Nr. 70 44. Jahrg. Ausgabe Nr. 36
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Freitag, den 11. Februar 1927
Heute Keudell- Interpellation.
Sozialdemokratisches Mißtrauensvotum gegen den Reichsinnenminister. Mary deckt Kendell.
Die Reichstagsfihung wird heute pünktlich 22 Uhr beginnen. Auf der Tagesordnung steht die 3nterpellation der Kommunisten über den Fall& eudell
Von der demokratischen Reichstagsfraktion wird der Abgeordnete Freiherr v. Richthofen das Wort nehmen. Am Freitag um 11½ Uhr wird die Reichsregierung in einer Die Reichsregierung hat sich endlich entschlossen, von der un- Kabinettssigung von der von dem Reichskanzler zu verKabinettssigung von der von dem Reichskanzler zu verwürdigen Absicht abzugehen, eine Erklärung über den Fall Keudell lesenden Regierungserklärung über den Fall abzugeben und eine Besprechung zu verhindern. Reudell Kenntnis nehmen.
Nach der Begründung der Interpellation wird Reichskanzler Dr. Marg namens der Reichsregierung die Interpellation beantworten. An feine Erklärung wird sich sofort die Besprechung der Interpellation anschließen.
Die fozialdemokratische Reichstagsfraktion hat beschlossen, ein Mißtrauensvofum gegen von& eudell einzubringen. Das Mißtrauensvotum wird in der Besprechung von Genossen Landsberg begründet werden.
Herr Mary wird Herrn von eudell verteidigen. Die Reglerung des Bürgerblods wird heute eine parlamentarische Feldfchlacht zu bestehen haben. Sie fämpft für den appisten und Olympiafreund Kendell
Der erste Akt der Bürgerblodregierung Gegners der Republik!
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Die Zentrumsfraktion über Wirth.
Sic bedauert.
teilt mit: Aus den Fraktionsfigungen erfahren wir, daß der Vor Das Nachrichtenbureau des Vereins Deutscher Zeitungsverleger stand der Zentrumsfraktion folgenden von ihm gefaßten Beschluß der Fraktion vorgelegt hat:
parlamentarische Arbeit hat der Vorstand der Zentrumsfraktion des ,, Unter Hinweis auf§ 8 der Richtlinien für die politische und Reichstags bedauert, daß Herr Dr. Wirth sich bei der Abftimmung vom 5. Februar von der Fraktion getrennt mit mit Mein gestimmt hat.( Abstimmung über das Vertrauensvotum Berteidigung eines der Regierungsparteien.)"
Der Reichskanzler empfing am Donnerstag nachmittag den Vorfizenden der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion Hermann Müller Franten und den Abgeordneten Landsberg , um ihnen von dem Entschluß der Regierung, am Freitag die Inter pellation über den Fall Reudell doch noch zu beantworten, Renntnis zu geben.
Vorher hatte Dr. Mary cine streng vertrauliche" Be sprechung mit den Führern der Regierungsparteien. Man tam hier überein, entgegen der anfänglichen Absicht, die Ertlärung der Reichsregierung zu der Angelegenheit nicht vor der Tagesordnung, sondern nach der Begründung der fommunistischen Interpellation abzugeben.
Fort mit dieser Regierung!
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Die Stimme der Massen. Glänzende Kundgebung im Sportpalast.
Heute geht die Regierung des Bürgerblods in ihre erste parlamentarische Feldschlacht.
Die Zentrumsfraktion hat diesem Beschluß des Borstandes ein timmig zugestimmt. An der Fraktionsfigung des Zentrums hat der Abg. Dr. Birth nicht teilgenommen.
Nach eine Zentrumsstimme gegen die Regierung!
Karlsruhe , 10. Februar.( Mtb.) Der befannte badische Zentrumsabgeordnete Adam Röder führt in einer Zuschrift an den Badischen Beobachter" aus, daß es ursprünglich seine Abficht gewesen sei, bei der Abstimmung über das Vertrauensvotum für die neue Reichsregierung sich der Stimme zu enthalten, für die neue Reichsregierung sich der Stimme zu enthalten, wenn ihn Krankheit nicht an der Abstimmung verhindert hätte. Er schließt:„ Wenn ich aber den Fall Keudell im Reichstag erlebt hätte, würde ich auch unbedingt mit Rein gestimmt haben."
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Ausbau der Gewerbeaufsicht.
Forderungen der Gewerkschaften an den Prensischen Landtag.
Für die Wirksamkeit der sozialpolitischen Schutzgesetze ist es von der entscheidensten Bedeutung, ob die mit ihrer Ueberwachung betrauten staatlichen Organe dieser Aufgabe ausreichend gewachsen find. Ohne eine aus= reichende Ueberwachung bleibt der Arbeiterschutz im weitesten Umfange unbeachtet.
