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Großhandel und Fernsprechordnung.

Neue Vorschläge für die Berechnung.

Am 4. Februar d. J. wird der Verwaltungsrat der Deutschen Reichspost bekanntlich zu dem Entwurf der neuen Fern­sprechordnung Stellung nehmen. Für diese Beratungen hat der Zentralverband des Deutschen Großhandels e. V. in einer Ein­gabe dem Reichspostministerium und dem Berwaltungsrat der Reichspoft eine Reihe von Abänderungsvorschlägen unter­breitet und zum Ausdruck gebracht, daß der geplanten Neuregelung seitens des Großhandels grundsäßlich in der vorgeschlagenen Form zugestimmt werden könne, daß jedoch das Maß der in Aussicht ge­nommenen Herabsetzungen nicht als ausreichend anzusehen sei. Für die Berechnung der Ortsgesprächsgebühren wurden u. a. die nach­stehenden Vorschläge unterbreitet: 1-100. Gespräch je 10 Pf., 101.- 150. Gespräch je 9 Pf., 151.- 200. Gespräch je 8 Pf., 201. bis 250. Gespräch je 7 Bf., 251.- 300. Gespräch je 6 Bf., alle weiteren Gespräche je 5 Pf. Das würde für die Bielsprecher eine Ermäßi­gung von etwa 33% Broz. bedeuten. Die Ortsgespräche würden dann immer noch 150 Proz. teurer sein als in Friedenszeiten, ein Ueberpreis, der weder durch den Inder der Löhne noch durch den Inder irgendwelcher Materialien gerechtfertigt würde. Die Vorschläge der Reichspost brächten demgegenüber nur eine Er­mäßigung von 11-12 Broz. gegenüber dem gegenwärtig geltenden Tarif.

Gescheitert..

bor­

Ein gemeingefährlicher Erpresser, ein vielfach schwer bestrafter Otto Waldmann, erhielt vom Schöffengericht Mitte eine empfindliche Strafe. Waldmann hat das Gymnasium bis zur Prima besucht. Dann ist er aber gescheitert und häufig mit dem Strafgesez in Konflikt gekommen.

Zwei

Zwei Jugendveranstaltungen.

Die Arbeiterjugend Groß- Berlins hatte zu Sonnabend in der| bracht. Aus dem großen Aufgabengebiet der Jugendinternationale Schulaula Mittenwalder Straße eine Funktionärversammist neben dem gemeinsamen Kampf für die Jugendschutzgesezgebung lung einberufen, in der Genosse Karl Heinz, der Vorsitzende die wichtigste Aufgabe, die Erziehung der Jugend zu internationalem der Sozialistischen Jugendinternationale, ſprach). Denken, zu internationaler proletarischer Solidarität. Wenn die Jugendinternationale diese Aufgaben lösen kann, hat sie dem großen internationalen Gedanken wertvolle Borarbeit geleistet.

