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Str. 54 44. Jahrg. Ausgabe A nr. 28

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Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

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Mittwoch, den 2. Februar 1927

Es geht schon wieder los!

Die Dentschnationalen drücken sich von der Verantwortung. wehrt sich.- Maulkorb für Maulforb für Stresemann?

Der Reichspräsident hat auf die Bildung des Bürgerblods gedrängt, weil raschestens eine aktionsfähige Regierung zu standekommen müsse, um außenpolitische Entscheidungen zu treffen.

Am 31. Januar hat das Kabinett des Bürgerblods der Bereinigung der Ostfestungsfragen zugestimmt. Der Beschluß mußte gefaßt werden, da man sich im Genfer  Protokoll auf die Bereinigung bis zum 31. Januar geeinigt hatte.

Zur Zeit dieser Beschlußfaffung war das Kabinett noch nicht vollständig. Die Herren Hergt und v. Reudell waren noch nicht ernannt, wohl aber die Herren Schiele und Ko ch. Beide Herren wohnten jedoch merkwürdigerweise der Kabinettssigung nicht bei hätten sie ihr beigewohnt, so wäre Herr Schiele wieder in die Lage gekommen, mit einem lauten und freudigen Ja der Erfüllungspolitik zuzustimmen. Herr Schiele hat sich dieser Berlegenheit entzogen.

Bei der ersten außenpolitischen Aktion des Kabinetts haben fich die Deutschnationalen von der Berantwortung gedrückt. Daß dies der Zweck der llebung war, bestätigt der, otal- Anzeiger. Er schreibt:

Angesichts diefes Tatbestandes bedeutet es nicht mehr und nicht meniger als eine Unverfrorenheit, wenn ein demokratisches Batt zu schreiben die Stirn hat die deutschnationalen Minister wären für biefen Beschluß mitner antwortlich. Sie, die noch nicht in ihre Aemter eingezogen, die

zur Hälfte noch gar nicht ernannt waren! Das möchte man wohl: bas beliebte Epiel weiter treiben, die Kabinettsmitglieder vor allem auch der Rechten in der Außenpolitik por vollendete Lat  sachen stellen", die Berantwortung aber ihnen mitauf­

bürden."

Nur feine Berantwortung in der Außenpolitik! Drücke fich, mer fann! Es geht schon wieder los! Die beiden Herren maren ernannt. Sie waren eingeladen zur Kabinettssigung. Waren sie der Ansicht, daß die Zustimmung des Kabinetts falsch wäre, so märe es ihre Pflicht gewesen, im Ravinett ihre Bedenken geltend zu machen und dagegen zu wirken. Warum find sie ihrer Pflicht nicht nachgekommen? Sie haben sich gedrückt.

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Der Lokal Anzeiger um diele blamable Hal­tung zu verdeden erbost fich über Herrn Stresemann, er wolle die Deutschnationalen vor vollendete Tatsachen stellen. Er ruft nach einem Maultorb für Strefemann: Dann muß er sich aber vor Augen halten, daß die Struktur des Reichskabinetts für die Selbstherrlichkeit eines mi. nisters auf seinem Arbeitsgebiet feinen Raum hat. Die Politif des Kabinetts wird geleitet vom Reichstanzler; gleich­falls nicht felbstherrlich, sondern im Einklang mit der Meinung feiner Ministerkollegen Sie wird nicht, auf feinem Gebiete, geleitet von einem Ressortminister, der der Federführende, der Ausführende, der Berhandelnde, aber nicht der Beft im

mende ist."

