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Händellatschen zu.) Die Reichstagsfraktion muß hier Klarheit schaffen. Das ganze Wolf muß erkennen, welch trauriges Spiel hier mit ihm getrieben wird. Dem altpreußischen Juntergeist gilt unser Kampf; wir müssen die Jugend erziehen im Sinne der Freiheit, nicht aber im Geist des Militarismus. Unser Losungswort aber ist: Fort mit Geßler, fort mit den monarchistischen Offizieren.

Vogel- Nürnberg: Bayernkurs und Reich.

Ich komme aus Bayern  , das seit Jahren eine Regierung er­dulden muß, die genau so zusammengesetzt ist wie die zustande ge tommene im Reich, dessen Ministerpräsident sich in seinen Aeuße­rungen manche Geschmacklosigkeiten geleistet hat. Mehring hat ein mal gesagt, daß der schlimmste Partitularismus in Preußen herrsche. Preußens Partitularismus aber bleibt hinter dem Bayerns weit zurüd. Bayern   hat seit langem versucht, die Reichsverfassung im rückständigen partikularistischen Sinne zu revidieren. Der Reichs: finanzminister Röhler, der dem badischen Zentrum angehört, wird auch in diesem Sinne den Reichsfinanzausgleich beeinflussen. Hier ist der Hebel, durch den die partikularistischen Strömungen ge= fördert werden können. Unser Ziel muß aber sein die großdeutsche einheitliche Republik, die erfüllt ist vom sozialen Geist, in der die Säge der Demokratie wirklich herrschen. Das ist ein Ideal, für das die Sozialdemokratie eintreten fann und muß. Wirklich stark wer­den die Gegner nur, wenn wir uns schwach fühlen. Wir werden die Feinde um so rascher schlagen, wenn wir einig sind, wenn wir eine Politik treiben, die frei ist von Illusionen, wenn wir höchstes Pflichtgefühl offenbaren und die höchsten Anforderungen an uns selbst stellen. Dann werden wir die Massen mit unserem Geist er. füllen und im Sinne Freiligraths wirken: wir sind die Kraft, wir hämmern jung den alten morschen Staat, die wir von Gottes Zorne sind, das Proletariat.

Der Mör

nicht geiſtesfrank der Gräff

Der Mörder der Senta Eckert und der Gräfin Lambsdorf.

Der Mörder der Gräfin Lambsdorf und der sechsjährigen Senta Eckert ist auf seinen Geistes zustand untersucht worden, und der untersuchungsrichter Landgerichtsrat Rehbronn wird in den nächsten Tagen die Voruntersuchung zum Abschluß bringen und die Aften an die Staatsanwaltschaft abgeben.

