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Freitag 2I.Fonuar 1927

Unterhaltung unö ÄVissen

Sellage ües vorwärts

VerMann, öer den Saum erschoß. von Max Larthel. Ein blühender Baum steht am Anfang der Welt, und wenn Karl Sommerschuh die frühesten Erinnerungen seines Lebens aus- aräbt und an die goldene Mauer des Nichts kommt, da steht dieser Baum und fingt, ist wie der Frühling selbst, in dem dos Kind sein erstes, bewußtes Spiel beginnt und aus gelber Erde die Schöpfung neu aufbaut: dunkle Löcher, in denen die Sonne wohnen soll. Heber dem Spiel rauscht der Baum und singt. Ein Vogel saß in der blühenden Krone, aber der winzige Mensch dachte, der Baum singt. An jenem Tag, als der Baum sang, trat aus dem Haufe des Vaters sin unbekannter Mann, lauschte einen Augenblick in das Lied, lächelte, trat zurück und erhob ein Gewehr. Feuer blitzte auf, Dcmner ralve, und dann war Rauch und große Stille. Aus dem Baum stürzte ein schwarzer Stein zur Erde und fiel in eines der Löchgr, die das Kind gebaut hatte, damit die Sonne drin wohne. Nun wohnte der Tod darin, und das Kind weinte und schrie, weil der Baum nicht mehr singen wollte. Dos waren die ersten und schmerzlichsten Erlebnisse der frühen Jahre. Der Mann, der den Baum erschoß, verfolgte das Kind noch lange. Manchmal träumte es von ihm, und machmal stand er wie ein Schatten in einer glücklichen Stunde. Erst nach vielen Jahren, als in Spitzbergen der Luftschiffer Andri aufstieg und mit seinem Ballon im Eismeer oerscholl, löste sich der Schatten und kam nicht wieder. Oit hat der Mensch, von dem wir erzählen, über den Au- fcmrmcnhang zwischen dem Mann, der den Baum erschoß, und dem Mann, der im Eismeer verkam, nachgedacht, aber er hat keine Lösung gefunden. Als Kind sah er noch viel« blühende Bäume, aber sie sangen nicht. Und als er dann die Vögel kennen lernte, wurde er manchmal traurig. Ja, sie waren schön und sangen lieb- lich, aber sie blühten nicht... Sein Vater starb früh. Schon lange vorher mußte das Haus mit dem blühenden Baum oerlassen werden. Die nähe Stadt wurde kühle Heimat. Aber das Lied ging mit in die Stadt, und das Kind hörte ab und zu den Baum der frühesten Jugend singen. Der kleine Mensch lebte am Rande der Stadt und wurde größer. Als er zwölf Jahre alt war, überwuchs sein Herz noch einmal ein blühender Baum, der Baum der Dichtkunst. Auch dieser Baum blühte und sang! Dos Spiel und Gegenspiel der Bilder und Wohl« klänge nahm ihn ganz gefangen. Die ersten Verse waren Verse auf den Römer Scävola, den Helden der allen Sage, der die Hand ins Feuer stoeckte und olle Schmerzen verachtete. Alle Schmerzen und alle Feinde. Auch das Kind brannte wie jener Mensch, als es das erste Gedicht schrieb. Es erlebte das Wunder vom singenden Baum. Karli," sagte eines Tages die Mutter,»Karl!, du machst ja Gedichte! Aber eins verstehe ich nicht, das von dem Römer meine ich. Jetzt gibt es doch keine Römer mehr. Aber es gibt Vögel und Blumen und Elfen. Davon solltest du schreiben. Oder vielleicht vom Wald." Die Mutter war eine alte Frau. Sie verstand keine Gedichts mit brennenden Händen mehr. Es gab Vögel und Blumen und große Wälder, und aus ihrer Kindhell wußte sie noch von den M cm helfen, die über die Wiesen ihrer Heimat getanzt hatten. Aber vielleicht halten die Elfen gar nicht getanzt, vielleicht war ihr Schinnner in dem allen Herzen nur der Abglanz einer heftigen uud wunderlichen Sehnsucht. Karl hatte niemals Elfen gesehen. Sie tanzten nicht durch die heißen und dumpfen Kammern der armen Leute. Bielleicht wehten sie fern und kühl über betaute Silberwiesen. Auf den Borstadtwiesen waren sie niemals, lind als a trotzdem, um die Mutter zu erfreuen, von den tanzenden Mond - geistern