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England auch Nordpersien dem russischen Einfluß entziehen. Immerhin versuchen die Perser auch eigene Mittel auf- zubringen. Die Einnahmen aus d«m Zucker- und Teemonopol sind hierzu bestimmt worden. Auch die Kostbarkeiten des früheren Schahs und der abgesetzten Stammeshäupter ge- denkt man hier zu verwenden. Im ganzen müssen etwa 50 Millionen Tomans(1 Toman etwa 1 Dollar) aufge­bracht werden. v Nicht bedeutungslos sind die Reformbestrebungen Per- sienS auf wirtschaftlichem Gebiet. In den letzten Jahren sind in Teheran und Täbris einige wenn auch nur kleinere Fabriken gegründet worden, die Textilwaren, Leder, Seife, Streichhölzer u. a. herstellen. Auch deutsche Fachleute tragen zu dieser Entwicklung bei. Die Teppich- industrie, die von alters her in Persien entwickelt ist, wird weiter ausgebaut. Die Hauptsache ist und bleibt die Aus- beutung der Bodenschätze. Die Produktion der an Mesopo- tamien grenzenden südpersischen Oelquellen betrug 1924/25 5 Millionen Tonnen und wird alljährlich größer. Schon jetzt steht das s ü d p e r s i s ch e Oelgebiet an vierter Stelle der Weltproduktion. Das nordpersische Oelgebiet liegt in der Nachbarschaft der russischen Naphthastadt Baku , wird jedoch bis heute noch nicht ausgenutzt. Daran trägt die selbstsüchtige Politik englischer und amerikanischer Kapitalisten und nicht zuletzt die Moskauer Konkurrenz die Schuld. Immerhin ist der wirtschaftliche Aufschwung Persiens in der Zukunft im großen Maße von seinen Oelfeldern abhängig. Die anderen Bodenschätze des Landes: Kohlen, Kupfer, Eisen, Manganerz, Nickel u. a. sind noch immer so gut wie unberührt. Die Rück- ständigkeit des Landes prägt sich vor allem in den G ru n d- besitzverhSltnissen aus. Hier herrscht der Lati- fundienbesitz der Feudalzeit noch so gut wie unbeschränkt. Perfien erlebt eben den Uebergang vom Mittelalter in die Neuzeit. Das Land ist voll schroffer historischer Gegen- sätze. Die Bildung neuer sozialer Schichten hat eben erst be- oonnen. Das Handelskapital gewinnt an Einfluß. Das Bürgertum tritt als führende Klasse in den Vordergrund des wirtschaftlichen Lebens, seine Interessen fordern Beseitigung der mittelalterlichen Ordnung und die Beteiligung an Staats- angelegenheiten.__

Lanübunü und Rechtsblock. Ein volksparteilicher Kommentar zur Curtiuskandidatnr. Vor dem Schleswig-Holsteinischen Landbund sprach gestern, Mittwoch, der Landbundpräsident H e p p über das Programm des Relchslandbundes. Seine Rede, die sich auch mit den politischen Tagesfragen beschäftigte, gewinnt dadurch ein allgemeines Interesse, daß Hepp als Reichstagsabge- ordneter der Deutschen Volkspartei ein Fraktionskollege des Kanzlerkandidaten C u r t i u s ist. Nach der TU. führte Hepp u. a. aus: Die deutsch « Landwirtschaft habe sich Immer als starker Träger des Staatsgedankens xesühlt. Di« von verschiedenen Seiten unter. nommenen Versuche, einen Trennungsstrich zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerschast in der Landwirtschaft zu ziehen, weist er mit Entschiedenheit zurück. Die Landwirtschaft s e i gern bereit, über die Arbeitslosenoersiche- r u n g zu verhandeln, die besonderen Verhältnisse in der Land- Wirtschaft müßten aber bei der Neuregelung berücksichtigt werden. Wenn die Landwirtschaft auch in den letzten Jahren eine starke Stei. gering der'Produktion und des Absatzes hätte herbeiführcu können, so könne sie doch nicht des staatlichen Schutzes ent- b c h r e n. Der Abschluß von Handelsverträgen und die Erhebung von Steuern und Zöllen sei Aufgabe des Staates. Die Wirt» s ch a s t s p o l i t i t. die den Wirts chaftskörper auscinanderrciße und einen Berufsstand auf Kosten des anderen zu fördern suche, sei falsch. Ein besonders wichtiges Kapitel sei die Frag« der Ab- Wanderung vom Lande nach den Städten und damit verbunden die Frage der Siedlungspolitik. Diese habe in den Grenzgebieten ganz besondere Bedeutung, da uns durch eine gesunde S i e d l u n g s- p o l i ti t unsere Grenzen erholten bleiben.