Die Hauptverhandlung gegen Böttcher wegen Mordes in zwei Fällen und wegen einer Reihe von Raubüberfällen wird vor­aussichtlich Ende März oder Anfang April vor dem Schwurgericht des Landgerichts III unter Vorsiz von Landgerichtsdirektor Bombe stattfinden und mehrere Tage in Anspruch nehmen. Böttcher hat in der Boruntersuchung zugegeben, daß er einen Raubüberfall auf die Gräfin Lambsdorf geplant hatte. Die Gräfin sei aber eine sehr energische Dame gewesen und habe ihm starken Widerstand Sie habe auch sofort nach dem ihr vorgehaltenen Revolver gegriffen. entgegengefeßt, als er ihr die Handtasche entreißen wollte. Bei dem Ringen sei der Schuß unversehens losgegangen und die Kugel müsse sie tödlich getroffen haben, denn sie sei sofort umgefallen. Böttcher gibt weiter zu, daß er die Leiche in den Wald verschleppt habe und daß er sich dort an ihr in scheußlicher Weise vergangen habe. Obwohl er die Mordüberlegung entschieden bestreitet, erscheint Böttcher durch die Gutachten der Schießfachverständigen und durch die chemische Untersuchung der Brandstellen an der Kleidung der Gräfin Lambsdorf vollkommen überführt. Danach muß er den Revolver dicht an den Körper in der Herzgegend gehalten und abge­schossen haben. Auch die Tötung der sechsjährigen Senta Edert gibt Böttcher zu. Er will beim Anblick des Kindes unter dem Einfluß des Alfohols in Erregung geraten sein. Als sich das Kind seinen Lüsten widersetzte, hat er es erwürgt. Die Leiche wurde in ein Kornfeld verschleppt, und dort hat Böttcher die Leiche ge. [ chändet, in ähnlicher Weise wie bei der Gräfin Lambsdorf. Unter den weiteren Anklagepunkten befindet sich auch der Raub überfall auf die Krankenschwester, der zur Entdeckung des Mörders geführt hat. Böttcher will jeit seiner frühesten Jugend die wüstesten Ausschweifungen begangen haben. Diese Angaben ver­anlaßten die Berteidiger, die Untersuchung Böttchers auf seinen Geisteszustand zu beantragen. Böttcher ist inzwischen von den Gerichtsärzten Professor Dr. Strauch und Medizinalrat Dyrenfurth eingehend untersucht worden. Beide Sachverständige sind überein­stimmend zu dem Ergebnis gekommen, daß Böttcher nicht geiftestrant ist. Die Sachverständigen betrachten ihn als ein Opfer feiner abnorm segualen Triebe. Nach ihrer Ansicht fann man Sobald die Böttcher nur als cine Sexualbestie bezeichnen. schriftlichen Gutachten eingegangen sein werden, wird die Vorunter­fuchung geschlossen werden, und die Akten werden an die Staats­anwaltschaft zur Anklageerhebung gehen.

Scheidemann  : Die Aufgaben der Sozialdemokratie. Ich würde gern auf das Schlußwort verzichten, aber ich muß sprechen, weil die ganze Potsdamer Straße   voll von Menschen steht, die durch den Lautsprecher jedes Wort vernehmen fönnen. ( Lauter Beifall.) Der Wirtschaft und den Banken geht es glänzend, die Arbeiterschaft leidet Not, zwei Millionen arbeitsfreudiger Men­schen feiern. Die Rechtsputschisten werden hoch geehrt, die Links putschisten   wandern ins Gefängnis. Wer die Republit liebt und des. halb Putsche verhindern will, der wird von den links von uns Stehenden ein Arbeiterverräter genannt und von den Rechtsstehenden als Landesverräter bezeichnet. Wer nicht gegen, sondern um die Reichs­ wehr   fämpft, wird verleumdet, vielleicht ermordet.( Lebhaftes Pfui!) Sozialdemokratische Arbeiter haben 1918 und auch im Kapp- Butsch 1920 den Staat gerettet. Jetzt fikt der Kappist v. Keudell als Ver­faffungsminister im Bürgerblod. Das ist nur möglich, weil die deutsche Arbeiterschaft ihre große Zahl, nicht in politische Macht umzusetzen verstand. Das wichtigste ist, die Arbeiterklasse zu einigen auf demo­fratischer Basis.( Stürmischer Beifall.) Nur auf dem Boden der Demokratie können wir zum Sozialismus fommen. Und darum ift Aufklärung notwendig. Selten war die Zeit so günftig wie heute. Sie ist so günstig, wie sie es 1912 war, als der schwarzblaue Block in Deutschland   regierte, die Kreuzung von Raßen und Kaninchen, wie man es damals scherzhaft nannte. Wer jetzt Besserung herbeisehnt, ohne für die Sache des arbeitenden Bolles zu merben, der hat das Recht verwirkt, Kritik zu üben. Wenn das Volk draußen lebendig ist, wird die Arbeit der Reichstagsfraktion um so wirkungsvoller sein. Dann kann sie Fraktur reden mit ihren Gegnern.( Lebhafter Beifall.) Tun Sie Ihre Pflicht, und wir, die wir Ihre Sprecher find, werden die unsere tun. Ich fordere Sie auf, mit mir in den Ruf einzustimmen: Die Sozialdemokratie lebe hoch! Die Versamm- sei, daß der Diener Max Schwinzer sie entwdendet habe. Als lung nimmt den Ruf stürmisch auf.

