Nr. 14 44. Jahrg. Ausgabe A fir. S
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Sonntag, den 9. Januar 1927
Landtagswahl am 30. Januar.
m 30. Januar follen die Landtagswahlen in Thüringen stattfinden. Die Wähler sollen entscheiden, ob der Ordnungsblod" von Stresemann Bis Dinter weiter im Lande herrschen oder ob endlich wieder mirtlich Orb nung geschaffen merden soll. In einem Aufruf an die Wähler zeigt ber jozialdemokratische Bezirksvorstand die Taten des Ordnungsblods und ihr Ergebnis auf:
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Was hat der Ordnungsbund geleistet? Das Land war wiederhalt wationalsozialistischen Horden preis. gegeben, Ueberfälle und Mordversuche waren dabei an der Tagesordnung! In den schweren sozialen Kämpfen zwischen Arbeitern und Unternehmern aber hat die Regierung unter Ausschalfung der zuständigen Behörden die Polizei gegen hungernde Urbeiter eingesetzt. Für die Opfer des Krieges und der Inflation, der Arbeit und der Erwerbslosigkeit hatte der„ Ordnungsbund" nur den Ausspruch des Abgeordneten Baum:
Wohlfahrtspflege ist Unsinn!"
武 Gerechte Aufwertung verffinderte der Minister Dr. Satt. Ler dadurch, daß er den Gemeindesparkaffen jede Auswertung über 12% Proz. verbot.
Sparfamfeit folte fim Staatshaushalt einkehren. Statt deffen wurde der Mehrmilllonenüberschuß der sozialdemokratischen Regierung verwirtschaftet, die Ausgaben von 89 millionen Mart im Jahre 1924 auf 121 Millionen Mart im Jahre 1926 gesteigert. Mit 20 Millionen Mart Defizit und 52 Millionen Mart Schulden vollendet er den Bankroff der Ordnungsmißwirtschaft.
Ausbeutung der Befiglojen, Schonung der Reichen, war der Grundfaz des Ordmingsbund" Steuerfystems. Abbau der Besiz fteuern, unerhörte Steigerung der Mietzinssteuer, feine Taten". Die
Die Diaz- Truppen geschlagen. New York , 8. Januar. ( T2.) Die Truppen des Präfi. denten Diaz sind bei Cas Grietas( Nicaragua ) entscheidend geschlagen worden. Der Gegenpräsident Sacaja erbeutete große Munitionsbestände und machte zahlreiche Gefangene Die Diaz- Truppen befinden sich in völliger Flucht
Admiral Cafimer, der Führer der amerikanischen FloffenStreitkräfte, hat die Blockade gegen Sacaja an der Ostküste Nicaraguas durchgeführt. Latimer wird unfer allen Umständen scharf schießen, falls die merikanischen Schiffe, die den Truppen Sacasas neue Munition bringen, wellen, sich nicht sofort auf einen Warnungsschuß hin stellen.
Senator Borah, der Vorsitzende des Auswärtigen Senatsaus Schulfes, hat der Washingtoner Regierung offene Feindschaft ongefündigt
Washington , 8. Januar. ( EP.) Staatssekretär ellogg er klärte inoffiziell, daß die mexikanischen Waffensendun gen für die Liberalen in Nicaragua einen unfreundlichen 2ft darstellten. Der amerikanische Kreuzer ,, Galvestone " werde heute bei Tagesanbruch nach der Fonsecabucht auslaufen, um diese Waffen sendungen zu unterbinden.
Protest gegen Kriegsheke.
Washington , 8. Januar( WTB.) Der Demokrat Huddleston erflärte im Repräsentantenhause, er glaube, daß die Bereinigten Staaten mit Ueberlegtheit und in vollem Bewußtsein in einen Krieg gegen Merifo getrieben werden.
Der Rückgang des britischen Handels. London , 8. Januar. ( Eigener Drahtbericht.) Auf Grund der fekten aus China eingetroffenen Funinachrichten hat der britische Generalfonful in Hantau mit den chinesischen Behörden ein lebe einfommen getroffen. Danach sollen die chinesischen Truppen aus der englischen Konzession zurüdçezogen werden und den Ordnungsdienst soll wieder die englische Polizei übernehmen. Die englischen Geschäfte in Hanfau haben daraufhin am Sonnabend ihre Zäden und Bureaus wieder geöffnet. Damit haben sich die Englander zu einem neuen 3ugeständnis bereitgefunden; benn zunächst hatten die britischen Raufleute sich geweigert, mit den chinesischen Behörden in Interhandlungen einzutreten. Der britische Generalfonful hat, fich aber dennoch zu Verhandlungen bereit gefun ben und das Uebereintommen abgeschlossen.
Bankrott des Ordnungsblocks.
Vorwärts- Verlag G.m. b. H., Berlin SW. 68, Lindenstr.3 Bostichedfonto: Berlin 37 536 Bauklonio: Bant der Arbeiter, Angestellten and Beamten. Ballftr. 65: Diskonto- Gesellschaft. Devontentaffe Sindenstr. 3
Zur Sache.