Aus dieser Erkenntnis entstanden in allen modernen Industriestaaten besondere staatliche Ueberwachungsorgane. In Deutschland sind ihre wichtigsten Träger die Gewerbeaufsichtsämter. Ihre Fortbildung zu einer allgemeinen reichtsrechtlichen Arbeitsaufsicht, die alle Zweige staatlicher Ueberwachung des gesamten Arbeitsschutzes zusammenfaßt, wird durch das Arbeitsschutzgesetz mit zur Entscheidung gestellt. Gegenwärtig und auch nach den Abfichten des Regierungsentwurfs über ein und damit ihr Ausbau eine Aufgabe der LandesArbeitsschutzgesetz ist die Organisation der Gewerbeaufsicht gesetzgebung. Die. Gewerbeordnung beschränkt sich in ihrem§ 139b auf einige allgemeine Bestimmungen und überliegt auch die Ordnung der Zuständigkeitsverhältnisse zwischen läßt die Regelung der Einzelheiten den Ländern. Diesen obGewerbeaufsicht und ordentlichen Bolizeibehörden, die nach den Vorschriften der Gewerbeordnung ebenfalls den Arbeiterund Angestelltenschuk zu überwachen haben.
brachte die Berordnung der sozialdemokratischen Den with tigsten Fortschritt auf diesem Gebiete Bolfsbeauftragten über die Regelung der Arbeitszeit der Angestellten vom 18. März 1919. Sie schuf die gefekliche Grundlage für den Ausbau der Gewerbeaufsicht durch Einstellung von Handelsaufsichtsbeamten, die vornehmlich den Angestelltenschuß zu überwachen haben.
Das gab den Anstoß zu weiteren Neuerungen im mittleNachkriegszeit in höherem Maße dazu über, aus den ren Gewerbeaufsichtsdienst. Faft alle Länder gingen in der Reihen der Arbeiter und Angestellten geeignete Persönlichkeiten als Gewerbe- und Handelsaufsichtsbeamte einzustellen. Sie sind für diese verantwortungsvolle Tätigkeit besonders befähigt, weil sie mit dem praktischen Arbeitsleben ausreichend vertraut sind und auch wesentlich zur Förderung des Vertrauens der Arbeiter und Angestellten zur Gewerbeaufsicht beitragen können.
Der portugiesische Innenminister hat im Jutereffe der öffentschaften feit Jahren einen weiteren Ausbau der Gewerbe- und lichen Sicherheit" das Gewerkschaftshaus der portugiesischen Sozialiften auf unbestimmte 3eit fließen lassen. Zahlreiche Journalisten figen noch im Gefängnis. Die Grenze wird scharf bewacht, um eine Flucht der Aufständischen nach Spanien zu verhindern.
Aus den vorgenannten Gründen fordern die GewerkHandelsaufsicht. Von besonderer Bedeutung ist dieser Ausbau in Preußen, weil es sich um das größte Land mit den meisten revisionspflichtigen Betrieben handelt, die Zahl der Gewerbeund Handelsaufsichtsbeamten jedoch in keinem befriedigenden Berhältnis dazu steht. Das wird am stärksten durch den seit Jahren eingetretenen Rüdgang der revidierten
Gestern hat das republikanische Berlin seine Stimme Eupen- Malmedy und belgische Sozialisten. Betriebe beleuchtet. Bereits in der 74. Sigung des Breußi
gegen den Besitbürgerblock erhoben.
Massenkundgebung der Sozialdemo= tratie im Sportpalast! Ropf an Kopf in dem ungeheuren Raume, dichtgedrängte Massen in der Potsdamer Straße . Massenanmarsch.
Einen ausführlichen Bericht über die glänzend verlaufene Kundgebung veröffentlichen wir in der Beilage.
Feuriger Kampfwille sprach aus den Reden geistertes Echo antwortete aus den Massen.
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Die Sozialdemokratie sagt der Regierung des Besitz bürgerblods schärfften Kampf an. Heute tritt diese Regierung zur ersten Schlacht vor den Reichstag . Der Ruf des republikanischen Berlins tönt ihr entgegen:
Fort mit der Regierung des Besizbürger blocks!
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,, Die Frage bleibt offen!"
Brüffel, 10. Februar.( Eigener Drahtbericht.) Unter der lleber schrift: Die Frage bleibt offen" schreibt der sozialistische Beuple" zu dem Brief der belgischen Minister an den GouverEupen Malmedy , die belgischen Blättern folgerten daraus, neur von Lüttich bezüglich der Volksabstimmung im Gebiet von daß die Frage endgültig geregelt sei. Wir wissen nicht," erklärt der Beuple", ob das die Auffaffung der Regierung ist; sicher aber ist, daß für uns Sozialisten die Frage offen bleibt. Wir wollen geschriebene. Verfahren anwandte. Aber gerade auch in diesem glauben, daß die belgische Regierung das im Friedensvertrag vor= Buntte verstößt eben der Friedensvertrag gegen den Grundfah des Selbstbestimmungsrechts, für das Belgien in den Krieg eintrat und dem es mehr als irgendeine andere Nation treu bleiben muß. Bir haben immer den Standpunkt vertreten, daß die Volksbefragung von 1919/20 in Eupen - Malmedŋ nicht ernst zu nehmen war. Das ist auch die lleberzeugung der Bevölkerung dort selbst, und niemand kann fagen, daß die Voltsabstimmung freier Ausdruck des widerruflich zu betrachten und behalten uns vor, die Aussprache hierüber im geeigneten Augenblic wieder zu er öffnen."
