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Nr. 62 44. Jahrgang

2. Beilage des Vorwärts

Sonntag, 6. Februar 1927

Der Kappist Kendell wird überführt.

Neue Enthüllungen Landsbergs.

Die geftrige Sthung des Reichstags stand ganz unter dem Ein­drud der Enthüllungen des Genoffen Landsberg   über den ehe­maligen Rappisten und Freund der verbotenen rechtsradikalen Sport" vereinigung Olympia   und jehigen deutschnationalen Reichs­innenminister v. Reudell. Nach den von uns bereits im Abend­

Stoeder( Romm.) und Feder( Bölt.) ergreift

Abg. Landsberg( Soz.)

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Sturm im Reichstag.

entgegenwirten müffen. Herr v. Reubell   behauptet melter,| mit schloß, wenn die Zeit tommt, wo wir wieder gegen den äußeren daß er die Brücke zum Schuh gegen fommunistische Horden aus und inneren Feind zu stehen haben, dann werdet ihr hoffentlich Eberswalde   habe besetzen lassen müssen. alle euren Mann stehen.

Er gab zu, daß an der Brüde nicht nur Gendarmen flanden, fondern auch zwei Zivilisten.

blatt wiedergegebenen Ausführungen der Abgg. Stegerwald( 3.). 3u der kommunistischen   Interpellation, wonach auf feirem Gute die Zu Olympia beherbergt worden sei, erklärt er, das jei 1924 gewesen, als die Olympia   in Preußen noch nicht verboten gewesen sei. Damals habe sich tatsächlich ein Ferienlager der Olympia bei ihm aufgehalten. Abg. öllein( Romm.) ruft: Ihre Stirn, Ihre Stirn möchte ich haben.( Stürmische Heiterfeit.) Der Miniſter erklärt zum Schluß, daß der Vertrauensmann Saffe, auf den fich Abg. Landsberg gestützt habe, unglaubwürdig sei.

nochmals bes Bort. Er führte, wie wir zum Tell schon mit

teilten, aus:

Minister v. Steubell wird noch einmal das Wort nehmen müssen, fet es auch nur um Mitteilungen, die ich zu machen habe, als richtig zuzugeben. Er hat es gestern so dargestellt, als ob er in der Zeit des Kapp- Butsches genau derselbe treue Beamte der Republit gewesen sei, wie er es jetzt nach seinem Miniftereid fein muß, und daß er lediglich im Auftrag feiner vorgefeßten Behörde, des Regierungspräsidenten in Frankfurt   a. d. D. gewisse Flugblätter zur Unterstüßung der Rapp- Dittatur habe verbreiten lassen. Nach ben uns zugegangenen Informationen ist diese Darstellung an.. richtig;

vielmehr hat Cambrat v. Kendell in der Zelt des Kapp- Puffches feiner weitgehenden Sympathie mit dem Unternehmen des Kapp durch die Tat and durch das Wort Ausdrud gegeben. ( hört, hört! links.)

Die Flugblätter mit Berordnungen und Bekanntmachungen der Kapp- Regierung jind im Kreise Königsberg i. d. Neumark amtlich verbreitet worden, die Verordnungen der rechtmäßigen Regierung aber nicht.( Surufe rechts: Die war doch aus­gerüdt!) Meines Wissens hat die Reichsregierung ihren Sitz ba­mals nicht nach Doorn verlegt.( Sehr gut! links. Buruf rechts: Sie find doch auch ausgerüdt.) Ich war damals in Brüssel  . Die deutsche   Regierung hatte damals den Generalstreit proflamiert zur Abwehr des Rapp- Butsches. Die deutschen   Be­amten waren verpflichtet, den Anweisungen der deutschen   Re­gierung entsprechend zu handeln. Was aber hat Herr v. Keudell getan, als der Bertrauensmann des Deutschen Landarbeiterverbandes für den Generalftreit Propaganda machte? Ließ er diesen Mann zu einem Mühlenbefizer kommen, um ihm folgende Beröffentlichung Dorzulesen: Die neue Regierung Rapp hat mit der alten Regierung eine Einigung erzielt ,, und ergänzt sie", der Vertrauensmann des Land­arbeiterverbandes soll sich nun in das unvermeidliche Schicksal fügen, wie er, nämlich Herr v. Keudell das am 9. November 1918 getan habe? ( Große Heiterfeit.) Wenn der Vertrauensmann weiter für den Ge­neralftreit tätig sei, so werde der Landrat v. Keudell ihn in Schuh­haft nehmen müssen.( Stürmisches Hört! Hört!)

