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Nr. 12+ 44. Jahrgang nail 1. 1. Beilage des Vorwärts
Aus der Zeit des Barock.
Die Fundamente des Rosenthaler Tores.
Bor einigen Tagen brachte der„ Borwärts" die Mittellung, daß| bet dem Untergrundbahnbau am Rosenthaler Platz Fundamentreste des alten Rofenthaler Tores freigelegt wurden. Im Allgemeinen ist bort freilich nicht viel zu sehen, denn die paar Mauerpfeller, die, von Erde befreit, sichtbar geworden, laffen in feiner Weise darauf schließen, daß sie einst Träger eines schönen und stattlichen Barod. baues waren. Für den Konservator, den Kunstwissen fchaftler aber fönnen fie von Bedeutung fein, tann man doch von den Maßen diefer Pfeiler aus andere wichtige errechnen.
Unsere Zeichmmg ist nach einer alten Photographie aus dem Märkischen Museum hergestellt. Dort hängt auch( im Raum 42) ein Stich, der uns ein gutes Bild des baukünstlerisch hoch zu bewertenden Bertes gibt. H. Balushet bat ja, als er im ulap bas alte Berlin wieder erstehen ließ, den Berlinern auch das Rosenthaler Tor vorgeführt. Doch das bleibt Ruliffe, will nicht mehr fein und fann nie einen wirklichen Begriff von dem Kunstwert geben. 1868 schon wurde das Rosenthaler Tor ein Opfer des Ber. tehrs. Und man bedauert, daß es nicht ebenso wie die Kolonaden im Rleiftpart, Schöpfungen desselben Meisters, des Baufünstlers Gontard, wieder an anderer Stelle aufgebaut wurde. Berlin wird oft als Stabt des Barod bezeichnet, wenigstens geben die hervor ragendsten alten Bauwerke unserer Stadt das Gepräge; ja, der Barockstil ist in Berlin zum preußischen Stil" geworden. Es iſt im wilhelminifchen Zeitalier in dieser Hinsicht viel gefündigt worden.
Die Treigelegten Fundamente
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Der alte Dom im Luftgarten mußte dem gefchmadlofen wilhelmini schen Dom weichen. schen Dom weichen. Die beiden Türme auf dem Gen barmenmartí, auch Schöpfungen Gontards, haben durch ihre An bauten auch schon verloren. Man kann sogar darüber stretten, ob es besonders glücklich war, als sie, die früher den Blayz beherrschten, bura den Schinkelschen Bau des Schauspielhauses zur Nebenfache herabgebrückt wurden. Die Knobelsdorffiche Oper wird jegt frog
Das alte Rosenthaler Tor Protestes der Akademie der Künste verfchanbeit! Da fönnen bie herausgegrabenen Fundamente eines zerstörten Runstwertes noch ein gutes Wert tun, wenn sie mahnend einem weiteren Zerstören Halt gebieten. Denn wenn auch barode Baukunft lange Zeit als fchwültig und überfaden galt, wenn fie auch zu ihrer Zeit nur dazu bienten, einem abfolutistischen Sofregime eine prächtige Dekoration zu geben, uns find sie heute mehr: baufünftlerische Form, gegoffener Ausdrud hervorragender Künstler.
