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fe. 74 44. Jahrg Ausgabe A Nr. 38

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Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands

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Sonntag, den 13. Februar 1927

Wirth bleibt aktiv.

Falsche Gerüchte.

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Der Wunsch der Vater des Gedankens.

Der Reichsdienst deutscher Presse teilt mit: Ge-| ministers des Innern v. Keudell. Selbst für den Fall, daß die rüchte, die auch von verschiedenen Blättern wiedergegeven worden Demokraten mit den Deutschnationalen auf der Regierungsbant ge­find, wollen wissen, daß der Gesundheitszustand Dr. fessen hätten, so wären sie angesichts dieses Nachspiels gezwungen Births erschüttert sei und daß ihn die politischen Ereignisse gewesen, die Regierung wieder zu verlassen. Koch ging dann im der letzten Wochen seelisch deprimiert hätten. Das entspricht nicht einzelnen auf die Haltung des Herrn v. Keudell ein und den Tatsachen. Dr. Birth denft, wie er uns versichert, nicht unterstrich nochmals den Boytott im Falle Tres dow, der daran, sich vorübergehend aus dem politischen Leben zurüderft furze Zeit zurückliegt, und der von demokratischer Seite deshalb zuziehen oder fich zurückzuhalten. Bielmehr wird Dr. als besonders schwer angesehen würde, als gerade die Anhänger der Wirth wie bisher tätig sein, Demokratischen Partei unter solchen Boykottbestrebungen und Bon­fottversuchen im Lande selbst schwer zu leiden haben. Dieser Fatt Tresdow ist noch nicht zu Ende, man kann ihn nicht auf sich beruhen lassen.

Vorstandssitzung der Demokratischen Partei.

Demokratische Oppositionsziele.

Der Vorstand der Deutschen Demokratischen Partei trat am Sonnabend im Reichstag zu einer Sizung zusammen, die vom Bor­fizenden des Borstandes, Reichstagsabgeordneten Erkelenz , eröffnet und geleitet wurde.

Roch sprach dann weiter über die innere 3errissenheit der jezigen Regierungstoalition und verwies auf die Gefahren, die in schulpolitischer Hinsicht drohten. Weiterhin, so führte Stoch aus, sei es notwendig für die Demokraten, jetzt den Ge­danken des gegliederten Einheitsstaates zu betonen. Hinsichtlich der Finanzpolitik müffen die Demokruten eine groß­zügige Finanzpolitit auf weite Sicht treiben. Unter anderem fönne zügige Finanzpolitit auf weite Sicht treiben. Unter anderem könne

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Der Bruch mit Polen .

Bedenkliche Wege der deutschen Außenpolitik.

Der Fall Reudell, der in der letzten Woche die Deffentlichkeit tief bewegte, hat das Interesse an anderen Fragen, die einer gründlichen Untersuchung wert sind, zurück­gedrängt. Die Erregung über ihn wird nicht sobald ver­schwinden. Denn er hat nicht nur Gelegenheit gegeben, einen tiefen Blick in die Seele des oft elbischen Junfertums zu tun, das jetzt wieder herrschend geworden ist, sondern er hat auch in geradezu erschreckender Weise gezeigt, auf welche abschüssige Bahn das Zentrum durch seinen Bund mit der Rechten geraten ist. Von der unerbittlich gradlinigen" Bentrumspolitik, die uns Herr Kaas für die Bürgerblocära in Aussicht gestellt hat, merken wir nicht das geringste. Und nachdem das Zentrum diesen ersten Kniefall vor der Rechten

getan hat, werden weitere folgen.

Dadurch werden auch für die Außenpolitik des Reiches die bedenklichsten Aussichten eröffnet.

