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Sr. 78 44.Jahrg. Ausgabe A nr. 40

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Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands

Redaktion und Verlag: Berlin SW. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292-297.

Mittwoch, den 16. Februar 1927

Vorwärts- Verlag G.m.b. H. , Berlin SW. 68, Lindenstr.

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Gewerkschaften und Achtstundentag. Verschwendung im Wehretat.

Beschluß des Bundesausschusses des ADGB .

In der gestrigen Tagung des Bundesausschusses des ADGB . wurde nach einem in einem Referat des Vorsitzenden Graßmann und in der folgenden Debatte, über die wir an anderer Stelle berichten, von den Vertretern aller Ver­bände eine schneidend scharfe Kritik an der unver antwortlichen Spruchpragis einiger Schlichter sowie der Ver­bindlicherklärung derartiger Schiedssprüche durch den Reichs­arbeitsminister geübt. Vor allem der Schiedsspruch des sächsischen Schlichters zur Regelung der Arbeitszeit der Metallarbeiter des Tarifgebietes Leipzig wurde allge­mein als eine unerhörte Provotation empfunden. Der Bundesausschuß nahm einstimmig folgende Ent­Schießung an:

Der Bundesausschuß des ADGB. erhebt einmüfig Proteft gegen die zahlreichen Schiedssprüche, die auch in der letzten Zeit noch den Arbeitern die Leistung von weitgehender Ueberzeitarbeit über den Achtstundentag hinaus auferlegt haben. Es ist eine offene Brüstierung der Gewerkschaften und der gesamten organi­flerten Arbeiterschaft und eine Berhöhnung der Arbeits­lofen, wenn folche Schiedssprüche obendrein noch vom Reichs­arbeitsminister verbindlich erklärt werden. Der Bundesaus­

Beilegung des Studentenkonflikts.

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schuß hält es für seine Pflicht, vor den Folgen öffentlich zu warnen, ble in absehbarer Zeit dazu führen müssen, das öffentliche Schlichtungswesen vollkommen zu erschüttern. Das Lebensintereffe der Arbeiterschaft und die immer steigende Notlage der Millionen Arbeitsloser erfordern es, jeder Verlänge­rung der Arbeitszeit über acht Stunden täglich mit allen & räften entgegenzutreten. Der Bundesausschuß erklärt es deshalb erneuf als Pflicht der gesamten Arbeiter­schaft, der Parole ihrer Verbände zu folgen und die Leistung von Ueberzeitarbeit forfab aus eigenem Entschluß unbe­dingt zu verweigern.

Den ftreifenden und ausgesperrten Metallarbeitern in Leipzig spricht der Bundesausschuß seine volle Sympathie aus und behält sich bei größerer Ausdehnung des Kampfes weitere Beschluß­faffung vor."

Genosse Graßmann wurde beauftragt, diese Entschließung dem Reichsarbeitsminister persönlich mitzuteilen. Ueber die Tragweite dieser Entschließung wird sich hoffentlich niemand einer Täuschung hingeben. Die Gewerkschaften sind ent­schlossen, den Kampf um den Achtstundentag mit allen Mitteln durchzufechten.

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Unkontrollierbare Ausgaben. Was sagen die bürgerlichen Parteien?

Heute, Mittwoch, soll im Ausschuß für den Reichshaushalt die Beratung des Etats des Reichswehrministerium s beginnen. Dieser Beratung ist aus den verschiedensten Gründen erhöhte Bedeutung beizumeffen.

Nach den fetten Jahren, in denen zur Balanzierung des Reichsetats Einnahmeüberschüsse aus den Vorjahren zur Berfügung standen, beginnen mit dem Etatsjahr 1927 für den Reichsfinanzminister die mageren Jahre, in denen er lediglich aus den Einnahmen des loufenden Etatsjahres selbst den Ausgleich für die Ausgaben finden muß. Während in 1926 als Einnahme noch Ueberschüsse aus den Jahren 1924 und 1925 in Höhe von 400 Millionen eingefegt werden konnten, fallen diese jetzt aus. Dazu erhöhen sich auf Grund der Dames­Gesetze die deutschen Haushaltsverpflichtungen an Generalagenten für Reparationszahlungen um rund 400 Mil­lionen, und aus der Münzprägung fann statt des vorjährigen lionen erwartet werden. Aus diesen drei Bosten entsteht alss Gewinnes von 294 Millionen nur ein Gewinn von 190 Mil­allein ein Minderertrag von rund 900 millionen