Die Dichterakaöemie. Wilhelm v. Scholz über ihre Aufgaben und Ziele. Ein Vortragsabend, denDer Bund, Vereinigung freiheit- licher Akademiker E. V.", einberufen hott«, beschäftigt« sich mit der neugegründeten Dichterokademi«, deren Borsitzender, Dr. Wilhelm von Scholz , als erster Redner das Wort ergriff. Unter dem TitelDie Bedeutung einer Akademie" bemüht« er sich, Aufgaben und Ziele der neugegründeten Dichterakademi« klar zu um- reißen. Di« erst« Aktion dieser Akademie, die auch in weiteren Kreisen mit lebhafter Anteilnahme verfolgt wurde, war ihr Protest gegen das Schmutz- und Schundgefetz, das Wilhelm von Scholz mit Recht«ine wohlgeknüpft« Schling« gegen die Geistesfreiheit nannte. Der Proteste der leider bei den maßgebenden Stellen ungehört ver- hollte, zeichnet aber bereits«inen Aufaabenkreis der Akademie, die dl« Pflicht haben wird, sich mit allen Fragen der freien Geistesent- Wicklung zu befassen. Doch warnte der Redner mit Recht davor, nun die Dichterakademi« so aufzufassen, als fei sie ein« Institution, die sich der Reihe der Zweckverbände bei-, vielleicht überordne, die aber doch denselben Wirkungskreis habe wie dies«. Der Staat kann mit der Schaffung der Akademie nicht die Absicht gehabt haben, die schon vorhandenen Vertretungen der Künstlerschaft nur um«In« weitere zu vermehren. Vielmehr muß die Akademie etwas grundsätzlich anderes sein als diese. Das ließ sich bereits erkennen aus ihrer Stellungnahme zum Schmutz- und Schundgesetz. Nicht die Person des einzelnen Schaffenden wollt« sie schützen, sondern die Geistes- freiheit. Und dos wird auch in Zukunft ihre Aufgabe sein: nicht die Schreibenden zu oertreten, sondern das Schrifttum. Einen Teil der Bedeutung der Akademie sieht ihr Vorsitzender bereits in ihrem bloßen Vorhandensein, in der Taffach« der staatlichen Ehrung der Dichtkunst, der damit gewissermaßen das Lebensrecht nach außen hin dokumentiert wurde. Bielleicht zu optimistisch glaubt Wilhelm von Scholz , daß neues Interesse der Gesamtheit sich ihr nun zuwenden werde. Als die vielleicht höchst« Aufgab« der Akademie sieht er die Lebendig- und Reinerhaltung von Sprache, Form und Stil an. Doch hat die Akademie nur die Pflicht, zu schützen, nicht aber das Recht, zu unterdrücken. Besonders soll sie durch' ihre Be- kundungen das Lebenswerk eines Dichters vor dem Ueberranntwerden bewahren. Wilhelm von Scholz hofft, daß die Akademie gerade der Werk« der Reif« sich annimmt, ihnen vor denAugenblicks- werken" zur Anerkennung verhilft. Vielleicht und hoffentlich waren diese Ausführungen des Redners nicht ganz fo streng gemeint, wie sie sich anhörten. Denn könnt« nicht gerade eine der vornehmsten Aufgaben der Akademie darin bestehen, das Werdende liebevoll zu überwachen, und, wenn es nötig und möglich ist. zu unterstützen? Sehr zu wünschen ist, mit Wilhelm von Scholz , daß die Dichter- akademie Einfluß findet auf Theater und Presse, vor allem aber auf die Bedeutung des gesamten deutschen Schrifttums auch im Ausland«. Hierzu bieten sich mancherlei Wege. Di« Hauptsache ist ober, daß durch ihre Sonderstellung«ine verhältnismäßig« Gewißheit gegeben ist dafür, daß man die Akademie auch hört. Mit der Versicherung. daß da- Nichtbcachreiwerden der Dichtkunst im früheren Staate jetzt doppelte Freude und doppelte Arbeitslust bei den Akademiemitgliedern

