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Deutschnationale Sozialpolitik.
Ein Paradies für junkerliche Regierungsstüten.
Die deutsch nationale Reichstagsfraktion hat sich den Eintritt in das Kabinett Marr durch die Unterzeichnung des Zentrumsprogramms erkauft. In diesem Programm ist auch von Sozialpolitit die Rede, und die Deutschnationalen haben nicht verabsäumt, zu versichern, daß auch sie arbeiterfreundlich, daß auch sie für Sozialpolitik zu haben feien. Allerdings für eine wohlverstandene" Sozialpolitik. Wie diese wohlverstandene" Sozialpolitik aussieht, geht aus einer Entschließung hervor, die eine in Liegnig fagende Unterbezirksfonferenz der SPD. an die Fraktionen des Reichstags und Landtags gerichtet hat. In der Entschließung heißt es:
In der schlesischen Landwirtschaft ist zurzeit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ein tarifloser 3u stand. Der Graf von Rittberg unterbreitete seinem Ber. jonal einen neuen Arbeitsvertrag zur Unterzeichnung. Nach biefem neuen Vertrag sollten die Arbeiterinnen und Arbeiter anerkennen, daß sie weniger Lohn und Deputat zu beanspruchen hätten. Ein Teil der Arbeiter weigerte sich, diese Kürzung ihrer an sich niedrigen Löhne anzuerkennen. Daraufhin wurden am 23. März 1926 fieben Familien entlassen. Durch Gerichtsurteil wurden die Familien aus ihren Wohnungen gedrängt Es wurde ihnen eine notbürftige Unterkunft gewährt. Wie diese Unterkunft aussieht, soll an einem Falle beleuchtet werden: Der Arbeiter S. bewohnt mit seiner Familie ein Zimmer. In dem felben ist es ihm nur möglich, zwei Betten aufzustellen. In diesen zwei Betten schlafen die Eltern und vier Kinder. Die Frau ist nach ärzlichem Urteil feit zwei Jahren lungentrant.
Am 1. April und 1. Oftober 1926 und 1. Januar 1927 find weitere dreizehn Familien entlassen worden, weil auch sie sich weigerten, thren Lohn fürzen zu laffen. Auch gegen auch sie sich weigerten, ihren Lohn fürzen zu lassen. Auch gegen diese dreizehn Familien hat der Graf Rittberg die Räumungs flage anhängig gemacht. Graf Rittberg motiviert seine Haltung damit, daß er erklärt, er sei nicht in der Lage, den alten Lohn weiterzahlen zu können. Daß dies nur ein Vorwand ist, um gewertschaftlich oder politisch organisierte Leute zu entlassen, wird dadurch bewiesen, daß diejenigen Arbeiter und Arbeiterinnen, welche den neuen Arbeitsvertrag unterzeichneten, nicht nur den alten Lohn weiterbefamen, sondern sogar für ihre Unterwürfigbeit ein höheres Deputat erhielten. Die Krone fegte der Graf seinen Handlungen gegenüber den Entlassenen mit folgen dem auf:
In Altenlohm besteht eine öffentliche Milchver taufsstelle. Diese Stelle wird durch das Dominium des Grafen Rittberg mit Milch versorgt. Graf Rittberg hat der Milchstelle nunmehr verboten, den Arbeitern die für ihre Kinder erforderliche Milch zu verkaufen. Die Entlassenen wandten sich daraufhin an den Landrat des Kreises. Dieser hat mit der Hilfe des Vaterländischen Frauenvereins erreicht, daß die Arbeiter wieder für ihre Kinder Milch zu faufen befamen. Doch der Graf tonnte seinen Haß gegen die Ent. laffenen nicht bändigen. Nach drei Tagen ließ er durch seinen In fpettor Geister der Milchstelle wiederum den Befehl zugehen, den enlaffenen Arbeitern felne Milch abzugeben. Die Milchstelle fügte fich dem. Die Arbeiter sind nunmehr gezwungen, wenn sie ihren Kindern das unentbehrliche Nahrungsmittel verschaffen wollen, morgens nach den umliegenden Ortschaften zu wandern, um dort Milch für ihre Kinder zu erlangen. Ja, dieser famose Graf Riffberg hat den Kutschern feines Dominiums jogar verboten, für die Kinder der Entlaffenen Milch aus den nächftliegenden Orten mitzubringen!" Ein Einzelfall? Ach nein, die Praxis hat oft genug bewiesen, daß die Deutschnationalen überall genau so oder ähnlich vorgehen, wo sie der Serrim Hause zu sein glauben. Ihr Bestreben ist lediglich darauf gerichtet, die Herr- imHause" Position auf allen Gebieten zurückzuerobern. Ihr Ideal ist der Zustand des Dreiklassenwahlrechts im alten föniglichen Preußen.
