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Nr.?>44.Iahrgat»g

Heilage öes Vorwärts

Montag, Z. Januar 1927

Solschewiftifches Doppelspiel. Für und gegen das Privatkapital. Die Kommunisten machen es sich leicht Sie führen den Kampf gegen das Kapital in der Art, daß sie hinter dem Wagen der Gewerkschaften und der Sozialdemokratischen Partei herlaufen und hämisch alles kritisieren, was die Gewerkschaften gegen das Privat- kapital, die Partei im Parlament für die Arbeiterschaft erreichen. Es selbst besser zu machen, dazu sind die Kommunisten u n. fähig. Nun können sie sich leicht darauf hinausreden, daß sie rn Deutschland nicht viel zu bedeuten haben, in den Gewerkschaften völlig an die Wand gedrückt sind und politisch von niemand ernst genominen- werden. Wie aber sieht es da aus, wo die Kommunisten Herr- scheu? DieRote Fahne " hat es bisher ängstlich vermieden, zu dem berüchtigten Rundschreiben des Zentralrats der Gc- werkschaften Sowjetrußlands, das sich mit der G e- werkschaftsaktion in den Privatbetrieben beschäf- tigt, Stellung zu nehmen. Nach diesem Rundschreiben sollen die Gewerkschaftendie besonderen Bedingungen" ihrer Arbeit in den Privatbetriebenstreng berücksichtigen", und den Charakter von offiziellen und streng geschäftlichen Beziehungen" zu den Unter- nehmernstrikte wahren", um den Unternehmern keine Gelegenheit zu geben, Gefälligkeiten an die Gewerkschaftsorgane und Funktionäre zu erweisen. Dann heißt es wörtlich weiter: Bei der Ausstellung von Forderungen an die Kon- zessiöniäre müssen die Gewerkschaften bedenken, daß die Arbeiter- klasse und der Sowjetstaat darin interessiert sind, da» Auslaad«- kapital(in gewissen Grenzen und unter staatlicher Regelung) ins Land horanzuziehen zum Zwecke der Entwicklung jener Wirtschafts- zweige, die heute mit den Mitteln des Staates nicht entwickelt wer- den können sowie darin, daß in den Konzessionsbetrieben die vollkommensten organisatorischen und technischen Methoden ange- wandt werden. Die Gewerkschaften dürfen daher keine Forderungen stellen, die zu einer Liquidation des Unternehmens führen können. und sie dürfen unter keinen Umständen die Konzessionäre hindern, vollkommenere Arbeitsmethoden anzu­wenden, selbst wenn deren Einführung mit einer V e r m i n d e- ru n g der Arbeiterzahl verbunden ist." Kurz, die Gewerkschaften müssen die Interessen der Entwicklung der Konzessionsunternehmungen weitestgehend berückfichti- gen. Um die Durchführung dieser Politik zu sichern, wird durch das- selbe Rundschreiben den Ortsverwaltungen der Gewerkschaften das Rechtbe st ritten, irgendwelche Forderungen an die Konzessionär« selbständig zu stellen. Di« gesamte gewerkschaftliche Arbeit in den Konzessionsbetrieben wird streng zentralisiert, die Füh- rung der wirtschaftlichen Kämpf« und der Abschluß von Kollektiv- Verträgen ausschließlich den Zentraloorständen der Gewerkschaften zugewiesen. DieRote Fahne ", die sonst nicht laut genug von den Tewerk- schaften des kapitalistischen Deutschland fordert, daß sie ohne alle Rücksichtnahme gegen das Unternehmertum vorgehen müssen, und zwar auch ohne alle Rücksichtnahme aus die Kmnpfesmöglichkeiten der Arbeiterschaft, soll uns einmal erklären, wie es kommt, daß man i n S o w j e t r u ß la n d«ine besondere Rücksichtnahme auf das P r i va t ka p i ta l empfiehlt. Wie es kommt, daß in Srw'strußland die hoheGewertschaftsbureaukratie" den unteren Instanzen überhaupt verbietet, irgendwelche Forderungen an die Privatunternehmer zu stellen. Zu diesem Doppelspiel müsien die Kommunisten endlich einmal Farve bekennen.