Die Landwirtschaft könne auf die Dauer die ungeheuren Steuerlasten nicht tragen. Die Besitzsteuer dürfe nicht so weit ausgedehnt werden, daß der Besitz selbst angegriffen werde und so seine Aufgaben nicht mehr erfüllen könne. Daraus ergebe sich die Notwendigkeit, in den Verwaltungen der Länder und Gemeinden sich größter Sparsamkeit zu befleißigen. In den bis jetzt ab- geschlossenen Handelsverträgen sei die Landwirtschaft gar nicht berücksichtigt worden. Zur Regierungskrise bemerkte der Redner, daß deren Lösung eine klare Mehrheit bringen müsse. Es sei notwendig, daß eine bürgerliche Mehrheit gebildet werde, die klare Forderungen erhebe und sich auf eine Mehrheit des Parlaments stützen könne. Eine Aenderung der Verfassung müsse besonders in einer Stärkung der Stellung des Reichs- Präsidenten sowie in einem Ausbau des Reichswirtschastsrats herbeigeführt werden. Hepp spricht also ganz unverblümt aus, daß die bis- herige Wirtschafts- und Handelspolitik des jetzigen Kanzler- kandidaten Curtius rückwärts revidiert werden müsse; er verlangt die Entlastung der Landwirtschaft bei Besitzsteuern und Arbeitslosenversicherung und eineR e- form" der Berfassung im Sinne der Anhänger einer Diktatur. Das sind in der Tat d i e Tendenzen, die sich in allen Rechtskreisen bei der gegenwärtigen Regierungskrise gellend machen und die nur aufs neue zeigen, welche Leistungen von einer Regierung Curtius zu erwarten wären.

Mehr Sowjetgranaten. Militärische Rüstungen in Rußland. Vorbereitung derAuguststiuimuug". Die 15. Moskauer Parteikonferenz der Bolschewik! nahm nach einem Referat Bucharins folgende Resolution an: Die Parteikonferenz meint, daß in der gegenwärtigen inter - nationalen Lage der Sowjetunion große Gefahren drohen. Das widerspruchsvolle Verhalten der kapitalistischen Län­der gegenüber der Sowjetunion (einerseits Drang zu nor- malen ökonomischen Beziehungen mit der Sowjet- union auf Grund des verschärften Kampfes um die Märkte, andererseits Furcht vor dem sozialistischen Wachstum und Feind- seligkell gegenüber der Sowjetunion als dem Herd der proletarischen Revolution) verursacht die Labilität und Doppelzüngigkeit der gesamten Politik der imperialistischen Diplomatie. Die Konferenz stellt fest, daß derzeit in der Politik der internationalen Bourgeoisie gegenüber der Sowjetunion die aktiv-feindlichen Ten- denzen die Oberhand gewonnen haben. Eine Reihe von Staaten, unter Führung der konservativen britischen Regierung, offenbart merklich die wachsende Neigung, die friedlichen Verhält- nisse zu zerreißen(siehe Polen , Rumänien , Lettland ). Die offene und geheime Vorbereitung des Krieges und der Intervention gegen die Sowjetunion , die eifrigen diplomatischen Attacken, die Kriegs- rüstungcn der Grenzstaaten, die schamlose Verleumdung s- kampagne der Sozialdemokraten, die ganze Kette faschistischer Umstürze und Komplotte usw. rufen in den breiten Schichten der proletarischen und Bauernmasscn unseres Landes, die alle ihre Kräfte dem friedlichen Staatsaufbau widmen, gerecht- fertigte Beunruhigung hervor. Di« Konferenz ruft die Arbeiter und Bauern der Sowjetunion und das gesamte Weltproletariat auf, jeden feindlichen Schritt des Imperialismus unablässig mit der größten Wachsamkeit zu ver- folgen. Die Arbeiterklasse der Sowjetunion wird auch weiterhin eine Politik des Friedens führen, sie läßt aber gleichzeitig keine Minute die Notwendigkeit jeder nur möglichen Verstärkung der Verteidigungsfähigkeit der Sowjetunion außer acht. Indem sie die seitens der imperialistischen Länder drohende Kriegsgefahr erkennt, stellt die Konferenz die Aufgabe der Verstär­kung der Roten Armee in den Vordergrund und schlägt vor, die Aufmerksamkeit der arbeitenden Massen auf die Frage der Der- teidigung der Sowjetunion hinzulenken und zu konzentrieren. Es ist die bekannte Methode der Militaristen aller Länder, Gefahren, die nicht bestehen, an die Wand zu malen, um neue

