Einzelbild herunterladen
 

maffer in Berührung fommen, Gestalten, denen man ansieht, daß sie tagelang aus den Kleidern nicht herauskommen, arbeiten neben den verwahrlosten Lauben. In einer hocht, in verwahrlostem Bett, ein anderthalbjähriges Kind, neben ihm schläft im Kinderwagen ein Eäugling, die schmutzige Milchflasche zur Seite. Die Mutter schläft noch, um 11 Uhr vormittags im Bett friert man weniger und Haushalt und Kinder verwahrlosen; man ist zu stumpf, sich noch zu wehren.

-

Der Berliner Haushalt.

Vorschläge zur Erhöhung der Grund-, Gewerbe­und Hundesteuer.

Gestern hat der Berliner Magistrat nach vorangegangener gemeinsamer Beratung mit den Bezirksbürgermeistern den Haus haltsvoranschlag für das Jahr 1927 endgültig ver. abschiedet. Wie schon aus dem Ergebnis der früheren Beratun­gen flar zutage trat, ist es nicht möglich gewesen, ein Gleichgewicht des Haushalts unter Beibehaltung der bisherigen Steuersätze herbeizuführen. Dazu war der vorhandene Fehl­betrag zu groß, und auch die aus der Neuregelung des preußischen Finanzausgleichs erwarteten Beträge haben nicht ausgereicht, um ihn zu decken. Der Magistrat schlägt infolgedessen der Stadt­verordnetenversammlung vor, zur Herstellung des Gleichgewichts die Gewerbesteuer von 425 Pro3. auf 525 Pro3., die Grundsteuer von 200 Pro3. auf 230 Proz. und die Hundesteuer von 60 m. für den ersten Hund auf 30 M. zu erhöhen. An dem Charakter des Haus­halts hat sich insofern auch bei der endgültigen Magistratsberatung nichts geändert, als die Ausgaben, namentlich die einmaligen Aus gaben, in einer unerhörten Weise haben zusammengestrichen werden müssen. Nur nach langen Beratungen hat sich der Magistrat ent­schlossen, wenigstens in bescheidenem Umfang für Schulbauten einen Betrag von rund 5 Millionen Mark in den ordentlichen Etat und einen Betrag von etwa 15 Millionen Mark für das Berufsschul­wesen in den außerordentlichen Etat zu stellen. Nach wie vor find die Ausgaben für den Straßenbau in faum zu verantwortender Weise eingeschränkt. Von den ursprünglichen Anforderungen auf diesem Gebiet in Höhe von etwa 48 Millionen Mark ist schließlich der vierte Teil übrig geblieben.

Die Stadtverordnetenversammlung wird jedenfalls bei der Be­ratung dieses Haushaltes vor einer schwierigen Aufgabe stehen. Er enthält keine Reserven. Die Ausgabenbeschränkung ist kaum zu ver­antworten, und auf der anderen Seite sind alle zweifelhaften Posi­tionen, die bei der Neuregelung des Finanzausgleichs im Reiche noch hart umfämpft werden, in voller Höhe wie bisher eingesetzt. Falls dort entsprechend den Ankündigungen maßgebender Rechts­parteien weitere Abstriche zuungunsten der Gemeinden vorgenommen werden, ist das Gebäude des Berliner Etats auf der bisherigen Steuerbasis nicht mehr zu halten.

Keiner ist geschädigt!"

