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für den Herbst 1926 ein Reichswohnungsbaupro gramm für die nächsten drei Jahre. Als jüngst in der Presse behauptet wurde, dies Programm sei von Reichs wegen fertig, erfolgte ein Dementi. Als jetzt Herr Dr. Curtius die Gewerkschaften bei sich empfing, versicherte er ihnen, das Wohnungsbauprogramm für 1927 läge vor. Bisher ist es noch nicht bekannt geworden. Wiederum wissen Länder und Gemeinden noch nicht, wie groß die Mittel sind, die ihnen in diesem Jahre für den Wohnungsbau zur Verfügung stehen werden. Wiederum droht die Gefahr, daß der Wohnungsbau in den ersten Monaten der Bausaison nicht voran fommt. Auch hier geht der Krieg der Instanzen weiter. Denn mögen auch die Reichsrefforts sich auf ein Wohnungsbauprogramm wirklich trotz des Dementis geeinigt haben, so ist es Loch be­kannt, daß noch nicht einmal im Schoß des preußischen Ka­binetts zwischen den zuständigen Ministerien Einigkeit be­steht. Am unsichersten scheint man sich über die Frage zu jein, wie groß diesmal der Gewinn des Haus be figesaus dem Wohnungsbauprogramm werden foll. Und vor allem: statt des langfristigen Wohnungsbau­programms, das man uns versprach, bekommen wir wiederum ein provisor is ches. Jedenfalls steht aber soviel fest, daß der 200 millionen Kredit für den Wohnungs: bau, der den Reichsetat für 1926 schmückte, zum größten Teil auch eine Deforation geblieben ist.

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Fort mit der Untätigkeit der Behörden! Schäßungsweise wird man sagen können, daß von den für das Arbeitsbeschaffungsprogramm zur Verfügung ge stellten Mitteln mindestens eine Viertelmilliarde feine Verwendung gefunden hat, und daß die Reichsbahn über eine halbe Milliarde sofort für Großauf­träge an die Industrie zur Verfügung hätte, wenn fie fie er teilen wollte. Mit den Ausgesteuerten zähler: wir in Deutsch  land jetzt mindestens 2 Millionen Erwerbslose, eher mehr als weniger. Dreiviertel Milliarden Mart, die mindestens 400 000 21rbeitern Lohn und Beschäftigung für ein Jahr geben könnten, stehen zur Verfügung, dienen heute zu einem großen Teil der Börsenspekulation, und die Reichsregierung versichert, daß die Krise am Arbeitsmarkt faijonmäßig sei. Sie ist faison­mäßig, wenn die Untätigkeit und Schwerfälligkeit der Be­hörden saisonmäßig ist. Das darf aber feine Saison sein, die nie ein Ende findet.

Das russische Giftgas.

Genosse Künstler verklagt den kommunistischen  ..Klassenkampf".

Die Veröffentlichung des Genossen Künstler über die Luft­gasfabrikation der Gefu in Sowjetrußland hat den 3orn fommu­nistischer Provinzblätter hervorgerufen. Der kommúnistische Slaffenkampf" in Halle hat alle Angaben Künstlers als erlogen bezeichnet, ihn selbst einen Lügenfünstler" genannt.

Dazu erklärt Genosse Künstler:

Die Gelegenheit, die mir der Redakteur des Klassenkamps" in Halle gibt, werde ich nüßen. Da mich dieser Redakteur einen Lügen ,, künstler" und Lügenstümper nennt, werde ich ihn verklagen. Nicht weil ich seine Bestrafung herbeiführen will, sondern weil vor aller Deffentlichkeit der Wahrheitsbeweis geführt werden soll, daß die Behauptungen der Sozialdemokratie über die Verbrüderung von Sowjetrußland mit der Reichswehr   vollkommen der Wahrheit entsprechen. Wir werden sie alle als Zeugen laden, voran den völ­tischen Fabrikanten Stolzenberg, alle Arbeiter der Gift­gasfabrik in Trozt, deren Adressen wir habhaft werden können, die völkischen Beamten und Ingenieure, die in Trazt waren, die Offiziere, die mit falschen Bäffen und zum Teil unter falschem Namen nach Rußland   gereift sind, die Offiziere und Angestellten des Reichswehrministeriums und seiner Gesellschaft Gefu. Wir werden auch die Arbeiter laden, die in Stettin  Granaten ausgeladen haben. Sie alle sollen unter Eid aussagen. Die deutsche Arbeiterschaft soll sehen, wer lügt und wer die Wahrheit spricht."