Allen Rednern war rauschenber Beifall zuteil gemor­den. Am Schluß steigerte er sich zu lautefter freudiger Zustimmung, die in immer neuen Beifallsstürmen ihren Ausdrud fand. Als die Arbeiterfänger mit der Internationale" ihre Darbietungen schließen, singen die Versammelten stehend und mit Begeisterung das alte Kampflied mit. Jubel löst es aus, als der Vorsitzende der Versammlung, Genosse Liedtke, den Rednern für ihre Worte dankte. Der riesige Lautsprecher ist verstummt. Unter den Klängen der Internationale leert sich die Riesenhalle. Aus acht Ausgängen strömt die Masse auf die Straße. Auf der Straße stockt der Ver­fehr. Zug um Zug formiert sich. Rotes Banner, langen Zügen vorangetragen, beherrscht die Straße. Das Reichsbanner verläßt gesammelt die Kundgebung. Der Abmarsch der Teilnehmer erfolgte ohne Zwischenfälle. Auch die einzelnen Züge tamen, soweit wir feststellen tonnten, ohne Störungen in ihre Bezirke.

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Gerichtstag.

Bon Fred Bérence.

Copyright 1925 by Paul Zsolnay  , Wien  '

Der Vater unterbricht sie heftig. Er spricht englisch  ; man tut immer so, als ob ich von dieser Sprache nichts ver­stünde.

,,, wirst du mir jetzt eine Szene vormachen?" ,, Wenn du glaubst, daß er nicht alles sieht, so täuscht du dich."

Dann wandte er sich zu mir: Geh, Jacques, schau in den Garten, was Alice dort macht, sie ist ganz allein.

Ich gehe mit schwerem Herzen. Im Garten spielt Alice ruhig mit ihrer Puppe; sie ist ganz glücklich über mein Kommen.

,, Du bist jetzt mein Mann," sagt sie ernsthaft ,,, und du wirst meiner Nichte einen Besuch machen."

Ich spiele mit ihr, aber sie ist gar nicht zufrieden. Ich bin zerstreut und denke an das, was oben vorgeht: ficherlich ein ähnlicher Auftritt wie der, bei dem ich zwei Wochen vor­her Zeuge war. Und richtig öffnet sich die Tür und die Mutter erscheint am Arm ihres Gatten.

Er strahlt und streicht zufrieden über seinen schönen blonden Bart; sie tommt langsam auf uns zu; eine Falte steht, kaum mehr sichtbar, auf ihrer Stirn.

Sie ruft: Jacques, du mußt ein paar Besorgungen machen."

,, Hol dir einen Korb, sagt der Vater mit einer Stimme, in die er einen zärtlichen Klang legt.

Meine Mutter sagt mir, was ich holen soll, dann ent­fernt sie sich mit Alice und der Bater gibt mir das nötige Geld. Gerade wie ich fortgehen will, blickt er haftig herum. Niemand in Hörweite! Er zieht die schreckliche Flasche heraus, dann sagt er mit erstickter ernster Stimme: Laß mir diese Flasche mit Kognak anfüllen, es ist mir sehr schlecht und ich will die Mutter nicht erschrecken.

Bor fünf Minuten hat er ihr zugeschworen, nicht mehr zu trinken, dachte ich, und ich leiste Widerstand.

,, Nein, die Mama hat mir verboten, in ein Wirtshaus au gehen.

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,, Sei nicht so blöd; wenn die Mutter wüßte, wie mir übel ist, würde sie dich selbst schiden; das ist das einzige, was mir hilft. Es ist ein Meditament, nichts als ein Medila

Der zärtliche Diener verurteilt.