auslösen würde, schloß Wilhelm von Scholz sein« mit lebhaftem Bei- fall aufgenommenen Ausführungen. Der Sekretär der Akademie, Prof. Dr. Amersdorffer, sprach im Anschluß daran über denAkademiegedanken" in der Ent- wicklung der preußischen Akademie der Künste. Er zeigt«, wie die Akademie in ihrem Ursprung eine höfische Angelegenheit sein muhte, weil das Volk damals noch kaum«inen Anteil an der Kunst hatte. Nach anfänglichem Glänze verfiel die Akademie unter Friedrich Wilhelm I. , der Zufchristen an die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften nicht anders als anSämtliche Narren" adressierte und der Akademie der Künste all« Mittel entzog. Friedrich II. , mit seiner Borliebe für französische Kunst, ließ sie noch weiter verfallen, und erst als das Kunstinteresse im Bürgertum lebendig wurde, konnte Daniel Chodowiecki als Direktor der Akademie daran gehen, sie neu aufzubauen. Der Bortragend« verfolgte den Akadennegodanken bis in die Gegenwart und behandelt« zuletzt die vielumstrittenen Statuten der Akademie, deren Erneuerung unbedingt nötig sei. Aber sie sollen aus der Arbelt erwachsen, aus der praktischen Erfahrung und nicht aus der Theorie formuliert werden. In der Diskussion umriß Dr. Hans Martin Elster noch einmal scharf die Aufgaben der Dichterakademie in der Gegenwart. Geheimrat W a« tz o l d t vom Kultusministerium zitiert« im Anschluß daran gleich einig« Aufgäben, die der neuen Akademie gestellt sind: Bildung einer Kommission und Formulierung der Statuten der neu- belebten Schiller-Stiftung und Verleihung der staatlichen Ehrensold«. T« s. «- Ueber die Dichterakademi« hat auch der Präsident der Akademie der Künste, Max Liebermann , einige interessante Aeußernn- gen in einem Gespräch getan, das Julius Levin in derLiterari- jchen Welt" mitteilt. Er wehrte sich zunächst dagegen, daß man ihm die Vaterschaft des Gedankens der Angliederung dieser Sektion zu- schreibe. Seine Dargänger in der Präsidentschaft hätten die An- glicdcrung wiederholt beantragt.Selbstverständlich betrieb ich den Gedanken eifrig weiter," fuhr Liebermann fort,da ich immer be- dauert habe, bei den einzelnen Künsten und ihren Vertretern«ine gewisse wie mir scheint schädliche Abgeschlossenheit bemerken zu müssen, die naturgemäß zur Einseitigkeit führt." Von der Be- kanntschaft, die die Vertreter der verschiedenen Künste untercin- ander eingehen, erwartet Liebermann viel.Das Beriechen ist nicht nur bei Hunden gut," sagte er schmunzelnd,es ist beinahe eine menschliche Kulturforderung. Man lernt dadurch immer so'n bißchen, mit wem man es zu tun hat. Aber es ist bedauerlich, wenn das Beriechen keine Sympathie zur Folge hat. Ich finde, die Sympathie zwischen den Künstlern ist eins der schönsten Anregungsmittel für die Erzielung der Killtureinheit. Aus dieser Kullureinheit beruht aber das Beste, und dieses Beste zu fördern, ja sogar, wenn es noch nicht angebahnt ist, anzubahnen, ist nicht nur ein« der vornehmsten, sondern sogar die eigentliche Aufgabe der Akademie." Ein solcher Zusammenschluß sei für den Künstler besonders wichtig.Es liegt in der Natur des Künstlers, daß er mit der Außenwelt leichter in Konflikt gerät als ein Beamter oder«in Koufmann, der täglich mit anderen zu tun hat, und daher gewisse Kanten und Härten ab- schleift. Der Künstler ist ein Eigenbrötler, und gerade dem soll Abhilfe geschaffen werden durch gegenseitige persönliche Bekannt- schast unter den Künstlern."