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Sonnabend, 8. Januar 1927
in dem das Museum untergebracht wurbe, gleichzeitig ber Tag feines 20jährigen Bestehens. Wenn dieses Museum auch vor allen für Merzte, Studierende, Pädagogen, Wohlfahrtsbeamte wichtig, lo bielet es boch auch bem Lalen unendlich viel Anregung zu nachdentlicher Be trachtung. Ja, man follte in Butunjt feine Führung durch ein Krüppelheim vornehmen, ohne sich durch dieses Museum auf bas porbereitet zu haben, was dem Besucher bevorsteht. Da sind die ent feglichen Klumpfüße, durch die die Füße zu Keulen verunstaltet werben. Die Modelle zeigen die ans wunderbare grenzende Heilung. An zahlreichen Modellen, Gipsabgüffen, Beichnungen, Diapositiven, Röntgenaufnahmen werden die mannigfachen Formen der Krüppel gebrechen, ihre Entstehungsursache und bie zum großen Teil bedeuten. den und überraschenden Heilerfolge dargestellt. Man sieht auch eine Miniatur- Krantenstube, in ber an Buppen die verschiedenen Lagerungen und Gipsorbände gezeigt werden. Manches tann nur zwar medizinische Wissenschaft heilen, aber nicht alles. Und wo nichts mehr oder doch nicht alles geheilt werden kann, da bleibt nicht nur ein förperliches, sondern ein feelisches Leiden übrig, und das ist nur durch jeelische Beeinfluffung zu beheben oder wenigstens zu beffern Das aber ift fo fehr Arbeit des Pinchiaters als des Pädagogen. Was bort oben im Dstar- Helene- Heim geleistet und im Museum demonstriert wird, ist erstaunlich. Der Krüppel wird systematisch an bas große Allheilmittel Arbeit gewöhnt und das Museum zeigt an sehr unterrichtenden Beispielen Beginn und Fortgang dieser Arbeit, die schließlich in einem brauchbaren Handwert, bas oft genug Kunsthandwerk ist, mündet. Eine, möchte man fast sagen, delikate Abteilung hat das Museum aber in seiner von Direktor 2ür bearbeiteten Sammlung von Kunstblättern. Rembrandt hat mit Borliebe den Krüppel zum Modell genommen, ebenso Chodo= wiedi, ogarth, Ramberg , Dürer, Rubens, Matsys, Jan Steen , und auch unser Ludwig Richter . Eine weitere fehr intereffante Sammlung enthält Stiche berühmt gewordener Krüppel. Man sieht sehr erstaunt, daß Männer wie Schleierma dyer, Mojes Mendelssohn, Adolf Menzel , Eduard von Hartmann , E. I. A. Hoffmann, meunieur, Balter Scott, Lord Byron regelrecht im medizinischen Sinn Krüppel waren. Und felbft Kant und Ra poleon 1. follen davon nicht frei sein. Der erste preußische König Friedrich 1. hatte einen Söder und der frühere Kaiser ile helm 11. ist, da er einen verkürzten Arm hatte, gleichfalls eint Strüppel. Allerdings findet man beffen Bild wie auch Bilder noch lebenber Bertrüppelter nicht in der Sammlung.
Im ganzen ein Wert von erstaunlichem Sammeleifer[ owohl bei dem Mediziner Biejalskt wie bei dem Pädagogen Würz. Ein Wert, auf das nicht nur die Schöpfer, sondern auch Berlin stolz sein fönnen. Ein Wert, aus dem die frohe Arbeits- und Schöpferkraft seiner Urheber sowie ihre warme menschliche und soziale Hilfsbereitschaft und Hilfsfähigkeit spricht.
Der eiserne Ofen.
Ein folgenschweres Branbungfüd ereignete fich gestern abend gegen% 47 Uhr in bem Haule ehrbelliner Str. 90. Mus der Wohnung der 80jährigen Witwe Therese Stahl, die in ber 5. Etage bes Borderhaufes mehnt, drang starter Brandgeruch, so beß Furnachbarn aufmerfiam wurden und sich Einlaß in die Woh nung verfchafften, als auf Riopfzeichen nicht geöffnet wurde. In ber Kilche ihrer fieinen Bohnung fand man die Greisin in der Rähe des eifernen Diens mit pöllig berbrannten Klei. bern am Fußboben liegend bewußtlos por. Es wurde sofort bas Rettungsamt benachrichtigt, das die Echwerverleßte in hos Krankenhaus am Friedrichshain brachte. Die Verlegungen find fo bereits Dertohlt. Mahrscheinlich hat Frau St., die in der Nähe bes glühenden eifernen Ofens hantierte, einen Schwade anfall erlitten und fit fo unglüdlich geftürzt, daß die Kleider dem Ofen zu nahe tamen und Feuer fingen.
Im Jahre 1911 fand in Dresden bie Internationale Hygieneausstellung statt. Auf dieser Ausstellung hatte das in Dahlem , an der Grenze bes Grunewalds, gelegene Dstarfchmer, daß der Zustand hoffnungslos ist. Einige Körperteile waren Helene Krüppel- heit unb Graiehungsheim in Gemeinschaft mit ber Deutschen Bereinigung für Rrüppel fürforge einen Barillon für Krüppelfürsorge errichtet, in dem eine Sammlung von Gipsabgüffen, anatomischen Bräparaten, Kunstgliedern und beren Konstruktionszeichnungen, Heilerfolgen und Bildern aus der Krüppelfürsorge zur Schau gestellt waren. Diese Ausstellung erregte allgemeine Aufmerffamteit. Sie war von dem Leiter des Ostar- Helene- Heims, Brofessor Biesalsti, dem das maligen Erziehungsinfpeftor Hans Würz und dem Meister der orthopädischen Wertstätten 3 etbig zusammengestellt morben.
