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christlich« Stadtsynod« oh««««iter « vrku«h«,fSlscha«s ja, denn solche ist es, wenn jemand die staatlichen Personenstandslisten durch sallche Angaben oder Eintragungen fälscht. Also, liebe christ- liche Stadtsynode, was ist die Ueberscndung der Zirkulare an Dissi- deuten? Beweis einer bodenlos unordentlichen Wstrt schaft in den Kirchenbüchern oder ein« Bos- b c i t? Oder soll es ein Witz fein? Die zwei letzten Eoentuoli- täten darf man doch einer christlichen Kirche nicht zutrauen! Aber bei Gott ist kein Ding unmöglich." Ist doch vor einigen Lohren einem bekannten Schriftsteller und Redakteur passiert, daß er«ine Aufforderung zur Kirchensteuerzalstung bekam, obwohl er vor langen Jahren aus der Kirche ausgeschieden war. Bewaffnet mit der gerichtlichen Austrittsbcscheinigung, begab er sich zur maß- gebenden Stelle. Der diensttuende Herr prüfte lange und eingehend Dokument und Aufforderung. Schließlich erklärte er:Ja, Sie legen hier eine Bescheinigung über Ihren Austritt aus der e o a n g e- tischen Kirche vor. In Ihrer Steuerausforderung handelt es sich ober um Steuern für die jüdische Gemeinde. Sie müssen also eine Austrittsbescheinigung aus der jüdischen Gemeinde beibringen." Auch die erstaunte Entgegnung, daß dies schon deswegen unmöglich sei, da der Betreffende niemals der jüdischen Gemeinde angehört bot, nutzte nichts. Der Beamte verlangte, der Herr Doktor müsse dafür den Beweis vorlegen, worauf dieser, sich im Bureau um- sehend, mit Bezug auf die anwesenden Bureaudamen entgegenete: Den einzigen Beweis, welcher darüber vorhanden ist, würde ich gern auf Ihrem Amtspult niederlegen, wenn mich nicht die An- Wesenheit der Damen und die guten Sitten daran hinderten." Etwas verdutzt stellte der Beamte weitere Beweiserhebungen ein. Dieser Fall wurde seinerzeit schon imVorwärts" veröfsentlicht. Nach den vielen, dem Schreiber dieser Zeilen fast täglich zu- gehenden Zuschriften und Beschwerden von Leuten, die aus den Religionsgemeinschaften ausgeschieden sind, hat es den Anschein, als ob in den Mitgliedslisten oller Kirchen ein so heilloses Drunter und Drüber herrscht, daß es höchste Zeit ist, daß der Reichstag endlich ein vor acht Jahren im preußischen Kultus- Ministerium projektiertes Gesetz schafft, das einfach durch einen ein- zigcu Paragraphen endgültig und für immer Wandel schafft, zum mindesten aber den Religionsgemeinschaften neue, tadellose Mit- gliederlisten liefert. Dieser Paragraph müßte folgenden Wortlaut haben: .,3» den Religionsgemeinschaften gehören nur diejenigen Personen, die sich innerhalb eines Kalendermonats vom Tage der Beröffentlichung dieses Gesetzes in den ausgelegten Listen der- selben eintragen lasten. Alle andern sind al, konfessionslos zu be- trachten." Damit hörte jede Belästigung Unbeteiligter auf. Wir würden sogar dagegen nichts einzuwenden haben, wenn doppelt so viele Eintragungsstellen eingerichtet würden als beim Volksentscheid, und während eines ganzen Monats jeden Tag während acht Stunden die Eintragung möglich wäre. Gewiß«ine Toleranz, wie wir sie bei denGottgercchten" selten erleben werden. Also: Versuch macht klug. Die Annahme eines solchen Gesetzes schafft Ordnung. _

