Mittwoch
19. Januar 1927
Unterhaltung und Wissen
Der Maschinist erzählt--.
Von Mar Dortu.
( Schluß.)
Surabaja . Stadt und Hafen. Vier Monate lang lag ich nun fchon im Seemannsspital. Wäre Schwester Pietchen nicht gewesen, ich wäre früher ausgerückt. Denn ein Spital ist wie' n Käfig. Du bist das wilde Tier darin, an dem die Aerzte mit filbernen Zangen und mit goldenen Nadeln und mit weißseidenen Zwirnsfäden versuchend herumfuchteln. Sie friegten mich aber so ziemlich wieder heil. So ziemlich hier, schauen Sie her, ich streife sage ich meinen Rodärmel hoch, ich knöpfe am Hemdärmel unten den weißen Berlmutterknopf auf, ich ziehe den Hemdärmel hoch-. Sie ershreden! Habe ich mir gedacht, habe ich gewollt, ja, das sieht nicht gerade schön aus: der ganze Arm ist pocennarbig und brandrot, das Fell war weg, die Hühnerhaut, die sie mir in Surabaja aufgenäht hatten, die wuchs nur teilweise an.
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Surabaja sage ich. Und nun fommt was anderes. Was denn? Java Land. Eines Tages war Jagara da. Im Spital. Sein breites gelbbraunes Antlig grinste, seine Augen aber waren sanft wie zwei Taubenfüffe.
Mynheer, sagte Jagara: die Palmblüte wartet auf dich. Hieß er nicht Palmnuß, der Jagara? Gewiß doch. Palmblüte, die war jeine Frau.
Kannst du widerstehen, menn eine Blüte auf dich wartet? Läßt cine Biene die liebewartende hellduftende Vanilleblüte hängen? Nein, nein, die Biene stürzt sich im Sauseflug auf die wartende Blüte.
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Na, wenn Palmblüte auf mich rotgebrannten Krebs wartet, dachte ich Kurz, ich stieg auf Palmnuß seinen Ochsenwagen. Jagara rief sein rauhes: Kutugt! Und die Ochsen zogen an. Wagen? Nä,' s war man' n Karren. Zwei Räder.' n Bambusgestell, ich saß in Hanftauen, und über mir ein geflochtenes Palmdach.
Drei Tage und zwei Nächte sind wir gereist. Dann kamen wir morgens in der Frühe zum Dorfe Jagaras.
Das javanische Dorf. In einer Mulde. Hütten aus Bambus und Baumrinden. Matten aus Reisstroh als Wände. Am Dache Biele getrocknete Ochsenhaut. Felsstücke drauf. Biele Kinder. Hühner. Schwarze Schweine. Braungelbe schöne Menschen. Ernst. Schweigsam. Aber mit sprechenden edlen Augen.
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Ringsher ums Dorf Reisfelder, unter Wasser. Nahe Berge, fein dunkelgrün. Herrlichster Blütenduft her von den Bergen. Und ganz im Süden die hohe blaue Pyramide: der rauchende und flammende Vulkan!
Wo aber ist Palmblüte? Sollte ich die nicht lieben? Sie fam. Ein schöneres Weib habe ich mein Lebtag nicht gesehen. Sie war wie Bernstein , sie war wie geschliffene Bronze. Sie war sanft wie ein Gebet. Ihr Händedruck war das Herz der ganzen Menschheit. Und in ihrem Auge wohnten die Gründer aller Religionen: Güte, Freundschaft, Harmonie, Gemeinschaft. Palmblüte wirfte wie ein Stern am dunklen Himmel der menschlichen Nacht.
Ich verliebte mich auf den ersten Blid in Palmblüte, und Jagara, die Palmnuß, war stolz auf meine Liebe. Das hatte er gewollt, das hatte er sich erfüllen sehen.
Freund, lieben Sie Ihre Mutter? Freund, lieben Sie ihre Schwester? Freund, fönnen Sie sich in die offene Seele eines Kindes verlieben? Ja! Nun gut dann. So liebte ich Palmblüte. Nicht das Geschlecht des Weibes liebte ich an ihr, sondern die Seele des Weibes. Sie war mir wie Madonna.
Balmblüte war Weberin. Sie sang am Webestuhl. Der stand im Garten, nur ein Strohdach darüber. Im Garten spielten Palmblütes Kinder, neun fleine braune Aeffchen. Der Garten war ein Paradies. Palmen und Laubbäume und Blumen. Bäume, die ich nicht kannte, Bäume mit spigen Lackblättern, andere Bäume mit Luftwurzeln. Papageien schrien, nicht schön gerade, das waren die fleinen grünen Wellensittiche. Aber schön, sehr schön sang Balmblüte. Im blühenden Garten war sie die schönste Blüte. fingende Blüte.