Mietzinssteuer wurde für den Fistus verschleudert, die Wohnungsrüdhaltung, als nüglich fei, an den Tag gelegt. Leider wird. not nicht beseitigt.
Statt Vereinfachung der Verwaltung wurden die Bermal tungsstellen vermehrt, die Republikaner hinaus. geworfen, die Reattianäre befördert, aber 15 Proz. aller Boltsschullehrerftellen, über 600, abgebaut! Die Ordnungs iustiz ist ein schändlicher Standal
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3erschlagen wurde die Selbstnerwaltung der Gemeinden und Kreise, zerschlagen die kollegiale Schulverwaltung. erschlagen das Bauhaus, so daß seine Meister das Land perlaisen mußten. Die Gleichberechtigung der Geschlechter wurde tat. fächlich beseitigt, die Frauen aus allen leitenden Stellen im öffent. lichen Dienst entfernt.
Für all diese Leistungen hat der Ordnungsbund feine Minister durch ein Korruptionsgefeß, das nur der persönlichen Bereicherung der Sattler, Klüchtner, Leutheußer dient, belohnt. So steht Thüringen heute vor dem finanziellen, moralischen und fulturellen Ruin.
Das sind die Erfolge des Ordnungsbundes"! Aber auch augleich die Erfolge der Kommunisten, deren Führer Tenner noch am 9. April 1924 im Landtag den Ausgang der Bohlen bejubelte. Die Kommunisten haben sich trotz bitterer Erfahrungen nicht gewandelt.
Wir wünschen den Thüringer Genossen in ihrem harten Wahlkampfe, in dem sie wieder der geschlossenen Front der Reaktion mit ihren tommunistischen Helfern gegenüberstehen, vollen Erfolg. Wenn Tatsachen überhaupt politisch wirken fönnen, dann müssen die Tatsachen, die der thüringische Ordnungblod fchuf, allerdings am 30. Januar eine umwälzende Wirkung ausüben!
studen erhalten haben und, dadurch geschützt, völlig unbelästigt bleiben. Gleichzeitig unterstreicht das Blatt, daß Deutschland zwar Jeine egterritorialen Rechte und seine frühere Niederlassung in Hantau durch den Versailler Vertrag verloren habe, daß es aber dennoch dem deutschen Handel gelungen sei, seine Berluste mährend des Krieges wieder aufzuholen. Demgegenüber habe der britische Handel in China ständig abgenommen.
Polnisch - litauischer Konflikt? Augeblich 150 Polen ausgewiesen. Paris , 8. Januar. ( IU) wie der amtliche französische Funffpruch aus Wilna meldet haben die litauischen Behörden 150 Polen ausgewiefen
Lettisch - sozialistische Vermittlung. Riga , 8. Januar. ( 2.) Im Zusammenhang mit einer für das Frühjahr in Aussicht genommenen genommenen Lettisch- polnisch- litauischen Sozialistenfonferenz in Riga ist ein Vertreter der polnischen fezialdemokratischen Bartei hier eingetroffen. Er soll erklärt haben, daß die polnische Partei bereit sei. den litauisch- polnischen Konflikt beizulegen. Die lettischen sozialdemokratischen Vertreter erflärten, die Bermittlerrolle übernehmen zu wollen und beabsichtigen, in dieser Angelegenheit mit den litauischen Sozialdemokraten zu verhandeln. Zu diesem Zweck soll ein Vertreter nach Kowno ent jandt werden, der gleichzeitig die litauischen Sozialdemokraten zu der Rigaer Sozialistenkonferenz einladen foll.
Kownver Zustände.
Kowno , 7. Januar. ( DE.) In Kowno herrscht zwar Ruhe, doch laufen verschiedene Gerüchte um, die die Presse nicht veröffentlichen darf. Man spricht von polnischen Einmarsch planeen, drohenden Arbeiterunruhen usw., chne daß irgendwelche Beweise für die Richtigkeit dieser Gerüchte vorliegen. Die gefangenen Kommunisten werden jetzt nicht mehr dem Feldgericht, sondern dem Kriegsgericht übergeben, welches an beſtimmtere Instruktionen gebunden ist. Weitere Todesurteise er martet man nicht und ein Teil der verhafteten Kom munisten ist bereits in Freiheit gesezt worden. Der Justizmeinifter hat die Gentlassung des sehr bekannten jüdischen Juristen Fried stein aus dem Staatsdienst verfügt, was in der jüdischen Fraktion große Erregung hervorgerufen hat.
16 Tofe.
ostau, S. Januar( WTB) Der Schnellzug Irfuift Mostan euf gleiste heute bei der Station Arfati, 95 Kilometer not Mostau entfernt. 16 Personen wurden getötet, 26 ver
Daily News" hebt besonders hervor, daß die Deutschen Santaus von den Behörden der Kantonregierung besondere Arm. 1 test, 19 davon schwer.