Das Arbeitsfeld der Jugendinternationale, so führte Genosse Heinz aus, ist nur in engem Zusammenhang mit der Arbeit der Sozialistischen Internationale aufzuzeigen. Die erste Anregung zum internationalen Zusammenschluß der Arbeitervereine ging von Eng­land aus. Die Arbeiterschaft hatte sich dort als erste in einzelnen Berufsvereinen zusammengeschlossen und dadurch einigermaßen er= trägliche Arbeitsbedingungen erreicht. Nachdem die Industrieherren Englands vergeblich gegen die Macht dieser Berufsvereine an­gefämpft hatten, versuchten sie billige Arbeitskräfte vom europäischen Festland heranzuziehen. Die internationale Sufammenarbeit, die von England geschaffen wurde, sollte die Zuwanderung von Arbeits: fräften, die als Streifbrecher Verwendung finden sollten, unmöglich machen. Aus dieser Bewegung der gewerkschaftlichen Zusammen arbeit wurde nach dem Kriege 1870/71 der erste machtvolle Zu­sammenschluß der in den einzelnen Ländern entstandenen Arbeiter­vereine. Mit der fortschreitenden Industrialisierung nahmen Wirt­schafts- und Wahlrechtsfämpfe die Kraft dieser Organisationen voll in Anspruch, so daß der gleichfalls wichtige Kampf gegen die Lehr­lingsausbeutung nicht so intensiv betrieben werden konnte, wie es im Interesse der Jugendlichen lag. Daher begannen die Lehrlinge sich selbst zusammenzuschließen, zunächst nur, um gegen einzelne Uebertretungen der bestehenden Lehrlingsbestimmungen Protest zu erheben. Erst später gingen die Jugendvereine dazu über, auch Aenderung der längst veralteten Bestimmungen des Lehrlings schutzes zu verlangen. Insbesondere versuchte die Kleinindustrie, die Zuletzt hatte er eine Strafe von nahezu 6 Jahren Gefäng Ausbeutung des ungeschüßten Teiles der Arbeiterschaft, des Lehr­nis und 10 Jahren Ehrverlust in Tegel zu verbüßen. Dort lernte lings, zu steigern, um im Wettbewerb mit dem Großbetrieb nicht er als Mitgefangenen einen Dr. jur. H. fennen, der eine Strafe zu unterliegen. Durch diese Ausbeutung, die in allen Ländern ein von 3 Jahren verbüßte und früher als Waldmann entlassen wurde. vielfach angewandtes Mittel zur Verbilligung der Preise war, ent­Waldmann bekam ein Jahr später für den Rest seiner Strafe Be standen als Protest große Jugendbewegungen, die sich nach dem währungsfrist. Durch einen Zufall erfuhr er, daß sein früherer Vorbild der Arbeiter zu einem großen internationalen Bunde zu Bellennachbar fich eine einfömmliche Stelle als Synditus bei sammenschlossen. Da die Jugendlichen noch meist im Bann einer einer größeren Gesellschaft errungen hatte. Er heftete sich diesem nationalistisch eingestellten Schule standen, wurde in den Konfe­nun an die Fersen und drohte ihm mit Enthüllungen über seine renzen der Jugendinternationale die Frage der Erziehung der Ju­dunkle Vergangenheit. Auf diese Weise erpreßte Waldmann wieder gend zu internationaler Solidarität sehr oft Gegenstand langer De­holt Geld. Als die Ansprüche des Erpreffers immer größer wurden, batten. Nach dem Zusammenbruch der großen Reiche in Europa so daß der Bedrängte sie nicht mehr erfüllen fonnte, wandte er wurde der neu entstandenen Internationale die gewaltige Aufgabe fich endlich an die Kriminalpolizei, die den gefährlichen Burschen zuteil, die internationalen Bindungen schnell wieder aufzurichten, festnahm. Der Angeklagte behauptete vor Gericht, daß sein Mit­um die Befriedung Europas und den Wiederaufbau der zerstörten gefangener ihn für den Geschäftsbetrieb seines Schwagers, weil er Gebiete wirksam zu unterstützen. Zwei Jahre nach dem Krieg hat ihn als einen tüchtigen Menschen im Gefängnis fennen gelernt die Jugend die eindrucksvolle Kundgebung in Bielefeld veranstaltet, hatte, mit hohem Gehalt engagiert habe, hinterher aber seine Ver­um mit den Arbeitsbrüdern aus den ehemals feindlichen Ländern sprechungen nicht erfüllen wollte. Der Angeklagte hatte auch zum Beweise dafür eine Reihe von Zeugen laden lassen. Dieser Beweis gemeinsam für die Parole Nie wieder werden wir eure mißlang aber, und das Schöffengericht kam zu der lleberzeugung, frieges und in den großen Gewerkschaftskämpfen erhärtete die neue Soldaten!" zu demonstrieren. In der Bekämpfung des Ruhr­daß Waldmann ein gemeingefährlicher Erpreffer fei, Internationale ihre Schlagkraft. In Deutschland hat die Sozial­weshalb es ihn mit der Strafe von 1 Jahr 9 Monaten Gedemokratie, die immer schon die stärkste Stüße der Internationale fängnis belegte. Durch die neue Strafe wird die Bewährungs­frist, die Waldmann für den Rest seiner Strafe erhalten hatte, eben­war, um der Befriedung Europas zu dienen und die Außenpolitik der Republik beeinflussen zu können, innerpolitisch große Opfer ge­falls hinfällig.