Herr Stresemann soll der Federführende fein, und die deutschnationalen Minister wollen bestimmen, was er

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Das Ende der Militärkontrolle. Einigung in Paris  . Paris  , 1. Februar.( Eigener Drahtbericht.) In einer Sigung, die etwas über eine Stunde dauerte, und an der auch die deutsche Delegation teilnahm, ist am Dienstag vormittag zwischen ihr und dem Interallilerten Militärfomitee die Einigung in der Ent­waffnungsfrage erzielt worden. Das Komitee übermittelte seinen Bericht sofort der Botschafterkonferenz, die von der erzielten Eini­gung Kenntnis nahm und offiziell feftfellte, daß Deutschland   feinen Entwaffnungsverpflichtun gen restlos nagetommen jel.

Das Abkommen erstreckt sich sowohl auf das Kriegsmaterial wie auf die Ostfestungen. Die Frage des Kriegsmaterials wird durch ein dem Reichstag vorzulegendes Gejeh, mit dessen Text die Botschafterkonferenz sich einverstanden erflätt, und in dem alle Einzelheiten hinsichtlich Herstellung, Ein- und Ausfuhr enthalten find, geregelt werden. Für die Oft feffungen wird eine Grenz. zone im Often festgefeht, innerhalb welcher teine anderen Befestigungen geduldet werden als diejenigen, die fchon 1920 be­flanden. Die Allierten erklären sich aber damit einverstanden, daß gewiffe Befestigungen, die feit 1920 gebaut wurden und deren defensiver Charakter feststeht, in der Gegend von Königsberg i. pr. und Löhen beibehalten werden; dagegen find alle ande­zen Befestigungen um diefe Städte und die feit 1920 um die Städte Küstrin   und Glogau   im Ban befindlichen Befestigungen u Ichleifen. Die deutsche Delegation erklärt feierlich, daß teine

Das Kabinett

schreiben darf und soll. Sie wollen attiv merden in der Außenpolitif. Vielleicht hat deswegen Herr Schiele auf Herrn Hergt gewartet, meil außenpolitische Attivität in der Regierung bisher nicht sein Fall war?

Gegen die Absicht des Lofal Anzeigers", die Deutschnationalen von der Verantwortung für die Regelung der Frage der Ostfestungen zu entlasten, läßt Herr Streje mann nun das schwere Geschüß eines amtlichen Des mentis auffahren. Amtlich wird mitgeteilt:

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Der Berliner Lokal- Anzeiger" behauptet in seiner gestrigen Abendausgabe, daß bei dem Erlaß der nach Paris   in der Frage der Ostfestungen zu richtenden Instruktionen von dem Ge­banten ausgegangen sei, die Rabinettsmitglieder, vor allem auch der Rechten, in der Außenpolitit vor vollendete Tatsachen zu stellen und bezweifelt bei dieser Gelegenheit die 2onalität des Außenministers. Wie demgegenüber offiziell festgestellt wird, hat bas Rabinett einmütig beschlossen, die Berante wortung für diese Inftruffionen zu übernehmen, da einmal die Berhandlungen schon seit. Bochen geführt wurden und furz vor dem Abschluß standen und weiter, weil die Sachlage eine Verzöge­rung nicht gestattet. Die Beschlüffe des Kabinetts find nach überein­stimmenden Borschlägen des Reichs wehrministers und des Ministers des Auswärtigen nach Anhörung des Chefs der Heeresleitung gefaßt. Irgendwelche Angriffe gegen den Außen. minister sind daher völlig unberechtigt."

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Das ist die Ouvertüre zur neuen Auflage des Spiels pom Sommer 1925! Das Rabinett erklärt feine Gesamtver­antwortlichkeit die deutsch   nationalen Minister wollen sich von der Verantwortung drücken. Die deutsch  nationale Breffe greift der Außenminister an, der antwortet mit amtlichen Erklärungen.

Mir

Das tann heitere Kabinettsfizungen geben. empfehlen, bei diesen Sizungen die Tintenfässer anzuschrauben. Es geht los. Es geht schon wieder los!

Der Eid auf die Verfassuno.

Mary bereidigt die deutschnationalen Minister.

