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Nr. 4044. Jahrg. Ausgabe A nr. 21

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Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

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Dienstag, den 25. Januar 1927

Der Bürgerblock im Werden.

Aber seine Gründer haben schon Augst vor ihm.

2mtlich wird gemeldet:

Der gefchäftsführende Reichstanzler Dr. Marg nahm am Mon­fag vormittag die Berhandlungen über ein Regierungsprogramm mit den in Betracht kommenden Fraktionen des Reichstags auf. Ju­nächst wurden in Gegenwart des Reichsarbeitsministers Dr. Brauns und des Reichsaußenministers Dr. Stresemann die Bertreter der deutschnationalen Fration unter Führung des Grafen Westarp zu einer eingehenden Besprechung empfangen. Im Laufe des Nachmittags hatte der Reichstanzler nacheinander Besprechungen mit dem Vorsitzenden der Reichstags­fraktion der Deutschen Volkspartel, Dr. Scholz, und den Bertretern der Fraktion der Wirtschaftlichen Bereinigung. Drewiß und Alpers Gegen 6 Uhr abends empfing er den Borsitzenden der fozialdemokratischen Fration, Hermann Müller - Franten, zu einer Ausfprage. Die Verhandlungen werden am Dienstag vormittag fortgesetzt werden.

Genoffen Hermann Müller bei Herrn Marg nichts Es liegt in der Natur der Sache, daß der Besuch des anderes fein fonnte als eine Art Rondolenzbesuch. Herr Mary hat vom Reichspräsidenten den Auftrag be­Eommen, eine Regierung aus den bürgerlichen Bar­teien zu bilden, und er führt ihn aus. An der Frage der Formulierungen" wird dieser Auftrag nicht scheitern. Herr Marg verhandelt mit den Deutschnationalen nicht über das Zentrumsmanifeft, sondern über den Entwurf eines Re­gierungsprogrammes, und da der Wille besteht, zusammen zukommen, wird sich auch eine Brüde von goldenen Borten bauen laffen.

Die Bolfspartei steht dicht vor dem Ziel ihrer Wünsche. Merkwürdigerweise ist ihr aber nicht ganz wohl dabei. Ihre Bresse ist voll dunklen Andeutungen über die geheimnisvolle Rolle, die der fatholische Klerus bei Den Verhandlungen gespielt haben soll. Man rechnet aus, daß in dem neuen Kabinett a cht Ratholiten fizzen dürften und nur drei Evangelische. Die Liberale Vereini­gung", die sowohl volksparteiliche als auch rechtsdemofra tische Elemente umfaßt, stößt öffentlich diesen Angstschrei aus:

Vor einer neuen Krise in Dänemark . Infolge des Sparprogramms der liberalen Regierung.

So wünschenswert schon aus außenpolitischen Gründen das 3u standekommen einer gesicherten Mehrheitsregierung ist, war man sich in der Erfenninis der schweren Gefahren einig, die durch ein Zusammenwirken des Zentrums mit den Deutschnationalen in Fragen der Schul- und Kirchenpolitik heraufbeschworen werden. Da die Vormachtstellung des Zentrums auf der Spaltung des Liberalismus beruht, murde beschlossen, in allen liberalen Kreifen die Aufmerksamkeit auf diese dem freien deutschen Geistesleben drohende Gefahr zu lenten und auf eine einheitliche Abwehrfront hinzuarbeiten. Man tann also im tommenden Bürgerblod jetzt schon mit freiem Auge drei Abwehrfronten" wahrnehmen: die republikanisme des linten Zentrums, die foziale der berühmten 33 Arbeitnehmervertreter und schließlich die antifleritale der Liberalen Vereinigung. Diese An­häufung innerer Abwehrstationen macht die sozialdemokra: fahren des Bürgerblods: Monarchismus , Klerita tische Kritif beinahe überflüffig; fie tennzeichnet die Ge­lismus und soziale Realtion.

