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Nr.72 44. Jahrgang

2. Beilage des Vorwärts

Sonnabend, 12. Februar 1927

Marx als Kappistenverteidiger.

Die Interpellation im Reichstag.

Zunächst ergriff das Wort

Reichstag . Das Zentrum steht zum Kapp- Minister. Mißtrauensvotum abgelehnt.

nannt werden. Aus den Personalatten geht hervor, daß der Ent­wurf des Erlaffes sowohl vom preußischen Minister des Innern, i. B. Freund, als auch von dem preußischen Finanzminister gezeichnet worden ist.( Hört, hört! rechts.) Der Erlaß konnte nicht zur Aus­führung tommen, weil Herr v. Keudell inzwischen den Abschied aus dem Staatsdienst genommen hatte. Ich glaube, den Schluß ziehen zu dürfen, daß auch die preußische Staatsregierung damals schon sein Verhalten nicht so beurteilt hat, daß sie eine neuer liche Berufung in den Staatsdienst für ausgeschlossen hielt.( Sehr richtig! rechts.) Ich fomme nun zum Küfteiner Putsch.

Die geftrige Reichstagssigung, über deren Beginn wir in einem| in den ersten Tagen nicht nach Königsberg gelangen.( Burruf bei| heitshalber nicht antreten tönnen. Im März 1922 follte Herr Teil unserer Abendausgabe bereits berichteten, brachte die Beratung den Kommunisten: Aber die des Militärbefehlshabers!) v. Keudell zum Regierungsrat bei der Regierung in Arnsberg der kommunistischen Interpellation sowie des sozialdemokratischen Um nichts zu versäumen, hat Herr v. Keudell sowohl den stell­und des demokratischen Mißtrauensantrages gegen den deutschnatio- vertretenden Landrat Grafen v. Finkenstein nach Frankfurt nalen Innenminister v. Keudell . Wir tragen für die Abend­an der Oder gesandt, um dort die Regierung zu informieren, wie auch um sich selbst Anweisungen zu holen. Graf Finkenstein hat mit­ausgabe den ergänzten Bericht nach. geteilt, der stellvertretende Regierungspräsident habe ihm über die Lage nichts Neues mitteilen fönnen, er habe dem Landrat den Auf­trag gegeben, den Befehl des Militärbefehlshabers zu befolgen. Sobald die erste Nachricht von der Rückkehr der verfassungs mäßigen Regierung durch die Militärbehörde eintraf, am 18. März 1920, hat Herr v. Keudell diese Nachricht umgehend an die nach geordneten Stellen weitergegeben und anders lautende Anordnungen fofort widerrufen und darüber hinaus noch die Einziehung der Blafate angeordnet.( Lachen links.) Er hat auch die An­ordnung des Oberpräsidenten von Brandenburg vom 20. März 1920 umgehend durch weitestgehende Verbreitung bekanntgegeben.( 3u­ruf bei den Kommunisten: Weil er die Hosen voll hatte) Nach der ganz überwiegenden Auffassung der Rechtsprechung ausdrückliche Bestimmungen darüber fehlen in der preußischen Gesetzgebung- hat der Beamte in erster Linie den Anordnungen der vorgesezten Dienstbehörde zu gehorchen, insbesondere dann, wenn eine aus­brüdliche Weisung der vorgesetzten Dienstbehörde vorliegt. Das war hier der Fall.( Widerspruch und Zurufe links.) Ich weise ferner darauf hin, daß damals vor dem Kapp- Putsch der militärische Aus­nahmezustand bestand, und nach den damaligen Bestimmungen war die