Das neue Reichskabinett trat gestern nachmittag unter Borsiz des Reichskanzlers zu einer Sizung zusammen, die lediglich der Bereidigung derjenigen Minister galt, die noch nicht den Reichsbeamteneid abgelegt hatten. Für die Beratung der Regierungserklärung ist für heute eine be­fondere Kabinettsfigung anberaumt.

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Die Brotversorgung gefährdet.

Die Sozialdemokratic fordert vorübergehende Aufhebung des Roggenzolls.

Der Lebenshaltung der deutschen   Verbraucher droht eine große Gefahr: täglich steigen die Preise für Roggen, das wichtigste Bolfsnahrungsmittel, gleichzeitig werden die Vorräte an inländischem Roggen knapp rub tnapper, so daß mit weiteren starten Preissteigerungen ge­rechnet werden muß. Untätig sieht die Reichsregierung dieser Entwicklung zu. Zu sehr mit der Sorge um das Zustande fommen des Besizbürgerblocks beschäftigt, ist ihr die den Berbrauchermassen drohende Gefahr völlig gleichgültig. Des­halb verlangt die sozialdemokratische Reichs-, tagsfrattion in tagsfrattion in einem Gesetzentwurf, daß rom  1. Februar bis 30. Juni 1927 Roggen zollfrei ein geführt werden dorf.

Unterrichten wir uns zunächst über die Ertmidlung der Roggenpreise. Im Erntejahr 1925/26 hatten die Roggenpreise bei einem Zollfag von drei Mart für den Doppel­zeniner nach den Notierungen der Berliner Börse   folgenden Stand:

Oftober 1925. November 1925

Dezember 1925

Januar 1926. Februar 1926. März 1996 April 1926 Mai 1926 Juni 1926.

148,76 M. 145,48 151 46

150.22

147,08

155 46

175.32

177.78

185,46

Mit dem 1. August 1926 trat eine Erhöhung des Zolles von drei Mart auf 5 Mart für den Doppelzentner ein, obwohl der Preise geführt hatte, und obwohl auch die Weltmarktpreise bereits der Drei- Mart- Boll zu einer wesentlichen Steigerung dauernd fliegen. Durch die 3ollerhöhung wurde biele Preisentwidlung für den deutschen  markt noch gefördert, wie aus den folgenden Berliner  Monatsdurchschnittspreifen für Roggen hervorgeht:

Juli August

September

Ottober

November

Dezember

1926.

gegenwärtig( Ende Januar 1927)

197.50. 197.02

0

W

211 28

220,38

227,74

234,14 253-256

Der Borkriegspreis einschließlich des Bolles von fünf Mark betrug 168 Mt. pro Tonne. Der heutige Preis ist preis. Er übersteigt die Preisentwicklung der meisten alfo um 50 Proz. höher als der Borkriegs­fonftigen Produkte. Er ist auch wesentlich höher als der Preis für die wichtigsten Bedarfsgüter der Landwirtschaft. Während der Landwirt in der Borfriegszeit für einen Rentner Roggen etwa 6% Kilogramm Stichstoff erhielt, erhält er gegenwärtig für einen Zentner Roggen rund 13 kilo­Brogramm Stodstoff.

Regierungserklärung am Donnerstag. Die Reichsregierung beabsichtigt, am Donnerstag ihr gramm im Reichstag befanntzugeben. Der Abfaffung des Pro­gramms liegen die Richtlinien zugrunde, die der Reichskanzler Marg mit den Führern der Rechtsblockparteien aufgestellt hat und die noch durch ein wirtschaftspolitisches Programm ergänzt werden sollen. Für die Sozialdemokratie werden in der großen politischen Debatte die Genossen Hermann Müller   Franken und Otto 2andsberg sprechen.

anderen als diese Befestigungen existieren und daß man teine weiteren bauen wird. In einem Spezialabkommen wird genau be­schrieben, was unter Erhaltung der bestehenden Befestigungen in ihrem gegenwärtigen Zustand zu verstehen ist.