Zu den Nöten der Volkspartei bemerkt übrigens gemüt los, der dem linken Zentrum nahestehende Reichsdienst der deutschen Preffe":

Es ist grotest, daß jeki die deutschvolfsparteiliche Bresse schon fast nicht mehr die Rechtstoalition zu wollen scheint. Deshalb wird sie gewiß vom Zentrum nicht mehr gewünscht werden. Aber das 3entrum würde sich doch freuen, wenn der Deutschen Boltspartei, biefer rifenpartet ohne Unterlab, einmal ein gehöriger Dentzettel ge geben werben tönnte.

Die wahre Liebe ist das nicht!

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Die deutsch nationale Reistagsfrattion, deren gestrige Abendsigung sich über mehrere Stunden aus dehnte, gibt folgenden Bericht heraus: Die Frattion nahm den Bericht der Unterhändler entgegen und billigte ihr Berhalten."

das Ansehen des Landtages in der Bevölkerung herabgefeßt, eine gewiffe Stimmung für die Landtagsauflösung hervorgerufen und der Boden für Neumahlen vorbereitet werden. Die Beseitigung des Landtages, der zum erstenmal der sichtbare Ausdrud frei aus: gesprochenen Bolfswillens ist, fordert zum scharfften Protest heraus. Nunmehr haben die Wähler wieder das Wort. Sie werden, davon sind wir überzeugt, wie am 19. Ottober 1925 so auch am 4. März 1927 aufs neue ein flares Bekenntnis zur Kultur und zum Wirtschaftsleben des Memelgebietes( also nicht Litauens . Red. d. 2.") abgeben."

Kopenhagen , 24. Januar. ( Eigener Drahtbericht.) Wie aus zu perlässiger Quelle verlautet, wird das dänische literale Kabinett in den nächsten Tagen seine Sparvorschläge dem Reichstag nor­legen. Die Entwürfe enthalten derartige Abstriche an Beamten­gehältern und Beamtenstellen wie sogar Einschränkungen der par­lamentarischen Maschinerie, daß faum zu erwarten ist, daß eine der anderen Parteien mitgehen kann. Die politische Situation, die schon Aus der Tatsache, daß die Erflärung von den drei großen erhizt ist durch verschiedene Regierungsmaßnahmen gegen die Be- memelländischen Parteien gemeinsam unterzeichnet ist, fann man amten, namentlich gegen die Eisenbahnbeamten, deren Schüch schließen, daß die alte Einheitsfront, auf deren Zerstörung von tungsausschüsse der Berkehrsminister aufhob, spitzt sich frisen litauischer Seite schon seit langem hingearbeitet wird, jetzt in der haft zu. Eine Machtprobe zwischen Regierung und Reichstag Stunde der Gefahr, wo es um die Autonomie geht, sich erneut und damit eine neue politische Strife in Dänemark ist unauszufammengeschlossen hat. Im allgemeinen sieht man den Bahlen, obwohl sie unter Kriegszustand und Pressezenfur vor fich gehen werden, mit Optimismus entgegen.

bleiblich.

Gewaltstreich gegen Memel .

Die Kownower Putschregierung Löft den Landtag auf. Einheitlicher Protest der Deutschen . Memel , 24. Januar. ( Tul.) Die drei großen memelländischen Parteien der Einheitsfront" Volkspartei, Landwirtschafts­partei und Sozialdemokratische Partei veröffentlichen in der memelländischen Presse eine gemeinsame längere Erklärung zu der Auflösung des mememlländischen Landtages durch den Gouverneur, in der es 1. a. heißt:

-

Die unbegründete Auflösung des Landtages ist ein Berstoß gegen die Memeler Konvention. Nach Artikel 12 Abfaz 5 des Memelstatuts kann der Landtag vom Gouverneur im Einver­nehmen mit dem Landesdirektorium aufgelöst werden. Voraus­fegung hierfür ist jedoch auf jeden Fall, daß das Direktorium auf Legalem Wege zustandegekommen ist. Ein Direktorium, das fich wie das Direttorium Schmellmus im bewußten Gegen­fak zum ausgesprochenen Willen der Landtags mehrheit ge bildet hot, ist nicht im Amte und niemals befugt, einen so be beutungsvollen Beschluß zu fassen.

Bethlens Ohrfeige.