Abg. Torgler( Komm.) zur Begründung der fommunistischen Anträge. Der Reichstanzler habe sich mit Herrn v. Keudell soli­darisch erklärt. Das Zentrum wolle den Innenminister nicht fallen lassen, gleichgültig, wie das Ergebnis der Untersuchung jei. ( Unruhe im Zentrum.) Der Reichstanzler mollte ursprünglich eine Erklärung vor der Tagesordnung abgeben, um eine Aussprache zu verhindern. Das sei eine unerhörte Bergewalti gung.( Der Präsident rügt diese Ausdrudsmeise und stellt fest, baß über den Umfang der Aussprache nicht der Reichskanzler ent­scheidet, sondern der Reichstag .) Minister v. Keudell sei ein eifriger Förderer und Mitarbeiter der faschistischen, seit 1923 verbotenen Organisation Olympia ". Ein jogenanntes Sommerlager dieser Organisation habe v. Reudell auf seinem Gut Hohenlübbichom be­herbergt und beföftigt. Die Mitglieder der Olympia " wurden dort militärisch von einem Reichswehrleutnant Szalla ausgebil bet. Herr v. Reudell habe wiederholt an die jungen Leute An­Sprachen gerichtet, in denen er die

Wiederaufrichtung der alten Hohenzollern - Monarchie als er­ftrebenswertes Ziel bezeichnete. In seiner legten Reichstagserflärung habe Minister von Reudell die Unmahrheit gesagt. Die Jungdeutschlandabteilung", die er nach dieser Erflärung im Jahre 1926 beherbergt haben wollte, sei tatsächlich eine Abteilung der inzwischen verbotenen Olympia " gewesen, die sich hinter dem Dedmantel Jungdeutschlandbund" per. ftedte. Ausgerechnet dieser Butschiftenfreund v. Reudell solle nun Die Aufgabe haben, die republiffeindlichen Organisationen zu ver­folgen. Die erbärmlichen Ausreden des Ministers hätten gezeigt, daß Herr v. Keubell nicht einmal den bescheidenen Mannes mut aufbringen fönne.( Präsident Löbe ruft den Redner zur Ordnung.) Um mit v. Reubell das Kontorbat abzuschließen, gebe bas Zentrum auch die Interessen der christlichen Ar beiter preis.( Widerspruch im Zentrum.)

Marx verteidigt Kendell.

Regierungsgewalt auf die militärischen Befehlshaber über­

gegangen,

und danach war Herr v. Keudell verpflichtet, jedenfalls berechtigt, den Anordnungen des Militärbefehlshabers Folge zu geben. Eine der ersten Pflichten des Landrats besteht darin, für Ruhe und Ordnung in seinem Kreise zu sorgen.

Es war deshalb eine gegebene und zweckmäßige Maßnahme des Landrats, an der Zäderider Brüde feine wenigen Gendarmen zu stationieren.( Lachen links.)

auf die Landkarte wirft. Daraus ergibt sich ohne weiteres, daß es Die Bedeutung dieser Maßnahme ist flar, wenn man einen Blick der 3wed mar, Uebergriffe von Unruhen aus dem Ebers. walder Kreise her zu verhindern.

Es ist ferner behauptet worden, der damalige Landrat v. Keudell habe einen in Küstrin aufgestellt gewesenen Panzerzug in Bär malbe auffahren lassen, und der Zug sei dort auf ein Nebengleis abgeschoben worden. In der Tat ist die Entsendung eines Panzer zuges nach Bärwalde ausdrücklich auf Anweisung des Komman= danten der Festung Küstrin erfolgt. Der Landrat v. Keudell erhielt von diesen Vorgängen erst nachträglich Kenntnis. Was die Behauptung anlangt, der Landrat v. Keudell habe einen unzu­arbeiterverbandes ausgeübt, so ist es richtig, daß Herr v. Keudell mit diesem Bertrauensmann damals zusammen getroffen ist.