Gelöschranktnacker» Pech. Ter Weg über das geteerte Dach. Einen gefährlichen Weg hatten Geldschoonkeinbrecher, die in der Nacht zum Montoc: dos türkische Kofteehau».Mola Efti" an der Ecke der Friedrich- und Leipziger Straße heimsuchten. Die Spezialisten müssen nach dein Befund von Irgendeinem Grundstück der Leipziger Straße aus über die Dächer herangekommen sein. Das Doch des Eckhauses ist frisch geteert und infolge der nasten Witterung noch etwas schlüpfrig, wo rutschte, wie Schleifspuren deutlich zeigen, einer der Einbrecher aus und glitt bis an die R e g c n r i im, e, die ihn ausfing. Seine Helfershelfer zogen ihn dgnu aus der gesährlichen Lage auf die Höhe des Daches wieder zurück. Wäre die Rinne nicht gewesen, so hätte er i n d i e Tiefe stürzeil müssen. Durch die Dachluke gelangten die Verbrecher auf den Loden und von dort in die Räume des 5. Stockwerks, in denen sich auch die Kasse des Betriebes befindet. Hier knabberten sie einen Geldschrank auf und erbeuteten daraus 10 l>Ol> M. Die Knacker müssen sich auf dem Dach Hände, Stiefel und Kleidune, stark mit Teer beschmutzt haben, denn Tecrspuren zeigen sich on> Geldschrank, an den herausgeschnittenen Stücken und besonders ous dem Fußboden um den Schrank herum. Weniger Glück hatten Knacker bei dem Hoch- und Tiefbaugeschäft von Gottlieb T e s ch am Schönebergcr Ufer 17. Dorthin kamen sie von einem Nachbar- grundstück über die Mauer nach dem Hof. Auf dem Wege über die Himcrtreppe bis zu den Bureaus im 1. Stock mußten sie zwei Türfüllungen herausschneiden. Durch das Geräusch wurde der im Hause wohnende Burcaudiener aufmerksam. Als er sich erhob, um nachzusehen, niüssen die Einbrecher ihn gehört haben. Sie gaben die Arbeit auf und entflohen so eilig, daß sie ihre Werkzeuge im Stich ließen. Auch hier waren ahne Zweifel gewerbsmäßige Spezialisten tätig. Den Rückweg hoben sie vermutlich wieder über den Hof und die Mauer genommen. Mitteilungen zur Aufklärung der beiden Einbrüche erbittet Kriminalkommissar Bünger im Polizei- Präsidium.

Oer öerliner Neujahrsverkehr. Der Belriebsumfang der.Berliner verkehrimttkel. Zu Silvester, am Neujahrstage und am dorouffolgenden Sonn- lag« herrschte aus den Berliner Verkehrsmitteln wieder der übliche starke Verkehr. An erster Stelle stand wieder die Straßenbahn mit über 21- M i l l i o n en Fahrgästen am Silvester und mit 1H Millionen Fahrgästen am Neujahrstage bzw. 1,3 Millionen am Sonntage. Die Stadt -, Ring- und Borortbahn be. förderte zu Siloester 1,1 Millionen Fahrgäste, zu Neujahr 915 000 und am Sonntag. 943 000 Fohrgäste. Der Stadtverkehr war an den Tagen lebhast und der Fernverkehr von Berlin aus schwach. Die Hochbahn beförderte am Silvester 630 000 Personen, am 1. Januar 310 000 und konnte am Sonntag, den 2. Januar, den üblichen Sonntagsoerkehr verzeichnen. Die A b o a g befördert« Silvester 410 000 Fahrgäste, zu Neujahr 250 000 und am Sonntag 300 000.