Geist und Maschine.

Musit- Umschau von Kurt Singer  .

Immer wieder wird die Technik gegen den Konzertbetrieb mobil gemacht. Immer wieder wehrt sich das Künstlertum, das mit seinem persönlichen Auftreten Erfolg erzielen will, gegen die Maschinerie. Der Kampf entscheidet sich augenblicklich zugunsten des Radio und Der Spielplatte. Eine Abwechselung, wie sie diese beiden Industrien bieten, gibt der Konzertsaal nicht her. Dabei hat besonders die Blattenindustrie den großen Borteil, daß sie imstande ist, das nur halbwegs Bollendete auszuschalten und nur das Beste schließlich auf den Markt zu bringen. Wo im Konzertleben ist derartiges schon er­lebt worden? Es

Norddeutsche Kleinstaaterei.

Ein Ueberbleibsel aus der Kaiserzeit.

Der Fall Waldeck   hat die Blicke der Deffentlichkeit wieder einmal auf das Elend der deutschen   Klein­it a aterei gelenkt, dem leider durch die Revolution fein Ende bereitet worden ist. Der laut betonte bayerische Parti­fularismus hat dazu geführt, daß das Verhältnis Bayerns  zum Reich der Deffentlichkeit das Zentralproblem der Ent­wicklung zum Einheitsstaat zu sein scheint. Wird dies Pro­blem angerührt, so wenden sich die Blicke unwillkürlich nach Süddeutschland   und die Reste deutscher   Fürstenkleinstaaterei, die in Preußen eingesprengt liegen, werden übersehen. Dabei sind es gerade diese norddeutschen Reste, die am treuesten das Bild des durch dynastische Interessen zer riffenen ehemaligen Reiches tonservieren. Ein Blick auf die Karte lehrt schon, um welche unorganischen vielfach zerrissenen Ländergebilde es sich dabei handelt. Verschafft man sich aber einen staatlichen Ueberblick über dies Kleinländerunwesen, so tommt einem das ganze Elend frisch zum Bewußtsein. Wir haben Flächeninhalt und Bevölkerungszahl der in Preußen versprengten Länder zusammengestellt, dazu die Zahl der Minister, die diese verwalten: Einwohner Minister 551 805 3 3

Oldenburg Braunschweig Anhalt Lippe Walded

Schaumburg- Lippe  

Fläche in qkm

6480

3672

508 322

2294

351 471

3

1215

2168 577

3

1056 340 15.007

55 750

1

48 044

1

1 678 969

14

Man muß sich vor Augen führen, was diese Zahlen be­deuten. Der Flächeninhalt dieser sechs Klein staaten zusammen erreicht noch nicht den Flächeninhalt der Länder Baden und Sachsen  , die Einwohnerzahl zu sammen noch nicht die Hälfte der Einwohner von Berlin  , etwas mehr als die Einwohnerzahl der Städte Köln   und München   zusammen. Es gibt sieben deutsche   Städte, von denen jede für sich mehr Einwohner hat als das größte dieser Länder. 92 Gemeinden in Deutschland   haben jebe für fich mehr Einwohner als jedes der beiden kleinsten Ländchen. Aber jedes dieser sechs Länder hat ein eigenes Parlament, ein eigenes Ministerium, und jedes hat eine Stimme im Reichsrat. Zu diesen Zwergländern treten die Stadt­staaten: 415 qkm 1134 112 Einwohner 331 881 127 460 969 qkm 1592 953 Einwohner