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Der Borsigende der Reichstagsfraktion och erstattete einen Bericht über die politische Entwicklung der letzten Wochen. Die Demokraten standen und sen auf dem Standpunkt, daß die Deutschnationalen für eine Teilnahme an einer fie auf die Dauer nicht ein Budget von 12 Milliarden Mart jährlich gerüttelt Maß von Schuld trägt. Der sozialdemokratische

republikanischen Regierung nicht reif sind. Auf Grund er heuchelter Erflärungen haben sie sich in das Rabinert eingeschlichen. Wenn das auch noch zweifelhaft gewefen war, so ist es durch das Nachspiel vollkommen erwiesen, und zwar burch die Rede estarps und durch das Verhalten des Reichs

Parifer Tanung der Exekutive der SAJ.

Solidarität mit China .

Paris , 12. Februar. ( WTB.) Der Exekutivausschuß der Sozialistischen Internationale hat heute vormittag unter dem Borfit des Engländers Henderson seine erfie Sigung abgehalten, in deren Berlauf, wie ein ausgegebenes Kommuniqué befagt, der Generalsekretär Adler den Exekutivausschuß über die geffern vom Vorstand getroffenen Entscheidungen in Kenntnis fehte. Nach Erledigung einiger Berwaltungsfragen hat der Exekutivaus­schuß den Tätigkeits- und Finanzbericht genehmigt. Ein großer Teil der Vormittagsfihung wurde, wie die Liberté" berichtet, durch die Verlejung des Berichts des chinesischen Dele­gierten Yang- u stau in Anspruch genommen. Dieser Bericht erläutert die Politik der chinesischen Regierung bei den gegen­wärtigen Unruhen. China , das sich gegen jede beabsichtigte fremden­feindliche Politif verwahre, fämpfe für feine Unabhängigkeit. Was den bolichemistischen Einfluß, den man ihm zum Vorwurf mache, angehe, jo jei er bei der Bewegung unbedeutend. Hierauf bean­fragte der französische Sozialist Bracke die Annahme einer Rejo­lution, durch die die unabhängigkeitsbewegung in China ermutigt werden foll. An den Verhandlungen nehmen als Bertreter der deutschen Sozialdemokratie die Reichstagsabge­ordneten Wels, Hermann Müller und Crispien teil.

Wird Frankreich ablehnen? Coolidge - Note im Pariser Ministerrat. Deutscher Handelsvertrag beraten. Paris, 12. Februar.( EP.) Der unter dem Vorsitz des Präfi denten Doumergue abgehaltene Ministerrat dauerte 3% Stunden. Der größte Tell dieser Sigung wurde, wie das amtliche Kommuniqué belagt, mit der Prüfung und Besprechung der amerikanischen

Flottenabrüstungsnote ausgefüllt. Außenminister Briand

wurde beauftragt, eine Antwortnote vorzubereiten und am Dienstag nächster Woche dem Ministerrat vorzulegen. Wie verlautet, ist es so gut wie sicher, daß diese Note die Einladung in höflicher Form ablehnen wird, da man hier Coolidges Schritt nicht zuletzt von Wahlrücksichten des Präsidenten diktiert glaubt und ihm feine Wahlaussichten nicht verderben möchte. Die franzöfifche Ant. wortnote wird im übrigen darauf hinweisen, daß die Abrüstungs­frage weiterhin vom Völkerbund behandelt werden müsse.

Handelsminister Botanomiti erstattete über den Berlauf der Berhandlungen zum deutsch - französischen Handelsvertrag Bericht. Nach erhaltenen Informationen wird die französische Regierung bei den Berhandlungen über die Verlängerung des Provisoriums darauf bestehen, daß die französischen eine in das Abkommen einbezogen werden. Man werde außerdem nur eine kurze Verlänge rung vorschlagen, da der neue Zolltarif bereits im Druck vorliegt und in etwa vierzehn Tagen in der Kammer eingebracht werden fönne, so daß man an die Berhandlungen über einen endgültigen Handelsvertrag herangehen könne.

Nach Erklärungen des Innenministers Sarraut beschäftigte fich her Ministerrat mit der Frage der Wahlrechtsreform, ohne daß jedoch ein Beschluß gefaßt wurde. Die Prüfung dieser Frage mird vielmehr in weiteren Sigungen fortgefegt. Man hat offenbar

tragen.

