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Die Geschädigten im Ruhrkampf.

Der Großindustrie hilft man, Arbeiter, Angestellte und Mittelstand läßt man auffigen!

Neuordnung des Städtebaues.

Der Haushalt des Reichsministeriums für die besetzten Gebiete, der in der Sonnabendsizung des Ausschusses für den Reichshaushalt zur Beratung gelangte, ist im wesentlichen ein Ber­jonaletat, da der Hauptteil der sächlichen Ausgaben im Kriegs- schuß) hat in den letzten drei Tagen die erste Beratung des von der unserer Fraktion wurde festgestellt, daß der Entwurf laftenetat ausgebracht ist. Das Ministerium hat als einziges teine felbständige Spize in einem Minister, sondern ist schon seit mehreren Jahren von dem jeweiligen Reichsjustizminister neben amtlich verwaltet worden. Im Diapositiv des Etats findet sich denn auch die Bemerkung, von den Stellen des Reichsministers und des Staatssekretärs darf nur eine besetzt werden.

Die erste Beratung des Städtebaugesetzes.

Der 29. Ausschuß des Preußischen Landtags ( Städtebauaus-| diese Ausfälle mehr oder minder entschieden ab. Bon dem Redner

Der Etat selbst zerfällt in drei Abteilungen: das Reichsmini­sterium, das Reichskommiffariat für die rheinischen Gebiete in Koblenz und die Reichsvermögensverwaltung für die besetzten rheinischen Gebiete. Die eingelaufenen Anträge beirafen der Natur des Etats entsprechend hauptsächlich Beamtenfragen und wurden einem Unterausschuß zur Borprüfung überwiesen.

Nur bei den einmaligen Ausgaben, bei denen die kulturelle Fürsorge im besetzten Gebiet und Unterstützungsfragen zur Sprache gebracht wurden, entspann sich eine lange und lebhafte Debatte, da hierzu nicht weniger als elf Anträge eingebracht waren. Unter diesen befand sich ein Zentrumsantrag, der zur Beseitigung der Notlage bei den mittleren und kleinen Betrieben im Gewerbe, Handwerk und in der Landwirtschaft im besetzten und geräumten Gebiet 20 Millionen Mark forderte. Ein fast gleichlautender deutschnationaler Antrag verlangte für die gleichen Zwecke einen Betrag von 25 Millionen Mart. Von dem Genossen Müller- Franken und Dr. Hertz wurde beantragt, eine Summe von 70 millionen Mark zur Unterstützung der durch den Ruhr­fampf geschädigten Arbeiter und Angestellten sowie des Mittelstandes einzusetzen, und von denselben Genossen wurde ferner verlangt, den angeforderten Betrag von 4,2 Millionen Mark für laufende Unterstüßungen der Frankenempfänger an der Saargrenze auf 7, 5Millionen Mark zu erhöhen und dafür die Unterstützung auch auszudehnen auf die Frankenempfänger an der Grenze Luremburg und Belgien . Der erste sozialdemokratische Antrag ist die selbstverständliche Folge aus den vor kurzem abge schlossenen Feststellungen des Unterstüßungsausschusses für Ruhr entschädigungen.

preußischen Regierung vorgelegten Entwurfs eines Städtebau­gefeßes" vorgenommen. Durch das Gefeß soll das gesamte Bau­und Wohnwesen einer einheitlichen gefeßlichen Regelung unterſtellt werden. Bisher kamen für dieses wichtige Gebiet Bestimmungen seßze verstreut sind. Die Zusammenfassung all dieser verschiedenen und Verordnungen in Betracht, die in einer Reihe verschiedener Ge­Bestimmungen in einem Gesez und der weitere Ausbau der für das Bau- und Wohnwesen erlassenen gejeglichen Vorschriften, entsprechend der tiefgehenden Umwälzung auf wirtschaftlichem Gebiet, ist der Zweck des Gesetzes. In neun Abschnitten, von denen als die wichtig ften genannt jeien: Flächenaufteilung, Fluchtlinien, Bauvorschriften, Umlegung von Grundstücken, Enteignungen, Entschädigungen, ver fucht der Gefeßentwurf eine Regelung des weitschichtigen Gebiets zu geben.