Aber was fagen die Mitglieder des 3entrums zu der artigen Borfällen? Das Kabinett trägt den Namen des Zentrumsführers. Das Bentrum wird damit die Hauptverantwortung für den Geift tragen, der in diesem Kabinett herrscht. So selbstverständlich es ist, daß die preußische Re gierung alles tut, um die Not der von dem Grafen vergemaltigten Arbeiter zu mildern, so selbstverständlich müßte es für die Reichsregierung fein, eine Handlungsweise wie des Rittbergers für die Zukunft unmöglich zu machen.
Die Hochschule der Zukunft.
Eine Kundgebung für Hochschulreform.
Die seit langem zur Lösung drängende Frage einer Umgestal tung unserer Universitäten wurde in der Ortsgruppe Berlin des Bundes entschiedener Schulreformer erörtert.
Prof. Dr. Heinrich Waentig- Halle
| fie in Hannover buchstäblich am eigenen Leibe fennen gelernt", schaltete er in bitterem Spott ein. Diese besondere Freiheit" gibt der deutschen akademischen Welt noch heute das Gepräge einer Don dem Bolts ganzen sich absondernden Kaste, die trozdem so gern betont, daß gerade sie die Vertretung der deutschen gab einen Ueberblid über die Entwidlung der deutschen Boltemasse und Staatsrecht eine besondere Freiheit beansprucht, hat Mation sei. Diejenige akademische Jugend, die heute noch gegen hochschule, die im wesentlichen als Schöpfung landesfürstlicher ein ganzes Jahrhundert verschlafen.( Buftimmung.) Regierungen entstand, wirtschaftlich von ihnen abhängig war und Was fie für Bildung hält, ist weiter nichts als äußerer Schliff. balb auch in geistige 2bhängigkeit geriet. Daß ein Staat Wir rufen diese Jugend auf, sich frei zu machen von der Phrase, von nicht Anstalten schaft und unterhält, damit fie gegen ihn arbeiten, der sie beherrscht ist. Wir werden uns gegen eine auf der höheren ist begreiflich. Die Universitäten wurden weniger zu Stätten freier Schule betriebene überlieferte Erziehung, die zur Form ohne Forschung als zu Bildungsanftal.en mit der praktischen Aufgabe, Seele geworden ist. Wir, die wir Lehrer der Jugend sind, wollen liefern. Wenn daraus die Forderung folgt, daß an den Uni anhaltender Beifall) bem Staat bie notwendigen Funktionäre zu an einer Erneuerung der Jugend arbeiten und Kämpfer sein.( Langverfitäten ein sta atsverfassungsmäßiger Geist herr. fchen foll, fo muß es Verwunderung erregen, daß in unserer re pumußte wegen Erfrantung Honigsheims ausfallen. Für ihn sprang Ein Bortrag des Boltshochschuldirektors Dr. Honigsheim- Köln blitanischen Zeit diese Forderung nicht mehr zu gelten fcheint. der Bersammlungsleiter Brofessor Waentig betonte die Notwendigkeit, nach demokratischem Grundsaß, den Besuch der hauptsächlich zu Lehranstalten gewor benen Universitäten dem Nachwuchs weiter Kreise des Boltes zu er. möglichen.( Lebhafter Beifall.) Dann sprach
Prof. Dr. Theodor Lessing - Hannover
Jugend. Er erinnerte daran, daß in diesen Tagen mit der ganzen über die akademische Freiheit und die deutsche Kulturwelt die Universitäten den vot 250 Jahren gestorbenen einJamen Denter Spinoza als den Ihren feiern, ihn, der bei Lebzeiten ich weigerte, für akademische Würden seine Geiftesfreiheit hinzudie geben. Prof. Leffing stellte die Freiheit des Geistes einzige Freiheit, bie es gibt gegenüber jener anderen Freiheit", der wakademischen Freiheit", die der Brotftudent und leider auch ein großer Teil der Professoren im Munde führt. Er selber habe
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in dem Hause Rösliner Str. 21 im Norden Berlins ab. Der Eine Eiferfuchtstragödie spielte sich heute früh gegen 48 Uhr 52jährige Arbeiter Gustav Schulz, der in der Siemensstr. 7 wohnt, gab auf seine frühere Geliebte, die 47jährige Blätterin Elfriede Schulz, einen Schuß ab und machte vor seiner Ber haftung einen Selbstmordversuch.