Hamburg  Bremen  

Lübeck  

256 298

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Jede der drei Hansestädte hat eine Stimme im Reichsrat. Es gibt keinen durchschlagenden Grund, der für die Aufrecht­erhaltung dieser Verwaltungszerſplitterung und der damit verbundenen öffentlichen Mehrkosten vorhanden ist. Man stelle sich vor, daß für die kleinen sechs Länder allein vier= zehn Minister gebraucht werden. Es sind keinerlei wirt schaftliche Gründe, keine Stammeseigentümlichkeiten, die für dieje Zersplitterung sprechen, lediglich die historische Tatsache, daß dynastisches Interesse einst diese Zersplitterung herbeigeführt hat. Das Erzeugnis dieser dynastischen Inter­effen aber dauert in der Republir fort infolge der Ge­dankenlosigkeit der Deffentlichkeit und des mangelnden staat lichen Konstruktionswillens der Verantwortlichen. Es ist schlechter konservativer Geist, der hier zum Ausdrud formt, und dieser Geiſt bleibt nicht ohne Rückwirkung auf die Reichs­gesetzgebung. Diese sechs Länder und die drei Stadtstaaten führen zehn Stimmen im Reichsrat, obgleich ihnen na ch der Einwohnerzahl nur drei zufallen dürften. Hier ist ein Bartikularismus, der zwar nicht aktiv ist wie der bayerische, dafür aber um so verstockter.

Gädicke klagt auf Armenrecht.

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Seine Klage von der Wedell- Kammer abgewiesen. Der Landwirt Karl Gädide, der im Landsberger   Feme  mordprozeß gegen Klapproth und Genossen als Nebenkläger auf­getreten ist, hat wie die Korrespondenz Zeitnotizen mitteilt jetzt den Reichswehrfiskus auf Entschädigung für den ihm durch den Mordanschlag Klapproth entstandenen Verluft verklagt und zu diesem Zweck zunächst durch seinen Rechtsbeistand Rechts­anwalt Georg Loewenthal eine Klage auf Gewährung von Armenrecht einleiten lassen.

Diese Klage ist von der unter dem Vorsiz des Landgerichts­direktors v. Wedell- Barlow tagenden Kammer abgewiesen worden. und zwar mit der Begründung, daß Gädides Anspruch an den Reichswehrfistus aussichtslos fei.

Die Kammer unter dem Borsiz des Landgerichtsdirettors v. Wedell- Barlow ist dieselbe, die Lüttwizz Gehalt für den Rapp- Butsch zugesprochen hat.

Bayerns   Willkürregiment.

Ein Kapitel bayerischer Schande vor dem Ausschuß.

Der Rechtsausschuß des Reichstags beschäftigte sich am Donnerstag mit dem Antrage von Graefe und Genossen( Bölk.), der die Aufhebung des Redeverbots gegen Adolf Hitler   verlangt, weil es verfassungswidrig sei.

Abg. Frid begründete diesen Antrag mit der Behauptung, daß die andauernden Redeverbote gegen Hitler   der Verfassung wider­sprächen und in einem demokratischen Staat schleunigst aufgehoben werden müßten.

Genosse Saenger   wies gegenüber dem völkischen Redyer darauf hin, daß das Volksgericht, welches Hitler megen Hochverrats Reichsverweisung gegen ihn nicht ausgesprochen habe. Darin hätten verurteilt habe, bewußt und planmäßig entgegen dem Gefch die bie Nationalsozialisten recht, daß sie sich dagegen wendeten, daß Hitler  , der doch erst durch die heutigen bayerischen   Gewalthaber groß geworden sei, in so fleinlicher Weise verhindert werde, seine Ideen zu propagieren. Es sei nicht richtig, daß jede Hitler- Bersammlung von vornherein im voraus verboten werde. Freilich müsse die mißbräuchliche Handhabung von Gesetzen gegenüber jedermann unterbleiben, nicht nur gegenüber Hitler  . Andere Parteien litten unter der fogenannten bayerischen Rechtspraxis viel stärker als Beise in Bayern   behandelt. Dümmer könne die kommunistische Be­Hitler. Besonders die' Kommunisten würden in unerhörter geschähe, wo nicht einmal deutschen kommunistischen   Abgeord wegung überhaupt nicht behandelt werden als das in Bayern  neten gestattet werde, zu ihren Wählern zu sprechen. Es sei aber nicht berechtigt, nur zu der Behandlung Hitlers   allein Stellung zu nehmen, des Mannes, der die Sozialdemokraten wie tolle Hunde habe niederschießen lassen wollen. Die sozialdemokratische Reichstags­fraktion fordere vielmehr in Uebereinstimmung mit der sozialdemo­trafischen Landtagsfraktion Bayerns  , daß alle allgemeinen Rede­und Bersammlungsverbote unterblieben.