Entsprechend dieser umfangreichen Materie hat der Stadtebau ausschuß vier Berichterstatter ernannt, die über einzelne Doer mehrere Abschnitte des Gesetzes zu berichten hatten. Diese Berichte hat der Ausschuß am Donnerstag und Freitag dieser Woche ent­gegengenommen und dann eine General debatte über den Gesetzentwurf geführt. Dabei haben sich die Hauptpunkte dieser Ge­jeggebungsmaterie und die Stellungnahme der Partei hierzu schon einigermaßer erkenntlich herausgeschält. Bau- und Wohnwesens sich im allgemeinen, besonders aber in Bon allen Seiten wurde anerkannt, daß auf dem Gebiete des Gegenden mit idustrieller Entwicklung und in Großstädten, Ver hältnisse herausgebildet haben, die mehr und mehr un­haltbar werden. Nur wurden Bedenken laut, ob der Zeitpunkt für eine allgemein gefeßliche Regelung, wie fie der Entwurf vor sieht, schon gekommen sei oder ob nicht das schnelle Tempo der Wirtschaftsumwälzung noch ein Abwarten von einigen Jahren emp­fehle, um dann besseres zu schaffen. Die Staatsregierung und die Mehrheit des Ausschusses sind aber der Meinung, daß es die höchste Zeit ist, die kommenden Dinge vorausschauend zu meistern und dazu dieses Gesez notwendig sei. Beit heftiger plagen die Meinungen aufeinander über den wesentlichen Inhalt des Gesezentwurfes. Bon Interessententreifen des Haus- und Grundbefizes, der Landwirtschaft und auch der In dustrie sind seit Monaten Entschließungen, Anträge. Gegenentwürfe Zu diesen Feststellungen erklärte der Ausschuß, daß lieber usw. an den Landtag und den Ausschuß gerichtet worden. Der Ge­zahlungen in erheblichem Umfange an die Großfeßentwurf wird als ein Sozialisierungsgeseß schlimmster industrie erfolgt sind, daß aber deren Höhe sich mangels gert, als ein Angriff auf das Privateigentum bezeichnet, geeignet, nauer Unterlagen gegenwärtig nicht mehr feststellen lasse. Der Ausschuß erkannte weiter an, daß die Ansprüche derjenigen Ge­schädigten, mit denen ein Sonderablommen getroffen war, nämlich der Großindustrie, günstiger behandelt worden sind als die Ansprüche der übrigen durch die Ruhrbesetzung Geschädigten. Insbesondere konnte die Tatsache festgestellt werden, daß bis heute noch teine ausreichende Abgeltung des der Ar­beiter und Angestelltenschaft sowie dem erwerbstätigen Mittelstand durch den passiven Widerstand zugefügten Schaden erfolgt ist.

die ganze bürgerliche Ordnung aus den Fugen zu reißen. Diese von Gerasjestem Eigennutz diftierten Ausfälle fanden im Ausschuß mur noch ein etwas abgeschwächtes Echo in den Ausführungen des deutsch nationalen Redners. Die anderen Redner wiesen

Zur Begründung des Antrages hob Genosse Dr. Herh hervor, daß im Ruhr- Untersuchungsausschuß das Zentrum zwar mit der Mehrheit anerkannt habe, die Arbeiter und Angestelltenschaft sowie der erwerbstätige Mittelstand habe noch teine ausreichende Ab­geltung des durch den passiven Widerstand zugefügten Schadens erfahren, daß aber hier, wo es nun gelte, die Folgerungen aus den anerkannten Tatsachen zu ziehen, es mit den Deutschnationalen nur für den Mittelstand eintrete, Arbeiter und Angestellte aber ihrem Schidjal überlajje.