schrieb, erschrak er. Rein, seine Hände brannten nicht und auch der blühende Daum blieb stumm. Es war, als fei er noch einmal erschossen worden. Dann kam größere Not und bessere Ein- ficht in das Leben. In das blaue Heft, in dem schon die Verse auf den Römer standen, marschierten rebellische Lieder ein. Karl ließ rote Fahnen flattern und die Arbeiter kämpfen. Da brannten seine Hände! Da jubilierte der blühende Baum! Von Karl Sommerschuh wäre noch viel zu erzählen. Nur dos sei haute gesagt, daß er den schmutzigen Weg der Armut ging und mit seinen Freunden und Kameraden in die Fabrik zu den Maschinen kam, als es Zell war. das Brot zu verdienen, das blltere Brot für sich und das süß« Brot der Nichtstuer. Aber er war kein Arbeiter, an dem die Meister große Freude haben. Cr lief davon und versuchte sich ohne Begeisterung in vielen anderen Berufen. Dann stromerte er durch Deutschland und war an dem Tage, als ich ihn kennen lernte, auf der Wanderschaft in Italien . Du weißt ja gar nicht, wie verrückt ich war, als ich die Grenze überschrill," sagte er am zweiten Tage unserer Freundschaft,»ich war sinnlos glücklich. Besoffen vor Glück, wenn du willst. Hast du schon mal was sehr Schönes geträumt? Natürlich, ja. aber hast du dann auch das Geträumte wirklich gesehen und in den Händen ge- halten? Siehst du, so geht es mir jetzt: ich halle es in den Händen!' Das war am Luganer See und wir wanderten nach Como , im Anblick der Dergr erzählte er die Geschichte vom singenden Baum. Wie eine Kulisse war die Landschaft aufgebaut, man sah das leuchtende, blaue Wasser des Sees, über den Segler lausten. Vor den steilen Bergwänden und an stillen Buchten logen weiße Dörfer, viele erquickende Windstöße kamen von den Schneebergen hinler uns, und die Sonne war über uns und vor uns. Ja," sagte Sommerschuh,und setzt ist wieder so ein ver- dammter Schatten da, ein Mann, der den Baum erschießt. In Zürich habe ich drei Tage im Gefängnis gesessen und sollte abge- schoben werden Aber ich bin getürmt und habe noch zwei Lire und will nach Rom ... Ja, und wie kam ich denn auf Andre?" setzte er unvermutet hinzu,ich habe Andre niemals gesehen und auch sein Bild nicht. Wie kommt nur Andrö in mein« Kindheitsgeschichte, und warum ist er der Mann, der den Baum erschoß? Kannst du mir das erklären?" Immer ist neben uns ein Mann, der den singenden Baum er- schießt," knurrte ich und sagt« dann ein wenig von oben herab: Und das mll dem Andre? Das kann ich dir schon erklären! Die Sache ist nämlich so: du hast den Mann, der den Baum erschoß. so furchtbor gehaßt, daß du ihn später, unbewußt natürlich, mit jenem Ballon in die Eiswüste schicktest. Ist das jetzt klar geung?" Vollkommen klar," antwortete er und wir marschicrieu weiter. Kurz vor Mailand ober wurde Sommerschuh von einem Earabi niere auf der Straße angehalten und verhaftet. Ich konnte rechtzellig türmen. Ja. so war es schon: immer ist bei uns ein Mann, der den singenden Baum erschießt! Aber ich hatte scharfe

Augen und ließ mich nicht erschießen. Als ich drei Wochen in Rom war. traf ich den Freud der ersten Wandertage wieder: Karl Sommerschuh. In Mailand halle er einige Tage gesessen und war dann nach dem Süden getippelt. Mann Golles." sagte er gleich bei uns in der ersten Stunde, was sage ich, oder vielmehr, was sagtest du:Immer ist bei uns ein Mann, der den singenden Baum erschießt!?" Aber er läßt sich ja gar nicht erschießen... Ich habe in Mailand Zell gehabt, dar- über nachzudenken. Sie können ja unsere singenden Bäume gar nicht totschießen! Das ist mir endlich klar geworden. Das Volk

tjmöenbnrg, hilf!

Der vurgerblock:.Meine beiden Leine habe ich jetzt fest beisammen. Aber um stehen zu können, brauche ich noch diese«rücke!"