Schulz unterhielt mit Elfriede Sch. längere Zeit ein Berhältnis. Zu Ende des vorigen Jahres versuchte sie das Berhältnis aber zu lösen. Den Grund hierzu gab ihr Schulz, der sehr eifersüchtig ist, durch dauernde Drohungen. Die Streitigkeiten spizten fich an einem Tage im Dezember so zu, daß Sch. mit einem Meffer auf seine Freundin eindrang. Er bereute bald seine Tat. Seitdem stellte er der Sch. nach, um eine Berföhnung herbeizuführen. Immer mußte er unverrichteter Sache abziehen. Heute früh erschien er wieder in der Wohnung seiner früheren Geliebten. Als sie eine Versöhnung der Wohnung feiner früheren Geliebten. Als sie eine Berföhnung wiederum schroff zurüdwies, fam es zu einem sehr erregten Wort wechfel, in beffen Berlauf er plöglich einen Revoloer hervorzog und auf Frau Sch. einen Schuß abgab. Nachbarn ellten hinzu und benachrichtigten gleichzeitig die Polizei. Als die Beamten zu ber Verhaftung des Täters schreiten wollten, schoß er sich eine Kugel in den Mund. Beide wurden durch das Städtische Rettungsamt in das Virchow- Krankenhaus geschafft. Bei Frau Sch. tonnte tein Einschuß, sondern nur eine blutunterlaufene Stelle festgestellt werden, obgleich das Kleid eine Schußfpur aufwies. Nach einer Röntgencufnahme fonnte sie nach Hause entlassen werden. Der Täter wurde als Bolizeigefangener in das Staatstrantenhaus gebracht, wo er sehr bedenklich daniederliegt.
Pensionskürzungen und Republikschutzgesetzlich zum Ausbrud fommt, lehnen wir ab. Der Beamte will fein
Ein sozialdemokratischer Gesetzesvorschlag. Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion hat im Reichstag einen Initiatingefegentwurf über Kürzung der Ber jorgungsbezüge und Kenderung des Republitschuß geseges eingebracht. Der Antrag ist gestern bereits dem Haushaltsausschuß überwiesen worden.
Artikel 1 des Entwurfs übernimmt die Pensionstür zungsbestimmungen der von Stresemann und Dr. Luther erlaffenen Bersonalabbauverordnung von 1923 mit der Erleichte rung, daß das fürzungsfreie Einkommen der Pensionäre und Warte. Gelbempfänger nicht nach der Eingangsstufe der Besoldungsgruppe VII, fondern der Besoldungsgruppe X berechnet wird. Danach fann jeder Pensionär und Wartegelbempfänger neben feinen Bec forgungsbezügen ein Privateintommen von rund 425 M. monatlich beziehen, ohne daß eine Rürzung eintritt. Bon dem Mehreintommen wird ble hälfte auf die Berfor gungsbezüge angerechnet. Besonderen Wert hat die Fraktion darauf gelegt, daß entsprechend der Vorschriften der Herren Etresemann und Luther sowohl das Arbeitseinkommen, als auch das Einkommen aus Brivatvermögen von der Kürzung er faßt wird.
Im Artikel 2 des Entwurfs wird vorgeschrieben, daß ungeachtet der Bestimmung des Reichsbeamtengeseges, nach der der in 40 Jahren zu erreichende Höchstbetrag der Pension 80 Prozent des pensionsfähigen Diensteinkommens nicht übersteigen darf, in feinem Fall mehr als 12 000 mart jährlich an ension gezahlt werden dürfe. Dieser Bensions. jag entspricht ungefähr den heute gültigen Benfionen der Ministerial. direktoren, Generalmajore und Ronteradmirale.