An die Unrechte gekommen.

Die Entschlossenheit eines jungen Mädchens wurde am Sonntag abend einem Taschendieb zum Verhängnis. Das junge Mädchen, Minna Wegfraß aus der Lindenstraße, wartete um 11 Uhr an der Ecke der Badstraße und der Prinzenallee auf einen Straßenbahn­wagen. Als sie einstieg, gab es das übliche Gedränge. Da rief jemand unmittelbar hinter ihr: Na nun steigen Sie doch endlich ein!" Sie merkte zugleich, daß ihre Handtasche zu jchnappte, während sie nicht wahrgenommen hatte, daß fie geöffnet worden war. Sie sah nach und stellte fest, daß ihr Porte monnaie mit 15 Mart verschwunden war. Nun hatte sie sich den Mann, der so drängte, im Umwenden genau angesehen und er blickte ihn noch wieder, als er hinten um den Wagen herum nach einem Autobus lief, der im Begriff stand, abzufahren. Rasch entschlossen eilte sie dem Diebe, der schon aufgesprungen war, nach und veranlaßte den Schaffner durch Burufe, den Wagen noch einmal anzuhalten. Sie holte den Dieb von der Plattform herunter und brachte ihn unter dem Beifall des Publikums nach der Wache in der Christianiastraße. Der Ertappte versuchte wieder­holt, fich unterwegs loszureißen, die Bestohlene hielt ihn aber feft, jedesmal von Leuten aus der Menge unterstützt. Der fingerfertige Mann wurde als ein 28 Jahre alter Richard Albe festgestellt. Er bestritt den Diebstahl, hatte aber das gestohlene Geld noch in der Tasche. Das geleerte Portemonnaie hatte er megge­worfen.

Die Einbrecher im Auto.

Einen guten Fang machten Kriminalbeamte der Dienststelle B. 5 in der Nacht zu Montag in Friedenau . Auf der Suche nach den berüchtigten Luftflappenafrobaten" tamen fie auch in ein Café in der Nähe des Landsberger Plazes. Hier sahen sie vier Gäste, von denen sie zwei bereits fannten, in einer eifrigen Unterredung, wie fie fich bald überzeugten, über ein Ding", das gleich gedreht werden" sollte. Die vier verließen dann das Café, bestiegen ein Auto und fuhren davon. Mit einer zweiten Kraftdrojchte folgten ihnen die Beamten. In der Hauptstraße zu Schöneberg_aber ver­loren sie die Verfolgten aus den Augen. Nachdem sie fie bis zur Ringbahn nicht wiedergefunden hatten, besetzten sie deren Ueber­führung an der Saarstraße und warteten auf ihre Rüdtehr. Nach geraumer Zeit fam denn auch das Auto zurüd, jetzt mit den vier Insassen und großem Gepäd beladen. Die Beamten hielten es an und nahmen die Burschen feft. Das Gepäd bestand aus großen Säden, die mit Kleiderstoffen bis zum Rande gefüllt waren. Es ergab fich bald, daß die Einbrecher auf einem Lagerplatz in der Körnerstraße zu Stegliz mehrere Schuppen, in denen Wochenmarkt. händler ihre Waren zu lagern pflegen, mit Dietrichen geöffnet, fünf große Kiften erbrochen und ihren Inhalt in ihre Säde gepackt hatten. Die Ertappten wurden mit der Beute nach dem Polizeipräsidium gebracht.