die besseren Führer. Nachdem Fritz checkert in derRoten Fahne" in einem Artikel, der fast noch länger ist als eine Moskauer Resolution, so nebenbei Legten und Ebert, die Mörder der Revolution" erwähnt hat, behauptet er, die englischen Bergarbeiter seien dank des reformistischen Verrats niedergeworfen. Als ob mit dieser kom- munistischen Behauptung die Tatsache aus der Welt geschafft werden könnie, daß gerade die kommunistische Führung dieses Riesenkampfes der deutlichste Beweis dafür istXdatz die Kommunisten zur Führung gewerkschaftlicher Kämpfe durchaus ungeeignet sind. In Moskau bat man längst einsehen müssen, daß die privatkapitalistische Wirt- schaftsordnung nicht durch einen Handstreich aus den Angeln ge- hoben werden kann, trotzdem man heute noch versucht, diese peinliche Erkenntnis durch Reden und Resolutionen zu verschleiern. Es ist nicht nur der stark überstiegene Ehrgeiz, der der Anerkennung dieser Tatsache im Wege steht, es ist die Furcht vor der politischen Bänke- rotterklärung. Di« Vertreter der Moskauer Filialen im Auslande werden deshalb trotzdem dazu angehalten, die Fiktion aufrechtzu- erhalten, als habe die Arbeiterschaft nur mit dem Kops die Mauern zubrennen, um die kapitalistische Wirtschaftsordnung zu beseitigen. Zeigt sich dann, daß die Mauern noch immer stärker sind als die dann schimpfen diese mehr temperamentvollen als einsichtigen

Strategen über die reformistischm Gewerkschaften und ihre Führer, daß diese nicht noch der Methode kämpfen, die jene ihnen trotz all ihrer Mißerfolge vorschreiben wollen. So fordert denn Herr Heckert seine Getreuen auf, sich im All- meinen Deutschen Gewerkschaftsbund eine wirklichezentrale Kampfleitung auf revolutionärer Grundlage" zu schaffen. Unbeschadet der Tatsache, daß derReformismus " die Ge- werkschaftsbewegung geschaffen hat, bevor an einen Leninismus, Thälmannismus und Hcckertismus zu denken war, spricht Heckert den Satz gelassen aus: der Reformismus hat die Gewerkschaftsbewegung zugrunde gerichtet. Die Kommunisten, die sie zerschlagen hatten, müßten sie wieder groß und mächtig machen. Unsere Partei wird dann die Führerin des Proletariats wer- den, wenn wir... den Arbeitern beweisen, daß wir die besse- ren Führer sind." Ueber diä Führer der KPD. ein Wort zu verlieren, dürfte sich nach all den Führerdebatten, die sie unter sich pflegen, erübrigen. Was an Selbsttäuschung bei Heckert und seinen Freunden über ihre Führereigenschaften noch bleibt, wird durch den Gang der Dinge aufs rechte Maß zurückgeführt. Doch wenn ein Heckert noch so laut nach Eroberung der Gewerkschaft schreit, so verpflichtet das die Gewerkschaften keineswegs, sich der Führung dieserbesse- ren Führer" zu unterwerfen. Im Gegenteil, die Führer der Gewerkschaften müssen erprobt sein. Heckert hat zwar ein- mal die Führung gehabt bei dem Ueberfall auf den Leipziger Ver- bandstag der Bauarbeiter, doch reichen solche strategischen Opera- tionen nicht aus, um daraus den Anspruch als Führer oder gar als besserer Führer herzuleiten. Hermann, der Cherusker ." DerGrundstein", das Blatt des Deutschen Baugewerksbundes verbindet mit der Mitteilung, daß Hermann Eichhorn in den wohlverdienten Ruhestand getreten ist, eine Ehrung des ösjährigen Genossen, der seiner Statur und seines Bartes wegen den FreundschaftsnamenHermann der Cherusker " bekommen hatte. Eichhorn war einer derkleinen" Gewerkschaftsführer, die von der Pieke auf gedient, die Organisation, die sie leiteten, zuvor erst mit- geschaffen und mit hochgebracht hatten. Im Jahre 1895 trat Eichhorn seinem Verbände der G l a s e r g e s e l l e n in Karlsruhe bei. Nach längerer ehrenamtlicher Tätigkeit wurde er 1999 zum Vorsitzenden seines Verbandes und damit auch zum Redakteur seines Verbands- organs gewählt. Durch die spätere Verlegung des Verbandssitzes nach Leipzig wurde Eichhorn aus seinem alten Karlsruher Wirkungskreise, wozu auch seine Tätigkeit als Stadtverord- neter und Vorstandsmitglied der Partei gehörte, herausgerissen, um nach wenigen Iahren durch den endlich erfolgten Anschluß des Glaserverbandes an den Baugewerksbund abermals verpflanzt zu werden, und zwar nach Hamburg . Seine Fachgruppe blieb er- halten, und Eichhorn fungierte als ihr Obmann im Bundesvorstand des Baugewerksbundes. Möge sich Freund Eichhorn noch viele Jahre der wohlverdienten Ruhe erfreuen!