Ministerialdirektor Brecht erklärte für die Reichsregierung, die Nationalsozialisten sprächen zu Unrecht in ihrem Antrage von einer Verfassungswidrigkeit des gegen Hitler   ergangenen Redeverbotes. Die Bestimmungen der Reichsverfassung und des Vereinsgesetzes tämen den Ausländern nicht zugute.

die Person Hitlers   betreffe, und auch der Demokrat Dr. Brodauf Abg. Wegmann( 3.) wandte sich gegen einen Antrag, der lediglich wollte nur für eine allgemeine Beschlußfassung über die Handhabung des Vereins- und Bersammlungsrechts eintreten.

Daraufhin beantragte Genosse Rosenfeld, der Reichstag wolle beschließen, die Reichsregierung zu ersuchen, bei den betei­ligten Landesregierungen darauf hinzumirten, daß vor­beugende, der gefeßlichen Begründung entbehrende Rede- und Ber­fammlungsverbote nicht erlaffen werden.

Dieser Antrag wurde mit 16 gegen 10 Stimmen angenom­men, der Antrag v. Graefe dagegen mit allen Stimmen gegen die der Rechten abgelehnt.

Zum neuen Botschafter Spaniens   in Berlin   ist an Stelle des scheidenden Botschafters Soler y Guardiola der bisherige General­fetretär im Minifterium des Aeußeren Efpinofa de los Mon­teros ernannt worden. Er hat in Deutschland   studiert und in Jena  promoviert.

Aus dem Gefängnislazarett entflohen ist in Belgrad   der In Westsumatra   sind wegen der Unruhen bis jetzt 900 Per­frühere kommunistische Abg. Kosta Novakovic, der wegen Besonen verhaftet. Die Führer der Aufständischen sind zum jizes fommunistischer Flugschriften zu fünf Jahren größten Teil im Berlauf der Kämpfe getötet, die übrigen gefangen Rerters verurteilt worden war. genommen worden.

Opus 133, die den Schritt zur Massigkeit des Orchesters wagen darf, weil in ihr die Dimensionen für die Kammermusit fast überschritten sind, und weil hier die Beethoven eigentliche fremde Arbeit der fugierten Stimmen großen Ausdruck und Charakter gewinnt. Artur Schnabel   sehen wir an einem geradezu faszinierenden lebendig auf. Dis geschicht in der Boltsbühne an jedem Sonntag. Werk: er baut die gesamte Sonatenarbeit Beethovens vor uns Anschauungsunterricht genialfter Art, Ehrfurcht und können treffen sich hier. Es befeuert sich ein Geist von heute am größeren schöpfe Schöpferischen und Nachschöpferischen aufflingt. Mit großer Sicher rischen Geist von gestern so, daß ein einheitlicher Akkord vom heit für das Gefühl der Klang und Stilunterschiede stellt Schnabel der chronologischen Reihe der Sonaten eine mufit- ästhetische gegen über. Nach der Fuge des Opus 110   die Leidenschaft und thematische

für fo manche wächst eine Literatur an, die unbedingt einen Erjaz Bravour von Opus 2, darauf die Heiterkeit von Opus 31 Nr. 1-

für fo manche aus Geld und Arbeitsgründen unmöglich gemachte Stunde der Konzertandacht bietet. Auch der Umstand ist zu schätzen, daß wir in der Lage sind, unter Ausschluß aller störenden Aeußer­lichkeiten uns dem Genuß hingeben zu fönnen, und daß wir im­stande sind, immer wieder das freundlich Aufgenommene zu wieder­holen. Ich vergleiche eine Viertelstunde bei den Don- Kojaten mit einer in der Elettrolageselllschaft hergestellten Aufnahme­platte. Die Aufnahme stammt aus dem Konzertsaal. Bom Stärke­grad des rein akustischen Eindrucks abgesehen, ist die Qualität solcher Aufnahme unerhört gut. Das Rassige,   Russische, das Bedeutsame in der Aussprache und in der Dynamik kommt plastisch und mit finn: licher Leibhaftigkeit zur Geltung. Ich höre Meistersingerchöre unter Leitung von Blech, oder einen Chor aus der H- Moll- Messe in der Albert-   Hall in   London aufgenommen, und es ist eine Naturähnlichkeit erreicht, die auf einem guten Apparat schon an das Wunderbare grenzt. Wie die Elektrolagesellschaft, so bemüht sich nun, anscheinend auf dem gleichen Wege vermittels der Radiotechnit, die Columbia­Gesellschaft, der Natur des Spielers und des Spiels ganz nahe zu kommen, Gerade hier wird erreicht, was bisher unerreichbar schien, nämlich den Klang einer, Geige vom Blaston abzulösen und befeelt zu machen, das Klimpern des Klaviers zu verscheuchen und etwa unter den Händen von Ignaz Friedmann einen blühen­den, selbst in den Anschlagnuancen noch modulierten und in der Farbe erkennbaren Ten zu erzeugen. Und die Gesänge der Neger, der allein seligmachende Jazz, fpringt uns aus neuen Platten so an, als sähen wir die schwarzen Gestalten leibhaftig an ihren Instrumen­