Das sonst so wortreiche Zentrum blieb auf diese peinliche Feſtnagelung die Antwort schuldig.

Die Anträge selbst fonnten nicht erledigt werden, da das Reichsfinanzministerium Einspruch dagegen erhob, daß bei der anis höchste angespannten Etatslage Anträge von so weitreichender finanzieller Bedeutung ohne verantwortlichen Reichs­finanzminister entschieden werden.

Einstimmig angenommen wurde dann noch eine 3entrums entschließung, in der die Reichsregierung er­fucht wird, die Bertehrsverhältnisse des besetzten Gebietes aur Kräftigung seiner wirtschaftlichen Stellung auch mit besonderer Berücksichtigung der internationalen Verkehrslinien unter Hinzu­ziehung der Länderinstanzen nachzuprüfen.

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Unzeitgemäßer Annexionismus. Aus den Geheimnissen des Deutschen Herrenklubs ". Der Deutsche Herrenklub", eine Vereinigung mit gut deutschnationalem Einschlag, veranstaltete fürzlich in seinen Räumen, dem alten Garde- Kasino am Pariser Play, einen außenpolitischen Abend, ber dem Oberpräsidenten von Hassel Gelegenheit bot, sich über das Randstaatenproblem zu verbreiten. Eingeladen

waren der Reichspräsident, gesamte Reichsregierung, die Gesandten der Randstaaten und der von Un­ garn . Der Einladung Folge leisteten u. a. Reichspräsident in denburg, Reichskanzler Marg, Reichswehrminister Geßler und die diplomatischen Vertreter von Finnland , Litauen , Lettland und Ungarn . Vor dieser ansehnlichen Bersammlung hielt Herr von Haffet seinen Bortrag, der, wie das Hamburger demokratische Wochenblatt Deutsche Einheit" mitteilt, in der For­gerung gipfelte:

Die ehemals russischen Ostseerandstaaten find deutsches Kulturgebiet und müssen wieder deutsch werden.

Es soll bei diesen lichtvollen Ausführungen einige erstaunte Gesichter gegeben haben, und es soll dem Reichspräsidenten Hindenburg nicht leicht geworden sein, die Gesandten der von dem Oberpräsidenten so plöglich annektierten Länder durch freund liche und friedliche Bemerkungen" davon zu überzeugen, daß der ,, Deutsche Herrenflub" vorerst nicht in der Wilhelmstraße liegt. Trotz der Anwesenheit des Reichspräsidenten , des Reichskanzlers und des Reichswehrministers!

Zuspihung in China . Der Fremdenhas nimmt zu. Condon, 15. Januar. ( BIB.) Reuter meldet aus Peking : Außer den britischen Kaufleuten, die ihre Geschäfte im Stich laffen mußten, sind auch viele Hunderte von Missionaren aus dem Innern Chinas nach der Küste unterwegs. Sie waren gezwungen, die Schulen und Krantenhäuser, die von den Chinesen für militärische Zwede beschlagnahmt wurden, und die Kirchen zu verlassen und mußten tätliche Beleidigungen und unwürdige Be­handlung erdulden. Infolgedessen ist in der vergangenen Woche ein entschieden ungünstiger Wechsel in der Haltung der Chinesen und in einzelnen Fällen auch der Japaner gegenüber den Engländern eingetreten. Die Aenderung kommt darin zum Aus­drud, daß die Engländer geradezu mit Berachtung be handelt werden,

Eine weißrussische Verschwörung?