Eine
Ich blieb ein halbes Jahr im javanischen, Dorfe. Dieses malaische Dorf war die menschgewordene Friedlichkeit. Und ich ward aller Freund. Und alle braunen Naturmenschen wurden meine Freunde. Die Königin des Dorfes und meines Herzens war und blieb Palmblüte. Sie ist es noch heute. Wissen Sie was? Da unten am Fuße des javanischen Bulkans, da leben Sozialisten, nur: daß die nicht wissen, daß sie es sind.
Und nun das Gegenbild.
Ich war dann wieder in Surabaja . Bei den Europäern. Bei der Kultur. Hier war es anders, als wie im javanischen Dorfe. Hier standen Kirchen mit silbernen Kreuzen und Tempel mit goldenen Buddhas. Hier gab es Branntweinhöhlen und Hurenhäuser. Hier gab es höhere" Schulen und scharfe Waffen. Hier gab es Handel und Betrug, reiche Kaufleute und ausfäßige Bettler. Und als ich eines Abends halb angetrunken aus dem„, Literaturklub" tam, da flopfte mir jemand von hinten her vertraulich auf die Schulter. Ich drehe mich um: Jingo! Der Multatule, der tote auferstandene Dichter. Wir gaben uns die Hände und Multatuli sagte mir mit schwerwiegenden Worten: Ich habe viel gelitten, um die da: um die edlen Menschen im javanischen Dorfe."
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Mein Freund hat seine Erzählung vollendet. Wir figen im Gasthaus Bitte Leon zu Rotterdam , unter den Boomjes. Wir fauen Priem aus Kopenhagen . Wir trinken deutsches Bier und schottischen Whisky. Wir rauchen dicke Zigarren aus Portorico . Eine japanische Geisha bedient uns. Der Wirt ist Norweger. Draußen regnet es. In acht Tagen ist Weihnachten. Wir hören, wie am Quai die Winchen der Dampfer schnurren und seufzen. Wir sehen die Flaggen Brasiliens , Hollands , Englands, Japans , Dänemarks und Deutschlands . Und ganz ferne sieht das Auge unseres Geistes ein Schiff unter Bolldampf: das ist die herauffahrende neue beffere Menschheit: das Schiff fährt unter tirschroter Flagge. Und alle Möwen schwingen mit goldenen Flügeln.
Wenn man bei der Metrostation Pigalle aussteigt, trägt einen eine gewaltige Rolltreppe nach oben. Sie ist breiter und länger als jede ihrer vielen Schwestern in den Warenhäusern, und sie ist infolgedessen noch viel, viel schöner. Oben angekommen und abgeglitten, läßt man sich leicht verführen, noch einmal nach unten zu steigen. Es lockt dazu außer dem Abenteuer der Rolltreppe diefes, schöne, schwüle Dumpf, das alle Strecken der Pariser Untergrundbahn durchSchwelt. Schon mieder braust ein neuer Zug ein. Mit dem Menschen
haufen, den er ausstieß, fahren wir jetzt ein zweitesmal aufwärts. Alle Großstädte der Welt haben jetzt ihre Rolltreppe, aber so grandios wie die Pigallsche ist sicher feine.
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Oben ist man gleich mittendrin. In den Lichtern. In den Düften. In diesem Rausch. Hat man die Rolltreppe verlassen, sieht man sich beinah mit dem gleichen Saz auf's Karussell geschwungen, das sich fast ohne Unterbrechung dreht. Hier sitzt man nicht auf Pferden oder in Autos und Flugmaschinen, sondern auf hölzernen Schweinen. Man fann's wohl symbolisch nehmen: Das Ländliche und das Romantische steht dieser Stadt, die Gott sei Dant darum weiß, fast stets besser als die aalglatte Moderne. Wenn ein Journalist schrieb, sie haben den Blick nach hinten gerichtet, dann ist das bestimmt Unsinn. Wenn er aber gesagt haben würde, fie leben langsamer und deshalb vielleicht glücklicher als wir, dann möchte ich wohl mit ihm reden.( Amerika hat's Tempo erfunden, Deutschland machts nach- weiß aber gar nicht, wozu das eigentlich gut ist.)
Nach Westarps Rede.