Mark. Um diesen Minderertrag auszugleichen, hat das Reichs­finanzministerium die Einnahmen aus Steuern, Zöllen und Verbrauchsabgaben so hoch wie nur irgend möglich veranschlagt, während im Gegensatz dazu die Ausgaben, insbesondere auf sozialem Gebiet, derart knapp bemessen worden sind, daß sie feineswegs genügen dürften, selbst, wenn Fortgang des wirtschaftlichen Aufschwungs sich erfüllen sollte. Der einzige Etat, bei dem zugunsten eines Ausbaues der sozialen Fürsorge Ersparungen gemacht werden können, die zu Buch schlagen, ist der Behretat. Die Herre des Reichs­mehrminifteriums haben bei der Aufstellung des Etatsentwurfs sich durch die so überaus bedrängte Finanzlage des Reiches nicht den Kopf beschweren lassen. Sie wirtschaften auch jetzt,

oder semitischer Studenten, so werden die preußischen Studie Hoffnung des Reichsfinanzministeriums auf einen weiteren dentenschaften ihre Berbindung mit ihnen lösen müssen.

Die Erklärung stellt alfo einen wichtigen Schritt zur Be­feitigung der unerquicklichen Zustände dar, die an den deut schen Hochschulen unter dem Eindruck reaktionärer und völ fischer Propaganda einreißen fonnten. Der Kultusminister auch loyal erfüllt wird, um so gemäß den Beschlüſſen des Land­wird nur noch darüber zu wachen haben, daß diese Zusage tages die Atmosphäre an den preußischen Hochschulen zu

Die preußischen Studentenschaften geben nach. Gestern, Dienstag, fanden im preußischen Kultus ministerium die vorgesehenen Verhandlungen über die Beilegung des Konflittes zwischen der Deutschen Studentenschaft und dem Breußischen Kultus ministerium statt. An den Verhandlungen nahmen außer den Bertretern der preußischen Studentenschaft der Vorstand der Deutschen Studentenschaft , mehrere Rektoren preußi­fcher Hochschulen, sowie der Torsigende des Verbandes der Deutschen Hochschulen teil. Die preußischen Stu= dentenschaften gaben im Verlaufe der Verhandlungen Vandervelde über den deutschen Rechtskurs. weniger als 697 Millionen Mark soll der Zuschuß folgende schriftliche Erklärung ab, die sich den Standpunkt des Ministeriums weitgehend zu eigen macht:

Die preußischen Studentenschaften sind der Meinung, daß sie in ihrer Organisation und Praris weder vom Geist noch vom Wort­laut der preußischen Staatsministerialverordnung vom 18. Sep. tember 1920 abgewichen sind. Die preußischen Studentenschaften fehen sich jedoch infolge der durch den Erlaß des Herrn Ministers geschaffener Lage zu folgender Stellungnahme genötigt: In der Koalitionsfrage stellen die preußischen Einzelstudenten­schaften fest, daß einer Wenderung des Aufbaues der Studenten. schaften an den auslandsdeutschen Hochschulen außer ordentlich große Schwierigkeiten entgegenstehen. Die preußischen Studentenschaften verpflichten sich, in Berhandlungen mit den österreichischen Studentenschaften einzutreten. Sie werden dabei versuchen, Wege zu finden, die zur Schaffung behördlich anerkannter Studentenschaften als Gesamtper tretung aller deutschen Studierenden führen können, so daß die Stoalition der preußischen Studentenschaften mit ihnen halten bleibt.

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Sollten diese Versuche zu feinem Ergebnis führen, so müssen die preußischen Studentenschaften aus ihrer großdeutschen Ein­stellung beraus es ablehnen, von sich aus der Zugehörigkeit der auslandsdeutschen Studentenschaften zur deutschen Studen tenschaft Hindernisse in den Weg zu legen. Da keine andere Möglichkeit besteht, werden in diesem Falle die preußischen Stu­dentenschaften zu ihrem Bedauern zur Aufrechterhaltung ihrer staal lich anerkannten Selbstverwaltung die sich für sie ergebenden Fol. gerungen ziehen müssen.