Sie wurde der Grundstock zu einem Museum, bas heute nach 15jähriger mühevoller und durch den Krieg und die Nachkriegszeit wesentlich gehemmter Arbeit endlich ber Deffentlichkeit übergeben merden tann. Der Eröffnungstag ist für das Ostar- helene- heim, I
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Gestern nachmittag gegen 3 Uhr wurde die Feuerwehr nach ber Sopernitusftraße 32 gerufen, wo in ber Tischlerei pon M. Feuer ausgebrochen war. Beim Aufschütten von Holzfpänen auf einen eisernen Ofen schlug plöglich eine Stichflamme heraus und setzte einen Exhauftor in Brand. Der in der Nähe des Ofens arbeitende 47jährige Heizer. Draesga aus der Boz hagener Straße 18 wurde von den Flammen erfaßt. Er erfitt an der rechten Hand und am 2 rm erhebliche Brandwunden. Er wurde zur nächsten Rettungsstelle gebracht, wo er einen Not verband erhielt.
meinem Leibgericht tamen, blieb ich steden. Es war scheuß,, Dir wurde schlecht!"
Die Wunder der Klara van Haag. ich Stück für Stück mein Zeug hervor und legte mir friſche lich. Ich möchte es nicht noch einmal burchmachen."
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Aus dem Dänischen überlegt von Erwin Magnus . Sivert tochte vor Lachen. Er stieg auf ben Sägebod und schlug verrüdt mit den Flügeln.
Das tat ich. Bei Gottes weltberühmtem Namen
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das
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tat ich, und es ging gut. Am nächsten Tage tam die offizielle Mitteilung, daß ich mich dente dir meinen Schrecken am selben Abend um elf Uhr auf ihrer Hintertreppe einfinden fönnte."
Er stieg herunter und dämpfte die Stimme zu einem geheimnisvollen Flüftern.
Es drängt mich selbst, es zu erzählen, damit du mich bei Gelegenheit überzeugen fannst, daß das Ganze nicht ein böser Traum ist. Ich stand da mit dem Brief in der Hand und fonnte ihn faum lesen. Und hinterher lag ich den ganzen Tag mach, um darüber nachzudenken, was jetzt zu tun wäre. Am Nachmittag entfleidete ich mich und wusch mich mit einem Schwamm bis zum Gürtel in lauem Wasser. Ich wollte ja auf alles vorbereitet sein. Nun, bafür gab es am Abend feinen Bedarf, sondern erst bei meiner späteren Hochzeit. Bielen Dank für die Aufmerksamkeit. Machen Sie uns nicht das Bergnügen?"
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Dante, ich habe soeben die Ehre genossen." " Es war nicht in diesem Sinne gemeint nur eine Redensart. Aber dieses Waschen- weißt du, was geschah? Hier auf meiner Brust fand ich Minna Lunds Namen, nebst Glaube, Liebe und Hoffnung! Ich nahm das für einen Fingerzeig von oben. Es war zum großen Teil dies Ereignis, das mich zu dem Entschluß brachte." Ach, die Tätowierung?" Ja," nidte Sivert ruhig. Die Beichnung fam allmählich auf dem Bauche zum Vorschein."
Es war gerade wie die Kaltmalerei, die man in der Kirche verborgen fand." Ganz und gar."
Erzähle weiter, Alter."
" Ist es amüsant, mir zuzuhören? Hast du noch nie im Leben etwas so lebensgefährlich Interessantes gehört? Schön. aber gefeßt, ich wäre jeßt nicht aufgelegt. Meine Stimme befindet sich im llebergang, glaube ich. Außerdem störft du mich in der Arbeit. Ich stand gerade so gut da. Halt, halt! Ziehe die Hand nicht weg von einem Bruder in Not. Ich muß wohl erzählen. Siehft du, nach dem Bade blieb ich
eine ganze Stunde nackt vor dem Spiegel stehen. Dann nahm Zeitungen in die Hose. Du erinnerst dich wohl, daß wir das immer drüben im Besten taten, nichts hält die Wärme so gut." ,, Ja, aber es war doch Sommer."
Never mind. Dann pumpte ich mein Fahrrad auf und pugte die Laterne."
,, Du warst bange."
Ich, nein, da kennst du mich nicht aber dann nahm ich mich zusammen und fuhr mit rasender Schnelligkeit hin. Die ganze Geschichte war übrigens sehr unheimlich. Ich ver stehe nicht, daß ich es überstand. Sie faß so recht in über natürlicher Größe auf dem Sofa, schrieb mir mit strenger Stimme die Bedingungen vor. Ich glaube, sie wollte mich mietweise nehmen. Ich sagte ja zu allem außer zu dem letzten. Da sagte ich nein."
