vor dem Schnellrichter.
Ein neuer Richter in der Dircksenstraße. Die Urteile sind im allgemeinen mild: auch ist er in Haftentlassungen, trotz Verurteilung, liberaler als seine Kollegen. Weshalb aber diese kurze, scharse abge- hackte Art des Verkehrs mit den Angeklagten, selbst mit ganz jungen Leuten, die für eine väterliche Ennahnung viel zugänglicher sind. Auch die Art, w i e er die Verhandlung führt, ist geeignet, den stärksten Widerspruch hervorzurufen. Ueber seine Vergangenheit wird der Angeklagte überhaupt nicht befragt, über seine Persönlich- keit wie über die Motive der Tat bleibt man oft völlig im Dunkeln, die Urteilsbegründung ist von einer unverständlichen Kürze. Eigen- artig mutet es auch an, wenn der junge Referendar, ohne nur den Versuch zu machen, auf die Motive der Tat näher einzugehen, einfach den trockenen Tatbestand wiederholt. Diese Verhandlungsmethode, wie Anklagevertretung stehen im strikten Gegensatz zu dem letzten Erlaß des preußischen Justizministeriums. Indes, wie gesagt: die Urtelle find mild. Hier einig« Beispiele: Für 7,10 Mark Süßigkeiten ein Zahr Gefängnis. Der Arbeiter G.,«in nervöser Mensch— er beruft sich auf eine Gehirnerschütterung—, macht einen eigentümlichen Eindruck: für solche Reinheiten hat aher die Schnelljustiz keine Zeit. Eines Nachts befand er sich im angeheiterten Zustand auf der Straße in Gesell- schaft einiger Mädels.„Ach," meinte die ein«,„wenn man doch jetzt eine Tafel Schokolade hätte".„Nichts leichter als das" und schon öffnete er mit einem Trick eine Tür zu einem Kino und holte vom Verkaufs- stand für 7,10 M. Süßigkeiten. Eine halbe Stunde später war er bei seinen Damen. Auf welche Weise er gestellt wurde, ist bei dieser Derhandlungesührung nicht bekannt geworden. Jedenfalls lag schwerer Diebstahl im Rückfalle vor. Ja, wenn es weniger Sühig- leiten gewesen wären, da hätte man vielleicht noch Mundraub an- nehmen können. So lautete aber die Mindeststrafe auf ein Jahr Gefängnis.„Wir können leider die Gesetze nicht ändern" sagte der Richter und erkannte auf ein Jahr Gefängnis.„Bitte, Herr Bericht-
erstatter, nennen Sie nicht meinen Namen. Meine Verwandten sind anständige Leute, ich will sie nicht blamieren", bat der Verurteilte. ..weil der Wein nun doch verschenkt wurde." Der 34jährige Maler S. war in einem Restaurant als Kellner beschäftigt: dann wurde er entlassen. Eines Nachts hatte er zuviel getrunken, er brach in den Keller des Restaurants ein und holte dreißig Flaschen Wein und vier Kisten Zigarre » heraus. Für seine Tat gibt er eine originelle Erklärung an: Das Restaurant sollte verkauft werden. Um dem Käufer einen guten Geschäftsgang vorzutäuschen, habe die Wirtin den Gästen und Be- kannten Wein spendiert. Da habe er gedacht: Wird der Wein sowieso verschenkt, so tut es auch nichts, wenn er sich einige Flaschen hole. Das Urteil lautete für diesen vorbestraften Menschen auf fünfMonateGefängni-. Da er zu Hause eine kranke Frau haben wollte, entließ ihn der Richter aus der Haft, damit er seine Angelegenheit regeln könnte. „Ich wollte kein Geld kassieren." Der vielfach vorbestrafte S. war des Gefängnisses überdrüssig. Er nahm eine Stellung als Laufbursche an. Er behauptet, bei einer Gelegenheit erklärt zu haben, er wolle kein Geld kassieren. An- scheinend fürchtete er die Versuchung. Als er eines Tages doch 13 70 Mark einkassieren mußte, da war es um ihn geschehen. „Tausend Mark, soviel habe ich noch nie in Händen gehabt. Ich lief nach Hause zu meiner Frau, um sie zu fragen, was ich tun soll. Da wurde ich aber schon erwartet. Ich stürmte davon..." Das Geld war natürlich bald bis auf den letzten Pfennig weg. Sein Chef bittet, daß man ihm eine Bewährungs- frist gebe, damit der„Friedrich" allmählich die Schuld tilgen könne. Das Gericht geht darauf nicht ein, der Angeklagte erhält sieben Monate Gefängnis, wird jedoch vorläufig aus der Hast entlasten.