25 Jahre Staütverorüneter. Ja diesen Tagen vollendet sich für unseren Genossen Theodor G l o ck e das 25. Jahr seiner Zugehörigkeit zur Berliner Stadtverord- nctenversammlung. Er wurde zwar schon im Jahre 1900 zum Stadtverordneten gewählt, schied aber wieder aus, nachdem die Wohl aus belanglosen Gründen für ungüllig erklärt worden war. Aufs neue entsandte die sozialdemokratische Arbeiterschaft ihn in die Stadtverordnetenversammlung bei den Wahlen vom November 1901. Genosse Glocke war Vertreter des damaligen 44. Bezirks der dritten Klasse, der die Stadtbezirke 293 298, den nordwestlichen Teil von Moabit , umfaßte. Anfang Januar 1902, in der ersten Stadtverord- netensitzung des neuen Jahres, wurde er in sein Amt eingefllhn. Dom Januar 1902 ab hat Genosse Theodor Glocke jetzt 25 Jahre ununterbrochen der Stadtverordnete»- Versammlung angehört, der alten bis 1921, und von da ab der neuen. Glockes Mitarbeit an der Kommunalverwalwng galt sofort besonders den Arbeiterfragen, bei deren Erörterung er oft das Wort nahm und die Forderungen der sozialdemokratischen Fraktion vertrat. Ihm kam die wertvolle Sachkenntnis zu- statten, die er durch langjährige Tätigkeit in der Arbeiterbewegung erworben hatte. Seit dem Jahre 1902 ist er Mitglied der Deputation für das Bauwesen und der Deputation für innere Ausschmückung des N a t h a u s e s. Im Jahr« 1912 wurde Glocke auch Mitglied der Verkehrsdeputation. Eine Zeitlang hat er auch der Deputation für den Arbeitsnachweis und der Kunst- d e p u t a t i o n angehört. Wir wünschen dem jetzt Siebenundsechzig- jährigen, noch viele Jahre an der Arbeit zum Wohle der Stadt reil- nehmen zu können.

vom dienst am KunAen. Enttäuschungen eines kleine» Kousutncute». Man kann jetzt nach dem Fest als Konsument einmal ein wenig Rückschau halten über die Erfahrungen beim Einkauf. Sie sind rund heraus nicht sehr ermutigend und mau hat oft den Eindruck, daß es vielfach die ßadeninhaber selber sind, die vomDienst am Kunden" keine Ahnung haben und scheinbar die Herrlichkeiten der Kriegszcit, in der ihnen der Konsument ausgeliefert war, nicht vergessen können. Hier ein paar Beispiele: Kauf ejncr kleinen ledernen Handtasche für eine Dame ist be- adsichtigt. Es ist vormittags ein paar Tage vor Weihnachten . Das Spezialgefchäst in der Berliner Straße in Charlottenburg ist däm- merig und leer. Dem einzigen Kunden zu Ehren flammt eine kleine Lampe auf. Die Bedienung ist arstangs sehr nett. Auch der Inhaber kommt freundlich hinzu. Aber, wie das so geht, man findet nichts, spricht das bedauernd aus und verläßt mit höflichem Gruß den Laden. Das Ladenfräulein ist plötzlich wie gewandelt, findet nur einen halb- laut gemaulten Gruß. Der Lodeninhaber aber findet für den Gruß des Käufers überhaupt kein Wort. Natürlich wird man den Laden des unhöflichen Geschäftsmannes nicht wieder besuchen. In einem Warenhaus läßt man sich Herrenhemden vorlegen. Der Verkäufer ist von größter Liebenswürdigkeit, aber auch hier findet man nicht das passende und verabschiedet sich mit bedauernden Worten. Der Verkäufer, plötzlich verwandelt, sieht den Käufer nur noch mit dem Rücken an und erwidert aus den Gruß kein Wort. Am Weih­nachtsabend braucht man noch zwei Paar schwarze Herrcnsocken, Größe 101-. Der Inhaber sucht selber aus und packt ein. Man fragt ausdrücklich:Auch 1015?"Aber selbstverständlich". Zu Hause findet man ein Paar 101- und ein Paar 1215 und der Beschenkte ist ver- stimmt. Der Inhaber ist zum mindesten sehr unaufmerksam gewcien. Beim Einkauf einiger Konfitüren achtet man nicht auf die Firma. Daheim sieht man den Kassenzettel durch und findet, daß sich die Firma Theodor Hildebrandt und