diese Behauptung aufstellen? Aus der ein- fachen Feststellung, daß diese Hunderttausende von völkischen Wählern es nicht einmal der Mühe für wert gehalten haben, die völkische Sache zu fördern, für sie zu werben." Herr W u l l e, der Herausgeber der völkischen Presse. weiß es: Aber wir fragen: Lest ihr denn überhaupt das Deutsche Tageblatt" oder dieMecklenburger Warte"? Viele tausend Völkische lesen diese Blätter nicht, scheuen die Kosten, haben aber Geld für tausend Kinkerlitzchen." Wo bleibt die Arbeit für den Presse-Kampfschatz? Wenn nur zehntausend Mitglieder unserer Bewegung f ü r j e drei Mark Schatzmarken verkauft hätten, so hätten wir heute ein ansehnliches Kapital. Es sind immer wieder dieselben, die fleißig arbeiten, die meisten anderen lesen die Auf- forderungen und vergessen sie." Nicht einmal 30 000 M. als Pressefond sind für die Völkischen zusammenzubekommen l Man kann ermessen, wie groß die Hoffnungen sind, auf die Herr von Graefe schwört. Nur einen Ausweg sieht Herr Wulle noch: Seht euch den Anzeigenteil desDeutschen Tage- b l a t t e s" oder derM e ck l e n b u r g e r Warte" an! Wo sind hg die Familienanzeigen, die ein Band um die Lesergemeinde und um die Zeitung schlingen? Geht auf die Bahnhöfe, wo finden wir da die völkischen Blätter? Das gleiche gilt von den Z o i t un g s st ä n d e n. Macht's wie der Jude, der verlangt überall seine Presse, und deswegen bekommt er sie." Macht's wie der Jude! Die letzte Rettung der Völkischen: der Jude als Vorbild. Da versteht man die Furcht» die Herrn von Graefe trotz seines deutschen Nein beschlichen hat: Was jener Well der Internationale in eiserner Wehr und offener Feldschlacht nicht gelang, das trachtet sie jetzt im gleiß- nerischen Wams des glitzernden Goldes listig zu er-
schleichen: die Vergiftung des deutschen   Blutes mit» samt der deutschen   Seele!" So Herr von Graefe. Herr Wulle aber empfiehlt: macht's wie der Jude! Um des glitzernden Goldes willen. Vergiftung der deutschen   Seele!
Sckloßbesitzer Wels. Die Entdeckung eines Kreisblatts. DerBote an der Weser", der sich in seinem Untertitel als Mindener Landtrcisblatt, Amtliches Veröffentlichungsblatt" be- zeichnet, erregt sich über die Weihnachtsausgabe vonVolk und Zeit", in der die krassen sozialen Gegensätze unserer Zeit bildlich dargestellt waren. Besonders hat es ihm ein Bild angetan, auf dem eine in allen Tafelgenüssen schwelgende Gesellschaft dargestellt ist. Zu ihm bemerkt er: Könnte das obere Bild mit der Kinderschar an dem speisen- überladenen Tisch, nach den prunkvollen Räumen zu schließen, nicht im Schlosse des Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Wels aufgenommen sein, der bekanntlich(I) in einem von ihm angekauften hohenzollern-Schlosie in Berlins   Um­gebung wie ein Fürst residiert? Das Haus in Friedrichshagen  , in dem Genosse Welswie ein Fürst residiert", hat früher einem Telegraphenassi st enten und noch früher einem Schuhmacher gehört welcher von diesen beiden Vorbesitzern ein Hohenzoller war, wiflen wir nicht. Die Methode aber, die dasamtliche Veröffentlichungsblatt" in Minden  in seinem schmutzigen Kampf gegen die Sozialdemokratie anwendet, kennen wir um so besser. Wir kennen sie noch von denSchlössern" in Küßnacht und Soiensaß her, in denen Bebel und V o l l m o r wiedie Fürsten   residierten", und wir wissen auch, daß noch keine Schmutzfinken-Phantasie königlicher oderrepublikanischer" Kreis- blätter imstande war, den Aufstieg der Sozialdemokratie aufzuhalten.
Cooliüge gegen Rußland  . Neue ablehnende Erklärung. Washington  , 3. Januar.  (EP.) Das Staatsdepartement ver- öffentlicht eine Note, wonach Nordamerika   nach wie vor entschlossen sei, Unterhandlungen mit Sowjetrußland nicht zu eröffnen, solange dieses Land das beschlagnahmte amerikanische Eigen- tum nicht freigegeben hat und solange es nicht auf bolschewistische Propaganda in Amerika   verzichten will.