Der Iuöe wkrü verbrannt. Ein Beispiel antisemitischer Rechtsprechung. Bei der Beratung des preußischen Iustizetats im Haupt- ausschuß des Landtags haben die sozialdemokratischen Redner eine Fülle von Einzelheiten zur Sprache gebracht, die in dem gedrängten Bericht nicht recht in Erscheinung treten tonnte. Einer dieser Fälle ist jedoch so charakteristisch, daß er eine gesonderte Darstellung verdient. In L i e b st a d t(Ostpreußen ) fand vor einiger Zeit ein Vergügen des Zentralverbandes der Landarbeiter statt, der den christlichen Gewerkschaften angeschlossen ist. An diesem Vergnügen, das völlig öffentlich war, nahm auch der jüdische Arbeiter Salomon E n d l e r teil. Als ein an- derer Festteilnehmer, der Ackerbürger K a r t h. Endler be- merkte, verlangte er lärmend, daß„der Jude" den Saal ver- lasse. Endler erklärte, er habe sein Eintrittsgeld bezahlt, und blieb. Karth wandte sich darauf an den Borstand des Land- arbeiteroerbandes, der aber das Ansinnen, Endler wegen seiner Zugehörigkeit zum Judentum hinauszuwerfen, durch- aus ablehnte. Darauf ging Karth auf Endler zu und schlug ihn heftig mit der Faust ins Gesicht. Endler stellte Strafantrag, und der Amtsgerichtsrat Wenzel 'Lille als Einzelrichter folgendes Urteil:„Karth wird wegen Beleidigung freigesprochen, wegen Körperver- letzung zu 2 0 M. Geldstrafe verurteilt." In der münd- lichen Urteilsbegründung führte Amtsgerichtsrat Wenzel folgendes aus: „Ich stelle zunächst fest, daß es ungehörig von einem Inden ist. ein christliches Fest zu besuchen. Was würde geschehen, wenn ein Christ ein jüdisches Fest besuchen würde? Das wagt kein Christ, aber der Jude tut es. Deshalb hat der PrivatNöger unrecht getan und mußte sich alles Mögliche gefallen lassen. Der Angeklagte war daher wegen Beleidigung freizusprechen." In der schrifllichen Urteilsbegründung drückte sich Herr Wenzel ähnlich aus. Es heißt dort: „Die von dem Angeklagten gebrauchte Wendung„Juden haben hier nichts zu suchen, schmeißt die Juden heraus" enthüll dem objek- tiven und subjektiven Tatbestande nach eine Ehrverletzung insofern, als der Angeklagte mit dem Ausdruck der Geringschätzung auffordert, den Privatkläger vom Feste zu verweisen. Indessen ist der Ange- klagte insoweit freizusprechen, da er in Wahrung berechtigter Inter - essen gehandell hat und zwar im Interesse des über- wiegenden Teiles der Liebstädter Bevölkerung und der Umgegend(!l). Gegen den Privatkläger war seiner- zeit... der Ausweisungsantrag gestellt. Diese Anträge sollten einer- scits ein« Gegenmaßregel gegen die ungerechtfertigten polnischen Massenausweisungen als auch gegen die verheerenden Wirkungen der Ueberflutung Deutschlands mit Ostjuden sein, deren Exponenten dos deutsche Vcllk in Barmat-Kutister sieht. l Endler ist Handarbeiter: Red.) Nimmt man hierzu die jetzt be- stehend« Möglichkeit, daß der Privatkläger tatsächlich ausgewiesen werden könnte, so haterallen Grund, bescheidener auf- zutreten. Jedenfalls hat er als Ausländer und als Ostfude gar keine innere verechliguug. an einem christlich-nationalen Arbeitersest teilzunehmen, es fei denn, daß er ausdrücklich vom Vorstande des Festes«ingeladen werde. Aeußerlich kann er sich diese Berechtigung nicht etwa durch Zahlung des Eintrittsgeldes er- werben. Auch der Umstand, daß mehrere vorstandsmilglleder den Privakkläger trotz des Hinweises des Angeklagten weiter aus dem Fest belassen haben, verschafft ihm diese Berechtigung nicht.