Das Festungsabkommen.

licher durch den ungünstigen Berforgungsftand Die Steigerung der Roggenpreise aber wird noch gefähr= des deutschen   Marktes. Der Deutsche   Landwirt fchaftsrat hat in diesem Jahre zum erstenmal eine Statiftit der Getreidevorräte bei den Landwirten vorgenommen. Die legte Erhebung bezieht sich auf den 15. Dezember 1926. 2n jenem Tage befanden sich von der Winterroggenernte des Jahres 1926 nur noch 46,3 Broz. in den Händen der Land­wirte. 3um Bertauf waren nur noch 21,9 Proz verfügbar. In den Händen der Landwirte befanden sich also nur noch 1,4 Millionen Tonnen Roggen zum Verkauf. Bei Würdigung dieser Bohlen ist zu berücksichtigen, daß das deutsche Verbrauchsjahr Mitte August beginnt, so daß am 15. Dezember erst vier Monate des Verbrauchsjahrs ver­gangen waren und noch acht Monate bevorstanden. Es ist nicht anzunehmen, daß sich in den Händen des Handels oder der Mühlen größere Bestände befinden, da die Lieferungen der Landwirtschaft kaum den laufenden Bedarf gedeckt haben. Da der monatliche Bedarf der nicht selbst versorgenden Be­völkerung etwa 350 000 Tonnen Roggen beträgt, so reicht die am 15. Dezember vorhandene Roggenmenge nur noch etwa vier Monate zur Versorgung der Bevölkerung Für weitere vier Monate ift der Bedarf der deutschen   Bevölkerung an Brotforn ungedeckt; um ihn im Auslande zu decken, muß eine Einfuhr von fait eineinhalb Millionen Tonnen Roggen erfolgen.

Paris  , 1. Februar.  ( WIB.) Das heute nachmittag von den Generälen v. Pawels und Barabier, Chef des Generalstabs des Marschalls Foch, unterzeichnete Abfommen über die östlichen Befestigungen bestimmt im wesentlichen: 1. In den Grenzgebieten, die zwischen den Festungen der Ost- und Südfront an der deutschen  Grenze liegen, sind die Befestigungsanlagen in dem Stande zu erhalten, der bei Kriegsschluß bestand; doch dürfen dem Verfall ausgesetzte Baustoffe durch Beton ersetzt werden. In diefen Grenzgebieten dürfen neue Festungsanlagen nicht erbaut werden, was schon der Versailler Bertrag verbietet. Im übrigen hat Deutschland   volle Freiheit. 2. Wichtige Abschnitte auf Die Statistit des Deutschen Landwirtschaftsrats ist nicht dem linten Oberufer zwischen Küftrin und Brieg   nur in den Kreifen des Getreide handels lebhaft beachtet fallen troß der Nähe der Festungen Glogau  , Küstrin   und Breslau   worden, sondern sie hat auch zu den letzten starken Preis. nicht unter das Berbot 3. Von den bestehenden 88 Unterteigerungen an den deutschen   Märkten geführt. Selbst ft än den für je acht Mann bleiben erhalten acht in der eigent im Auslande, vor allem in Amerika  , sind die Roggenpreise lichen Festung Glogau  , 15( fämtliche) in der besonders wichtigen imter ausdrücklicher Berufung auf den zu erwartenden großen Feftungsanlage Lögen, 31 bei Königsberg  . 3erstört müssen mer Einfuhrbedarf Deutschlands   gestiegen. Aus allen diesen den 7 auf das rechte Oberufer vorgeschobene Unterstände bei Glo- Gründen ist mit Sicherheit anzunehmen, daß bei einer gau, 5 vorgeschobene Unterstände hei Rüstrin und 22 Unterftande 2ufrechterhaltung des Roggenzolles bie bei Ränigsberg. Bon den 88 Unterſtänden bleiben also 54 erhalten. Roggenpreife in ben nächsten Monaten noch