Ententeschutz für tzorthp-Ungarn  . Liquidierung der Z?runkenfälscherbestrafung. Nach Windischgrätz ist nun auch Nädossy vomZuchthaus  " ins Sanatorium übergesiedelt und der Wille, dies« Staatsstützen und Fron- kenfälscherhäuptlinge dem Strafvollzug zu entziehen, wird schon auch den Weg dazu finden, und zwar einen anderen als den der Amnestie, die schließlich auch den massenhaft eingekerkerten Oppositionellen zu- gut« kommen müßt«. Sehr bezeichnend für die Zustimmung der f ra n- fischen Regierung zu dieserAbwicklung" der Franken- fälscherei ist der letzte Pariser   Diplomatenschub. Dabei hat man den französischen   Gesandten Clinchaut, der auftragsgemäß sehr ent- schieden wegen der Frankenfälscherei vorgegangen war, nach Buka- rest versetzt und den Handelsattache Raoul Chelard gleichfalls aus Budapest   abberufen: er hatte seinerzeit in Genf   sich anläßlich der Justhschen Ohrfeige für Bethlen in einem Interview ebenso deut- lich über dieses Ungarn   geäußert wie B r ia n d selbst, der in der Kammer der Horthy Bethlen-Regierungunglaublichen Brigantis- mus" nachgesagt hat. Dieser neue Liebesdienst Frankreichs   für Horthy-Ungarn ist aber nichts Usberraschendes. Ohne die Duldung und damit auch Förderung der Ententeregierungen hätte man nicht jenekörperlich« Ausbildung" der ländlichen und kleinstädtischen Jugend Ungarns   durch das Le- v e n t e- Gesetz verpflichtend einführen können, bei der schon SOlX) Offiziere als.�Instrukteure" angestellt sind. Zusammen mit der un- geheuer starken Gendarmerie und der famosenF«u«rwehr"-Truppe ergänzt die Levente das in Trianon seinerzeit zugelassene Heer in
einer Weise, die sich nicht mehr wesentlich, sondern nur noch quantl- tatw von allgemeiner Wehrpflicht unterscheidet. Hieraus schöpfen die siegreichen" Nachbarstaaten Tschechoslowakei, Rumänien   und Süd- flawien dieNotwendigkeit" immer neuer Rüstungen, damit sie ihre ehemals ungarischen Gebiete auch verteidigen können. An diesen Ge- wehr-, Geschütz-, Giftgas- und Flugzeugbeschaffungen oerdienen aber die Schneider-Creuzot, Armstrong und weiteren Rüstungsindustrien in den Ententeländern, und das ist vielleicht der Hauptgrund für diese praktisch längst vollzogen« Revision der Friedens- bestimmungen von Trianon zugunsten Horthy  -Ungarns  . Ter neuuundsiebzigjährige Politische im Zuchthaus. Der neunundsiebzigjährige Journalist Geza Bart» f a y muß am Neujahrstage seine vor drei Monaten unterbrochene schwere Kerkerstrafe, vierzehn Jahre, von denen er sechs Jahre abgebüßt hat, wieder antreten. Bartfay ist ein alter. klerikal angehauchter Provinzjournalist aus der Stadt Gran, wo der ungarische Fürstprimas seinen Sitz hat. Das Verbrechen des alten Mannes aber besteht in folgendem: Im Juni 1919, während der Kämpfe zwischen Räteungarn und der Tschechoslowakei  , traf die tschechische Armee Vorbereitungen, über die Donaubrücke bei Parkany-Nana oberhalb Gran   über die Donau   zu fahren und Gran zu besetzen. Zwei konterrevolutionäre Patrioten, Aladar Berniczay und Desider V a r g h a, ver- handelten mit den Tschechen und wurden von einer Truppe der ungarischen roten Armee überrascht, als sie die tschechischen Dorposten über die Brücke führen wollten. Sie wurden verhaftet, die Donaumonitore wurden alarmiert und so die Besetzung Grans   verhindert. Der rote Kommandant ließ durch das Revolutionstribunal die beiden Hochverräter zum Tode ver- urteilen. Das Urteil sollte öffentlich auf dem Platze der heiligen Dreifaltigkeit vollstreckt werden. Da beginnt nun die