Die Darstellung des Herrn v. Keudell, daß die Brüde nur mit Gendarmen befeht worden jei, ist falsch. Tatsächlich waren an

der Befehung Zivilisten beteiligt, d. h. Kappisten.

Herr v. Keudell hat auch noch in anderen Fällen die Beteiligurg an dem von der Regierung angeordneten Generalftreit gegen die Rapp- Regierung zu verhindern gesucht. Aus diesen Tatsachen geht hervor, daß. Herr v. Keudell die Betanntmachungen der Rapp Regierung veranlaßt hat, dagegen die Bekannt­machungen der Reichsregierung von ihm nicht veröffentlicht wor­den sind, und daß er die Maßnahmen, die die verfaffurgsmäßige Reichsregierung angeordnet hat, um die Kapp- Regierung niederzu­werfen, zu vereiteln gesucht hat. Zu diesem Punkte wird sich Herr v. Reudell hoffentlich noch äußern.

Als Präsident Cöbe nunmehr mitteilt, daß weitere Wort­meldungen nicht vorliegen, entsteht im Hause ein Sturm der Entrüstung. Gleich darauf teilt der Präsident mit, daß Herr v. Reudell sich jetzt zum Worte gemeldet habe. Er habe das nicht früher getan, weil er glaubte, daß die Rednerliste noch nicht ab geschlossen sei.

Innenminister v. Keudell

beruft sich auf seine gestrigen Ausführungen, wonach er vom Re­gierungspräsidenten den Auftrag bekommen habe, den Weisungen des Militärbefehlshabers zu ent­fprechen. Ihm sei nichts davon bekannt gewesen, daß von der Regierung der Generalstreit proflamiert worden sei. Auf Anordnung des Kommandos von Küstrin   habe er dem Generalstreit

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In diesem Sommer 1926- ift aur ein Ferienlager des jogenannten Jungdeufschlandbundes bei mir gewesen, einer Organisation, die nachweislich der Aften unter Gegenzeichnung des fozialdemokratischen Staatsfefretärs Schulz unter meinem Amisvorgänger mit Geldzuwendungen unterstützt worden ist. Abg. Stube( Bölt.): Ich habe den Eindruck, daß die Oppofition der Kommunisten die Ruhmfucht der Sozialdemokratie nicht hat schlafen laffen. Nun schicken Sie ihren Protestfomiter vor( Bräsident Löbe erteilt dem Redner einen Ordnungsrus), um aus irgendeiner flemen angeblich dunklen Bergangenheit eines Minifters irgend etwas herauszuholen.( Lärm links, Zurufe: Jakob, Lansbub!)

Präsident Lobe: Herr Kube macht mich darauf aufmerksam, daß er weder Jakob noch Lausbub heißt.( Stürmische Seiterfeit und lebhafte Zwischenrufe rechts.) Herr tube hat das von mir verlangt und außerdem gebeten, daß ich dem Herrn, der den Zuruf gemacht hat, einen Ordnungsruf ertelle.( 3wischenruf rechts.) Er hat das in dieser Weise verlangt; das muß ich doch beffer wiffen als Sie.( Große Unruhe im ganzen Hause.) Ich rufe den Abg. Jeichte( Komm.) zur Ordnung.