10 Monate Gefängnis im Potsdamer   Diebstahls.

prozeß.

nicht als das bezeichnet werden, was man Geliebter nenne. Der Staatsanwalt beantragte wegen des schweren Bertrauensbruches gegen Mar Schwinzer 10 Monate Gefängnis, gegen Frau Liese 3 Monate Gefängnis, gegen ihre Tochter Johanna Liese ebenfalls 3 Monate Gefängnis und gegen Georg Schwinger wegen Hehlerei 2. Wochen Gefängnis, die in 100 mt. Geldstrafe umzuwandeln feien. Bei Frau Liese tann evtl. Strafaussetzung erfolgen, nicht aber bei Johanna Liese, die schon einmal wegen Unter­schlagung bestraft wurde und augenscheinlich die Triebfeder des ganzen Diebstahls gewesen ist.

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Das Urteil lautete gegen Mar Schwinger wegen schwe­ren Diebstahls auf 10 Monate Gefängnis, gegen die Ehe­frau Liese auf 3 Monate Gefängnis unter Gewährung Don Strafauffchub, gegen Johanna Liefe auf 5 Monate und gegen Georg Schwinger wegen Hehlerei auf 10 Lage Gefängnis, die in eine Geldstrafe von 100 mt. umgewandelt wurden. Diese Geldstrafe kann monatlich in Raten von 10 Mt. direktor Westerkamp, daß bei den ersten drei Angeklagten der abgezahlt werden. In der Urteilsbegründung betonte Landgerichts­schwere Diebstahl glatt erwiesen sei. Strafverschärfend sei bei Mar Schwinzer die Art seiner" Berteidigung hinzugekommen, denn er habe den Vorwurf, den er gegen Frau Profeffor Schnabel in aller Deffentlichkeit erhoben habe, in der nichtöffentlichen Sigung zurücknehmen müssen. Die drei Angeklagten hätten eine ganze Wagenladung voll Sachen gestohlen und gemeinschaftlich die Woh­nung ausgeplündert. Das Gericht stehe auf dem Standpunkt, daß die treibende Kraft die Braut des Hauptangeflagten gewesen sei, die ja auch feinerzeit der Staatsanwaltschaft die Parteibücher in. die Hände gespielt hatte.

Vernehmung des Mörders Buchholz am Tatort. Der Heizer Buchholz, der seine Frau im Schulfeller um brachte, wird unter der Unschuldigung des Mordes jetzt nach Moabit   gebracht werden. Gestern wurde er von den Kriminal­tommissaren Dr. Anuschat und Quoß, von mehreren Beamten be macht, noch einmal an den Tatort geführt. Der Lokal­termin hatte den 3med, einige Angaben an Ort und Stelle nachzu­prüfen und bestehende Widersprüche aufzuklären. Dabei suchte man auch nach dem verschwundenen Gelde der Frau, jedoch ohne etwas zu finden. Ob Buchholz seine Frau mit einem Stüd Holz oder einem Ziegelstein erschlagen hat, will Buchholz jetzt nicht mehr wissen. Die Frage, ob es ihm möglich gewesen wäre, die Leiche in der Heizung der Schule zu verbrennen, ist zu bejahen. Er hätte sie dazu allerdings zerstückeln müffen.

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Die beiden Sommerfelder Mörder Kurt Sommer und Friedrich Librenz wurden nach Abschluß der Berliner   Ermittlungen und Bernehmungen und protokollarischer Festlegung aller Aussagen gestern Donnerstag nachmittag von Kriminalfommissar Müller und einigen Beamten unter sicherer Bewachung nach Guben  gebracht und dort der Staatsanwaltschaft vorgeführt. In ihrem merkwürdig zynischen Verhalten ist bisher feine Veränderung ein­getreten.