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Beilage des Vorwärts
Montmartre . Aber auch der findet seine Liebhaber. Da ist eine Frau, die verkauft fleine Lebkuchenpädchen, das Stüd zu fünf Sous. In jeder Packung liegt ein Los. Wer 5, 10, 15 oder 20 zieht, mabei nach längerer Beobachtung berechtigte Zweifel geäußert seien, ob diese Nummern überhaupt existieren, gewinnt ein größeres Paket. Ein fleines Negerlein mit Kindergesicht und neuem Strohhut zieht mit Beharrlichkeit 7, 19, 3, 11, 4 und fo. Jedesmal präsentiert er sein mertlofes Billett erwartungsvoll und mit fast religiofer Andacht. Und nie werde ich dieses enttäuschte Geficht, diefes weinerliche Französisch vergessen: ,, Quatre pourquoi quatre ne gagne pas?" Purquaaa? Weshalb gewinnt 4 nicht?
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Noch eine andere Szene, ganz in der Nähe. Ein fleines Kind heult, schreit- herzzerreißend, wie man wohl sagt. Die Mutter: Wenn du jetzt nicht gleich ruhig bist, bekommst du nicht, was ich dir versprochen habe." Der Vater: ,, Aber Liebe, so willst du dich nun aus der Affäre ziehen. Du sollst doch nicht immer dem Kind große Versprechungen machen, wenn es nachher unmöglich ist, fie zu halten. Und überhaupt, was hast du ihm denn versprochen?" Die Mutter: ,, Nachher mit der Metro nach Hause zu fahren
Vitamine und Säuglingsernährung.
Bon Dr. Alice Lippmann, Kinderärztin. Bitamine sind Ergänzungsstoffe, die für das Leben des Menschen eine große Bedeutung haben. Eine genaue Definition läßt sich nicht geben, da diese Stoffe weder in ihrer chemischen Zusammensetzung bekannt sind, noch auf fünftlichem Wege hergestellt merden können. Schon immer hat der Erwachsene, der sich von gemischter Rost ernährte, neben dem üblichen Fett, Eiweiß und Kohlehydrat, diese Stoffe in fich aufgenommen.
Die Errungenschaft der modernen Wissenschaft besteht darin, daß sie sich über die Wirkungsweise dieser Ernährungsträger flar murde und sie nun bewußt für die Ernährung des Erwachsenen forderte und in die Nahrung des Säuglings und Kleinfindes neu einführte. Gerade in unserer Zeit, in der die Nahrungsmittel durch die verfeinerte Technik ich meine nur das Pasteurifieren der Milch manchesmal wertvoller Bestandteile beraubt werden, wurde die Anmendung der Vitamine für die Säuglingsnahrung von großer Wichtigkeit; ja die Erfahrung lehrt, daß sie als Bausteine für den machsenden Organismus nahezu unentbehrlich geworden ist.
Wo kommen diese Stoffe nun vor? Als Hauptbildungsstätte der Vitamie muß das Pflanzenreich angesehen werden. In allen frischen Gemüsen, wie Spinat, Mohrrüben, Kohlrabi, allen Kühlforten sind sie enthalten, ferner in den rohen Obstfästen, wie Tomaten, Zitronen, Apfelfinen und Weintraubensaft, Erdbeeren und Himbeersaft; ebenso in der Bierhefe und allen Getreidearten. Aber auch das Tierreich liefert uns Vitamie in reichlichem Maße, vor allem im Lebertran, in Butter, Milch und Eigelb. Dabei ist aber zu berücksichtigen, daß die Ergiebigkeit der tierischen Vitaminquellen davon abhängig ist, ob die Nahrung der Tiere aus frischem Weidefutter oder Trockenfutter besteht. Ferner ist zu beachten, daß zmar beim üblichen Kochen der Gemüse der Vitamingehalt sich erhält, daß er jedoch durch Konservierungsvorgänge durch Dörren und langes Lagern verloren geht.
Der Bürgerblod:„ Teufel, ich hab' mir den rechten Fuß besondere Wirkung zu und durch gänzliches Fehlen des einen oder verknart!"