Rolle des Bartfay. DieNotabilitäten" der klerikalen Stadt, etwa zwanzig an der Zahl, suchten ihn auf und legten ihm nahe, er möge bei dem Klageanwalt intervenieren, daß die Hinrichtung nicht auf einem Platze stattfinde, wo sie d i e r e l i- giösen Gefühle der Bewohner verletzen müßte. Bartfay kam dieser Aufforderung nach und erwirkte, daß die Hin- richtung auf emem anderen Platze stattfand. Nach dem Sturze der Diktatur wurde Bartfay wegen Mit- ilfe an einem vorsätzlichen Mord das war in den ugen des patriotischen Gerichtes die Bestrafung von Hochver- rätern, die eine ungarische Stadt der feindlichen Armee ausliefern wollten zu vierzehn Jahren schweren Kerker ver- urteilt. In dem Prozeh sagte selbst der Direktor des Priester- s e m i n a r s und der Polizeihauptmann aus, daß in Gran jeder anständige Mensch die beiden Konterrevoultionäre als Hoch- Verräter betrachtet habe. Die Zeugen, die aussagen wollten, daß Bartfay bei der Hinrichtung gar nicht anwesend war und sich seine Rolle nur auf die ihm ausgetragene Intervention beschränkt habe, wurden vom Gericht nicht zugelassen. Die Tatsache, daß er mit dem Klageanwalt des Revolutionstribunals im Interesse der Schonung der religiösen Gefühle der klerikalen Bevölkerung sprach, genügte: das ist Beihilfe zum Mord, die mit vierzehn Jahren Kerkerstrafe gesühnt werden muß!
Eine(phrfeige für primo. DaS höchste Gericht Spaniens   verwirft eine gewissenlose Anklage. Wie wir erfahren aber die spanische Presse nicht veröffent- lichen darf hat der Oberste Gerichtshof   in Madrid   gewisie Be- schuldigungen geprüft, die bald nach Errichtung der Generalsdiktatur gegen den Führer der spanischen   Demotraten, Santiago Alba.  ehemaligen Außenminister, erhoben worden waren. Das höchste Gericht hat alle diese Beschuldigungen, die die Regierung er- hoben hatte, zurückgewiesen und ausdrücklich festgestellt, daß gegen Alba nicht das geringste vorliegt, was eine Strafe oder Disziplinar- Verfolgung auch nur ermöglichen könnte. Dies mitzuteilen erscheint um so notwendiger, als die spanische Diktatur sich nicht gescheut hat, in ausländischen Zeitungen Alba so hinstellen zu lasten, als ob auf ihn ein schlechtes Licht falle. Das höchste spanische Gericht hat, indem es diese elende Kampagne durch- kreuzte, diejenigen verurteilt, die zu solch gemeinen Mitteln gegriffen haben.
Die Rundfrage. Bon Hans Bauer. So habe ich mich lange nicht amüsiert! Das war ja ein gar heiteres Spiel, dem ich mich in den vergangenen Feiertagen hin- gegeben habe, als ich die Neujahrsrundfrage einer magdeburgischen Zeitung studierte, die sich an dreißig, wie ich zugeben muß, größten- teils sehr sympathische, sehr geachtete Vertreter des Schrifttums mit der Bitte gewandt hatte, über Art und Wesen derJungen Generation" etwas zu sagen. Diese dreißig Antworten muß man gelesen, die muß man miteinander verglichen haben. Jede einzelne allein: sehr nett, sehr klug, sehr gefällig, sehr einleuchtend, sehr tief. Alle zusammen: der hoffnungsloseste Scherbenhaufen, vor dem ich je gestanden, der bestpielloseste Wirrwarr, der sich je vor mir aufgetan hat. Ein paar Beispiele vorerst... ein paar bloß, statt einiger Schocks, die man mühelos herausdestillieren könnte. A. Paquet: Die Generation der Zwanzig- bis Dreißigjährigen erscheint als begabt, aber haltlos." Dahingegen offenbart sie sich für L. Matthias nicht im Werk, sondern im Tun", und trotz ihresintellektuellen Tiefstandes" hat er den Glauben an sie nicht verloren. I. Bab sieht ein Abirren der geistigen