ten vor uns stehen.

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Hier droht nicht nur Gefahr, hier ist Gefahr, der nur eine Viel­seitigkeit im Konzertleben ein Baroli bieten fönnte. Daß das nicht geschieht, wissen wir alle. Die Konzerte erhalten eine Uniform, in der ein Körper und eine Physiognomie nicht mehr zu erkennen ist. Augenblicklich macht die Jagd auf   Beethoven diese Gleichförmigkeit noch uninteressanter. Wir haben 1920, beim 150. Geburtstag Beet hovens, an dieser Stelle empfohlen, den Genius dadurch zu feiern, daß man seine Sinfonien ein Jahr dem Konzertsaal entzieht. Man möchte diesen utopistischen Rat auch für 1927 propagieren. Das Tothehen der Sonaten und Sinfonien fönnte den Geist Beethovens zu Tode hezen. Daß es immerhin möglich ist,   Beethoven noch von einer etwas unbekannten Seite zu zeigen, bewies   Furtwängler in feinem letzten Konzert. Er spielte zu Beginn jene Quartettfuge

besser fann die Vielgestaltigkeit Beethovenschen Wesens nicht dar

gestellt werden.

Die Freunde alter Kammermusit" rufen zu einem Kammer­musifabend in dem   Deutschland um 1700. Alice   Ehlers, die heute, ermeist ihre Kunst der Programmwahl wiederum und spielt geistige Führerin dieses Vereins, die klassische Cembalistin von meisterlich die G- Moll- Suite von   Händel auf ihrem schönen Instru­ment. Im übrigen verließ sie sich wohl auf die guten Namen der Mitwirkenden, ohne intensiv mit ihnen geübt zu haben. Ima Moodie ging ihren eigenen Weg bei der Sonate von Bieber, die geradezu von Tartim sein könnte, Nora Williamson, die zweite Geigerin, hat einen gar leblojen Ton, und die Cellistin Eva einig, sonst eine der Besten, glaubte eine bescheidene Arien­begleitung zu einem Cellofonzert ausbreiten zu dürfen. Selbst Lotte Leonard ließ etwas im Stich, fie fang wie zu einem Orchesterkonzert. Der Beifall, der besonders nach der Arie Mein gläubiges Herze" von Bach erscholl, soll diese verehrte Künstlerin nicht irre machen. Kammermusit des 17. und 18. Jahrhunderts, d. h. Unterordnung und 3artheit und Gemeinschaftsspiel. Bei  Buxtehude und Bach ist selbst das unbewußte Primadonnentum von Spielern und Gängern, ist das kleinste falsche Ausbalancieren des Raums Gotteslästerung.

Annetäte Rellst ab ist im Mechanischen eine gute und be. achtenswerte Kraft, wie sich an Variationen über ein Bach- Thema die Gesamthaltung ist so ledern, daß man zu einem Genießen nicht von Reger erwies. Ihr Ton entbehrt aber allen Ausdrucks, und fommt. Mechanit ohne Geist und Gefühl. Das umgekehrte bei Wilhelm   Kempff. Ein großartig aufbauender Musiker, der Opus 17 von Schumann mit leidenschaftlicher und musikalischer Phantasie durchtränkt, und überall, auch da, wo er zu lange ver­sonnen weilt, Zeichen einer großen musikantischen Persönlichkeit gibt. hier ist Geist, Phantasie und Gefühl gemischt, und die Mechanik ist selbstverständlich geworden. Leopold  