In der Frage der Zugehörigkeit der Auslandsdeutschen zur Einzelstudentenschaft sind die preußischen Studentenschaften bereit, ciner Mitwirkung des Rettors als Berufungs Instanz zuzustimmen.

Die preußischen Studentenschaften bitten den Herrn Minister, ihnen zur Durchführung dieser Maßnahmen bis zum 1. Oftober 1927 Frist zu geben."

entgiften.

Eine Rede in der belgischen Kammer.

In Beantwortung einer Interpellation über die Aufhebung der Interalliierten Militärkontrolle hielt der belgische Minister des Aeußeren, Genosse Bandervelde, eine Rede, in der er sich auch über die Räumungsmöglichkeiten ausließ und dabei meinte, daß alles abhängen werde von den Sicherheitsgaran tien, die Deutschland besonders bezüglich det entmilitarisierten 3one werde geben können, ferner vielleicht auch von einer end­gültigen Regelung der Reparationsfrage und endlich vom Grad des Bertrauens, das die Nachbarn Deutschlands in die Be­ständigkeit der republikanischen Einrichtungen, in die Berwirklichung eines demokratischen und friedlichen Fortschritts auf der anderen Seite des Rheins werde haben tönnen". In diesem zufammenhange erklärte Bandervelde, er zweifle nicht daran, daß die Politik Stresemanns sich nicht geändert habe, fuhr aber fort: selbst diejenigen, die einem Deutschland , das sich entschieden auf Uber Dr. Stresemann wird nicht darüber erstaunt sein, daß Demokratie einstellt, das größte Bertrauen entgegen bringen würden, fich fragen, was man von einem Deutschland Lenten muß, in dem das Heer als eine unabhängige macht auftritt und in dem die leitenden Führer fast alle Männer bes alten Regimes sind und in dem man den Schutz der Ber­faffung von Weimar nur verspricht, indem man der Bergangenheit und ihren Symbolen Achtung zollt. Also liegen ernste Gründe vor, um mit Vorsicht vorzugehen und in gemäßigtem Tempo. Daher darf man nicht erstaunt sein, daß heute in Kreisen, die noch gestern optimistisch dachten, sich doch viele fragen, ob man nicht allzu schnell vorgegangen ist und ob Deutschland tatsächlich entwaffnet ist. Nach vielen Gesichtspunkten ist die Abrüstung die verborgenen Waffen und die militärischen lebungen bei den Deutschlands Wirklichkeit geworden. Aber sieht man denn nicht auch Sportverbänden und den patriotischen Verbän= den sowie die Herstellung und Aufstapelung von Kriegsgerät in den benachbarten Ländern wie z. B Rußland?"

Bandervelde fügte hinzu, daß die verantwortlichen Stellen in Belgien diesen Dingen teine übertriebene Bedeutung beimeffen, denn Deutschland würde in den nächsten Jahren, wenn es

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Die preußischen Studentenschaften sind also entschlossen, allein dastehe, unfähig sein, an der Westfront entscheidende Offen­der berechtigten Forderung des Kultusministeriums Rechnung fiven zu führen. Dennoch blieben Deutschlands Kriegsfähigkeiten in zu tragen auf die Gefahr hin, daß die außerpreußischen Uni- bezug auf Mannschaftserfaz, chemische Industrie, Luftfahrt usw. sehr versitäten sich ihren Standpunkt nicht zu eigen machen. In groß. Daraus zog Bandervelde die Schlußfolgerung, daß erstens diesem Falle würden sie aus der Deutschen Studentenschaft die Kontrollmaßnahmen nur sehr relativ wirt austreten. Die Aufnahme auslandsdeutscher Stufam feien, und daß zweitens die Abrüftung allgemein also nicht dierender in die Einzelstudentenschaften wird in Busam einseitig fein müffe oder es werde überhaupt leine geben. menarbeit mit ben Refioren erfolgen. Die Verhandlungen, Die die Deutschen Studentenschaften mit den österreichischen Organisationen führen und bis zum 1. Oktober b. 3. zum Abschluß bringen wollen, sollen durch Besprechungen preußi­Icher Rektoren mit den österreichischen Hochschulbehörden unterſtügt werden. Beharren die österreichischen Studenten­fchaften auf ihrem Ausschluß linksgerichteter Studentenschaften