Sohn im achten Jahr der Republik noch alsHoflieferant S r. M a j. d. Königs" bezeichnet. Darüber dos preußische Königswappen mit den wilden Männern. Die Firma will wohl damit andeuten, daß sie Republikaner als Käufer nicht wünscht. Das kann in Zukunft geschehen. Zum Schluß noch zwei Beispiele für die Torheit zweier Geschäftsleute. Die Hausfrau will ihrem Mann ein Schreibzeug schenken und ersteht es auch in einem der modernen Einheitspveis-Basare in der City. Zu Hause entdeckt sie, daß das Stück abgestoßen und abgeschrammt ist. Sie schreibt das, mit Recht enttäuscht und verärgert, dem In- Haber. Und der? Entschuldigt sich und und bietet Umtausch an? Nicht die Spur. Schreibt patzig:Sende Ihnen anbei ihr Geld zurück. Das Schreibzeug können Sie behalten. Aber betreten Sie gefl. meinen Laden nicht wieder." Der Mann hat sein Geld natürlich postwendend zurückbekommen, aber dem Befehl, seinen Laden nicht wieder zu

Das populäre Orchesterkonzert am Neujohrabend linterscheidet sich wohltuend von den sonstigen gleichnamigen Unternehmungen. Aller­dings sollte endlich dieMaritann"-Ouvert>jre Nut ihrem unübersicht­lichen Aufbau und ihrer sacharinierten Melodik zu den Akten gelegt werden, aber TschaikowskysEapriceio Italien", Suppes melodiöse Ouvertüre zuBandilenstreiche" und der herrliche Ungarisch« Marsch aus Berlioz 'Fausts Verdammung" lassen bald den mißglückten ?lustakt vergessen. Bruno Seidler-Winkler zeigt sich in allen Särteln gerecht, trotzdem könnte der Ungarische Marsch wuchtiger genommen werde». Der Tenor Franz B a u m a n n reicht als Lieder- jünger höchstens für WeingortncrsLiebesfeier" aus, WolfsGe- stllenlied" ist kein Chanson. Der schönen, stark nasal gefärbten Stimme kehlt es an Ausdruck, und erst bei den Operettcnliedcru bewegt sich Boumaim auf seinem eigentlichen Gebiet. Die Kapelle Gebrüder Steiner" gibt ein nettes und harmloses Nachmittags- konzert. Daraus spricht Dr. Bruno B o r ch a r d t überKalender und Kalenderreform". Nach einem historischen Rückblick behandelt er die Resormvorschlägc, die dem Bölkerbund unterbreitet worden sind. Der Vortrog ist Nor nnd für alle verständlich gehalten, leider kann man dies nicht von dem Referat Forstreuters überKünstle- rische Emsühlung als Mittel der Erkenntnis" behaupten. Forst- reuter arbeitet zu viel mit Fremdworten und wissenschaftlichen Aus- drücken, die dem Laien unverständlich bleiben, hinzukommt ein ver- stiegeues Pathos. In der Fortsetzung seiner ReiheDie Männer aus den neuen deutschen Briefmarken" singt der Lortragende Rosen ein über- schwcngliches Lob auf Friedrich den Großen. Schlimm genug, daß in einer Republik ein Kanigskopf auf der am meisten benutzten Brief- marke erscheint, ganz überflüssig aber, daß durch den Rundfunk dazu noch Propaganda für diese monarchistische Entgleisung betrieben wird. Sonst bietet das Sonntogsprogramm Erfreuliches. Am AbendDie Fledennaus" als«sendeopcrette unter Leo Blechs sprühender, mit- reißender Leitung. Jeder Takt ist hier belebt. Schon die Ouvertüre bietet einen ungetrübten Genuß, auch die Sänger leisten Ausgezeich- netes. An erster Stelle: Vera S ch w a r z als Rofolinde und der Eisenstein Botels. Es bleibt der Funkstunde zu danken, daß sie dies« herrliche. l>is heute unerreichte Operette als Sendespiel«in- richtet, Bronsgeest hätte ober in den Dialogszenen am Anfang des dritten Aktes unbedingt streichen müssen, da die Witze hier nur aus der Bühnensituation erwachsen und auch die Aufführung beinahe drei Stunden dauert. DieStunde der Lebenden" bringt den Rigacr Komponisten Schnabel mit sechs Liedern und den Hamburger Wolter Niemann mit den KlavierkompositionenAlt-China" undAus