I

Abg. Kube fortfahrend: Um was handelt es sich? Die Sozial demokratie hat ihre Felle auf der ganzen Linie wegschwimmen sehen ( Lärm), dieselbe Sozialdemokratie, die jahrelang in der Bergangen­heit Revolution gelehrt hat. Wenn sie weiter nichts vorzubringen hat, als daß einmal ein Landrat seiner Begeisterung für den Kapp Butsch Ausdruck gegeben hat..( Stürmische zwischenrufe von links und andauernder großer Lärm.) Wir nehmen es Herrn v. Keubell nach feiner Richtung übel, wenn er sich damals für den Kapp- Butsch ausgesprochen hätte. Eine Partei, die jahr zehntelang alle Grundlagen des nationalen Staates und der christ­lichen Kultur untergraben hat, hat das Recht verwirft, fich über revolutionäre Gesinnung aufzuregen.

Marx kündigt Untersuchung an!

Zur allgemeinen Ueberraschung besteigt Reichstanzler Dr. Mary die Tribüne, um folgende Erflärung über den Fall Kendell abzugeben:

Die Behauptungen, die aufgestellt find, in ihrer Bedeutung ab­zuschäßen und zu beurteilen, bin ich jetzt nicht in der Lage. Ich habe mich aber gestern mit Herrn v. Keudell dahin abgesprochen, daß selbstverständlich die ganze Angelegenheit von mir untersucht werden wird. Es herrschte zwischen uns volles Ein­pernehmen, daß ich selbstverständlich mir auch die Aften aus der früheren 3eit tommen lasse und sie einsehe. Ich möchte jetzt schon feststellen, daß Herr v. Keudell erklärt hat, er habe damals bei der zuständigen preußischen Behörde die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen fich beantragt. Darauf hat er von der preußischen Behörde überhaupt feine Antwort erhalten. Das hat er versichert. Es liegt in seinem Interesse, das Ber­fahren noch nachzuholen, um festzustellen, wie damals die Sache war. Ich werde selbstverständlich die Prüfung der ganzen Angelegenheit in die Hand nehmen und möglichst beschleuni gen.( 3wischenrufe links.)

Abg. Stoeder( Komm.). Herr v. Keudell hat nicht bestritten, daß er wochenlang eine Abteilung der Olympia auf seinem Gute militärisch ausgebildet hat. Die Tatsache, daß die Olympia  später verboten wurde, ändert an ihrem Charakter nichts. Herr v. Keudell hat ferner nicht bestritten, daß der Leiter der Olympia  , Oberst v. Lud, wiederholt auf seinem Gute während der mili­tärischen Uebungen gewesen ist. Er hat auch nicht bestritten, daß er am Schlusse dieser Kriegsübung eine Ansprache gehalten hat, die da­

Landsberg überführt Kendell!

Genoffe Landsberg   ergreift abermals das Wort. Er holt zu Aufregung im ganzen Hause hervorruft. einem neuen Schlag gegen von Reudell aus, der ungeheure

verbreitet hat. Darin heißt es: Auf Grund des Gesetzes über den Er verliest die Berordnung, die v. Keudell am 15. März 1920 Ausnahmezustand verordne ich im Auftrage des Reichs­anglers( Rapp) im Intereffe der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung: Berboten find der Drud, öffentlicher Berkauf, die Berteilung oder sonstige Berbreitung aller Telegramme, Blafate, Extrablätter, Flugblätter und Zettel oder ähnliche nicht periodisch erscheinende Blätter, die irgendwelche Anordnungen oder Kund­gebungen der ehemaligen Regierung enthalten."( Stürmisches Hört, hört!) Es folgen dann die Strafbestimmungen: Die Ortsbehörden werden ersucht, für die fofortige Weiterver­breitung zu sorgen.( Erneute hört, hört!-Rufe. Es ertönen Einige tommunistische Abgeordnete erhalten Ordnungsrufe. Präst­Rufe wie Hochperräter, im ganzen Hause herrscht große Unruhe. bent Lobe ruft den Kommunisten zu: tun Sie das in parlamentarischen Formen, aber nicht in Schimpf­Wenn Sie empört sind, worten.)