Um das neue Polizeibeamtengesetz. Der Berband Breußischer Polizeibeamten E. B. nahm gestern in einer Sigung seiner Funktionäre aus Berlin und dem Reich zum neuen Polizeibeamtengefeßentwurf, der in diesen Tagen dem preußischen Staatsrat zugegangen ift, Stellung. Shrader, ber Hauptreferent, übte scharfe Stritit an einzelnen nahmen, die nach ihm das Disziplinarftrafgeses von 1852 an Baragraphen der Vorlage, so der Regelung der Disziplinarmaßmängeln überbietet. Die Entlassungsfrage bietet Gefahren für die Beamtenfchaft, das Cheverbot für die Beamten im Bes reitschaftsdienst hält Schrader für völlig unhaltbar. Alles in allem bedeute der Entwurf eine Berschlechterung des bestehenden Schutzpolizeibeamtengejeges. Die Polizeibeamtenschaft will fich materiell und ideell dem Gesamtbeamtentörper eingliedern, ein Organisations. fyftem à la Reichswehr , wie es in dem vorliegenden Entwurf deut Objekt befonderer Ausbeutung, sondern ein produttives, geachtetes Glied im Boltsstaate sein. Schuld an dem Entwurf hätten die Geheimräte, Offiziere bes ehemaligen Generalstabes, die durchaus militaristisch orientiert seien. Wir verlangen zu den Beamtenpflichten auch Beamtenrechte. Siering, Polizeireferent des Deutschen Be amtenbundes, sowie Flügel, Borsitzender des DBB., der eine Er. flärung vorlas, schlossen sich dem Protest an. 21 reichsdeutsche Beamtenverbände haben sich mit der entschiedenen Ablehnung des Entwurfs durch den BPP. solidarisch erklärt. In der Diskussion pöbelte der deutschnationale Landtagsabgeordnete Major a. D. Bort die Breußenregierung an und suchte in demagogischer Weise parteipolitisch- militaristische Propaganda zu machen. Genosse Mard mardi, ber nach ihm sprach, nahm energisch gegen den Entwurf Stellung und bezeichnete insbesondere das Cheverbot für indiskutabel. Seine Ausführungen fanden starken Beifall der Beamtenfunktionäre. Nach ihm sprachen Megenthin von der Volkspartei, der Demofrat Herrmann, Rasper, der kommunistische Abgeordnete, Stiller, Bolizei präsident in Effen, vom Zentrum und schließlich Genoffe Simon, ber Mardwarbis Ausführungen unterstrich. Nach Schlußworten Schraders wurde eine längere Entschließung angenommen. Der Kutschermord bei Eberswalde .
Die Leiche des erschossenen Rutschers Wessel wurde gestern in Eberswalde von dem Stadtmedizinalrat obduziert. Es wurde feftgestellt, daß die Kugel durch die Leber und den Darm gegangen und daß Weſſel an innerer Berblutung gestorben ist. Zur Untersuchung des Schusses war Prof. Dr. Brüning vom Berliner Bolizeipräsidium zugezogen worden. Ob ein Fern- oder Nahschuß vorliegt, tonnte gestern noch nicht festgestellt werden. Die Kleidungsstüde des Ermordeten werden deshalb nach Berlin gebracht und hier von Prof. Brüning genau untersucht werden. Der Einschuß fist etwas höher hinten als der Ausschuß vorn. Wenn der Mörder von der Chauffee aus gefchoffen hat, so muß er also ein ungewöhnlich großer Mensch sein. Er fatin sich aber auch auf dem Wagen befunden haben. Zwei Forsteleven haben ja neben dem Rutscher einen zweiten Mann gefehen. Die affe hat eine sehr große Durschlagstraft gehabt. Beffel trug schwere Kleidung, einen Belz, eine bide Joppe, eine este, zwei Hosen und ein Hemb. Das Geschoß ging durch alle bieſe Kleidungsstücke hindurch und blieb, wie fett feststeht, erst vorn in der Joppe stecken. Während der Schwerverletzte vom Wagen herunter genommen und in die Gastwirtschaft in Golzow gebracht wurde, ist es verloren gegangen. Es ist bis jetzt noch nicht wiebergefunden, Wegen der weiteren Gültigkeit des Republitschuh gefeges, das mit dem 20. Juli b. 3. abläuft, wird die Reichs- bensowenig bie Hülfe. Nach der Durchschlagskraft zu urteilen, ist Waffe vermutlich eine Barabellumpistole. Die An tagsfraktion einen besonderen Borstoß unternehmen. nahme, daß der Mörber zweimal geschossen habe, hat sich nicht be.