Horn- bürg", die der Komponist selbst vortrögt. Professor W e i ß m o n n entwirft in der Einführung ein knappes, ober eindringliches Bild des musikalischen Impressionismus, zu dessen Bertretern sich Niemann und Schnabel zählen. Weißmann zieht mit einfachen Worten Ber - gleiche zwischen den deutschen Impressionisten und den Franzosen und zwischen malerischem und musikalischem Impressionismus. Immer wieder zeigt sich Weißmann als vorbildlicher Einsührunpsredner, der den schwierigsten Stoff in eine leicht verstänÄiche Form bringt. Max Hansen und Paul Morgan fiel diesmal in ihrem Dialog weniger ein als sonst. Margarete K ä m m« r e r ist es vorbehalten gewesen, am Montag di« Psychologie des Ausgabebuches im Rahmen der Frauenfragen und Frouenforgen zu entdecken. Worin diese Psychologie allerdings be- steht, wissen weder Vortragende noch Hörer, aber wenigstens klingt der Titel so hübsch und dekorativ und niemand erkennt, welchen Zweck dies« Uebung hat. In der Novellenstunde liest darauf Moria M e n o n i schlecht und recht das ,, Domkind" von Nikolaus Schwartzkopff. Sie wird nicht pathetisch, dagegen stört eine ständig wachsende Nervosität. Und durch diese Nervosität der Sprecherin wird die Sache durchaus nicht besser. Gibt es nicht Wertwollerez als das Domkind? In sprachlicher Beziehung ist die Novell « wenig originell und reizvoll, und weihnachtlich Mystisches sollte im Januar bereits vergessen sein. Anders allerdings lägen die Ding«, wenn es ssch hier um ein Kunstwerk handeln würde. Das Abendkonzert vereinigt Goldmarks Sakuntala. Dvorats sinfonische DichtungAus der Neuen Welt " mit Tschai kow- skys Biolinkonjert. Oskar Sie findet in feiner Einführung das verbindende Moment zwischen diesen auf den ersten Blick em- gegengefetzten Geistern in ihrer Stellung zur nationalen und zur europäischen Musik. Es sind europäische Komponisten, deren Musik höchstens durch das Rattonale eine besondere Farbe erhält. An Stelle Seidler- Winklers leitet das Konzert Selmar Meyrowitz , der die Lyrik der Sakuntala voll auskostet. Pro- sessor Alexander Pefichnikoff spielt dos Tschaikowfkysch« Violin- konzert mit glitzernder Technik, aber kühl und beherrscht bis in die Fingerspitzen. j

betreten, wird nachgekommen«erden. Der andere ist est, Kolonial. warenhändler, der der Wohnung des Käufers gegenüberwohnt, bei dem aber die Hausfrau nicht kaust, weil sie teils beim Konsum, teils in einem andern Loden der Rolle hat, kauft. Nun kommt, es ist in einem Vorort, eines Tages ein Paket von einem Berliner Geschält. Der Käufer ist nicht zu Hause. Der Bote fragt in dem genannte» Lade» und der Inhaber erwidert: Gewiß kenne ich die Frau, ober da sie nie etwas bei mir kaust, will ich auch ihr Paket nicht annehmen. Das war mehr als unhöflich, das war dumm. Denn die einzig« Ge- legenheit, jene Frau durch eine Gefälligkeit zum Kunden zu gewinnen, schlägt der Mann glatt aus. So geht es dem Konsumenten wieder und wieder, und zwar fast immer nur denen, die wenig Geld haben und rechnen müssen. Die Leute, die mit Pelzen angetan im Auto vorfahren, werden zehn- mal höflicher behandelt. Gewiß sind das im einzelnen nur kleine Dinge. Aber im ganzen gesehen wirken sie sehr unerfreulich und man kann diese Liste leicht vergrößern. Die Preise, die heule überall verlangt werden, rechtfertigen es aber, daß der Käufer gute ein- wandfreie Ware bekommt, daß er freundlich und seinen Wünschen entsprechend bedient wird. Das ist Kundenrecht und Verköuferpflichi. Hoffentlich macht die Geschäftswelt im neuen Jahr bessere Fortschritt- imDienst am Kunden", von der in der Fachpresse so viel geschrieben und das von dem Verkäufer so energisch gefordert wird.