Jeßner über aktuelle Theaterfragen. Der Intendant der   Berliner Staatstheater, Leopold   Jeßner, sprach in einem Vor­trag im Verein Magdeburger Presse über aktuelle Theaterfragen und betonte die Dringlichkeit der Aufgabe, angesichts der volktom menen Umgestaltung des Publitums erneut auf die notwendige Ein­

heitlichkeit zwischen Publikum und Szene hinzuwirken. Die Kon­furrenz, die dem Theater aus Kino und Radio entsteht, sei zwar gewachsen, aber von einer Gefährdung des Theaters selbst könne nicht die Rede sein. Allerdings müsse das Theater der roman­tischen Bildwirkung entfagen und sich auf seine eigensten Aufgaben holung einer Umwelt ersetzt durch die Darstellung der Idee, und befinnen. Auf dem Wege hierzu werde die photographische Wieder­an die Stelle funstgewerblichen Zierates trete der architektonische Aufbau. Neben der Bemühung um die fich bereits anbahnende unerläßliches Erfordernis für den darstellenden Künstler. Auch die Synthese jei die innere Beziehung zur Zeit und zum Zeitgeist ein ewigen Kunstwerte müßten sich der Berwandlung unter dem Ein­fluß der jeweiligen Aktualität unterziehen.

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Charleston mit Massage. Nachdem der Charleston zum un­bedingt notwendigen Kulturbefiz des gebildeten Mitteleuropäers geworden ist, rüden auch die Bewohner seiner ursprünglichen Heimat auf der sozialen Leiter einige Stufen auf. In   Paris ist es zurzeit große Mode, sich den Charleston von denen beibringen zu lassen, echten Negern. Daran wäre nichts besonderes. Aber die mondänen die ihn am besten tönnen, weil sie ihn freiert" haben: von wasch­Bariserinnen verlangen von ihren Charlestonlehrmeistern mehr, sie wollen von ihnen auch massiert werden!

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ihre Naturtänze sein. Maffieren aber fönnen schließlich andere Kein Zweifel: Neger werden stets die besten Lehrmeister für ebensogut wie sie. Dennoch lassen sich die Bariserinnen von Negern maffieren: ficherlich nur wegen des ästhetischen Gegensatzes von schwarz auf weiß.

Ein neues Panoptifum in Condon. Das berühmte   Londoner Banoptikum von Madame Tussaud, das bekanntlich durch Feuer nahezu vernichtet war, soll wieder neu errichtet werden. Von den 500 Figuren, die es enthalten soll, find vorläufig 200 fertiggestellt. Der Personalbestand wird bei dieser Gelegenheit erheblich mo­dernisiert; so fehlen natürlich weder der deutsche Erfaiser, noch  Hindenburg, und an   Mussolini wird gegenwärtig gearbeitet. Die alten Figuren werden repariert und übernommen, soweit sie noch halbwegs erhalten sind; so bekommt 3. B. Gladstone einen neuen Kragen, Nelson einen neuen Kopf und Charlotte   Corday ein paar

neue Beine. Julius  

Bab spricht in seiner Bortragsreihe Bolitik und Theater auf Einladung der Boltsbühne Sonntag, 8 Uhr, im Bürgersaal des Rathauses. Einlaßtarten am Saaleingang 0,60 m.

In der Galerie Neumann- Nierendorf, Lüzowoftr. 32, hält am 18., abends Drient und seinen Aufenthalt in der   Türkei,   Syrien, Palästina und   Aegypten! 8 Uhr, Theodor Dagbler einen Vortrag über seine Reisen im naben

Die Domela- Affäre im Film. Die groteste Hochftapler- Komödie Harry Domelas wird ihre Auferstehung im Film erleben. Unter der Leitung von Paul   Davidson wird die   Ufa einen Film drehen, der den Titel trägt: Der falsche Prinz", eine Satire bon gestern( heute und morgen).

3m Olympiafaal des neuen Museums( neben dem Treppenhause) wird am 21. b. M., 12 Uhr, eine Ausstellung von Aquarellen griechischer Land­schaften eröffnet, bie Brof. Stari Langbammer auf einer mehrmonatigen Reise im vergangenen Herbst geschaffen hat