Vorwärts- Verlag G.m.b. H., Berlin SW. 68, Lindenstr.3

Bolichedlonto: Berlin 37 536 Banffonte: Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamien, Ballstr. 65: Diskonto- Gesellschaft, Devofitentaffe Lindenste. 3.

Bürgerblock und Achtstundentag

Deutschnationale gegen Arbeiterforderungen.

Der Borsigende des Allgemeinen Deutschen Gewerkschafts bundes, Genosse Leipart , hat mit scharfen Worten das Wesen des merdenden Bürgerblods bezeichnet. Er soll und wird eine Regierung ohne die Arbeiterschaft und gegen die Arbeiterschaft sein. Mit dieser Feststellung ist zugleich die große grumbfäßliche Kluft bezeichnet, die wirtschaftspolitisch mmd fozialpolitisch die Arbeiterschaft und ihre Organisationen von der fünftigen Regierung der bürgerlichen Mehrheit trennt.

Es handelt sich um den Unterschied in den Anschauungen und Methoden über die Bekämpfung der Wirtschaftstrise und der Arbeitslosigkeit. Der Unterschied ist bezeichnet durch das Wirtschaftsprogramm des ADG2. auf der einen Seite- durch die Praxis des Unternehmertums in der Rationalisie­rungsperiode auf der anderen Seite.

sozial und politisch. Das Problem drängt nach gefezaeberischer Im Brennpunkt steht die Arbeitszeitfrage sozial und politisch. Das Problem drängt nach gefeggeberischer Regelung. Die Verhinderung der Regelung im Sinne der Arbeiterschaft ist eines der Hauptmotive der Parteien, die zum Berordnung von 1923. Es hat praktisch den Achtstundentag Bürgerblod gedrängt haben.

Das heute geltende Recht ist niedergelegt in der abgeschafft und den Unternehmern die Möglichkeit gegeben. die zehnstündige Arbeitszeit, für tontinuierliche Betriebe die zwölfftündige Arbeitszeit einzuführen.

Die Gemertschaften aller Richtungen fordern ein Notgesch, das die durch die Dezemberverordnung zulässigen lleberfchreitungen des Achtstundentages beseitigen soll.

Der Arbeitszeitfchuk Gesekentwurf der Regierung will grundsätzlich die Möglichkeit von Ab­meichungen vom Achtstundentag gefeßlich festlegen, die keine mefentliche Verbesserung gegenüber dem geltenden Recht be­

deuten.

Das ist die Sachlage. Ueber die Verhandlungsgrundlage zwischen 3entrum und Deutschnationalen in bezug auf die Arbeitszeitfrage ist zur Stunde noch nichts bekannt. Die Formulierung des Zentrumsmanifestes über die Arbeits zeitfrage int Stile des Reichsarbeitsministers Dr. Brauns zielte offenfundig auf den Regierungsentwurf, nicht auf die Forderungen, die die drei großen Gewerkschaftsgruppen ein­mütig erhoben haben.

Was wird das Schicksal der Gemertschaftsforderungen im Bürgerblod fein? Was bedeutet die Einbeziehung der Deutichnationalen in die Regierung für den Achtstundentag? Die Absichten der Gewerkschaften und der Deutschnationalen stehen sich schroff und grundsäßlich gegenüber. Der Gegen­fag wird mit programmatischer Schärfe herausgearbeitet in zwei Aufsägen, von denen der eine im Deutschen ", der andere in der Deutschen Tageszeitung" era schienen ist.

Im Deutschen ", dem Organ Stegerwalds und der christlichen Gewerkschaften, liest man über den Entwurf des Arbeitsschuhgesetzes:

Wenn jemals der Arbeitnehmerschaft auf gesetzgeberischem Ge biet eine Enttäuschung bereitet worden ist, dann hier. Das Reichs arbeitsministerium scheint nicht von der Vorauslegung ausgegangen zu sein, die Arbeitszeitregelung mieder möglichst auf die Vereins barung der Spitzenverbände der Arbeitgeber und Arbeitnehmer ( Zentralarbeitsgemeinschaft) vom 15. November 1918 zurüdzuführen, fordern vielmehr denjeßigen 3ust and unter Bedienung ande­rer Formen, zu erhalten.