Eine Umfrage. Wenn ich Bürgermeister von Neukölln wäre." Ein Lokalblatt in Neukölln hat unter der UeberfchriftWas würde ich als Dürgenneifter von Neukölln tun"«ine Umfrage bei seinen Lesern veranstaltet. Wochenlang wurden Antworten spalten- lang abgedruckt. Eine Reihe von Einsendern hatte begriffen, daß das Lokalblättchen die Umfrage veranstaltete, um der sozialdemo- kratischen Gcmcindcpolitik eines auszuwischen, und hatte wünsch. gemäß kleine Hetzereien gegen den sozialdemokratischen Bürger- meister und die sozialdemokratischen Stadträte in die Einsendungen mit eingestreut. Es fehlte auch nicht cm persönlichen Ge- hässigkeiten und Verdächtigungen. Die Redaktion besaß nicht einmal den Takt, nach außen hin wenigstens Sachlichkeit zu markieren und diese personlichen An- rempeleien zu streichen. In einer Antwort heißt es,daß ich nicht Bürgermeister sein könnte, weil mir die Vorbildung fehlt. Amt und Titel machen es nicht. Oder geht es heute doch?". Ein anderer fragst ob der Bürgermeisteraußer Rechte» auch Pslichten" hätte. Eine tolle Verleumdung leistete sich ein Einsender mit folgendem: Sollte ich als Bürgermeister auch einmal aus dem Rachaus zu tun haben, so würde ich die Beamten auszeichnen, die bei Beginn der Dienstzeit ihr Tagespensum bereits erledigt haben." Wie tind- lich naiv die Redaktion diese Umfrage redigiert hat, beweist ein anderer Satz:Ich wäre als Bürgermeister ein Prachtexemplar dieser Art, also ein Mann von eisernem Pflichtgefühl von altem Schrot und Korn." Das Lokalblättchen hat mit seiner Umfrage nur einen großen Fehler begangen. Es hat verabsäumt, wenigstens hin und wieder in die Einsendungen eine mit einzustreuen, die tot- sächlich Mängel aufzeigst Durchblättert man einmal die veröfsenllichten Einsendungen, dann muß man zu dem, sicher von der Redaktion nicht beobsich- tigten, Schluß kommen, daß in Neukölln , abgesehen von einigen Kleinigkeiten, nichts mehr zu tun sei Was wird in denjinzähligen Einsendungen gefordert: Herr M. wohnt in der T-Straße und ueilangt Asphaltpflasterung seines täglichen Weges, Herrn B. stört die Gaslaterne vor fernem Fenster, Herr W. vermißt eine Gas- laterne, Herr W. verlangst daß eine Anschlagsäule versetzt wird. Und so fort geht es durch alle Einsendungen. Nur einer hat ein« größere Frage aufgerollt, de» Bau eines Theaters. Alle anderen verlangen Abstellung von Mängeln, die im Interesse einzelner wichtig sein können, für das Allgemeinwohl aber nicht ousschlog- gebend sind. Neukölln , sst einer der Bezirke, die in den letzten Jahren in der Schaffung sozialer Einrichtungen, der Volksbildung, der Erwerbs­los ensürsorg«, vor allem der Jugendlichen, wegweisende Ar- beit geleistet haben. Gewiß ist noch vieles zu schassen, und nie­mand, vor allein der sozialdemokratische Kommunalpolitiker, wird