(Trotzdem soll Karth„im Interesse der Bevölkerung" gehandell haben! Red.) Die Dorstandsmi glieder als einfache Arbeiter werden meist nicht imstande fein, dei vorstehenden Gedanken zu entwickeln oder die Konsequenzen daraus zu ziehen." Im weiteren Urteil erkennt dann Herr Wenzel gnädigst an, daß die„Wahrnehmung berechtigter Interesien" zwar bis zu Beschimpfungen, aber nicht bis zu Faustschlägen gehen dürfe, er begründet aber die geringe Höhe der Geldstrafe von 20 M. für die Faustschläge ausdrücklich mit dem„u n g e- hörigen Benehmen des Privatklägers". Fazit: Ein jüdischer Arbeiter wird ohne jeden Grund beleidigt und geschlagen und muß sich dann noch vom Gericht sagen lassen, daß ihm recht geschehen sei, weil er Jude ist! Ungefähr so wie in der alten Geschichte aus dem �arischen Rußland : Ein Jude geht über die Straße, es wird ein Stein nach ihm geworfen, er bückt sich, und der Stein fliegt in eine Fensterscheibe. Urteil: der Jude muß die Scheibe bezahlen, denn hätte er sich nicht gebückt, so wäre die Scheibe nicht zer- schlagen worden. Auf eine Disziplinarbeschwerde hin hat der Landgerichts- Präsident in Braunsberg dem Amtsgerichtsrat Wenzel eine „Mahnung" gemäß 8 13 des Disziplinargesetzes für richterliche Beamte, aber nur wegen der mündlichen Urteils- begründung erteilt. Herr Wenzel wird also weiter„Recht" sprechen dürfen, da ihm kein Iustizminister etwas zuleide tut! England für Truppenverminderung. Theoretisch auch für Räumung. Loadon, S. Februar.(Eigener Drahtbericht.) Ein liberaler Lord des Oberhauses richtete am Dienstag an den Regierungs- Vertreter die Frage, ob die Räumung des Rheinlandes nicht beschleunigt werden könnte. Lord Salisbury erwiderte, daß ein A n s p r u ch auf vollkommene Räumung nicht bestehe, solange nicht alle Bedingungen des Dersailler Vertrages erfüllt seien. Es fei jedoch zweifellos, daß eine Beschleunigung sehr z�u be- grüßen sein würde. Die englische Regierung habe diesen Stand- punkt immer vertreten und werde auch in Zukunft ihren Einfluß in diesem Sinne geltend machen. Immerhin dürfe die Angelegenheit nicht überstürzt werden. Seine Regierung sei jedoch m Ueber- einstimmung mit den andere» Alliierten schon jetzt zu einer Ver- r i n g e r u n g der Streitkräfte in der 2. und 3. Zone bereit.
Sowsetwahlkomöüie. Man geht einfach nicht hin. Moskau , 8. Februar. (OE.) Aus Sarmarkand wird gemeldet, daß die Sowjetregierung des Gebietes von Äasakstan in Zentral- ästen sich genötigt gesehen hat. in neun Wahlbezirken die bereits vollzogenen Sowjetwahlen zu kassieren, well an den Dahlen weniger als 35 P r oz. der wahlberechtigten Bevölkerung teilgenommen hatten. In diesem von dem Volksstamm der Usbeken bewohnten Gebiet waren wie überall lebhafte Anstrengungen gemacht worden, um die„Armut" für die Wahlen zu mobilisieren, was nach dem oben wisdergegebenen Bericht mißlungen zu sein scheint._
Zwischen Belgien und der Schweiz ist von Bandervelde und dem Schweizer Gesandten in Brüssel ein Schiedsvertrag vereinbart tvorden, der alle Streitigkeiten zwischen den beiden Ländern umfaßt.