Für sechs Franken in's Paradies. Eine schlechte Limonade kostet drei Franken. So haben die Götter, um die himmlische Höhenillusion vollkommen zu machen, die Preise klettern lassen. Wie siehts denn da oben aus? Na, sehr staubig, Sonnen find an die Wand gemalt, Sterne und der unvermeidliche Apfelbaum. Von der Eva feine Spur, das war also eine Enttäuschung. Dafür laufen lauter Engel herum mit grauen Flügeln; sie machen einen müden, abgenutzten Eindruck. Der eine unterhält sich mit mir. Was ich wäre. Journalist, so? Na, da fönne er mir eine gute Empfehlung geben an einen Pariser Reporter, der seinerseits mit Briand und Poincaré und mit dem Präsidenten der Republit ungefähr auf Du und Du ist, denn was anknüpfen, nicht wahr, felbst im Paradies. Ja, und nun habe ich ein richtiger Journalist ist, der müsse, nicht wahr, überall Beziehungen also meine Beziehung. Was soll ich aber eigentlich anfangen mit dem Präsidenten der Republik?
In dunklen Seitengäßchen warten auf die Gäste ihrer Stunden und Nächte kleine Hotels. Ganz oben, auf hohem Berg, liegt Sacré Coeur , die Kirche. Der Blick, den man von hier aus über das nächtliche Paris eintrinft, ist schon oft beschrieben worden, aber, wie alles Große, immer wieder ergreifend. Elendsfunzeln, Festkerzen, Reklameflammen: das ist die Stadt, was ist die Stadt? Das lebt, das liebt, das giert, das haßt, und von oben empfindet einer erst ganz tief, wie flein wir sind. Wenn man in Berlin mit der Stadtbahn fährt, fieht man zwischen Tiergarten und Bellevue rückwärts in die tristen Häufer hinein hier auch. Einer lieft. Zwei gehn 31 Bett. Drei streiten sich. Das ist der Mensch. Ist das der Mensch?
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Auch das gibt es noch: das Nactfigurenfabinett. Vor der Bude steht ein fettes Weib mit knallrotem Haar, aufgeschwemmtem Busen und specigen Baden. Warum nicht, es gibt Männer, die das lieben. Im Schwall ihres Schreigefreisches ist nur zu verstehen, daß der Eintritt zehn Sous foftet. Das ist nicht teuer. Was sieht man durchs Stereostop? Es soll mohl was Seruelles sein, und Rülz würde bestimmt einen fürchterlichen Schmuß- und- Schund- Schrei ausstoßen, aber es ist eigentlich nur rührend. Auf ein geblümeltes, verblichenes Tuch sind Bilder mit nackten Frauen geheftet, und über jeder hängt noch, alles für zehn Sous, eine alte Bapierblume, limonadenrosa oder bonbongrün. Wer der Meinbung ist, daß junge Leute feine nackten Menschen sehen sollen, weil es doch nun mal unanständig wäre Bäumer im Quadrat, diese Karten darf jeder bestaunen. Hier sieht man die Frauen, wie sie vorm Kriege waren, fett, forfettver: schnürt, verunftaltet, zum Abgewöhnen. Hier lebt tote Zeit. Lächerlich? Grauenvoll!
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Die Photographen sind doch rechte Zauberer; mit Hilfe von Leinwand und Holz nehmen sie ihre Kunden in Herrlichkeiten auf, die jene nie befizen werden, in Autos, in Flugapparaten selbst. Oder tommt der Reichtum doch? Die alte Wahrsagerin sieht viel gespannte Gesichter um sich. Beim matten Schein einer Delfunzel deutet sie Karten, lieft fie aus der Hand. Augenblicklich steht vor ihr ein junges Mädchen. Sagen wir: Gretchen wie sie aus dem Faust, denn dieser Typ ist jetzt, trok Béraud und zehn anderen französischen Kriegsberichterstattern aus dem neuen Deutschland , in Frankreich bestimmt häufiger anzutreffen als bei uns. Die anderen bilden galant einen großen Kreis um Gretchen, feiner will von ihr was Heimliches wissen. Bei den Männern ist das etwas anderes. Seltfam, hier vermutet man gar feine Romantik. Und wer von den Umstehenden weiß denn, was überhaupt mein großes Glück" sein wird? Und vielleicht sagt das die alte Frau jedem, der gut zahlt....
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Zwei unglückliche Menschen, ein Neger und ein Kind.
In den biblischen Erzählungen wird einmal gefragt: ,, Was ist füßer als Honia?" Die Antwort müßte fein: ein Lebkuchen vom
In der Wissenschaft werden die Vitamine in drei Gruppen eingeteilt, das A-, B- und C- Bitamin. Jeder von diesen fommt eine anderen Bitamins werden bestimmte Krankheitsbilder hervorgerufen. Während der Erwachsene nun in seiner Kost einzelne Bitaminarten für fürzere oder längere Zeit entbehren fann, ohne ernsteren Schaden zit nehmen, muß der wachsende Organismus dauernd alle drei Arten dieser Ergänzungsstoffe mit seiner Nahrung zu sich nehmen.