Der Artikel 3 des Entwurfs verschärft den§ 10 des Repu blikschuhgesetes bahin, daß bei der Verurteilung eines Be amten oder einer Militärperson wegen eines Verstoßes gegen diefes Gefeß zu Gefängnis oder Feftungshaft das erfennende Gericht berpflichtet ist, auch den Verlust des Amtes, bei Militärper fonen die Dienstentlaffung, sowie den gänzlichen oder teilweisen, dauernden oder zeitweiligen Berlust des Gehalts, Wartegeldes oder zeitweiligen Berlust des Gehalts, Wartegelbes oder Ruhegehaltes auszusprechen.
Prof. Paul Deffreich- Berlin
ein. Er stellte die Forderung auf, daß die Hochschule ber 3u funft nicht mehr ein Tummelplaß für Brotstudenten sein darf. Ihnen könne man in Fachbildungsanstalten die Vorbereitung auf thren Beruf geben, die Hochschule aber müsse den seelisch Geweten vorbehalten bleiben.
Nach kurzer Aussprache betonte Prof. Lessing in seinem Schlußwort, daß er nicht Auflösung, sondern Umgestaltung der Univerfi
täten will.
Die Polizei hatte wohl befürchtet, daß nationale" Studenten, auf ihre atademische Freiheit" pochend, geçen Prof. Lessing lärmen würden. Ihre ungebeten erschienenen Beamten konnten, den Wunsch der Versammlungsleitung erfüllend, bald wieder nach Hause gehen. Die Versammlung blieb von Störungen verschont.
stätigt. Unter den Beschädigungen, die die Wagenschüße aufweist, befindet sich eine, die von einem Schuß herzurühren schien. Eine genaue Untersuchung ergab jedoch, daß sie auf eine andere Ursache zurückzuführen ist. Bon dem Mörder ist auch durch weitere Kontrollen der Herbergen von Joachimsthal und Eberswalde noch keine Spur gefunden. Die Nachforschungen werden von der Staatsanwaltschaft in Prenzlau , Kriminalfommiffar Trettin und der Landjägerei heute nach allen Richtungen fortgejezt.
Der Lagerraum als Abort. Ein Tilsiter Idyll.
Wir leben bekanntlich im Zeitalter der Hygiene. Welche schier unglaublichen Dinge noch im zwanzigsten Jahrhundert möglich find, beweist ein Standalfall, von dem jetzt die Tilsiter Zeitungen berichten. Auf Grund von Anzeigen nahm fürzlich die Tilsiter Gesundheits polizei in den Lagerräumen der Firma Thamps und Gaofs, Filiale Tilfit, die Kaffee, Tee, Echokolade, Rets und Ronfitüren auf Lager haben, eine Untersuchung por. Sie zeitigte geradezu haarfträubende Ergebnisse. Im Lagerraum hatte der famose Filialleiter, Herr Zielfe, sein Nachtlager aufgeschlagen.(!) Ein efelerregender Geftant erfüllte die gesamten Lagerräume, in der Schlafkammer, in Papierkörben und Winkeln fanden die revidierenden Beamten eine Unmasse von alten und frischen menfchlichen Egfrementen. Zwischen den Warenbeständen wurden Papiera bündel mit dem gleichen lieblichen Inhalt gefunden, eine Pflaumen fifte wies unverkennbare Fingerabdrüde in Rot auf. Auf die Bor haltungen der empörten Revisoren soll Herr Zielfe feine Ferkeleien damit entschuldigt haben, daß es ihm., an ber nötigen 3eit gefehlt habe, im Bedürfnisfalle einen Abort aufzusuchen.(!!) Ein im Lagerraum befindlicher Hund, der nie an die frische Luft geführt wurde, folgte den hygienischen Losungen seines Herrn und erledigte die leiblichen Geschäfte ebenfalls im Lagerraum. Sämtliche Lebensmittel hatten durch die Ausdünstungen naturgemäß start gelitten. Besonders standalös erscheinen die Zustände dadurch, daß bie angenehme Firma noch bis in jüngster Zeit die einschlägigen Geschäfte mit ihren erfitlasfigen" Waren beliefert hat. Gegen den verfatterten Filialleiter ist Anzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet worden