Stellungnahmein eine wütende Parteinahme einseitig politischer Art", wohingegen A. Neumann im Wirken der jungen Generation gerade im GegenteilPolemik statt Politik" findet. Jahnkann heute deutlich die Schaffenden um dreißig und die um zwanzig trennen", was nun wieder der Inhaber des S. Fifcher-Derlags gar nicht zu tun vermag, für den eseine junge Generation zwischen zwanzig und dreißig als geistig verwandte Gemeinschaft nicht gibt". W. Schmidtbonn findet, daßder Drang der jüngsten Generation nach dem Technischen gehe", E. Faktor dahingegen, daß sienach dem Ueberbewußtsein taste". H. Kafka hatte Gelegenheit, Tausende von Einsendungen zu einem Wett- bcwerb durchzusehen. Er fandLeidenschaft und wortbildende Stärke bei allen", wohingegen O. Loerke auffällt, daß die jüngste Dichtergenerationzart, sanft, müde" ist. R. Kayser hat sie als sachlich" und alsentschlosten unromantisch" erkannt, aber E. Reindl scheintdas entscheidende Erlebnis der Zwanzig- bis Dreißigjährigen das Abenteuer m jeder Form, das romantische so gut wie das brutale Landsknechtsabenteuer" zu sein. Für H. E. Jacob ist .Bildungsfeindschaft" der charakteristische Mangel der Jungen, wiederum weiß ihr A. NeumannMisten statt Gewisten, Hirn statt Seele" zuzubilligen, während R. Leonhard ihrenLebensverstand" bewundert, fällt W. Hausenstein auf, daß siesoviel Phantomatik und so schrecklich wenig fühlbare Gegenwartaufweist". Uff.... Sie haben gesprochen, die Herren von der Literatur, dreißig kluge Köpfe haben ihren reichen Verstand an das Thema der geistigen Aufgabe gewendet, die die junge Generation zu lösen » hat, und sich dahin entschieden, daß besagte Generation zwischen »wanzig und dreißig gar nicht existiere und mithin deutlich«or-
handen sei, kein Talent und viel Charakter bei geistiger Beweglich- keit und moralischer Haltlosigkeit habe, Sinn fürs Leben und stürmischen Impuls in Verbindung mit Weltfremdheit und Blasiert- heit aufweise, in ihrer Vorlieb« für die Romantik nur für die Technik schwärme und in ihrer politisch einseitigen Losgelöstheit von aller Tradition sich darin erschöpfe, in völlig unpolitischer Weise Vergangenes nachzuäffen. Zunächst einmal beweist dieses irrsinnige Tohuwabohu der Meinungen, daß literarische Aeußerungen immer dann, wenn es nicht auf Erbauung und Form, sondern auf Urteil und Resultat an- kommt, eine höchst unzuverlässige Geschichte sind, und dann: Nun wüßten wirs ja aufs Haar genau, was es auf sich hat mit den Jungen: Gar nichts. Natürlich gibt es junge und alte Schriftsteller, wie es junge und alte Tischler gibt, und natürlich ist es tausendfache Pflicht der Alten, der Arrivierten, das junge Talent zu fördern, ihm Chancen zu geben. Aber wie wir heute lange den vertrottelten Standpunkt überwunden haben, daß die Jugend das Maul zu halten habe, wenn das Alter spricht, so meine ich, der ich den Jahren nach durchaus zur Jugend zähle, daß wir endlich auch einmal von der sinnlosen und bornierten Vorstellung loskommen müssen, daß diejunge Generation" einen Eigenwert besitz  « und mit Offenbarungen vollgepfropft sei. Es gibt keinejunge Literatur", sondern eine gute und eine schlechte, und will man sie doch nach Altersgraden unterscheiden, so sei man nicht oberflächlich genug, den Kalender zu fragen, sondern prüfe sie auf ihre Stellungnahme hin, die sie zu der jugendfrischsten Idee unseres Jahrhunderts einnimmt: zu der des Norsturms der Arbeiterklasse in das Land feiner Der- heißung, m das Reich des Klasten niederreißenden, völkerversöhnenden Sozialismus.