Drei Sejmabgeordnete verhaftet. Warschau , 15. Januar. ( WTB.) Gestern abend wurden in Wilna drei weißrussische Seimabgeordnete, unter ihnen der weißrussische Führer und Präsident der weißrussischen nationalen Organisation, Romada Taraszkiewicz, verhaftet. Wie vom Ministerium des Innern mitgeteilt wird, ist die Festnahme erfolgt, weil die drei Abgeordneten mit Geldmitteln, die ihnen von einem Nachbarstaat( Sowjetunion ! Die Red.) zur Verfügung gestellt worden seien, eine ausgedehnte ftaatsfeindliche Propaganda in Polen betrieben hätten. Bei den Festgenommenen soll man eine Reihe fchwer tompromittierender Dokumente, wie Instruktionen, Chiffre fchlüssel und belastende Korrespondenz gefunden haben, aus der u. d. hervorgehen soll, daß diese Abgeordneten für jeden von ihnen bearbeiteten Streis je 2000 Dollar monatlich für Agi­tationszwede erhalten haben.

Ueberdies wurden Massenverhaftungen in Warschau , Bialystot, in Polesien und in Bosen vorgenommen, wo die polnische Bolizei angeblich einen der weißrussischen Bezirksausschüsse auf decken konnte.

Die Festnahme, der drei weißrussischen Abgeordneten hat in Gejmtreisen großes Aufsehen hervorgerufen, da die Verhafteten unter dem Schuß der Immunität stehen. Wie jedoch ein Warschauer Abendblatt, der ,, Rote Kurier", mitteilt, haben die pol­nischen Behörden, als sie die angeblich unzweideutigen Dokumente von der Schuld der Abgeordneten in die Hand betamen, beschlossen, von der langwierigen Formalität", die mit der Auslieferung der Abgeordneten durch den Landtag verbunden ist, abzusehen und die Berhaftung fofort vorzunehmen.

Churchill bei Mussolini .

Rom , 15. Januar. ( WTB.) Der englische Schaktangler Churchill begab sich heute nachmittag mit dem englischen Bot schafter Graham zu Mussolini in den Palazzo Chigi. Die Unter­redung der beiden Staatsmänner, der in ihrem ersten Teil auch Graham beiwohnte, war vertraulicher Natur; sie dauerte etwa eine

Stunde

Die Slowaken in die tschechische Koalition.

Prag , 15. Januar. ( Eigener Drahtbericht.) Am Sonnabend find die Verhandlungen mit den slomatischen Klerifalen über deren Beteiligung an der Regierung abgeschlossen worden. Die Ernennung der slowakischen Minister dürfte spätestens am Mon­tag erfolgen. Damit hat die Regierung Swehla nach drei­monatigem Bestande endlich eine sichere Mehrheit gefunden. Die Slowakische Bolkspartei, mie sich diese von der Geistlichkeit vollständig beherrschte Partei nennt, erhält das Minifterium für Beitsgesundheit und das Ministerium für Bereinheitlichung der Verwaltungsgesetzgebung. Einer der slowakischen Minister wird ein Klerikaler, der zweite ein Laie sein. Das Ministerium für die Slowakei , das bisher die Verwaltung dieser Provinz von Breß burg aus leitet. wird aufgelöst und an seine Stelle tritt eine autonome Landesverwaltung mit einem Landtag für die Slowakei ; damit wird diese Provinz den Klerifalen ausgeliefert.

Der Eintritt der Slowaken in die Regierung bedeutet eine ent scheidende Erweiterung nach rechts und vor allem ohne Zweifel eine Verschärfung der fulturellen Reaktion in der Tschechoslowakei . Der Klerifale Block, bestehend aus tschechischen, flomatischen und deutschen Klerifalen, umfaßt beinahe die Hälfte der Regierungsmehrheit und ist stärker als der agrarische. Die nächste Folge der Erweiterung der Regierung dürfte ein neuer An­griff auf die Position des Außenministers Benesch sein.

Kirche und Kapital.