Der Entwurf läßt zunächst eine andere Verteilung der Ar­beitszeit zu. Geçen dieses Prinzip wäre an sich nichts einzus menden, wenn es in der Praris auf die allerdringlichsten Fälle be­schränkt bliebe. Die Vielheit der Verschiebungsmög

Der Prozeß Jufth in Genf . Zweierlei Recht in lichteiten, beginnend innerhalb eirer Woche und endigend mit

der freien Schweiz .

bei dem heute morgen die Bernehmung des Angeklagten und zweier Genf , 24 Januar.( Eigener Drahtbericht.) Der Prozeß Just h, 3eugen, eines Genfer Detektivs und des Zeiters der ständigen ungarischen Delegation beim Völkerbundssekretariat, vorgenommen, fowie die schwache Antlagerede des außerordentlichen Bundesanwalts Glaß gehalten wurde, erhielt mit der dreistündigen Rede des Verteidigers Jusths, des französischen Genossen Moutet, einen lebhafteren Zug Wenn ein Revolutionär oder Ber­treter einer revolutionären Macht in der Schweiz getötet wird, tommt er vor ein fantonales Schwurgericht und wird frei gesprochen, wenn aber ein freiheitsdurstiger junger Mann namens seines Boffes einem Machthaber eine einfache Ohrfeige gibt, wird er nor das höchste schwetzerische Gericht gestellt und ver urteilt. Wo läge da die Moral und das internationale Recht? fragte Moutet. Der Angeflagte Justh erklärte zum Schluß, daß er nicht Der oft von unserer Seite bewiesene Berständigungs- allein für sich persönlich, sondern im Namen der ungarischen mille hat zu neuen Enttäuschungen geführt. Der Memeler Be- Republifaner, melchen die schweizerischen Demokraten ihre nölferung ist es nur zu gut befannt, mit welchen großen Schwie Achtung gewiß nicht verjagen würden, hier stehe, weshalb er zum rigkeiten der Landtag seine Arbeit aufnehmen und fortführen Spruche der Geschworenen volles Bertrauen habe. Um 7 Uhr wurde mußte. Bei jeber paffenden Gelegenheit murde diese Arbeit erbie Sigung abgebrochen und die Beratung der Geschworenen auf jchment und behindert. Man muß den Einbaud gewinnen, als follte morgen 9 he nertagt

einer anderen Verteilung innerhalb eines Jahres, dazu die Nachholung Den ausgefallenen Arbeitsstunden aus Anlaß nichtgefeßlicher Feier­wirklich das Bedürfnis und öffnet Mißbräuchen Tür tage und außergewöhnlichen Ereignissen( 3. B. Streifs) übersteigt und Tor.

Viel bedentlicher aber fird die Bestimmungen, die eine Mehrarbeit bezmeden. Der Entwurf unterscheidet hier ununterbrochene Arbeit", für welche die 56stündige Arbeitszeit zu gelassen ist; Borbereitungs- und Ergänzungsarbeiten" mit täglicher Arbeitszeitverlängerung für bestimmite Arbeitergruppen von zwei Stunden. Es erscheint auch die ominöse Arbeitsbereitschaft" für bestimmte Arbeitergruppen mit einer Schichtdauer von zwölf Stun­den täglich; unbegrenzte Arbeitszeit bei außergewöhnlichen Fällen". Bel dringendem Bedarf nach Mehrarbeit sind 60 Ueberstunden in Jahre zuläffig. Durch Tarifvertrag fönnen dazu noch weitere 240 Ueberstunden vereinbart werden. Der Reichsarbeitsminister fann aus Gründen des Gemeinmahis genehmigen, daß über diese Grenze von 300 Stunden noch hinausgegangen wird. Diese Mehrarbeit fann bis zu zwei Stunden täglich betragen. Dabei ist es aber nicht etwa in das Belieben der Arbeiterschaft gestellt, ab sie diese Mehrarbeit tariflich vereinbaren will oder nicht. Theore ih ja! In der Pragis aber nicht, ba auch hier wiederum Borgesehen ist, daß für den Fall, baß ein Tarifnertrag bie Regelung