Wieöer eine Liebestragöüie. Das Mädchen erschossen und dann versagte die Pistole. Die Selbst- und Doppelmordfälle aus unglücklicher Liebe mehren sich in erschreckendem Maße. In einem Hoiel in der Kursürsten- straße kehrte abends ein Paar ein, das sich in da» Fremdenbuch als„Kaufmann Erwin Beckmann und Frau" eintrug und ein Zim- mer im 2. Stock nahm. Nachts um 2)4 Uhr hörte der Psöriner einen Schuh fallen und eilte hinauf. Aus dem Flur begegnete dem Pförtner bereits der jung« Mann und teilte ihm mit, daß er seiner Begleiterin, die im Bell lieg«, ein« Kugel in dl« linke Schläfe geschossen habe. Der Pförtner alarmierte die Hotel- leitung und die Polizei. Man fand die Angaben bestätigt. Die angeblich« Frau Beckmann lag entkleidet und mit blutüberströmtem Gesicht besinnungslos im Bett. Man brachte sie nach dem nahe- gelegenen Elisabethkrankenhaus. Beckmann kleidete sich an und baz den Polizeibeamten, ihn festzunehmen. Aus der Wache wurde festgestellt, daß er ein unverheirateter 25 Jahre alter Kaufmann Erwin Beckmann aus der Motzstraße ist. Seine Begleiterin ist eine 20 Jahre alte Stütz« Minna Keller aus Meißen , die sich vorübergehend in Berlin aufhielt. Beckmann lernte das Mädchen in Meißen kennen, wo er früher beschäftigt war. Eine eheliche Verbindung scheiterle aber, wie Beckmann behauptet, an dem Wider- spruch der Eltern des Mädchens. So kamen die Verliebten zu dem Entschluß, sich das Leben zu nehmen. Sie besuchten gemeinsam ein Lokal, schrieben dort Abschiedsbriefe an ihre Angehörigen und suchten dann das Hotel auf, um ihren Plan auszuführen. Als Beckmann auch sich selbst«rfchießen wollte, versagte die Pistole. Jetzt wußte er nicht, was er beginnen sollte, klingelte nach dem Pförtner und stellt« sich der Polizei. Das Befinden des Mädchens ist sehr bedenklich._
Heilpäöagogische Woche in Serlin. Die städllsche Schulbehörde und der Magistrat haben nach Fühlungnahme mit Lehrerorganisationen beschloffen, in diesem Pestalozzi-Jahre eine.Heilpädagogische Woche" zu veron- stalten. Die Tagung wird in die Zeit vom 15. bis 22. Mai fallen und dos gesamte Sonderschulwesen Berlins berück- sichtigen. Heilpädagogen, Nonnalschullehrer, Schulärzte, Psychologen, Bolkswirtschaftler, Juristen, Schulaufsichts- und Berwaltungs- beomte finden Gelegenheit, die Praxis des Sonderschulwesens in allen Zweigen an Ort und Stelle und in einer Ausstellung kennen zu lernen und über die psychologischen und methodischen Fragen jeder Scnderschulart zu verhandeln. Besichtigt werden Schulkindergärten, Förderklasien der Normalschulen, Hilfsschulen, Sprachheil-,' Schwerhörigen- und Sehschwachenschulen, die Freilust- schule für Tuberkulöse, Taubstummen-, Blinden - und Taubblinden- schulen, Krüppelschulen und verschiedene Erziehungsanstalten. Städtische, staatliche und private Anstalten haben sich zu gemeinsamer Arbeit in dieser heilpädagogischen Woche zusammengeschlossen. Die theoretischen Erörterungen werden ihren Ausgang nehmen von Bor - trägen hervorragender Unioersttätslehrer und bekannter Heilpädagogen und Aerzte. Prof. Dr. Spranger bat den Eräffnungs- Vortrag übernommen._
Diskussion um das Paläftina-Komitee. In Berlin hat sich bekanntlich ein Pro-Palästina- Komitee gebildet, das es sich zur Aufgabe setzt, die palästinen- fische Kolonisation materiell und ideell zu fördern. Dem Komitee gehören führend« Mitglieder aller Parteien bis zu den Deutschnatio- nalen an. Ein humanitäres Unternehmen also, das in keiner Weise als politisch tendenziös anzusehen ist. In jüdischen Kreisen, die dem Zionismus ablehnend gegenüberstehen, wird dieses Komitee heftig diskutiert, man fürchtet, daß es von zionistischer Seite propagan- distisch mißbraucht und von antisemitischen Hetzen, für ihre dunklen Zwecke ausgenutzt wird. Sich mit dem Für und Wider des