Und damit kommen wir auf die Wirkung dieser Ernährungs träger. Die Hauptbedeutung der Bitamine liegt in der Förderung des Längenwachstums, was ja beim Säugling und Kinde die größte Rolle spielt, ferner in der Beeinflussung des Fettanfazes und zuletzt in der Hebung der Widerstandskraft gegenüber allen von den oberen Luftwegen und von der Haut ausgehenden Infektionen. Und so geben wir heute allen Säuglingen teelöffelweise rohe Gemüse und Obstfäfte zu ihrer Brust- oder Flaschennahrung zu, in Form von rohen Tomaten, Mohrrüben oder Apfelsinen- und Zitronensaft je nach der Jahreszeit; ebenso Lebertran, einen sehr reichen Vitaminträger.
Dabei machten wir die Erfahrung, daß schwächliche Kinder, die bei genügender Ernährung nicht gedeihen, nach Berabfolgung dieser Stoffe, an Gewicht und Länge zunahmen, eine stärkere Widerstands. traft gegen Hautausschläge und Erkältungskrankheiten befamen, daß frühgeborene untergewigtige Säuglinge troẞ. fünstlicher Ernährung am Leben erhalten werden konnten, und daß ernste schwere Darmerkrankungen im Säuglingsalter feltener wurden.
Spielen diese Stoffe schon beim gefunden Säugling eine so große Rolle, um wieviel mehr erst im Erkrankungsfalle! Unsere alten Aerzte haben schon immer rein intuitiv ihren Patienten bei Infektionskrankheiten Zitronen- oder Himbeerlimonade zu trinken verordnet. Wir hingegen perordnen heute ganz bewußt bei fieberhaften Erkrankungen große Mengen von Obstsäften und müssen immer wieder sehen, daß der Verlauf ein leichterer und das subjektive Befinden ein besseres iſt.
Braucht mun die unregelmäßige Berabfolgung dieser Ernäh rungsstoffe noch zu feiner Erfranfung zu führen, so verursacht doch das völlige Fehlen dieser Stoffe schwere Erfranfungen, z. B. Skorbut, der im, Kriege zur Zeit der Hungerblockade häufiger vortam; ferner Augenerkrankungen, die mit Verlust des Augenlichts einhergehen können.
Darum möchte ich zum Schluß noch einmal darauf hinweisen, wie bedeutsam die Entdeckung der Vitamine für unsere moderne Ernährungstechnif ist und daß sie in das. Rüstzeug eines jeden Arztes mitaufgenommen werden muß.
Der Eisvogel.
Wenn im Winter Eis und Schnee über den Seen, Teichen und Flüssen liegen, fommt für den Eisvogel. diesen farbenreichen und interessanten Bogel, eine schlechte Zeit, denn dann fann er seiner Hauptbeschäftigung, dem Fischen, nicht mehr nachgehen und muß hungern, manchmal sogar verhungern. Der Eisvogel gehört zu den fududsartigen Bögeln und erreicht eine Größe von 16 bis 18 3entimetern. Mit femer grünschimmernden Oberseite, seinem meißen Halsstreifen und seinem rostroten Unterleib macht er einen sehr stattlichen Eindruck auf den Beschauer. Besonders schön nimmt er sich aus, wenn er bei hellem Sonnenschein durch die Luft schwirrt oder wenn er, umgeben vom Weiß des Schnees, auf einem Aft hoeft und sich die Welt befieht. Bei den Fischern ist allerdings dieser Bogel nicht sehr beliebt, weil seine Hauptnahrung aus fleinen Fischen besteht, die er mit außerordentlich großer Geschicklichkeit aus den Waffer zu heben versteht. Der Eisvogel hält sich fast immer an den Ufern von Teichen, Flüffen und Seen auf und weiß mit großer. Findigkeit die Stellen aufzusuchen, wo sich Fische am meisten tummeln. Dort, wo sich der Eisvogel in großer Zahl einfindet, macht er auch ziemlich großen Schaden. Namentlich an Fischzuchtteichen ist er sehr gefährlich. Fichzüchter ftellen deshalb dem Eisvogel in der verschiedensten Weise nach. An den Rändern der Gewässer legt der Eisvogel auch sein röhrenförmiges Nest an. Er zieht die sechs bis fieben Junge, die im Juni ausschlüpfen, sehr forgfältig auf und entläßt sie im Herbst erst aus seiner Obhut, wenn sie im Fischen 21. M. ebenfalls Meister. geworden sind.