Reichstanzler Dr. Marg beantwortet die Interpellation fol­gendermaßen: Ich glaube, daß ich dem Wunsche weiter Streise dieses hohen Haufes entspreche, wenn ich mich nicht auf die Beantwortung der tommunistischen Interpellation beschränke, sondern den gesamten Fall v. Keudell vor Ihnen hier erörtere. Die Untersuchung. Die streng objektiv, sachlich und leidenschaftslos von mir vorlässigen Drud auf den Bertrauensmann des Land­genommen worden ist, und die alles Material umfaßte, das mir aus den Atten und aus den Mitteilungen in der Deffentlichkeit in diesen Tagen zugegangen war, hat mich in die Lage versezt, mir ein zuverlässiges und abschließendes Urteil zu bilden. Zunächst ist gegen den Herrr Reichsinnenminister ein Vor­wurf erhoben worden wegen seines Verhaltens als damaliger 2 and­rat des Kreises Königsberg in der Neumark zurzeit des Rapp- Butsches. Ich mache darauf aufmerksam, daß es sich um Königsberg in der Neumark handelt, einem Drt, der nicht weit von der Grenze des Korridors entfernt liegt. Herr Dr. v. Keudell hat bereits in diesem Hause zugegeben, daß er 1920 die Bekannt machungen des Militärbefehlshabers veröffentlicht hat, insbesondere als Sonderblatt des Amtlichen Nachrichtenblattes", und daß er sie auch als Blafate perbreiten ließ.

Diese Veröffentlichung geschah auf ausdrückliche Anweisung des ftändigen Stellvertreters des von seinem Amtsfig Frankfurt an der Oder gerade abwesenden Regierungspräsidenten Bartels Regierungsrats Benner. Ich bitte Sie, sich in die Lage, des Landrats in dem fleinen, ab­gelegenen Landstädtchen versezen zu wollen!( Lachen bei den Kom­munisten.) Irgendwelche Nachrichten waren ihm nicht zugegangen. Die Folgen des vollzogenen Staatsstreichs äußer ten sich infolgedessen in der Unterbindung aller Nachrichtenwege. Die Rundgebungen der alten rechtmäßigen Regierung fonnten aljo

445

GOLD- SABA......... KÖNIGIN V. SABA.... BACCARAT

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Herr v. Keudell hält es auch für möglich, daß er, gemäß der ihm von der Militärbehörde erteilten Weisung, einen Generalstreit zu verhindern, den Vertrauensmann vor einer Propaganda­tätigteit zugunsten eines Generalffreits gewarnt hat.( Lebhafte Zurufe und Unruhe links.) Jm März 1920 ift Herr v. Kendell in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden.

Er hat bald danach in einer Besprechung mit dem Regierungs­präsidenten um beschleunigte Untersuchung seiner Saltung während der Kapp- Tage gebeten. Er hat nichts unverfucht gelassen, diese seine Haltung während des Kapp- Butsches fiarzulegen.( Sört, hört! rechts.) Am 18. Mai 1920 hat Herr v. Keudell an den Dezer nenten für Rapp- Butsch- Untersuchungsausschüsse schriftlich den An. trag gestellt, vor dem Untersuchungsausichuß gehört zu werden. Eine Untersuchung oder ein Disziplinarverfahren ist jedoc; niemals eingeleitet worden; Herr v. Reudell ist in dieser Beziehung heute noch ohne jede Nachricht.( Sört, hört! rechts.) Unter dem 22. Juni 1921 ist Herr v. Keubell von dem preußischen Minister des Innern, in Vertretung Freund, und dem preußischen Finanzminister der Regierung Stettin überwiesen und mit dem Bosten eines Sa ch perständigen bei einem wirtschaftlichen 2'us fuß beauftragt morden. Herr v. Keudell hat diesen Bosten frank­