Die Bolkserziehung in Megito. Amsterdam , 15. Januar. ( Eigener Bericht.) Der Sekretär der Transportarbeiter- Internationale, Edo Fimmen , wandte sich in einem auf Beranlassung des Amsterdamer Arbeiter Bildungs­Instituts gehaltenen Vortrag über seine Reiseeindrücke in Megito

leider feine Sozialisierung bringe, in seiner Beschränkung des Privateigentums hinausgehe über das, was zu allen Zeiten und in allen Staatsformen an Beschränkung den ist. des privaten Nugungsrechts an Grund und Boden ausgeübt wor­

umlegung von Die Mehrheit des Ausschusses kam zu der Erkenntnis, daß die Flächenaufteilung und Bebauungsplänen von der öffentlichen Hand Grundstücken zur Durchführung von vorgenommen werden müssen. Aber dann hob der Streit an über die Fragen der Enteignung und Entschädigung. Der Gefeßentwurf sieht eine Vereinfachung und Erweiterung des Ent­eignungsrechts der Gemeinden vor, um die städtebaulichen Erforder Artikels der Reichsverfassung wird für enteignete Grundstücke eine nisse durchführen zu können. Nach dem Wortlaut des entsprechenden messen der nach dem Reichsbewertungsgesetz festgelegte Wert oder angemessene Entschädigung vorgesehen und als ange­der Selbsteinschäzungswert bei Steuererklärungen bezeichnet. Hier ergab sich nun eine rührende Uebereinstimmung der Ver= treter aller bürgerlichen Frattionen, die den Steuermert" als Grundlage der Entschädigung einmütig a b= lehnten. Auch gegen die Bestimmung angemessene Entschädi­hoben. gung" wurde von bürgerlicher Seite verschiedentlich Einspruch er­dem Verkehrswert eines Grundstückes. Von unserer Fraktion Es müsse heißen: Bolle Entschädigung, und zwar nach lichen bekämpft, die Entschädigung nach dem Steuerwert als wurden diese Entschädigungswünsche der Bürger­Regel empfohlen. Eine Forderung auf entschädigungslose Enteig­nung ist natürlich völlig aussichtsios, wurde aber auch selbst von Rednern der kommunistischen Fraktion nicht erhoben.

Bon allgemeiner Bedeutung ist bei diesem Gefeßentwurf auch die Frage der Selbstverwaltung der Gemeinden,

die nicht nur durch scharfe Bestimmungen über staatliche Aufsichts­befugnisse eingeengt, sondern auch noch durch Mitbestimmungs­recht von industriellen und landwirtschaftlichen Verbänden behindert werden soll. Die Mehrheit des Ausschusses sprach sich für die Regelung kommunaler Angelegenheiten nur durch die kommunalen Vertretungskörperschaften aus, mit der aufs Not­wendigste zu beschränkenden Staatsaufsicht. In diesem Sinne sprach auch der Redner unserer Fraktion, der im übrigen den Gesetzentwurf als eine brauchbare Grundlage bezeichnete, aus der sich unsere Fraktion um die Bessergestalt ung des Gefeßentwurfs bemühen werde.

entschieden gegen die Tendenzlügen über Religionsverfolgungen in diesem Lande. Im einzelnen führte er aus:

..Jahrhunderte hindurch wurde das megifanische Bolt zunächst als milliges Ausbeutungobjett durch Spanien miß­braucht, und als es dann seine Freiheit erkämpfte, tam es von dem Joch der Spanier unter das der einheimischen Großgrund­befizer, die sich auf die im Lande ebenfalls durch ihren Grund­befiz allmächtige katholische Kirche stützen konnten. Selbst die be­deutendsten Präsidenten des vorigen Jahrhunderts, wie ein Por­ firio Diaz , waren trotz aller liberalen Grundfäße leßten Endes tonservative Dittatoren. Für die Entwicklung des Volkes wurde nichts getan. Schulen bestanden nicht, und die indianische Benöffering hielt man pon allem Unterricht fern. 2 usländische Rapitalisten wurden ins Land gezogen und der Kleine india­nische Bauer verarmte mehr und mehr. Bon 1911 bis 1917 föfte daher eine Revolution die andere ab, bis 1917 endlich eine Ber­faffung zustande tam, die die Grundbesigfrage im Interesse der indianischen Bauern regelte und Kirchen jeder Art von der Grundbefizerwerbung ausschloß. Merito hat die größte Kirchenzahl von allen Kulturländern. Dörfer von 1500 Einwohnern mit acht Kirchen gehören nicht zu den Seltenheiten. Die meritanijchen Löhne find noch sehr niedrig; sie schwanken zwischen 80 Cent und 1,25 Gul­den täglich.