Weibliche Kriminalpolizei in Berlin .

Nach dem Borgange anderer Länder hat jetzt auch die Berliner Kriminalpolizei weibliche Kräfte in ihren Dienst eingestellt. Sechs Frau Römer- Gobbin, Fräulein Rothschuh und Frau 2 üst waren bereits in der Fürsorge und auf verwandten Gebieten tätig und unterzogen sich gestern nach einem mehrmonatigen Aus­bildungskursus dem vom Ministerium des Innern vorgeschriebenen Examen. Alle sechs bestanden es und werden jezt zur praktischen Betätigung ben für weibliche Kräfte geeigneten Dienststellen zuge wiesen werden.

Ein ausländischer Raubmörder in Berlin gesucht. Wegen schweren Raubmordes wird der 29 Jahre alte italienische Mosaitarbeiter Santi Grigolato, genannt Giovanni, gesucht, der aus Montebello bei Bizentino stammt. Wie die französi sche Kriminalpolizei hierher meldete, ermordete und be­raubte Grigolato am 21. Dezember v. J. den Steuereinneh. mer Renand in Quesnoy. Der Mörder überfiel den Be­amten zur Nachtzeit in seinem Schlafzimmer, tötete ihn durch mehrere Dolchstiche und raubte die Wohnung aus. Es wurde fest gestellt, daß Grigolato im Jahre 1923 von Italien aus über Deutsch fand und Belgien nach Frankreich gewandert war. Die franzöfifchen Behörden vermuten nun, daß der Flüchtige fich wieder nach Deutsch land gewandt hat und haben die hiefige Mordfommiffion um mit fahndung ersucht. Der Verfolgte ist 1,72-1,75 Meter groß und

beleibt, hat fastanienbraunes Haar und blaue Augen. Seinem Be­rufe entsprechend wird er vielleicht versuchen, unter falschem Namen bei Stuffateuren oder in Kunststeinfabriten Arbeit zu finden. Mitteilungen über sein Auffinden nimmt Kriminalrat Bennat im Zimmer 104 des Polizeipräsidiums entgegen.

Die Welt der Arbeit.

Im Rahmen der vom Bolfsbildungsamt Friedrichs ha in veranstalteten Bildungsabende sprach Frau Prof. Anna Siemsen Jena in der Schulaula Koppenstr. 76 über Die Welt der Arbeit in der schönen Literatur". Die Rednerin holte weit aus und führte zurüd in die Zeit, da es noch überhaupt feine schöne Literatur, d. h. geschriebene Bücher, gab, und wo sich die Menschen, je nach Temperament und Phantasie, ihre Dichtungen selbst zurecht machten. Diese bestanden zum Teil in ihren Arbeitsgesängen- Lieder, die ihnen die Arbeit verschönen und erleichtern follten zum andern Teil in selbst ersonnenen Märchen, die ihre Muße­ftunden ausfüllten. Das primitive, in seiner Anspruchslosigkeit weit frohere und leichtere Leben früherer Völker ließ naturgemäß eine ganz andere, unbefangenere Fröhlichkeit zu Worte kommen. Als dann später die scharfe Trennung zwischen Besitzenden und Ar­beitenden einsetzte, entwickelte sich die Literatur in der Weise, daß die Reichen zur Berkürzung ihrer vielen freien Zeit der Unterhaltung bedurften und die Dichter, genau wie alle anderen ihnen Unter geordneten, für sich arbeiten ließen. Die Dichtung mußte natürlich die Welt der Reichen mit all ihren Intereffen widerspiegeln. Der erfte, der es wagte, das Schicksal bürgerlicher Menschen darzustellen, war eigentlich Lessing. Damit war gewissermaßen der Bann ge­brochen, der Mensch als solcher gewann an Bedeutung, und nun versuchten die Dichter, wenn auch nur in romantischer Weise d. h. aus ihrer Welt der Phantasie gesehen, die Welt der Arbeit zu schildern, bis endlich Emile Zola ein wirkliches, wahres Bild der Arbeit in all ihrer Unromantit entwarf. Dann tam Knut Hamsun , Tolstoi als Kämpfer, Puschkin, Gogol und viele andere. Sie alle wurden aber späterhin weit überholt durch Walt withman, Jack London , Toller, alles Menschen, die aus eigenem Erleben und Leben in der Welt der Arbeit eine ganz andere, weit lebensstärkere Be urteilung und Wiedergabe ihrer Eindrüde besaßen. Unsere heutige Arbeiterbewegung spiegelt sich wieder in der Art der Arbeiter­dichtung. Als Anfangs. wie als Schlußwort sprach die Vortragende der gesamten Schundliteratur, die die Menschen in die andere, so­genannte schönere Welt" entführt, um sie dann um so grausamer in die nüchterne Wirklichkeit zurückzustoßen, ein fräftiges Mißfallen Der dichtbesetzte Saal, dessen Publikum sich durchwegs aus wißbegieriger, vorwärtsstrebender Jugend zusammenfeite, folgte mit viel Interesse dem Vortrag.