Herr v. Kendell behauptet, vom Regierungspräsidenten die Er­mächtigung erhalten zu haben, die Anweisungen des Militär­befehlshabers zu befolgen. Ich stelle jest, daß der Regierungspräfi­dent in Frankfurt   beftreitet, eine folche Ermächtigung erteilt zu haben.( Erneute stürmische Hört, hört!-Nufe. Abg. Höllein: Das ist die eiserne Stirn.)

die ganze Einstellung Reubells zum Kapp- Butsch schon aus der Tat­Selbst wenn die Ermächtigung erteilt wäre, ergibt sich denn nicht sache, daß er überhaupt in Frankfurt   a. d. Oder angefragt hat.( Stür­mische Zurufe rechts: Nein!) Ein Beamter wird bei Begehung einer strafbaren Handlung niemals gedect durch die Zustimmung feiner vorgefehten Dienstbehörde.( Burufe rechts: 1918 haben Sie etwas anderes gesagt.) Ich glaube, der Herr Minister sollte seine Berteidigung nicht Herrn Rube überlassen, er follie offen und ehr­lich eingestehen, daß er zur Zeit des Kapp- Butsches die vollste Sympathie mit Rapp gehabt hat und seinerzeit alles daran gelebt hat, um diesem Putsch zum Siege zu verhelfen. Daraus fönnte Herrn v. Keudell fein Mensch einen Vorwurf machen. Ob er noch weiter Minister bleiben kann, wäre allerdings eine andere Frage. Ich glaube, daß Herr v. Keudell zu einem folchen Geständnis genötigt sein wird.

Dertagung der Sizung.

Während der Rebe Landsbergs umbrängen die Abgeordneten die Rednertribüne. Die Erregung ist auf den Höhepunkt gestiegen. Da Da- neue lleberraschung! Die Sigung wird vertagt.

Abg. Uligta( 3.) beantragt gegen 2 Uhr namens seiner Fraktion Bertagung der Sigung auf eine Stunde, in der Hoffnung, dadurch eine wesentliche Beruhigung zu erzielen. Präsident Löbe stellt fest, daß den Bölkischen, die durch eine andere Beranstaltung noch fern gehalten feien, zugefagt worden fei, die Abstimmung werde zwischen 2 und 2% Uhr, jedenfalls nicht vor 2 Uhr, stattfinden. Dies möge bei der Abstimmung berüdfichtigt werden.

Die Abstimmungen.

Der Antrag Ulizka wird gegen die Stimmen der Linken ange­nommen. Die Sigung ist also bis 3 Uhr vertagt.

Die neue Sigung wird um 3% vom Präsidenten Cöbe eröffnet. Die Abg. Sänger und Schiller Hannover( S03.) werben wegen beleidigender Zurufe gegen den Abg. Kube nachträglich zur Drontung gerufen.

Die Kommunisten bringen einen Mißtrauensantrag gegen den Minister v. Reudell ein.

Bräsident Löbe schlägt vor, zuerst über den von den Re­gierungsparteien eingebrachten Vertrauensantrag abzu­timmen, werde er angenommen, so seien damit alle Mißtrauens­anträge, auch die gegen einzelne Minister erledigt.

Abg. Stoeder( Komm.) meint, daß auch bei der Annahme des Vertrauensantrages über die einzelnen Mißtrauensanträge abge­stimmt werden müsse.

Ich wollte gem noch recht ausführlich danken

Für das Geschenk, das eben eingetroffen; Was für Genüsse hab ich von den schlanken, So duftgen Zigaretten zu erhoffen!

Nun drängt das fimt, daß dies Gespräch sich endet, Jedoch ich bin noch lange nicht soweit: Für die Massary's die du mir gespendet, Bin ich verbunden dir auf Lebenszeit!

Massary   Perles

GOLD- u PURPURMUNDST

Massaro Delfis Massary Ritter G

GOLD- u. TURKIS MUNDST GOLD  

- u SEIDEN MUNDST

Urteilen Sie selbst!

Sawary