Komitees auseinanderzusetzen, läge an sich für Außenstehend« kein Grund vor, wenn nicht in einer Versammlung im Logenhaus, Hardenbergstraße, in wenig geschmackvoller Weise dies Problem erörtert worden wäre. Einberuser des Unternehmens waren in der Hauptsache die Leute um den Rechtsanwalt Dr. Naumann, der seine zum Teil schwarz. weißroten, zum Teil antisemitischen Ergüsse gern in der deutschnatio- nalen..Börscnzeitnng" publiziert. Dr. R o s e n t h a l und Pfarrer Haack, die ersten Redner, sprachen unter strikter Betonung ihres Anti-Komitee-Standpunktes zurückhaltend, Pfarrer Haack fand ein- drucksvolle Worte gegen die antisemitische Rassenhetze. Nachher allerdings wurden, so besonders von Dr. Naumann, die Mitglieder des Konntees sowie gewisse Regierungsbeamte angegriffen und schließlich eine sehr bedenkliche Resolution angenommen, die die ganze Affäre verwunderlich übertreibt und in der gesogt wird� daß„die Versammlung bedauert, daß Männer und Frauen, deren deutsches Nationalgefühl über jeden Zweifel erhaben ist, sich haben bewegen lassen, dem Pro-Palästina-Komltee beizutreten". vle Rechtsoot im heutige» Staat». Ueber dieses Thema spricht am Mittwoch, den IS. d. M., abend» 8 Uhr. in den Mufilerlälen, kkasser-Wilhclm- «träne gl. SenatSprälidenl Dr. H. Krohmann beim Reichsbund jüdischer Frontsoldaten . Ortsgruppe Berlin , Bezirk Nord. Außer- dem spricht R.-A. Dr. Alsred Klee über:„Die RechtSnot der ?l ii d« n-. Ferner sprechen AmtSqerichtSrat Dr. F. Goldsibmldt. R.. A Dr. Arthur Brandl. R.-Ül. Dr. Jobn Terlbeim. Sandrichter Dr. Teligtohn. Zu dieser Veranstaltung sind u. a. Sffenllich eingeladen: Das preußische Jilitiz. Ministerium, die Abgeordneten de» Reichs, und Landtages sowie sämtliche Juristen
Sestraster Lebensretter. Ein Nachspiel zu dem Unglück bei Woltersdorf . Am 4. Juli vorigen Jahres ereignet« sich belanntlich in Wolters- dorf dei Erkner infolge eines Unwetters ein furchtbares Unglück, dei dem es zahlreiche Tote und Verletzte gab. Angehörige des roten Frontkämpferbundes hatten in einem be- nachbarten Restaurant Fahnenweihe, und als sie die Nachricht von dem entsetzlichen Unglück erhielten, hatten sie mit Eifer und Energie die ersten Schritte zur Rettung der Verunglückten unternommen. Dank ihrer aufopfernden Tätigkeit gelang es ihnen, noch größeres Unheil zu oerhüten. Erst nach geraumer Zeit kamen mehrer« Land- jäger, die mit dem Publikum, das sich in einer erregten Stimmung befand, Zusammenstöße hatten. Als einer der Frontkämpfer einem Landjäger nahelegte, Privatautos für die Verwundeten zu requirie- ren, lehnt« dieser das ab. In dieser Lage sollen nun zwei der Kam- munisten„Widerstand gegen die Staatsgewalt" geleistet haben. Zwei Landjäger waren nämlich körperlich mißhandelt und beleidigt worden. Die polizeilichen Ermittlungen führten dann auf Grund verschiedener Jeugenaussagen zur Feststellung der beiden Front- kämpfer Bruno Hab erecht und Karl S n r k, die— r wie sich herausstellte— in ganz hervorragender Weise ihre Pflicht in der Bergung der Verunglückten getan hatten. Für dieses Verhalten er- hieven si« obendrein eine Anklage wegen Beleidigung, Widerstand gegen die Staatsgewalt und Körperverletzung, wegen der sie sich vor dem Schöffengericht Lichtenberg zu verantworten hatten. Die Land-, jäger wurden als Zeugen vernommen. Trotzdem ihre Angaben etwas unbestimmt lauteten, kam das Gericht unter Vorsitz des Amts- gerichtsrats Dr. A u g u st i n zu der Bestrafung des einen Angeklag- ien. Beide hatten jede Schuld energisch bestritten. Das hinderte das Gericht aber nicht, den Angeklagten Bruno H a b e r e ch t wegen Be- leldigung, Widerstand gegen die Staatsgewalt und Körperverletzung zu 1 Monat und 100 Mark Geldstrafe zu verurteilen. Surk wurde auf Kosten der Staatskasie freigesprochen.