Die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Lehrer und Lehre­rinnen( Berliner Ortsgruppe) hielt ihre Generalversamm= lung ab. Der Vorsitzende, Genosse Studienrat Dr. Witte, gab einen Bericht über die Veranstaltungen und die sonstige Tätigkeit geschritten wurde, legte Genoffe Bitte, der nun fast drei Jahre an der Spize der Bezirksgruppe gestanden hat, die Gründe dar, aus denen er bat, von seiner Wiederwahl Abstand zu nehmen; er fei aber bereit, im Vorstand weiter mitzuwirken. Zum Borfizenden wurde Gewerbeoberlehrer Genosse Marste gewählt, der dem Genossen Witte für seine Tätigkeit den Dank der Anwesenden aus sprach. Wiedergewählt wurden die anderen Borstandsmitglieder, nämlich die Genossen Boniz, Fuchs, Dr. Karsen, Riek, Schröter, Schultz ( Neukölln), Dr. Witte und die Genofsinnen Feuerstad, Giese, Dr. Wegscheider.

Die Reichsbannerkameradschaft Hohen- Neuendorf feierte am Sonnabend im größten Saal des Drts ihr einjähriges Bestehen. Nach Eintreffen einiger auswärtiger Ortsgruppen fonnte dann der Leiter vor überfülltem Saal die Begrüßungsansprache halten, in der er auf die Notwendigkeit größter Bachjamfeit gegenüber dem Bürgerblod hinwies. Nach einigen Rezitationen wurde dann von der jüngst erst gegründeten Republikanischen Jugend" ein Bolls­drama" Die Befreiung", von dem Führer der Gruppe gedichtet, in fchwungvoller Weise aufgeführt. Großen Beifall erweckte der Sprechchor, der das Gelöbnis" von Karl Bröger vortrug. In frober Stimmung blieb die Menge bis in die frühen Morgenstunden hinein beisammen.

An die Ausführungen des Genossen Heinz schloß sich eine leb­hafte Diskussion an. Von den Jugendgenossen wurde verlangt, daß die Internationale die Antifriegsarbeit verstärken solle. Mit dem Gesang der Internationale schloß die Kundgebung.