Oer norwegische Gewerkschastsbitnö. (IGB.) Der norwegische Gewerkschastsbund hat dieser Tage seinen Tätigkeitsbericht über das Jahr 1925 veröffentlicht, aus dem hervorgeht, daß die Landeszentrale am 31. Dezember 1924 29 Landesverbände und einen einzelstehenden Verein mit insgesamt 92 767 Mitgliedern(verteilt auf 1191 Verwaltungsstellen) umfaßte, gegen 23 Landesverbände und einen einzelstehenden Verein mit insgesamt 95 931 Mitgliedern und 1237 Verwaltungsstellen am 31. Dezember 1925. Der Mitgliederzuwachs beziffert sich demnach auf 3164. Bei diesen Zahlen muß berücksichtigt werden, daß der Lokomotivsühreroerband am 1. Dezember 1925 aus der Landes- zentrale austrat. 8119 oder 8,46 Proz. der Mitglieder find Frauen. In 39 Orten mit 82 298 Mitgliedern gab es im Berichtsjahre Ge- werkschaftskartelle. Die Landeszentrale hat im Jahre 1925 eine statistische Abteilung, errichtet, die am 1. Januar 1925 ihre Tätigkeit aufnahm. Diese Abteilung veröffentlicht jeden Monat eine besondere Wirtschaftsübersicht sowie statistisch« Berichte. Im Jahre 1925 wurden 392 Tarifverträge für 192 835 Arbeiter, davon 83 529 organisierte, neu abgeschlossen. 41 der Tarifverträg« für 24 297 Arbeiter, wovon 21 496 organisierte, wurden fast un- verändert erneuert. Für 72 349 Arbeiter wurde eine Lohnerhöhung von 299,67 Kronen pro Arbeiter und Jahr erreicht. Die Arbeitszeit verblieb in allen Verträgen unverändert 48 Stunden wöchernlich. Für 191 669 Arbeiter, davon 82 501 organisierte, enthalten die Ver- träge Bestimmungen über einen jährlichen Urlaub mit vollem Lohn. Die Dauer des Urlaubes beträgt 4 bis 21 Tage. 48 187 Arbeiter er- hielten 8 Urlaubstage, 50 522 19 bis 12 Tage(Arbeitstage). An Arbeitskämpfen waren im Jahre 1925 nur 115 mit 13 780 beteiligten Arbeitern zu verzeichnen, die fast alle mit einem vollen Erfolg für die Arbeiter beendet wurden. An Streikunterstützung wurden insgesamt 1 139 261 Kronen bezahlt.

/luf Sem Wege nach �msteröam. (IGB.) Die auf Initiative des IGB. veranstaltete s k a n d i- navisch- baltische Gewerkschaftskonferenz in Stock- Holm, die den Zweck hatte, zwischen den Gewerkschaften der be-

teiligten Länder eine engere Zusammenarbeit herbeizuführen und den Wiederanschluß der Landeszentralen in Norwegen und Finn- land an die Amsterdamer Internationale in die Wege zu leiten, hat bereits einen positiven Erfolg gezeitigt. Der Ausschuß der norwegischen Landcszentrale hat nämlich in feiner am 16. und 17. Dezember abgehaltenen Sitzung nach eingehender Debatte fol- genden vom Vorstand gestellten Antrag angenommen: Da eine organisatorische skandinavische Zusammenarbeit für die Gewerkschaften von der größten Bedeutung ist, beauftragt der Ausschuß, im Hinblick auf den von der Konferenz in Stockholm gefaßten Beschluß, den Vorstand, die Frage in Verbindung mit den internationalen Organisationsoerhältnissen näher zu prüfen und dem Ausschuß sobald wie möglich einen diesbezüglichen Bericht zu unter- breiten. Sobald dieser Bericht vorliegt, wird der Ausschuß zu dieser Angelegenheit erneut Stellung nehmen und die Frage den Mit- gliedern zur Entscheidung unterbreiten. Der Ausschuß erachtet es auf die Dauer als unhaltbar, daß die Landeszentrale ohne internationale Verbindungen ist, da dadurch eine engere Zusammenarbeil zwischen den skandinavischen Landes- zentralen unmöglich wird." Dieser Beschluß wurde mit 89 gegen 18 Stimmen und 6 Enthaltungen angenommen. Die Minderheit stimmte für einen Antrag, der besagt, daß in dieser Frage keine neuen Beschlüsse gefaßt werden sollen. In Berücksichtigung der großen Mehrheit dürfte der Anschluß Norwegens an den IGB. nur noch eine Frage der Zeit fein.

Die Sparkasse der Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamten A.-G., Berlin , wallstr. 65, ist täglich mit Ausnahme von Sonnabend von 9 3 Uhr und 5 7 Uhr, Sonnabend» von 91 Uhr geöffnet.

Frohe Feste- Saure Wochen? A lies in der Welt läßt sich ertragen, nur nicht eine Reihe von schönen Tagen? Kuchen und Zucker­werk, diese lichtvollen Begleiter des Weihnachtsfestes, werfen nachträglich dunkle Schatten auf den frischen Weg des neuen Jahres. Was stellt das Gleichgewicht im Haushalt unseres Magens wieder her? Bittere Medizin etwa, Hungerkur und Diät? Nein es ist bequemer, natürlicher und wirksamer, sich der frischen Frucht zu bedienen.

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