Die jetzige viel verleumdete Regierung hat zunächſt den Schulbau systematisch gefördert, so daß schon 1925 insgesamt 800 Bauerndörfer und 1926 weit mehr als 1000 Dörfer sich Schulen errichteten. Der Pflichtsch u I unterricht wird fünftig auch auf dem Lande vom 6. bis zum pollendeten 12. Lebensjahre dauern. Für das Jahr 1927 ist die Errichtung von 5000 Dorfschulen vor­gefehen. Die Landschulen werden zugleich als Voltshäuser eingerichtet, wo abends die Eltern zusammentreffen, um sich von dem Lehrer über manche Fragen ebenfalls aufklären laffen. Ebenso find mittlere Landschulen ins Leben gerufen worden, und die Re­gierung läßt gut ausgestattete Bücher drucken, in denen das Kind u. a. Fragmente aus der Weltliteratur kennenlernt. Der. Wider­stand der bisher allmächtigen Kirche gegen diese ungeheure Bildungs und Kulturarbeit ist begreiflich. Die Kirchen weigerten sich daher, ein Inventar über ihre Besißungen aufzumachen und die Briefter streitten, um das Bolt aufzupeitschen. Von einer

Religionsverfolgung ist nicht im mindesten die Rede. Die Kirchen stehen offen, und jeder kann hineingehen. Es wird nach wie vor getauft, getraut und firchlich begraben.

Der Verbündete der Kirche ist das ausländische Kapital, wobei

die Betroleuminteressen der Vereinigten Staaten die größte Rolle spielen."

Justiz und Parajustiz.

Grober Unfug in der Rechtsprechung.

Aus München weiß Wolffs Bureau zu berichten, daß dort der Redakteur eines Sonntagsblattes durch richterlichen Strafbefehl mit 100 M. Geldstrafe belegt wurde, weil er groben Unfug verübt habe.

Dieser grobe Unjug" wurde erblickt in der Fettdruckmeldung, daß in Ingolstadt Typhus herrsche. In Wirklichkeit sei es aber

Paratyphus gewesen. Nun wird modernen Medizinern zweifellos der Unterschied bekannt sein, daß er aber jedem Redakteur oder gar jedem Zeitungslejer befannt sei, wird sicher auch das Münchener Gericht nicht annehmen. Die meisten von ihnen werden den Baratyphus für eine Abart des Typhus halten. Im neuesten Brockhaus Konversationsleriton lesen wir über Paratyphus diese Erklärung: Paratyphus, dem Unterleibstyphus gleichenbe Erkrankung, jedoch gutartiger verlaufend. In älteren Lerita ist Baratyphus überhaupt nicht gesondert aufgeführt, weil der besondere Erreger erst später entdeckt wurde.

Bleicht also der Paratyphus in seinen äußeren Erscheinungen dem Unterleibstyphus, wie fann dann grober Unfug" durch die Berwechselung der Bezeichnung verübt werden?

Der Münchener Strafbefehl scheint sich zur wirklichen Recht­iprechung zu verhalten, wie Paratyphus zum echten Typhus. Sie find sich gleich in ihren äußeren Erscheinungen, sind aber doch nicht das gleiche. Nur daß die Barajustiz in diesem Falle weniger gutartig ist als das wahre Recht!