Neue Polizeipräsidenten. Das preußische Staatsministerium hat zum Polizeipräsidenten von Elbing- Marienburg ben fazlalbemo fratischen Landtagsabgeordneten Richard Wen be, früheren Gauleiter Wende, des Landarbetterverbandes, gegenwärtig im Berliner Polizeipräst bium tätig, bestimmt, ebenso zum Bolizeipräsidenten von Duisburg Hamborn den Sekretär bes Allgemeinen Deutschen Gewerkschafts­bundes für Rheinland, Dr. h. c. Meger in Düsseldorf .

wie sie immer gewirtschaftet haben, als ob das Reich int Golde schwimme. Das ist nicht nur fozialdemokratische Meinung. Aehnliche Auffassungen sind auch in der demokra tischen Presse wiederholt zum Ausdrud gekommen. Nicht

des Reiches zum Haushalt des Wehrministeriums in 1927 betragen. In den Spalten unseres Blattes ist an der Hand Don Bergleichszahlen des früheren faiferlichen Heeres wieder­holt dargelegt worden, wie außerordentlich hoch selbst bei vollster Berücksichtigung der vielen Unterschiede früher und jetzt zahlreiche Ausgabeposten im Wehretat sind. Hier kräftig abzuftreichen, um Gelder für dringendere soziale Aufgaben freizumachen, und zugleich den Herren des Wehrministeriums zum Bewußtsein zu bringen, daß sie auch finanziell sich in den allgemeinen Rahmen der Finanzlage des Reiches einzu­passen haben, das ist zunächst das Gebot der Stunde.

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Neben Finanzerwägungen erfordert der Wehretat aber auch rein etatrechtlich die höchste Aufmerksamkeit des Haus­haltausschusses. Er ist nicht nur der am verschwenderischsten aufgestellte, sondern auch der undurchsichtigste aller

Etats. In feinem anderen Etat ist auch nur annähernd oder unmöglicht macht: Riesige Sammelfonds mit mur derart alles zusammengetragen, was die Uebersicht erschmert lose umrissenen Zweckbestimmungen, die der Verwaltung an fich schon die größten Freiheiten gewähren. Uebertragbar­feit" der Mittel von einem Etatjahr aufs andere. Im Heeres­etat soll ein Drittel, im Marineetat fast 40 Proz. der an­geforderten Mittel übertragbar" gemacht werden. Dadurch würde dem Parlament im großen Umfang jede Uebersicht verloren gehen, über welche Beträge die Verwaltung denn nun eigentlich verfügt. Die Möglichkeiten zur Verdunklung nicht erschöpft. In feinem anderen Etat find so zahlreiche des Etats find aber durch die angeführten zwei Wege noch Das besagt, daß die bei einer bewilligten Ausgabe ersparten Titel zu gegenseitig dedungsfähigen" gemacht. Mittel an anderer Stelle verausgabt werden dürfen. Da eine solche Ermächtigung hauptsächlich bei hochdotierten Titeln nachgesucht wird, erhellt ohne weiteres, welche großen und neuen Verwendungsfreiheiten der Berwaltung daraus erwachsen.

Schließlich hat das Wehrministerium schon in den ver­gangenen Jahren in außerordentlich zahlreichen Fällen die Erlaubnis erhalten, Dienststellen Mittel zur Selbst= bewirtschaftung" zu übermitteln. Ueber die Ver­wendung solcher Selbstbewirtschaftungsmittel braucht nicht wie bei allen übrigen Ausgaben Rechnung gelegt zu werden. Bei ihnen hat selbst der Rechnungshof nur die Berausgabung an die beteiligte Dienststelle zu prüfen und nur von Zeit zu Zeit soll er sich dann davon überzeugen, daß die Berwaltung nach den bestehenden Vorschriften geführt und von den zuständigen Stellen geprüft worden ist. Die Höhe der Selbstbewirtschaf tungsmittel ist weder im einzelnen noch im ganzen aus dent Etat zu ersehen. Da außerdem etwaige Einnahmen aus den Selbstbewirtschaftungsmitteln diesen wieder zufließen, spielen fich diefe ganzen Selbstbewirtschaftungstransaktionen