Das neue russische Chegesetz. Vor einem Jahre ist in Sowjetrußland wieder ein neuer Eni- wurf für ein Ehegesetz vorgelgt worden, der besonders auf den Widerstand der Frauen aus dem Lande gestoßen ist. Gegenwärtig wird eine Ehe einfach durch Eintragung in das Register geschlossen. Geschieden wird sie nicht auf Grund einer Schuld, sondern durch Uebereinkommen oder lediglich auf Verlangen des«inen Ehegatten. Die Zahl der Ehescheidungen ist denn auch prozentual sehr hoch. Eheliche und unehelich« Kinder werden nicht voneinander unter- schieden. Außer diesen registrierten gibt es auch noch formlose Ehen, für die es genügt, daß Mann und Frau zusammenleben, gemeinsam erwerben, gemeinsam die Kinder erziehen und den Freunden als Ehepaar gelten. Die Zahl solcher unregistrierten Ehen wird auf ungefähr 70 000 geschätzt. Die Absicht des neuen Gesetzentwurfes ist nun, den KIndem aus diesen formlosen Ehen besseren Schutz zu gewähren, ebenso dem schwächeren Teil in der Ehe. also der Frau, für den Fall, daß die Ebe ausgelöst wird. Diese Absicht wird in der Einleitung zu dem Gesetzentwurs ausgesprochen. Weiter wird gesagt, daß die Tatsache der Eheschließung bei der Registrierung ja doch leichter zu bewerfen ist als ohne diese. Sodann werden für das neue Gesetz
gesundheitliche Vorsichtsmaßregeln bei der Eheschließung verlangt. Die beiden Ehepartner sollen sich gegenseitig vom guten Gesundheils- zustande des anderen Teiles überzeugt haben, besonders im Hinblick auf geistige, geschlechtliche und tuberkulöse Erkrankungen. Aehnlich wird ja zuni Teil auch in nordischen Ländern die Vorlegung eines Gesundheitsattestes bei der Eheschließung gefordert. Bei diesen Vor- schriften ist freilich zu erwägen, ob sie nicht in vielen Fällen lediglich dazu führen werden, daß eben nur ein formloses Zusammenleben erfolgt. Das neue russische Gesetz will auch eine Heraussetzung des Heiratsalters für Frauen von gegenwärtig 16 auf 18 Jahre bringen, dem auch für Männer vorgeschriebenen Mindestalter. Endlich soll die auch im deutschen   bürgerlichen Recht vorhandene Bestimmung be- seitigt werden, nach der die Frau den Wohnsitz des Mannes teilen muß. Der Frauenüberschuß ist in Rußland   sehr erheblich. Am höchsten ist er in der Altersstufe von 20 bis 29 Iahren, wo immer auf einen Mann zwei Frauen kommen. Bei den früheren und späteren Lebensaltern ist der Unterschied nicht so groß. Man erklärt diese Tatsache aus den Kriegs- und Nachkrtegsereignisfen.
Bluluntersuchung zur Ermittlung der vakerschasl. Vor dem Polizeigericht in Carnarvon in der englischen Grafschaft Wales   wurde kürzlich ein Prozeß wegen Alimentenzahlung gegen einen jungen Mann verhandelt, der seine Vaterschaft ableugnete und den Antrag stellte, durch eine Blutuntersuchung darüber Klarheit zu schaffen. Der Antrag gelangte nicht erst zur Verhandlung, sondern wurde mit der Begründung abgelehnt, daß die Vaterschaft im Vorverfahren bereits gerichtsnotorisch anerkannt worden sei. In Amerika   ist aber in einem ähnlichen Falle der Antrag auf Blutuntersuchung zur Ermittlung der Vaterschaft zugelassen worden. Dieser Prozeß war kürzlich zu Omaha   im amerikanischen   Staat Nebraska   anhängig. Es handelt« sich dabei um ein Ehepaar und ein 18 Monate altes Kind, das, wie der Vater behauptete, nicht von ihm stammen sollte. Durch die Blutnntersuchung wurde indessen die Vaterschaft erwiesen, da die Analnse ergab, daß das Blut von Mutter, Vater und Kind keinen Zweifel an der gemeinsamen Zusammensetzung lasse. Der Mann gab sich daraufhin auch zufrieden und bekannte sich als Vater de» Kindes.
Lübrevchrevlk. Erwin Plscator wurde einem«mische Heinrich Mann'S  entlprechend, die Urciusfüdrung leiner Komödie.Da? gastliche HauS" ,u inszenieren, für das Schauspielhaus München   beurlaubt. Da»«enaiflancelliealer wird Sonnabend,>/,« Uhr. mit.Hau« H e r,- u S t» d"»on Bernard Shaw   wieder eröffnet. Die lesbilche Fliege", der SUvesterfcher, de« Th-aterS in der Kloster- stratze, wird Millwoch, Donnerstag und Freitag wiederholt. Lröffautig de» Telephonverkehr» London   7t ew Jsorf. Vie verlaulet, wird der T-Icpbondienlt zwischen London   und New Uorl am 7. Januar eröffnet werden. Dem Telephonoertehr zwilchen London   und New Dort wird ein Dienst zwischen London   und Australien  , sowie zwischen London   und Süd- asrita bezw. Kanada   folgen.