nach der Untersuchung steht fest, daß der jetzige Reichsinnenminister sich keinesfalls unmittelbar an dem Putsch beteiligt hat.( Lärm bei nach dem Butsch nur besucht, um ihm zu danken, daß der Oberst ben Kommunisten. Rufe: Mittelbar!) Er hat den Oberst Gudovius berg vor schweren Schäden bewahrt hat.( Lärm bei den Kommu durch seine Haltung gegenüber Butschversuchen seinen Kreis Königs­nisten.) Herr v. Keudell ist auch bei anderen Gelegenheiten nicht für den Küstriner Butsch eingetreten. Gegen Herrn v. Keudell sind weiter Vorwürfe erhoben worden, die auch in der Interpellation zum Ausdrud kommen. daß er Angehörige von Verbänden als Gäfte bei sich gehabt hat. Herr v. Keudell ist jahrelang von glieder von ihnen für einige Zeit auf seinen Gütern unterbringen. den verschiedensten Organisationen gebeten worden, er möge Mit­Herr v. Keudell hat jahrelang in weitestem Maße solche Gaft­freundschaft geübt.

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( Lachen und Zwischenrufe bei den Kommunisten. gefeßte Lärmen der Kommunisten geht manches von der Rede des Durch das fort. Reichstanzlers verloren.) Herr v. Keudell hat auch Kinder der Ruhr­industrie bei sich gehabt, ebenso jüdische Frontsoldaten.( hört! und Heiterfeit rechts.) Im übrigen waren die Gäste stets auf den Vor­werf, das vier Stilometer vom Gutshaus entfernt liegt. Herrn v. Keudell war es persönlich fast nie möglich, fich um diese Gäfte zu fümmern.( Lärm bei den Kommunisten.) Den Oberst v. Lud hat Herr D. Keudell erst durch die Presse her gefannt. Es ist auf Grund der Aufzeichnungen festgestellt, daß Herr v. Luck einmal in Abwesenheit des Herrn v. Keudell im Jahre 1925 einen Tag lang auf dem Gute gewesen ist.( 3wischenruf bei den Kommunisten.) Was Sie( zu den Kommunisten) tatsächlich feststellen, beruht auf den Aussagen anderer Personen. Daß der Verband DIŋmpia" erit am 25. Mai 1926 verboten worden ist, dürfte bekannt sein. Im Jahre 1920 war auf dem Gut der Jung deutschlandbund untergebracht, der als unpolitisch bekannt ist und in feiner Weise mit der ehemaligen Olympia " oder anderen verbotenen Verbänden etwas zu tun hat.( Lachen bei den Kommunisten.) Eine militärische Ausbildung fand nicht statt, also auch feine militärische Schießaus­bildung. Schießsport wurde nur wenig getrieben.

Auch von dem im Jahre 1924 als Sportlehrer in Hohenlüb­bichow untergebrachten Leutnant Schaller weiß Herr v. Keudell aus den angegebenen Gründen aus persönlicher Kenntnis nichts. Bon anderer Seite ist mir die Mitteilung geworden, daß Leut­nant Schaller während seines Urlaubs damals junge Leute sportlich und turnerisch ausgebildet hat. Auch

nach der Stellungnahme des Reichswehrminifteriums ist das durchaus erlaubt.

Das Reichswehrministerium betont durchaus das Recht der jungen aftiven Offiziere, in ihrer dienstfreien Zeit sich nach Kräften ber Stählung der Jugend zu widmen.( Erneuter Lärm bei den Kommunisten, in welchem die nächsten Worte des Reichskanzlers zum Teil wieder untergehen.) Es ist weiter darauf hingewiesen worden, daß im Jahre 1926 der Lehrer Frigmann das Sommer­lager in Hohenlübbichom geleitet habe. Er sowohl wie ein Leut­nant z. D., der gleichfalls in diesem Zusammenhang genannt wurde, standen im vorigen Jahre längere Zeit in der sportlichen Jugend­arbeit. Ein Hauptmann Waderzahl von der Olympia " ist Herrn v. Kendell nur flüchtig bekannt. Die Verhandlungen über die Unterbringung der jungen Leute haben stets die Guts­beamten geführt. Da Herr v. Kendell sich um die Sommerlager auf feinem Gut nicht gefümmert hat, so ist auch die Behauptung ab megig, er habe eine Nachtübung geleitet. Daß er sich einmal von den jungen Leuten mit einigen Worten verabschiedet hat, hält

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