ist nämlich wie ein singender Baum, und die nach uns zielen, treffen sich ins eigene Herz. Ist dir das klar?" fragt« er ein wenig von oben herab in demselben Tonfall, mit dem ich damals schloß, als mir der Zusammenhang klar wurde über den Mann, der den Baum erschoß, und den Wann, der in der Wüste des Eismeeres unterging. Lolllommen klar, Sommerschuh," antwortete ich und wir tippellen nach dem Kolosseum. Später saßen wir in einer kühlen Osteria und bei einer Flasche Frascati sprachen wir über viel» Dinge, und über uns stand ein blühender Baum und rauschte und sang._ kinöer Gottes. Loa Adolf Abter. In der Rue de Chabrol in Paris liegt das Hotel vopulaire. Dolkshotcl. Herberge des Proletariats. Die Besitzerin ist die Heils- armee. Alle Kinder Golles sind in ihren Räumen willkommen. Ein dunkler, langer, schmaler Torweg, an dessen Ende eine trübe Gasloterne sparsames Licht spendet, führt zum Eingang der Herberge. Da tritt man an einen Verschlag mit einem Schiebescnstcr und nennt seinen Rainen. Irgendeinen Namen. Der wird in das Gästebuch eingetragen, man zahlt einen Frank fünfzig und erhält ein« Nummer zugerufen. Das ist Sie Nummer der Lagerstätte, auf der man dann in der Nacht seinen müden Körper ausstrecken kann. Bevor man hinaufgeht, bekommt man zwei wollene Decken ausgehändigt. Neben dem Verschlag ist ein großer quadratischer Raum mit langen Tischen und Holzbänken. Der Speisesaal. Hier hocken die Männer und löffeln ihre Gemüsesuppe mit Fleisch. Schlürfen Kaffee oder Schokolade mit Brot. Für sechzig Centimes die Portion. Die Wände find grau und kahl, niedrig die Decke, von der eine Easfunzel malles Hell verbreitet. Es stinkt nach Schweiß und verfaultem Laub. Seit langer Zeit ungewaschene und ungekämmte Menschen dünste» sich aus. Beißender Tobakgeruch schwält sich dazwischen. Und dampfende Suppen und Kaffee. Hier finden sich die Menschen zusanimen, die tagsüber betteln und ZigareUenstummel in den Straßen auflesen. Die zerlumpt aus den Bänken der Boulevards müde, dumps, teilnahmslos für alles, ihre ausgemergelten Gestalten von der Sonn« bescheinen und er­wärmen lassen. Das große Leben brandet an ihnen vorüber. Es rauscht und singt und tänzelt. Ee rattert in Luxusoutomobilen. Lächelt durch Seide und Pelzwerke schöner Frauen. Strömt durch seltsame, sinnerregende Parfüms. Das Leben, das große Leben. Aber sie sehen es nicht und hören es nicht. Sind so müde, stumpf, dumps. Der Hunger tut nicht mal mehr weh, ist zur Gewöhn- heit geworden. Nur die Sonne scheint auch für sie, die kann ihnen niemand streitig machen. Selbst nicht die in den Luxusautos. Ja, die Sonne! Wie sie den Nacken wärmt und den Rücken. Den Kopf ganz tief hängen lassen, damit die Strahlen von oben hineinkriechen können. Ist dock) ein guter Vater, der liebe Gott, der alle seine Kinder erwärmt durch den Himmelsosen. Reiche und arme. Alle Menschen sind doch Kinder Gottes. Auch die, die auf der Straßen- bank sitzen, müde, dumpf und stumpf.... Zweihundert Mämier kommen Abend für Abend in die Herberge der Heilsarmee . Jede Lagerstätte findet einen Körper. Aber nur, wenn die Nächte kalt sind oder regnerisch. In der warmen Jahreszeit sparen die Leute das Geld und ichlasen in den össentlichen Parks, auf den Kirchentreppen, unter den Brücken. Oder in Karussell- schaukeln aus den vielen Rummelplätzen von Part». Jeder hat da seinen Platz. Zwei bei Zwei in jeder Schaukel. Immer die gleichen Paare in der gleichen Schaukel. Hat ein anderer es sich bereits bequem gemacht in dem Abteil, sagt man: Das ist mein Plag." Und ohne Widerspruch torkell der Eindringling von bannen. Ungeschriebene Gesetze der Ausgestoßcnen. die von der ganzen Ge- meinschafl respektiert werden. Die Karussellbesitzer haben ein gutes Herz, denn sie tun so, als ob sie nicht sähen, was nachts sich in ihren Schaukeln ereignet.