Im weiteren Verlauf des Prozesses gegen den des Diebstahls Mord und Selbstmord aus verschmähter Liebe.

an Besitztümern der Frau Professor Schnabel in Potsdam   an­geflagten Diener Mar Schwinger tam es zu heftigen Auseinanderlegungen, als die Wirtschafterin von Pro­feffor Schnabel, Fräulein Katharina Sauer, vernommen wurde. Sie schilderte, daß in dem Haushalt verschiedene Gegenstände nicht auffindbar gewesen seien und daß man schließlich dahintergekommen man ihm Borhaltungen gemacht habe, sei er schließlich ausfallend geworden, so daß man, um einen männlichen Schutz zu haben, die Kriminalpolizei benachrichtigt habe. Auf Veranlassung des Bor­fizenden, Landgerichtsdirektors Dr. Westerkamp, murde dann die Deffentlichteit wegen Gefährdung der Sittlich feit ausgeschlossen, da das Gericht sodann auf die Aus­sagen des Hauptangeklagten bezüglich seines intimen Berhältnisses zu Frau Schnabel eingehen wollte. Nach Wiederherstellung der Deffentlichkeit ergriff der Erste Staatsanwalt Gerlach das Wort zum Strafantrag. Er betonte, daß bei den ersten drei Angeklagten der fortgesetzte schwere und einfache Diebstahl erwiesen worden sei. Das Märchen, daß Schwinzer die Gegenstände geschenkt bekommen oder an Stelle des nicht gezahlten Lohnes erhalten habe, sei in der Verhandlung widerlegt worden. Ebenso sei nicht zutreffend, daß er in Wirklichkeit die engen Beziehungen zu Frau Professor Schnabel gehabt, deren er sich vor Gericht gerühmt habe. Er tönne

ment; damit du siehst, daß es so ist, wie ich dir sage, fannst du ihn in der Apotheke holen."

Ich habe der Mama versprochen, nie mehr Kognat zu holen," sage ich eigensinnig.

Jetzt wird's mir aber bald zu dumm; ich bin dein Bater, und du mußt mir gehorchen."

Und ich gehorche.

Aber am Abend ließ er mich nur allzusehr fühlen, daß er mein Vater war. Wir aßen die Suppe, die ihm ausge­zeichnet schmeckte, und er sagte, ich müßte noch einen Teller effen.

,, Suppe ist für Kinder( und er betonte das Wort) sehr gefund." ,, Nein, danke."

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Seit einigen Tagen bemerfte man in der Wohnung der Witme Schwericke in der Bergholzer Str. 2 in Potsdam   Tag und Nacht ununterbrochen elektrisch Licht brennen. Die Polizei wurde benach­richtigt, und als man in die Wohnung trat, fand man in der Küche Frau Schweride und ihren zwölfjährigen Sohn als eichen vor. Mutter und Sohn hatten sich mit Gas vergiftet und lagen feit Sonntag tot in der Wohnung. Die Witwe war verlobt, aber ihr Bräutigam hatte sich vor einigen Tagen mit einer anderen verheiratet. Aus Gram darüber hat Frau Schw. sich und ihr Kind durch Gas getötet.

Ein schwerer Betriebsunfall mif födlichem Ausgang ereignete fich gestern nachmittag in einer Pianofortefabrit in der Schweibnizer Straße 11/15. Der 54jährige Fräser Richard Karasch aus der Schönleinstraße wurde von einem zu­rückschlagenden Maschinenhebel so schwer gegen die Brust getroffen, daß er bewußtlos zusammenbrach. Der Verunglückte wurde zum nächsten Krankenhaus gebracht, bereits auf dem Wege dorthin trat der Tod ein.

Freie Sozialistische   Hochschule. Sonnabend, den 12. februar, abends 7%, br, findet im großen Saal des ehem. Herrenhauses, Leipziger Str. 3, ein Vortrag des Genossen Friz Zarnow, Borsigender des Deutschen Holz­arbeiterverbandes, über das Thema: Lohnproblem unb Birt bekannten Stellen zu haben.

afis aufbau statt. Starten zum Preise von 50 Pf. find an den Lichtenberg 11- Tasmania spielt nicht Kieler Straße, sondern auf Sparta­plak Haufftrage.

letzten Zug zurückommen. Tiefe Stille herrschte, durch die offenen Fenster drangen laue Wellen von Luft. Plötzlich wird die Tür unserer Wohnung sacht geöffnet, jemand schleicht herein.