Zierfische im Aquarium. Um olle die vielen Sehenswürdigkeiten, die Aquarium und Insektarium enthalten, dem Verständnis der breiten Masse zu er- schließen, finden, wie hier schon bekanntgegeben wurde, Führun- gen statt. Der Abteilung der Ziersische, die im zweiten wtock unter- gebracht ist, galt u. a. ein Besuch der Berliner Presse. In 36 Becken sieht man in der Zierfischabteilung etwa 100 Arten von Kleinsischen meist tropischer Formen. Allgemein sollen die Schleierschwänze auf, eine Liebhaberrasse, die aus Goldfischen gezüchtet wurde. Diese Tiere, die man allgemein für schön anspricht, sind in Wirklichkeit elende Krüppel, denen es überhaupt nicht mehr möglich wäre, in der Freiheit leben zu können. Aber das ist nun mal eben des Menschen Art, er macht die Tiere für sich schön und nimmt ihnen die Zweck- Mäßigkeit ihrer Kärperbcschassenheit. Nebenbei bemerkt, ist der Gold- fisch selbst aus der Karausche gezüchtet worden. In der Nähe der Zierfische sind auch der Zitteraal aus Südamerika und der Zitterwels aus Westafrika untergebracht. Der lange Zitteraal hat nur eine kurze Leibeshöhle, der weitaus größte Teil seines Körpers gehört seiner „elektrischen Batterie", die er zur Austeilung von Schlägen zu be- nutzen versteht, wie wir Menschen es an seiner Stelle täten. Das Insektarium, das sich im dritten Stock befindet, weist je nach der Jahreszeit wechselnde Bestände auf. Die Schmetterlingsliebhaber — und ihrer sind ja nicht wenige— finden stets in den Behältern einheimische und tropische Formen in den verschiedenen Stadien der Entwicklung._
Ausstellung„Deutscher Rhein— Deutscher Wein". Die nächste große Veranstaltung im Rahmen der Berliner Frühjahrsaus- stellungen ist die Ausstellung„Deutscher Rhein — Deut- scher Wein", die vom 12. Februar bis 13. März in der Funk- Halle stattfindet. Veranstalter sind das Berliner Messeamt und der Verein Berliner Weinhändler, die das Werk in wenigen Wochen mit der Unterstützung des Allgemeinen Deutschen Bäder-Verbandes, des Reichsausschusses für Weinpropaganda und einer Reihe Rheinischer Heimatverbände zustande brachten. Die Ausstellung dient der Unterstützung der Propaganda für den Besuch rheinischen Landes und rheinischer Bäder: dieser Teil der Ausstellung Ist vom Rheinischen Verkehrsverband mit außerordentlich eindnicks- vollem Material beschickt. Die Ergänzung des praktischen Teils der Weinpropaganda bildet eine Sonderausstellung„Der'deutsche Wein- bau", in der die Bedeutung und Eigenart des deutschen Weinbaues, die Weintechnik, das Werden des Weines, die Fürsorge des Reiches und der Länder für den deutschen Weinbau den Besuchern lebendig vor Augen gerückt werden. Dieser Teil der Ausstellung wird mit Unterstützung des Präsidiums des deutschen Weinbauverbandes in Karlsruhe aufgebaut. Die Funkhalle ist für diese Ausstellung von den Architekten Hermann K r e h a n und B a l l e n st e d t künstle- risch ausgestattet und mit einem besonders festlichen Rahmen rhei- nischer Farbe und rheinischen Geistes verschen worden. Die Er- ö f f n u n g der Ausstellung am 12. Februar ist verbunden mit einem Rheinijchen Gesellschaftsabend des Reichsverbandes der Rheinländer, der Rheinischen Frauenliga, des Bundes Saar- verein, Verein der Hessen und des Vereins der Pfälzer . An diesem Abend werden Vertreter der Reichs- und Staatsregierung, der Rheinland « und der Stadt Berlin Ansprachen austauschen.___