Der Trieb der hungrigen Obdachlosen in warmen Rächten führt sie ins Freie. Sie verwünschen den Winter, der sie zur Zuflucht zwingt bei der Heilsarmee in stickige stinkende Räume. Aber die Männer der Heilsarmee sind gut und milde. Fragen nicht noch Namen und nicht nach Papieren. Sie wissen, wer ihre Gäste sind: Menschen, Kinder Golles. Haben einen kleinen Betraum eingerichtet, in dem sie Andacht üben mit den Zerlumpten, vom Schicksal Verstoßenen. Freiwilliger Gollcsdienst, niemand ist gezwungen, daran teilzunehmen. Blasse Soldatinnen singen fromme Lieder. Eine Ziehharmonika und Lauten begleiten. Unter den großen Hüten scheinen die Gesichter der Halle- lujamädchen wehmütig. Ihr Gesang ist Klaube, Sehnsucht, Inbrunst. Und die bärtigen Männer, dreckig das Gesicht, die Hände: verschmutzt, zerrissen, müssend die Kleidung: verlaust, stmnpf, oerschüchtert sie hocken da und lauschen. 5?alten in den Händen die schäbigen Mützen oder uralte Hüte, aus denen das Futter heraushängt. Kratzen sich scheu-verstohlen den Kopf, den Rücken, aus Scheu vor den singenoen Frauen da vorn. Und hören Choralgesang. Und Harmonika und Lautenklang. Und Worte von himmlischer Lieb« und Gerechtigkeit. Dumpf, brütend sitzen sie da wie bärenhafte Urwald- bewohner. Sagt man das i h n e n? Liebe... Gerechtigkeit.., gilt dos ihnen? Schreit nicht jemand auf? Reckt nicht so ein Tärenmcnsch die Glieder? Reißt er nicht die Fäuste empor, daß erschlaffte Muskeln sich hörbar straffen? Nein, nein, nein. Jahr um Jahr, Tag um Tag im Elend und Hunger, das zermürbt Körper und Geist. Macht unfähig auch nur zu einem einzigen Schrei der Empörung. Müde, müde, blöde, dumpf. Is mir alles ganz egal. Ganz egal.... Der Herbergsvater, Offizier der Heilsarmee , hält die Predigt. Spricht zu der Vagabundcngemeinde leise, eindringlich, gleichsam zu jedem einzelnen besonders. Nennt sie seine lieben Freunde und Brüder in Christo. Erzählt: Der letzte auf Erden wird der erste im Himmel sein.(Na. wenn schon. Is mir alles ganz egal.) Und predigt vom Durst der Seele und vom erquickenden Labetrunk des Glaubens. Wer von euch, liebe Freunde und Brüder in Christo, hat Durst? Wer von euch will erquickt werden? Der trete vor und bekenne!" Keiner regt sich. Alle stieren vor sich hin. Nur einer murmelt durchdie Zähne:Ich Hobe Durst aber nach einem Schnaps.".. Wenn die Andacht beendet ist, geht alles in die Schlafsäle. Jeder sucht seine Nummer aus. In de» langen halbdunklen Räumen herrscht eine Lust zum Ersticken. Da liegen die Menschen eng neben- einander, und die Neuantömmenden stolpern über sie hinweg. Da wird geflucht. Da hustet einer zum Erbarmen. Nebenan schnarcht einer wie ein grunzendes Ungeheuer. Schweinerei, verfluchte!" Ruhe silr wenige Augenblicke. Dann geht es in irgendeiner Ecke wieder los. Fast olle liegen angekleidet in ihre Decken eingehüllt. Nur die Stiesel werden ausgezogen Aber auch die behält mancher an den Füßen, weil sie unentwirrbar durch Bindfaden zusammen- gehalten werden. Würden die Bänder gelöst, zerfielen die Schuhe in sich selbst. Um elf Uhr abends werden die Gaslaterncn in den Schlafsälen noch niedriger geschraubt. Nun herrscht fast vollständige Dunkelheit. Die Luft wird immer unerträglicher. Schaurig tönt vom Nebenraum bellender Husten herüber. Irgendwo redet einer im Schlaf. Es klingt wie: Is mir alles ganz egal.... »Um zwölf Uhr schlürft der Aufseher auf Filzsohlen durch den Saal und dreht die Laternen ganz aus. Sorgt der liebe Gott für seine Kinder und läßt den Mond feist und fahl durchs Fenster lächein.... Kanossa . Bor 850 Jahren, in den Tagen vom 25. di» 28. Januar 1077, stand der deutsche Kaiser.Heinrich IV. als Büßer im Schnee aus dem Hose des Schlosses Kanossa in Norditolien, um die Verzeihung des Papstes Gregor VII. zu erlangen. Man hat diesen Schritt bis vor kurzem