Jugendbewegung" bedeutete anfangs Rebellion eines Teiles der bürgerlichen Jugend gegen die Bevormundung durch die Aelteren, ein Versuch, aus den Eigengesehen der Jugend heraus unter Selbstverantwortung das Leben der neuen Generation selbst zu bestimmen. Man durfte gespannt sein, ob diese Jugend den Weg zu den wahren Trägern der neuen Lebensformen im Proletariat finden würde. Von diesem Gesichtspunkte aus war die Aussprache im Landgemeindehaus am Sonnabend abend über Jugendbewegung, Erwerbslofenfür­forge und Strafvollzug" sehr lehrreich. Der Leiter eines der Berliner Heime für erwerbslose Jugend, Raiser, schilderte seine Tätigkeit und die Schwierigkeiten, die er hierbei zu überwinden hat. Er betonte den großen Unterschied zwischen den Jugendlichen, die irgendeiner proletarischen Organisation angehören, und den anderen, und fam zu dem Schluß, daß die Arbeit im Heim, wenn sie auch unbedingt neutral bleiben müsse, mit Erfolg nur unter der Bedin­gung geleistet werden fönne, wenn die der proletarischen Jugend innewohnenden Klaffenwerte ihr bewußt gemacht würden. Ein vorzüglicher Gedanke, denn nichts ist so sehr imstande, die Jugend­lichen vor den Gefahren und Berlockungen der Großstadt zu schüzen als das Gefühl der Verbundenheit mit der großen Gemeinschaft ihrer Klasse. Kaiser ist ein Mensch, der aus der bürgerlichen Jugend zur sozialen Arbeit gekommen ist; er wußte aber darüber bittere Klage zu führen, daß nur wenige seiner Freunde den Weg dahin finden. Steuf, Erzieher im Jugendgefängnis Neu­ münster , pact seine Aufgaben durchaus real an. Er versucht, das Leben und Menschengefühl, das er in der Jugendbewegung er­worben hat, in soziale Tätigkeit umzusehen; er ist einer der wenigen Pioniere auf diesem Gebiete, die in die Strafvoll­zugsarbeit unverbogen durch eine vorhergegangene Beamtenkarriere gekommen sind und ist seinen Jungen Erzieher, Führer, Freund, Kamerad und trotzdem oder vielleicht gerade deshalb auch Autorität. Daß er das Richtige getroffen haben wird, beweist, daß er mit dem größten Teil der Jungens, die entlassen sind, in Briefwechsel steht. Beide Vorträge haben erwiesen, wie notwendig es ist, daß junge Menschen, die in fich den Beruf und die Fähigkeit spüren, die Arbeit an der heranwachsenden Jugend zu leisten, nach entsprechender Vorbereitung diese Arbeit zu ihrem Lebensberuf erwählen. Das gilt in erster Linie für die proleta­rische Jugend. Je mehr Leute aus der bürgerlichen Jugendbewegung den Weg zu dieser Arbeit finden, desto besser für fie.

Die Stadtverordnetenverfammlung hat in dieser Woche ihre Sigung am Donnerstag um 5 Uhr. Auf der Tagesordnung stehen unter anderem die aus dem Haushaltsausschuß zurüd­tommenden Vorlagen über die Zusammenfassung des

Berkehrswesens.

60 Jahre Stiller. Das Schuhwarenhaus Karl Stiller begeht heute den Tag seines 60jährigen Bestehens. Be gründet von dem Schuhmachermeister Karl Stiller im Jahre 1867 als ein fleiner Kellerladen in der Krausenstraße, unmittelbar am Dönhoffplatz, wo sich damals noch das Leben und Drängen der regelmäßigen Wochenmärkte abspielte, hat sich die Firma Stiller zu einem Riefenunternehmen entwickelt. Der Sohn des Begründers, Reinhold Stiller, ist seit 1894 Alleininhaber des Hauses. Aus Anlaß dieses Jubiläums veranstaltet die Firma Stiller Anfang Februar einen Jubiläumsfonderverkauf, der besonderen Beweis von der Leistungsfähigkeit des Hauses ablegen soll.