Heeresverstärkungen zu begründen. Die Kapitalisten aller Ländern wollen mit Rußland ins Geschäft kommen, aber nicht in den Krieg. Und so wenig freundschaftlich auch die Gefühle der englischen Regierung für Rußland sind, so denkt sie doch gewiß nicht daran, zu allen inneren und äußeren Schwierigkeiten, die sie schon hat, sich noch einen großen Krieg aus den Hals zu laden. Was nun gar die Arbeiter be- trifft, so sind sie außerhalb Rußlands zumeist antimUitaristtsch und rußlandfreundlich gesinnt. Eine auf den Krieg gegen Rußland hinzielende Politik würde dabei auch bei der Sozialdemokratie den entschlossensten Widerstand finden. Der Beschluß der Moskauer verfolgt aber offenbar noch einen anderen Zweck als den, sinnlosen militaristischen Ge- lüften zu fröhnen. Durch das Geschrei über den angeblich drohenden Krieg soll die Aufmerksamkeit der Arbeiterschaft von jenen peinlichen Enthüllungen abgelenkt werden, die die kommunistische Internationale in chrem Be- stand bedrohen, nämlich von der Versorgung der deutschen Reichswehr mit Waffen, die in Rußland fabriziert worden find. Der Beschluß ist ungeschickt genug, diese Absicht zu verraten, indem er von einem angeblichenschamlosen Verleumdungsfeldzug der Sozialdemokraten" spricht. Die Bolschewiki sind gezwungen, das Blaue vom Himmel herunterzulügen, um ihre Anhänger glauben zu lassen, die aktenmäßigen Feststellungen über die Versorgung der deutschen Reichswehr mit russischem Material seien nichts als Erfindungen bösartiger Intriganten und Friedensstörer. Aber die Wahrheit ist auf dem Marsche! Auch eine ver- stärkte Rote Armee wird sie nicht aufhalten!

politische Kampfmethoöen. Kommunistenlärm im Hamburger Parlament. Hamburg . 13. Januar.(Eigener Drahtbericht.) Am Mittwoch kam es in der Hamburger Bürgerfchastssitzung zu k o m m u n i st i- scheu Tumultszenen. Die Sitzung mußte unter- brachen werden. Da die kommunistischen Abgeordneten L e o y und G u n d e l a ch trotz mehrfacher Ordnungsrufe die Beschimpfun- gen der anderen Fraktionen nicht einstellten, wurden sie aus dem Saal verwiesen. Di« Kommunisten randalierten, weil die Besprechung einer kommunistischen Anfrage wegen der B e g n a d i- gung rechtsradikaler Spengstoffattentäter abge- lehnt worden war. Die Attentäter hatten im Jahre 1923 wiedcrho't versucht, kommunistische Denkmäler in die Luft zu sprengen. Sie wurden im Vorjahre zu Juchthausstrafen von mehreren Iahren ver- urteilt.

Der eigenmächtige Oberbürgermeister. Mißtrauensvotum gegen das Leipziger Stadtoberhaupt. Leipzig , 13. Januar. (Eigener Drahtbericht.) In der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten wurde von der sozialdemokra- tischen Fraktion eine Erklärung abgegeben, die sich mit der Neujahrsrede des Oberbürgermeisters Dr. Rothe befaßt. Ober- bürgermeister Dr. Rolhe hatte Ausführungen über die Volks- schule gemacht, die in vielen Kressen und besonders bei den Lehrern größte Beunruhiguno. und Protest hervorgerufen haben. Seine Ausführungen widersprachen den landesgesetzlichen und örtlichen Bestimmungen. Die Urteile, die er über die Volks- schule abgab, beruhten auf keinerlei amtlichem Material und stehen im Gegensatz zu den Feststellungen des staatlichen Schulaufsichtsbeamten. Ein gegen den Oberbürgermeister eingebrachtes Mißtrauensvotum wurde mit 40 gegen 27 Stimmen angenommen.