immer als«in« große Demütigung des Trägers der weit- lichen Macht in Deutschland vor dem höchsten Airchenfürsten ange- sehen, mrd in diesem Sinn« hat auch Bismarck da? stolze Wort geprägt:Nach Kanossa gehen wir nicht!" In Wirklichkeit ist der, Gang nach Kanossa eine politische Großtat ersten Ranges gewesen, durch die der Kaiser dem Papst eine entscheidend« poliüsäx Nieder- log« bereitet«. Schon seit langem lagen Kaiser und Papst im Streite über Ihr« Borrechte. Gregor hatte die voll« Freiheit der Kirche ge- fordert und hotte weiter oerlangt, daß der Papst als Stellvertreter Gottes auf Erden auch den weltlichen Staat beherrsch«. Ja. er be» gehrt« sogar das Recht, den Kaiser absetzen zu können. Das fei. f» meinte er, das von Gott gewollte Rccbt des römischen Bischofs. Der Kaiser wiederum wollte nicht auf das Recht verzichten, die Geistlichen seines Landes in ihrem Amte zu bestätigen und sie mit Ring und Stab als Zeichen der weltlichen Oberhoheit zu belehnen. Auch dieses Recht nahm der Papst für sich allein in Anspruch. Als nun Heinrich durch den Papst zum Gehorsam gegenüber dem Apostolischen Stuhle ausgeszrd-rt worden war, berief der Kaiser «in deutsches Nationalkonzil«in und erklärte zusammen mit 24 deutschen Bischösen den herrischen Papst für abgesetzt. Di« Ant- wort daraus war. daß der Papst den Bonnfluch gegen den Kaiser fchleiitert«. Dadurch wurde dem Kaiser die Ausübung aller Regiernngshandlungen verboten und feine Untertanen wurden aller Eid« gegen ihn ledig gesprochen. Diesen Vorwand benutzten die zahlreichen Feinde Heinrichs, ihn zu stürzen. Sie erklärten, der Kaiser solle seiner Würde verlustig gehen, falls er nicht innerhalb «ine» Jahres sich vom Bannfluche des Papstes gelöst l)ab«. Es galt also jetzt für Heinrich, den von den feindlichen deutschen Fürsten vorgeschützten Rechtsgrund hinsällig zu machen, Gregor zur Aus­hebung des Bannfluches zu bestimmen und(a die Gegner den Papst und den Fürsten voneinander zu trennen. Aus dieser klugen Erwägung heraus ging Heinrich nach Kanossa. Nun mußte da? geistlich« Oberhaupt den Schritt tun, den der schlau« Politiker so gen, vcnnieden hmle. Er mußt« den Bannfluch auf- heben und damit das von ihm selbst so kmistvoll gewobei« Netz seine» intriganten Machtstrebens zerreißen. Die Fürsten wählten zwar dennoch einen Gegenkönig gegen Heinrich, aber der Papst konnte nun nicht mehr gegen den Kaiser auftreten, weil dieser sich sa der Gewalt Gott «?unterworfen" hatte. So hatten die Fürsten , nach- dem sie vom Papste vorlassen worden waren,«in« starke Stütz« beim Volk« verloren und konnten sich nicht gegen Heinrich, den Borkämpser der Reichseinheit, behaupten. Ihr Zorn darüber richtete sich gegen den Papst selbst, uno damit hatte der Gang nach Kanossa seinen Zweck erfüllt. Als Heinrich zum zweiten Mal« gegen Gregor auf- trat, zeigt« es sich, daß der Papst die allergrößt« Zahl seiner Anhänger In Deutschland eingebüßt hatte. Er mußt« vor dem Kaiser aus Rom fliehen und starb später in der Berbaimung. Der Kanviscigaiig ist demnach«in außerordentlich kluger politischer Schachzug Heinrich« gewesen, der durch ihn die Grundlage zum Siege über den Papst legt«. tebenslänglich vorausgezahltes Kostgeld. Eine große Londoner Gesellschaft, die mehrere Hotels und etwa hundert Speisewirtschasten besitzt, hat mit einem Gast soeben einen originellen Vertrag ob- geschlossen. Der Betreffende hat gegen Zahlung von 5000 Pfund Sterling dos Recht erworben, bis an lein Lebensende alltäglich zweimal in einem der größten Londoner Restaurants auf Kosten der Gesellschaft zu speisen. Der heute Bierzigjäbrig«, der die immer empfindlicher werdende Verteuerung der Leuenshaltung fürchtet, mußte vor Ausfertigung der Police eine«ingehend« ärztliche Unter- suchung durchmachen, auf Grund deren er al» völlig gesund be- furchen wurde.