"
Donnerwetter, wozu fagteft bu nein?"
,, Sie fragte, ob ich es mir anders gedacht hätte," sagte Sivert mit Grinsen.
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Nee," fuhr er fort ,,, ich mischte mich nicht in den Miets fontratt. Minna tut es am besten allein. Die Ehrenmahlzeit ich meine die Hochzeit hätte ich selbst nicht halb so gut machen können. Warum warst du nicht mit dabei, du Teufel?" ,, Hättest du nicht Ditlöv Plöt einladen können?" ,, Ich wagte es nicht. Ich mußte, daß sein Gummifragen verbrannt war. Aber ich fage bir, bu hättest mich sehen follen. Wenn doch nur ein Grammophon in der Kirche auf gefte gewesen wäre."
,, Einen Kinematograph meinst du." Nein, ein Grammophon. Das hätte das Geräusch meiner Schritte aufnehmen sollen. Das hätte genügt. Ach, bu ahnst nicht Ich ging nicht, ich schritt. Ich schleifte das eine Bein ein wenig nach. Ich tat, als verwidelte ich mich mit dem Fuß in den Teppich und stolperte. An einer Stelle blieb ich wie in Gedanken stehen, und als ich die Stufen zum Altar hinaufstieg, Inirschte ich in der Hose."
,, Was tatest du?"
Ja, ich hatte natürlich frisches Papier darin. Biele Lagenes fam mir vor, als ob es mit einem mufifalischen Geräusch knirschte! Ich schwöre dir, daß ich die größte Lust hatte, gerade vor der Gemeinde mein Zeug auszuziehen und meinen herrlichen, weißgescheuerten Körper vorzuzeigen. und ebenfalls bei ber darauf folgenden großen Mahlzeit. Ichy fage dir, ich war ein Held. Und das, obgleich ich nicht aufeffen konnte. Wir befamen mindestens sechserlei Gerichte zum Bein. Und als wir dann zu Hühnern in Bilzen,
,, D, es ging schnell vorbei. Es schadete jedenfalls meiner glänzenden Stimme nichts."
Ach, bu beluftigtest die Gesellschaft mit deinem Singen." Ich mußte. Es ging nicht ohne mich. Minna sollte ja mit dem Ingenieur Duette fingen, aber fie fonnten die Noten nicht finden. Sie tonnten nicht, bu."
,, Das war ja traurig."
,, Ein Unglück," sagte Sivert grinsend. Wir durchsuchten eine halbe Stunde das ganze Haus nach ihnen, Minna, Rören und ich. Aber da, wo sie waren, fuchten wir nicht! Never mind. Ich knirschte bei jedem Schritt in der Hose."
Sivert wurde bei dieser Erinnerung von zügellofer Freude ergriffen; er schleuderte seine Holaschuhe gegen die Decke und sprang in Strümpfen dreimal im Keller herum. ,, Wo waren die Noten denn?"
Wo sie waren? Du fragit, wo sie waren? Hier! Gie stedten in meiner Hose! 3ch grabste sie an meinem Hochzeitsimorgen. Sie nahmen den hinteren Teil meiner Cheuniform ein und fnirschten jüß und musikalisch. Und jetzt ſizen sie hier, immer meinem Körper am nächsten herrlich warm- hier sollen fie fizen bis zum Ende meiner Tage. Wer ist mit Minna verheiratet, der Ingenieur oder ich. Stein Duett hier im Hause ohne meine Mitwirkung.
Emanuel bachte wieder: eine breitbrüstige schwere Stute und ein luftiger Biegenbod vor denselben Wagen gespannt. Er schüttelte den Kopf und sagte:
,, Aber es muß doch an deinem Hochzeitstage ein Augenblid gefommen sein, wo bu bein Zeug ausziehen mußteft. Nein."
..Nicht? Wieso?"
Sivert erblaßte und sagte:
,, Laß uns nicht an die Stunde denten. Sie war schredlich. Ich faß auf dem Buff, mir war schlecht zumute, und ich hatte das Gefühl, als ob Bater, Gott und bu, jeder in einer Ecke der Stube ständen und mich auslachten. Sie stand aufrecht im Bett, schreckeinflößend anzusehen, mit aufgelösten Haar, nur mit ihrem Badeanzug.
Zieh dich aus, schrie sie.
Das tat ich. Aber dann verlangte fie, daß ich auch noch Die Unterhofe ausziehen sollte. Da floh ich in das Bimmer meines Mannes". Und da schlief ich in meinem Eheornat, die Tischdecke über mir. Und weiter bin ich seitdem nicht gekommen."
( Fortlegung folgt.)