in diesem und einem anderen, nicht minder unerhörten Fall. Es ist
festgestellt worden, daß der Filialleiter feine Angestellien aufs Unglaublichste ausgenutzt hat und sie von morgens 7 Uhr bis nachts um 2 Uhr, also 19 Stunden, taum ohne Unterbrechung arbeiten ließ. Man faßt fich an den Stopf, wenn derart vorfiniffutliche Dinge befannt werden. Schuld an dieser verbrecherischen Ausbeutung tragen aber die Angestellten zum Teil selbst, da sie sich derart Menschenunwürdiges gefallen ließen. Hoffentlich wird dieser famose Arbeitgeber und Lagerverwalter vor Gericht so angefaßt werden, wie es fein gemeingefährliches Verhalten
verdient.
Abgestürzt und aufgespießt. Ein schwerer Unfall ereignete sich heute vormittag in dem Hause Budapester Straße 9a. Der heute vormittag in dem Hause Budapester Straße 9a. Der 26jährige Fensterputzer Baul Engel aus der Barnimstraße 49 glitt beim Arbeiten in beträchtlicher Höhe auf der Leiter aus und stürzte ab. Unglücklicherweise fiel er auf eine mit Eisengen, Knochenbrüchen und inneren Berlegungen pigen befeßte Mauer. Mit schweren Ropfverlegun mußte der Berunglückte durch einen Wagen bes Städtischen Rettungs. amtes in bas Elisabeth- Krankenhaus geschafft werden. Sein Be finden gibt zu Besorgnissen Anlaß.
Steffin, 28. Februar. ( Eigener Drahtbericht.) Die Stettiner Mordkommission erhielt gestern in den Bormittagsstunden bie Nach richt, baß in Sabit bei Bergen auf Rügen ein furchtbares Berbrechen perübt worden sei. Der Chef der Landeskriminalpolizei entfandte fofort die Mordfommission an den Tatort. Man fand am Waldes faum die Leiche der 23 Jahre alten Frau des Arbeiters Wenglaff in einer Blutlache tot auf. Die Tote wies mehrere Messerstiche auf, fie war aber nicht beraubt worden. Das Berbrechen ist bereits in ben frühen Nachmittagsstunden verübt worden. Es handelt sich zweifellos um einen Lustmord. Die Nachforschungen, die von den Bolizeibeamten unternommen wurden, führten bereits zu einer Ber
haftung.
Wieder einmal der Atlantik überflogen! Der italienische Flieger Pinedo bat nach Meldungen aus Fernando Noronha ( Brasilien ) die Ueberquerung des Atlantischen Ozeans glücklich vollendet. Das Flugzeug mußte infolge schlechten Wetters auf dem hochgehenden Meere niebergehen. Der brasilianische Kreuzer Barroso" schleppte die Maschine in die Bucht von Santo Antonio. Der Flieger ging an Bord des Kreuzers. Der ganze Transozeanflug de Binedos hat 18 Stunden gebauert, in welcher Zeit er rund 3000 Rilometer zurückgelegt hat, in dem die Entfernung von Porto Praya bis Borte Natal 2750 Kilometer beträgt und de Pinedo überdies wiederum die 880 Kilometer lange Strecke nach der Insel San Fernando da Naronha zurüdlegen mußte. Das Flugzeug ist während der Fahrt dem italienischen Dampfer Dettolo" und dem englischen Dampfer ,, Darror" begegnet. Während de Pinedo die Kapverdischen Inseln bei ruhiger See und hellem Mondschein verlassen hatte, schlug die Witterung an ber brasilianischen Küste plöglich um und er geriet
in einen schwern Sturm. Der Wind hatte eine Geschwindig feit von 72 Kilometern in der Stunde.