In der Aussprache wurde von allen Rednern Genugtuung über das Verhalten der demokratischen Reichstagsfraktion während der letzten Regierungsfrise zum Ausdruck gebracht, und das Vorgehen der Reichstagsfrattion einstimmig gebilligt.

Nichts liegt uns ferner als die Absicht, zu verschweigen, daß an dem bisherigen trägen Gang und dem munmehrigen Abbruch der deutsch - polnischen Hanbelsver tragsverhandlungen die polnische Regierung ein ,, Robotnik" in Warschau hat der dortigen Regierung die ganze Torheit ihres Berhaltens vorgehalten. Solche Maß­nahmen, schrieb er, stünden zwar nicht in Widerspruch zu dem bestehenden Recht, sie seien jedoch politisch schädlich, denn Deutschland werde durch sie erbittert und sie lieferten eine bequeme Waffe gegen Polen .

bas Bestreben, die ganze Wahlrechtsreform möglichst zu verder Tat unbestreitbar. Befanntlich will feine der beiden Re­schleppen und damit allen aus ihr entstehenden Schwierigkeiten aus dem Wege zu gehen:

Das Kabinett Pilsudski vor dem Sturz?

Schwerer Konflikt mit dem Sejm . Warschau , 12. Februar.( TU.) In der heutigen Sejmfizung wurden bei der Abstimmung über den Etat in zweiler Cejung der Dispofifionsfonds des Außenminifteriums für die Vertretung in Genf sowie die Kredite für das erst kürzlich geschaffene Ministerium für Poff und Telegraphie gänzlich gestrichen und der Dis­pofitionsfouds des Innenminifteriums von zwei auf eine Million 3loty getürzt. Da die am Montag flattfindende Abstimmung in dritter Cefung ciu ähnliches Ergebnis haben dürfte, ift init einem Rüdfritt pitsudstis zu rechnen.

Die zweite Senfation des Tages war, daß Vizepremier Bartel, der nach der Abstimmung die Cage mit Pilsudski besprechen wollte, von diesem nicht empfangen wurde.

Chinas Diplomaten in Not.

Wen vertreten sie: den Norden oder den Süden?

Paris , 12. Februar. ( WTB.) Der hiesige chinesische Botschafter verwahrt sich gegen die Meldung einiger Blätter, die chinesischen diplomatischen Vertreter in Europa hätten beschlossen, sich dem Ministerium für Arswärtiges der Kantonregierung zur Ber­fügung zu stellen. Staatsrechtlich vertrete die chinesische Botschaft fügung zu stellen. Staatsrechtlich vertrete die chinesische Botschaft ganz China und vom Standpunkt der internationalen Beziehungen aus bestehe in China teine politische Spaltung. Die chinesische Botschaft habe niemals zwischen Nordchina und Südchina einen Unterschied gemacht.

Politischer Meineidsprozeß in Thüringen . Der kommunistische Landtagsabgeordnete Schulze

freigesprochen.

Weimar , 12. Februar.( TU.) Nach dreitaägiger Verhandlung vor dem Schwurgericht Weimar ist der Metalldreher und fom­munistische Landtagsabgeordnete Hermann Schulze aus Gera , der des Meindeids angeflagt war, freigesprochen, und die Kosten des Verfahrens sind der Staarstaffe auferlegt. In letzter Stunde meldete sich freiwillig ein 3euge, der sich als der Eigen tümer des fraglichen Dolch es bekannte und angab, daß er damals auf dem Deutschen Tage in Jena verhaftet und ihm die Baffe von der Polizei abgenommen worden sei. Dieser Umstand be­fonders hat den Freispruch des Angeflagten herbeigeführt, obwohl an fich, wie der Borsigende in der Urteilsbegründung ausführte, die Sachlage ungeklärt sei, da Zeugnis gegen Zeugnis steht. Schulze sollte bei einer Verhandlung des parlamentarischen Bolizeiuntersuchungsausschusses im Jahre 1925 über die Vorgänge anläßlich des Deutschen Tages in Jena am 2. März 1924 wiffentlich falsch beschworen haben, er habe bei einer von der KPD. ver­anstalteten eg endemonstration gegen den Deutschen Tag feine Waffen getragen. Mehrere Jenaer Polizei beamte befundeten dagegen unter Eid, daß Schulze ein dolch artiges Meffer abgenommen worden sei.