,, Das ist Mama!" murmelte bie Mutter erschreckt. Bas fie nur wollen mag?"

fie;

Und richtig, es ist Frau Bonnard  .

,, Guten Abend, guten Abend. ,, Was gibt's?"

,, Nichts Gutes, arme Alice, nichts Gutes," wiederholte schon seit längerer Zeit bemerke ich, daß dein Mann nicht mehr arbeitet." ,, Was weißt denn du darüber?"

,, Wie sollte ich nicht, wenn eure Gläubiger immer und

Was soll das heißen, nein danke, ich will, daß du noch ewig bei mir anläuten, um eure Schulden einzufordern. Der einen Teller Suppe ißt." ,, Aber ich habe wirklich feinen Hunger mehr." Nachher hatten wir eingemachten Blumenkohl, der meine Leibspiese war, und das wußte er.

,, D, der junge Herr hat keinen Hunger mehr, um so beffer, marsch ins Bett."

Ich warf meiner Mutter einen flehenden Blick zu. Sie rührte sich nicht, schien nichts zu sehen und nichts zu hören. Ich stand langsam vom Tisch auf. Da stürzte er sich auf mich und versetzte mir einen Fauftschlag auf den Kopf.

Die Mutter flehte mich mit einem traurigen Blick an, zu schweigen.

Ich ging, nun gaubte ich verstanden zu haben. Sie hatte Angst vor ihm.

Jezt erhob ich mich immer frühzeitig, bereitete das Frühstück, und während das Wasser fochte, puzzte ich die Schuhe. Dann erst kam mein Vater aus seinem Zimmer, be mängelte den Kaffee, der einmal zu starf, ein andermal zu schwach war, die Schuhe, die nicht genügend glänzten, die Küche, die nicht gut gefehrt war oder die Tassen, die schlecht abgewaschen waren. Jedesmal schloß er seine Vorwürfe mit den gleichen Worten: Du bist ein rechter Unnük."

Aber das ließ mich ganz falt. Die Mutter, die immer tränkelte stand erst auf, nachdem ich schon zur Schule ge­gangen war.

So vergingen einige Wochen; während dieser Zeit wurde ich unaufhörlich ausgezantt, beschimpft, geschlagen. Eines Abends machte ich meine Schulaufgaben, die Mutter ftopfte Strümpfe beim Schein der Hängelampe. Alice fchlief im Rebenzimmer; her Bater follte aus Chambéry   erit mit dem

Möbelhändler war gestern bei mir und hat mir gesagt, daß dein Mann ihm seit drei Monaten feinen Sou gezahlt hat, weißt du das?"

Die Mutter ließ den Kopf sinten, fie war ganz blaß ge­worden.

,, Ich habe an die Fabrik in Beven geschrieben, denn ich wollte ja schließlich wissen, wie die Dinge stehen. Die Antwort ist schrecklich."

Du lieber Gott, was ist denn geschehen?" ,, Dein Mann ist entlassen worden." ,, Entlassen? Warum denn?"

Sie zieht einen Brief aus der Tasche und legt ihn vor meiner Mutter auf den Tisch: Da lies selbst."

Ich kann ihn nicht lesen, bitte, sag mir alles." Nun hat die Stimme der Großmutter einen schneidenden Klang.

,, Sie teilen mit, daß sie sich gezwungen sahen, deinen Mann wegen der Unterschlagung von Geldern zu entlassen. ,, Das ist nicht wahr!"

Dieser Schrei ist so echt, so erschütternd, daß sogar die alte Frau davon ergriffen wird.

Leider doch, du Arme, es ist nur allzu wahr, hör' nur." ,, Er hat bei einigen unserer Runden Schulden gemacht. Am Tage, wo wir ihn verhaften laffen wollten, hat er eine Erklärung unterzeichnet, worin er bestätigt, daß er uns mit allen Borschüssen, die er schon erhalten hat, eine Summe pon viertanfend Franken schulbet."

Ein lautes Schluchaen läßt Re im Lesen innerhalten. ( Bortlegung folgt)

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