3hr 25jähriges Dienstjubiläum als Botin des Borwärts" in unserer Filiale Greifenhagener Straße 22 begeht heute Frau Schmidt, Kopenhagener Str. 5. Wir wünschen der Jubi. larin, daß sie noch recht lange rüftig und gesund bleibt.

Der Archiletten- und Ingenieurverein zu Berlin veranstaltet am Mon­tag, den 7. februar, abends 8 Uhr, im Meistersaal, Köthener Str. 38, einen Lichtbildervortrag( Diskuffion) des Herrn B. Kühn, Bizepräsident der Preuß. Bau- und Finanzdirektion über Berlins Großstadtsorgen und sein Ziergarten".

Deffentliche Versammlung des Reichsbundes der Kriegsbeschädigten, Kriegste lnehmer und Kriegerhinterbliebenen, Gau Berlin , am Dienstag, den 1. Februar 1927, abends 8 Ubr, in den Brachtsälen des Dftens", Frankfurter Allee 48. Referent: Gauleiter Kamerad Mende. Kriegsopfer ter Kamerad erscheint in Massen!

Genoffe Dr. Nathan Brann, ein bekannter Berliner Spezialist für Bein schäden, gehört am 1. Februar 25 3ahre der Soz. Partei an. Er ist Mitbegründer des Bereins fozialdemokratischer Aerzte Berlins , Borsigender des Hauptverbandes Roller'scher Stenographen Deutschlands und betätigt sich besonders in der Entwicklung des Arbeiter- Samariterwesens. Bedeu tendes Verdienst erwarb er sich, indem er für die fachärztliche Behandlung von Beinschäden im Rahmen der Sozialversicherung eintrat.

Das Geständnis des Raubmörders Schultheiz.

Der Einbrecherfönig" Friedrich Schultheiß hat gestern in Frankfurt a. M. nach eindringlichem Verhör ein umfassendes Geständnis abgelegt, den Rau bmord an dem Juwelier Grebenau begangen zu haben. Die geraub­ten Sachen, die er zum Teil versteckt, zum Teil vergraben hatte, wurden an dem von ihm der Polizei angegebenen Orte gefunden. Der Mörder des Profeffors Rosen verhaftet.

Der Mord an dem Breslauer Universitätsprofessor Felir Rosen, der am 9. April 1925 in feiner Wohnung in Bischofs= Aufklärung zu erfahren. Ein Zuchthäusler namens I a hn, der feit Ottober wegen eines Raubüberfalls auf den Finanzamtdirektor Brestow in Neiffe eine 15jährige Zuchthausstrafe in Wohlau ver­büßt, hat vor der Breslauer Kriminalpolizei ein Geständnis abgelegt. Danach hat Jahn den Professor Rosen und dessen Hausmeister_ge= meinsam mit einem Freunde namens Strauß ermordet. Auch Strauß ist bereits festgenommen worden. Die Tat sollen sie auf Anstiftung der Hausdame Rofens, der Frau Neumann, be gangen haben. Frau Neumann war als vermeintliche Mörderin wochenlang in haft gewesen, dann aber entlassen worden. Auch der Sohn des ermordeten Hausmeisters und dessen Frau sowie zahlreiche andere Personen waren ebenfalls festgenommen worden. Schließlich wurde das Verfahren, da ein Ergebnis ausblieb, am 3. April 1926 eingestellt. Frau Neumann, die den beiden Mördern 3000 Mart versprochen und 500 Mart vor dem Morde ausgezahlt haben soll, lebte zulegt in Riesenhag in Ostpreußen , wo sie ebenfalls verhaftet

worden ist.

Wetterbericht der öffentlichen Wetterdienststelle für Berlin und Umgegend. Niederschläge. Temperaturen wenig verändert. ( Nachdrud verb.) Wechselnde meist stärkere Bemöltung. Strichipeise leichte Beit- und Mitteldeutschland leichte Niederschläge. Sonit teine wesentliche Für Deutschland : In Aenderung der herrschenden Bitterung.