Niederlage der Revolutionäre in Portugal . Boltswillens war. Darum weigern wir uns, die Lösung als un
Das Gewerkschaftshaus geschlossen.
Paris , 10. Februar.( Eigener Drahtbericht.) Die portugiesische Gesandschaft in Paris hat am Donnerstag einen amtlichen Bericht des portugiesischen Außenministers über die Borgänge in
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Portugal der Deffentlichkeit übergeben. In ihm wird feffgestellt, daß Fremdenlegionär Klems zum Tode verurteilt die revolutionäre Bewegung in Cissabon ebenfe wie in Oporto nach 40stündigem Kampfe endgültig niedergeschlagen Paris , 10. Februar. ( WIB.) Wie Havas aus Casablanca worden ist. Die Aufständischen haben wie weiter versichert wird meldet, ist von dem Kriegsgericht in Metnes der Deutsche Klem's fich den Regierungstruppen bedingungslos ergeben. Ein zum Tode und zur militärischen Degradation verurteilt worden. Teil der Aufständischen hatte sich im Arsenal verschanzt und flüchtete auf mehrere im Zajo verankerte Dampfer, als der Kampf aussichtslos wurde. Ein Kreuzer, der durch sein Geschützfeuer die Aufständischen kräftig unterstützt hatte, wurde durch die Rüffenbatterien beschossen; er hißte schließlich die weiße Flagge. Die Bemannung flüchtete auf einen deutschen Dampfer.- 3n Oporto haben fich den gleichen amtlichen Meldungen zufolge die Aufständi fchen am Donnerstag um 9 Uhr morgens ergeben.
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Klems war als Deutscher zur Fremdenlegion gegangen, war dann zu Abd el Krim übergelaufen und hatte sich teils militärisch, teils propagandistisch für die Rifkabylen betätigt. Er wurde dann, wie es scheint, durch List gefangengenommen. Es ist zu er warten, daß die Reichsregierung fich für ihn, obwohl Fremden legionär, einfeßen wird.
schen Landtages am 2. Oktober 1925 wurde ein Rückgang von 50 auf 39 Pro 2. festgestellt. Das Berhältnis wäre noch schlechter bei einer Mitzählung der Werkstätten der Heimarbeiter. Daraus geht also hervor, daß im Durchschnitt nur jeder dritte revisionspflichtige Betrieb einmal im Jahre fontrolliert wird. Das sind ganz förmlich zu einer Umgehung des Arbeitsschutzes. unhaltbare Zustände. Diese mangelhafte Ueberwachung reizt
Die sozialdemokratische Landtagsfraktion hat aus diesem Grunde immer wieder bei den Beratungen des Haushalts der Handels- und Gewerbeverwaltung einen Ausauch von fast allen Parteien des Landtages anerkannt worden. bau der Gewerbeaufsicht gefordert. Diese Notwendigkeit, ist Es fehlt bisher leider nur an der Berwirklichung dieser richtigen Einsicht. Aus falsch verstandener Sparsamkeit sind immer wieder die notwendigen Maßnahmen vertagt worden. Was im Gewerbeaufsichtsdienst eingespart" wird, erscheint als hundertfache Belastung im volkswirtschaftlichen Budget durch den Raubbau an der lebendigen Arbeitskraft. Deshalb fordert das wohlverstandene Interesse des Staates, am richtigen Blaze einzusparen, das heißt, durch Ausbau der Gewerbe- und Handelsaufsicht den Raubbau an der Arbeitskraft zu verhindern. Schaden verhüten ist immer billiger mie Schaden vergüten.
Die Notwendigkeit eines solchen Ausbaues ergibt sich auch wangsläufig aus dem Artikel 157 der Reichsverfassung, der bestimmt, daß die Arbeitskraftunter bem beson de ren Schuße des Reiches steht. Dazu ist nicht zulegt die Gewerbe- und Handelsaufficht berufen. Die komplizierten und vielseitigen Aufgaben bei der Durchführung und Ueberwachung des Arbeitsschußes haben dazu geführt, daß die ordentlichen Polizeibehörden bei der Ueberwachung des Arbeitsschußes faft vollständig versagen. Das ist kein Wunder. Voraussetzung für eine fachgemäße Ueberwachung ist eine genaue Kenntnis der Sozialpolitik und des Arbeitsrechts, ein hinreichendes Bertrautsein mit den Tarifverträgen, die insbesondere für den Arbeitszeitschuß von ausschlaggebender Bedeutung sind. Dazu kommt die gerade für die Gegenwart wichtige Mitwirtung bei Betriebsstillegungen und als neuefte