verkennen, daß die Mitarbeit weitester Bevölkerungsschichten wichtig für die kommunale Tätigkeit ist. Der von der Bevölkerung ge­wählte Stadtverordnete und der in der Verwaltung arbeitende Stadtrat und Bürgermeister kann unmöglich alle Mängel sehen. Eine solche Mitarbeit der Bevölkerung kann sich aber nur dann praktisch auswirken, wenn sie ohne Boreingenommenheit geleistet wird. Die Bevölkerung i» Neukölln weiß genau das beweist die dauernde Steigerung der Wahlzisfer der Sozialdemokratie, wer sich der Not des kleine» Mannes, des Erwerbslosen annimnu und Hilfe bringst wo es möglich ist. lind gerade diese Derösfen:- lichungen des Neuköllner Lokalblättchens zeigen, daß auch der bve- hafteste Gegner nichts Ernsthaftes gegen eine GcmeindeverwaliU!: sagen kann, die in wahrhast sozialistischem Sinne, d. h. im Simu der Allgemeinheit handelt._ Ein Freispruch. Einen überraschenden Ausgang nahm eine Anklage wegen ge- fährlicher Körperverletzung gegen den Kraftwagensührer Lager, der einer Frau sechs Messerstiche" versetzt hatte. Der noch ziemlich jugend- liche Angeklagte wurde, als er nach ISstündiger Dienstzeit an der Haltestelle seine Kasse zählte, nachts von einem Dämchen der Straße angesprochen. Dcrett freundlicher Einladung folgte er auch. Als er"von ihr wieder zur Tür Hinausgelossen wurde, oersetzte er der Nichtsahnenden hinterrücks sechs Messerstiche. Aus di« gellenden Hilferufe der Verletzten wurde er verfolgst ließ sein Auto stehen und eilte nach Hause zu Bett. Er behauptete nun vor dem Schössen- gericht Mitte, daß sie sich über seine Jugend lustig gemocht habe und daß er dadurch gereizt worden sei, zumal er etwas angetrunken gewesen sei. Wegen der Merkwürdigkeit der Tat entstanden Zweifel an der Zurechnungssähigkeit des Angeklagten, und er wurde ie�'S Wochen in der Irrenanstalt Herzberge beobachtet. Oberarzt Dr. Hasse hat dort aber an ihm keinerlei Geisieskronkheil festgestellt. Es wurde zur Prüfung, ob nicht ein pathologischer Rauschzustand in Frage komme, nach modernen Grundsätzen die Alkoholprobe vorgenommen. Der Angeklagte erhiell auf nüchternem Magen 30 Kubikzentimeter reinen Alkohol, ohne daß eine krankhafte Reaktion erfolgte. Der Staatsanwatt beantragt« fünf Monate Geiöngnis. Rechtsanwalt Thomal wies daraus hin, daß der Sachverständige auch kein rechtes Motiv angeben kännei Sadismus liege auch nicht vor, denn sonst hätte der Angetlagte die Tat oben verübst um sich an den Oualen seines Opfers zu weiden. Die Alkoholprobe habe keine ausschlaggebende Bedeutung, da sie nicht unter dem gleichen Erschöpfungszustand nach 18stündiger Arbeit gegeben worden sei. Das Schöffengericht kam zu der Ueberzeugung, daß die Tat so ohne Motio dastehe, daß Zweitel an der Zurechnungssähigkeit des Angeklagten nicht ausgeschlossen seien. Es kam daher zur Freisprechung.