Die estländisch-lettländische Zollunion. Nach einer Mitteilung des lettländijchen Außenministers steht die lettländisch-cstländische ollunion vor dem Abschluß. Mitte Januar sollen die beiderseitigen bordnungen in Riga zusammentreten, und man hofft, hierbei das Abkommen endgültig formulieren zu können.

Märchen des Orients. Prof. Dr. G. Kampffmeyer, der Vor- fitzend« der Deutschen Gesellschaft für Islamkunde, ist mit seftein Willen und gutem Erfolge am Werk, Brücken zu schlagen zwischen Morgen- und Abendland. Die Deranstallungen der genannten Ge- sellschaft bieten ernsthaft Interessierten immer neue und reiche An- rcgungen und auch die orientalischen Märchen, die Frau Else Mar» quardsen-Kamphövener im Seminar für orien- talische Sprachen erzählte, paßten vorzüglich in den Rohmen. Durch alle orientalischen Märchen, die oft tiefe Weisheiten em- halten, quirlt das kunterbunte Leben des Orients. Der Morgen- länder ist durchaus nicht so passiv eingestellt, wie der Europäer für gewöhnlich glaubt, nein, selbst im Märchen, in der Volkserzählung, findet man die Aufforderung zur Tat. Ferner wird nicht immer der Sieg des Guten verkündet, im Gegenteil, man bleibt im Morgen- land, trotz blühender Phantasie, der Wirklichkeit oft hübsch nahe und läßt die Gerissenheit triumphieren. In manchen Märchen spielt natürlich der Padischah eine große Rolle, aber er wird so ganz menschlich behandelt, wie dos ja auch gar nicht anders sein kann in Erzählungen, die in den durch und durch demokratischen Völkern des Islams ihren Ursprung haben. e. d. Maria, wie hast du dich verändert! Di« Telegrophen-Union, die in Verwechslungen geübt ist und die Republik , in der wir leben, noch immer gern und häufig für Wilhelm von Doorns Kaiserreich hält, bewährt ihr Talent gelegentlich auch auf unpolitischem Gebiete. Sie verbreitet«inen ziemlich ausführlichen Bericht über einen Festabend, den die Montessori-Gesellschaft in den Rämnen des Hotels Kaiferhof gab. Wer bisher glaubt«, daß Dr. Maria Montessori Begründerin und Derbreiterin der nach ihr genannten Erziehungsmethode fei, wird eines Besseren belehrt. Der gewissenhafte Berichterstatter der Telegraphcn-Union spricht von einemitalienischen Pädagogen", der dem Fest«in« besondere Bedeutung verlieh,dadurch, daß Dr. Man- tessori daran teilnahm, der augenblicklich hier in Berlin einen Lehr- gang zur Ausbildung deutscher Lehrkräfte in der Methode leitet". Sollte sich Maria Moniessori, der neusten Mode folgend, in«inen Mann verwandelt haben? Dle Stadt der schlechtesten Lust. Auf dem Internationalen Kongreß für Forstwirtschaft in Rom war«in« Kommission«ingesetzt worden, um die Schädigung des menschlichen, tierffchsn und pflanz­lichen Lebens durch die von Industrieanlagen, Bergwerken und Haus- feuerungen herbeigeführte Verunreinigung der Luft zu untersuchen und Maßregeln dagegen vorzuschlagen. Wie der Anreger dieses Kampfes und Vorsitzends der Kommission, Prof. I. Stoklasa van der Pioger Land- und Forstwirtschaftlichen Hochschule festgestellt hah besitzt Prag die schlechteste Luft unter allen Großstädten: sie ent- hält durchschnittlich 0,0006 bis 0,0008 Proz. Schwefeloryd. Dies Er- gebnis Stolafas sst durch die neueren Untersuchungen der Kommsssion bestätigt worden._ Der.Suvst-Verlelh" wird feine zweite Ausstellung von Werken der Plastik und Malerei, von Graphiken und orchileltonifchen Entwstifen am IS. im Neuen Schöneberger RatbauS. Rudolf-Wilde-Platz, eröffuen. Die Ausstellungshalle Ist Wochentag» von tv dl» S Uhr geöffnet, der Eintritt ist s r e i. ver Lall de» lschechoflowatische« hilftverein» findet nicht wie in der gestrigen Abendnummer angegeben war am»S., sondern schon 30 Tage früher, nämlich am IS. Januar, im Kaiserhos statt.