Das formale Recht der polnischen Regierung ist auch in gierungen auf die Waffe der Ausweisung und der Beschrän­fung der Einwanderung verzichten. Beide fürchten von einem unbeschränkten gegenseitigen Niederlassungsrecht eine Ueber­fremdung des Arbeitsmartts: Deutschland durch Massenzufluß ungelernter Arbeiter, Polen durch Massenein­wanderung qualifizierter Arbeiter und Angestellter. Diese Fragen zu regeln ist nicht leicht, es wird aber gelingen, wenn Dazu auf beiden Seiten guter Wille vorhanden ist. aber ist zu allernächst für die Zeit, in der über die grund­fäßliche Regelung verhandelt wird, eine Art Waffen­ftillst and notwendig. Darum nahmen wir vor einigen Monaten sofort scharf Stellung, als in Polen die Sorge ent­stand, Deutschland könne durch allzu rigorose Behandlung der polnischen Landarbeiter eine für Polen schwer zu tragende Lage schaffen. Damals gelang es, die Gefahr zu beschwören und eine Regelung herbeizuführen, die der Beruhigung diente. Hätten die polnischen Sozialdemokraten auf die Regie­rung ihres Landes den Einfluß, den wir ihnen wünschen, so wären gewiß nicht gerade in diesem Augenblick vier Privat­beamte deutscher Staatsangehörigkeit aus Oberschlesien aus­gewiesen worden. Und wäre diese törichte, herausfordernde, Haltung der polnischen Regierung unterblieben-- so hätte das sicherlich gewissen Leuten in Deutschland sehr leid getan.

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Die deutsch polnischen Handelsvertragsverhand­lungen stehen unter einem doppelten Unstern; fie sind ver­folgt von der Mißgunst polnischindustrieller und deutsch - land­gelung der Handelsbeziehungen den Handelstrieg vor. wirtschaftlicher Kreise. Beide ziehen einer vertraglichen Re­Da nun beide in ihrem Lande mit ihren materiellen Inter­effen nur eine Minderheit darstellen, brauchen sie das Geschirr und die Scheuklappen der nationalistischen Ideologie, um für ihren Wagen die nötige Bespannung zu finden.

Der Systemmechsel in Deutschland hat jetzt den Kreisen entscheibenden Einfluß verliehen, denen in ihren Träumen die nationale Gefahr in Gestalt der polnischen Kartoffel und des polnischen Schweins erscheint. Als der Friede Don Bersailles unterzeichnet werden mußte, ging ein Auf­schrei durch das Land, Deutschland werde durch die Gebiets­verluste im Osten seiner wichtigsten Nahrungsmittelgrundlage beraubt. Jetzt fann den geeichten Patrioten die Mauer, die Deutschland von feiner einstigen Nahrungsgrundlage trennt, gar nicht hoch genug sein. Damals hat man mit Recht gesagt, daß diefer Bertrag wirtschaftlich zusammengehörende Gebiete auseinanderschneide. Jetzt ist man bestrebt, die Wunden möglichst weit offenzuhalten, mögen auch die drüben gebliebenen, auf dem geduldigen Papier so treu geliebten Deutsch en die ersten sein, die an ihnen wirtschaftlich ver­bluten.

So wäre vor allem notwendig, die rein wirtschaftlichen, rein praktischen Fragen des gegenseitigen deutsch - polnischer Handels- und Niederlassungsrechts reinlich herauszuschälen und von allen Umhüllungen der nationalistischen Propaganda zu befreien. Denn daran fann fein Zweifel fein, daß neben den einflußreichen wirtschaftlichen Minderheitsinteressen, die dauernd jede Annäherung hintertreiben, auch politische Momente auf beiden Seiten eine große Rolle spielen. Zu