Die Verhandlungen über die neue Negiceung. Da und dart ist der Sozialdemokratischen Bartet und Breffe der Vorwurf gemacht worden, sie habe in der gegen märtigen Krise es an Initiative fehlen lassen und mehr Zumelcher Richtung wir die gewünschte, Initiative" hätten Don unseren bürgerlichen Kritikern nicht gejagt, na ch nalen als Muster vorhalten, die sich tage- und nächteentwickeln sollen. Will man uns etwa die Deutsch natio lang nach den vielgeschmähten Futterfrippen" die Rehie wundgeschrien haben? 3ft es nicht genug, wenn eine der Borbild des Handlungsreisenden der Fliegenden Blätter ". beiden großen Parteien des Reichstags Politik treibt nach dent der den Kopf zum Fenster hereinstedt, nachdem man ihn die Treppe hinuntergeworfen hat? Eine solche Budringlichkeit, die man in antisemitischen Kreisen als echt jüdisch zu be zeichnen pflegt, liegt uns nicht und scheint uns mit der Würde einer großen Partei nicht vereinbar. Für diese Rolle danken wir ein für allemal.
Die Resultate der vom Grafen Weftarp befohlenen Taftif sind auch nicht so, daß man sich zur Nacheiferung ermuntert fühlen könnte. Noch vor Beginn der entscheidenden Berhandlungen erscheinen die deutschnationalen Sturmtruppen, die die Feste in der Wilhelmstraße berennen, ziemlich abgekämpft, und das Durcheinander, das sich entwickelt hat, ist nur für schadenfrohe Gegner erheiternd. Nach so vielem Hin und Her wissen die armen Deutschnationalen selbst nicht mehr, ob sie Männchen oder Weibchen sind, ob sie noch Prinzipien haben, oder ob sie feine mehr haben, ob sie für die Republit sind oder für die Monarchie, ob für den Berzicht auf ElsaßLothringen oder für die Revanche.
Schwarz und Weiß, das sind Erireme. Grau, das ist das Angenehme,
Das so Schwarz wie Weiß enthält.
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Zunächst muß man sich daran erinnern, daß diese Krise von einem Angriff ausgeht, den die Deutschnationalen gegen die Regierung Marr unternommen hatten. Nach der Wiedereröffnung des Reichstags im Herbst legten fie es darauf an, die regierende Witte ständig in die Minderheit zu bringen, indem sie für alle sozialdemokratischen Anträge stimmten. Je weniger sie mit diesen Anträgen einverstanden waren und je mehr sie hofften, durch ihre Annahme der Regierung Schwierigkeiten zu bereiten, desto begeisterter stimmten sie für sie. So wurde die Not der Arbeitsa lofen in empörender Weise zu einem taktischen Spiel mißbraucht, das den Zweck verfolgte, nicht denen, die Not leiden, zu helfen, sondern im Gegenteil diejenigen, die nichts von Not wissen, an die Macht zu bringen. Dieses Spiel zu durch freuzen lag ebenso im Interesse der angegriffenen Regierung wie im Interesse der Sozialdemokratie, die sich nicht zum Sturmbod für den deutschnationalen Borstoß nach der Regie ringsgewalt hergeben wollte. Darum schlossen die Regierung Marr und die fazialdemokratische Reichstagsfraktion mit einander ein Abkommen, das die Entstehung falscher, nicht auf fachlicher Uebereinstimmung beruhender Mehrheiten verhindern sollte. Dieses Abkommen verpflichtete die Regierung zu nichts anderem als zu dem Versuch. bei wichtigen Gesetzesvorlagen eine sachliche Uebereinstimmung zwischen ber Mitte und der Sozialdemokratie zu erzielen, ohne daß eine der beiden Parteien in ihrem endgültigen Entschluß gebunden gewefen wäre.
liftige Angriff der Deutschnationalen gescheitert. In diesem Wurde dieses Abkommen gehalten, so war der hinterAugenblid feste aber auch schon die Hilfs= attion des boltsparteilichen Herrn Scholz für die Deutschnationalen ein.
Die Volkspartei unter Führung des Herrn Scholz ver jagte diefem Abkommen, das dem Schuß der Regierung gegen eine perfide Oppositionstaftit dienen sollte, die Anerkennung, und damit war das Abkommen praktisch gescheitert. Die Sozialdemokratie wurde aber über diese Tatsache im unflaren gelaffen. Sie erfuhr von ihr erst durch die Insterburger Rede des Herrn Scholz, oder eigentlich erst durch die Diskussion. die über sie entstand. Die Empörung der sozialdemotrafischen Reichstagsfraktion über ein solches Vorgehen. das alles andere als offen und ehrlich war, ist begreiflich.
Koalitionen zwischen der Sozialdemokratie und bürgerlichen Parteien sind an sich feine leichte Sache. Die Meinungs verschiedenheiten sind zu groß. Aber es geht, wenn man sich über bestimmte Aufgaben, die nian gemeinsam lösen will, ehrlich verständigt. In der Weimarer Koalition find die Sozialdemokraten feine Zentrumsleute und feine bürgerlichen Demofraten geworden, und die Zentrumsleute und die bürgerlichen Demokraten wurden feine Sozialdemo fraten. Dennoch wurde die Zusammenarbeit niemals gestört durch das Gefühl einer Partet, fie sei non ciner andereut