Der Oberstaatsanwalt als Verteidiger Jürgens. Im Jürgens- Prozeß spielte sich gestern bei der Vernehmung des Zeugen Julius Meyer in Firma Meyer u. Caspary( ein Stargarder Bankgeschäft) ein interessanter 3 wischenfall ab. Frau Jürgens hatte im April 1925 zunächst 1000 m. von der Firma geliehen und später noch weitere Beträge bis zur Gesamt­höhe von 2250 M. erhalten. Als Sicherheit gab sie eine Reihe von Delgemälden, darunter Kopien von Rembrandt und van Dyck sowie Originale. Auf die Frage des Vorsitzenden nach der Herkunft der Originale sagte Frau Jürgens, daß sie zwei davon in der Kunstausstellung in Kassel gekauft habe. Darauf erflärte der An= getlagte Jürgens: Der Herr Oberstaatsanwalt und feine Frau kennen doch meine Wohnung. Ich habe ihm persönlich die Originale gezeigt. Zum Teil habe ich sie selbst in Kassel getauft, um dort die Künstler zu unterstützen. Diese Bilder müssen heute etma 4000 m. wert sein. Eine andere Kopie ist mindestens 1500 m. mert. Auf jeden Fall sind dadurch die Schulden mindestens gedeckt. Darauf erwiderte der Oberstaatsanwalt ziemlich getränkt: Ich weiß nicht, weshalb der Angeklagte mich und meine Frau dauernd in die Verhandlung hineinbringt. Ich finde das nicht sehr taftvoll. An den Zeugen Meyer aber richtete er eine Frage, die der Verteidigung alle Ehre gemacht hätte: Haben Sie nicht damals erklärt, allein die Goldrahmen berechneten sich auf 2800 M., und Ihre Forderungen wären 2400 m., also wären Sie gedeckt? Der Angeklagte Jürgens verbeugte sich hierauf hin lächelnd zum Oberstaatsanwalt. Der Zeuge Meyer antwortete, daß er sich nicht fachverständig fühle, daß aber sicherlich durch die Rahmen allein schon seine Forderung gedeckt sei. Sehr interessant gestaltete sich auch die Vernehmung des Stadtbankdirektors Ulbrich aus Star­ gard , der u. a. darauf hinwies, daß er die Unterschrift der Frau Jürgens für die ihres Gatten gehalten habe. Er sagte weiter, daß die Familie Jürgens in einem so guten Ruf gestanden habe, daß er an den Geldgeschäften feinen Anstoß genommen habe. Frau Jürgens habe sich als gewandte Frau bei ihren Geschäften bewiesen. Es sei durchaus möglich, daß der Angeklagte von den Geldgeschäften feiner Frau nichts gewußt habe, da er ihr hierin volles Vertrauen schenfte. Nach einer Bause wurden dann nochmals die Geschäfte der Evaporatorgesellschaft behandelt. Hierauf wurde die Verhand lung auf Freitag früh 9 Uhr vertagt. Der heutige Donnerstag bleibt

verhandlungsfrei.

Eröffnung des Ueberfeekabels Emden- Azoren .

Eine Feierlichkeit von internationaler Bedeutung wird sich am Freitag, dem 4. März, in Berlin im Hotel Esplanade vollziehen. Dort wird die Eröffnung des deutschen Ueberfeefabels Emden - Azoren durch die deutsch­atlantische Telegraphengesellschaft im Beisein des Reichspoſt­ministers Schäzle vor sich gehen. Bekanntlich waren im Laufe des Krieges alle eignen deutschen Kabellinien zerstört worden und somit auch die sehr wichtige deutsche Kabelverbindung Emden - Azoren verloren gegangen, so daß wir nach Beendigung des Krieges stets die Kabelleitungen ausländischer Gesellschaften benutzen mußten. Dieser Uebelstand hat jetzt dadurch sein Ende erreicht, daß die deutsch - atlantische Telegraphengesellschaft ein modernes, technisch hochwertiges Kabel auf der genannten Linie ausgelegt hat. Dieses neue Kabel läuft Emden - Azoren und erreicht dort zwei direkte Anschlüsse an die Kabelleitungen der Western Union Telegraphen Gesellschaft und der Commercial Cable Company, so daß jetzt wieder Emden - New York dirett telegraphiert werden fann. Aus Anlaß der Feierlichkeit werden der Vorsitzende des Auf­sichtsrats der deutsch - atlantischen Telegraphengesellschaft, Dr. Solmssen, und Reichspostminister Schätzle je eine Ansprache halten, die über den Sender der Funkstunde in Berlin und über den Deutschlandsender Verbreitung finden werden. Der Festakt fällt in die Abendstunden von 8,15 bis 9 Uhr, wodurch eine Verschiebung des Abendprogramms der Funkstunde notwendig wird.

Straßenbahn und Lastkraftwagen. Ein schwerer Zusammenstoß zwischen einem Straßenbahnwagen der Linie 87 und einem Last­fraftwagen, der eine empfindliche Verkehrsstörung von zien lich 40 Minuten zur Folge hatte, ereignete sich gestern nachmittag am Köllnischen Part Ede Köpenider Straße. Die vordere Plattform des Triebwagens wurde völlig einge drückt und der 38jährige Straßenbahner Josef Schneider, mohnhaft Laufizer Blaz 10, schwer verlegt. Sch. fand im Bethanienfrankenhaus Aufnahme. Beide Fahrzeuge wurden fo schwer beschädigt, daß sie abgeschleppt werden mußten. Der Ber­

Mißhandelte Kinder.

,, Geradezu ein Akt des Sadismus." Die prügelnde Stiefmutter.

Ein auffallend mildes Urteil in einem Kindermißhandlungs­prozeß fällte das erweiterte Schöffengericht Schöneberg , dessen Milde bei einem ähnlichen Falle bereits vor einigen Monaten in der Deffentlichkeit großes Befremden erregt hatte. Die Schilderung des Martyriums, das der siebenjährige Knabe Bodo und sein Bruder, der neunjährige Kurt, unter ihrer erst 23 Jahre alten Stiefmutter durchzumachen hatten, erregte in dem dicht be­setzten Zuhörerraum deutlich bemerkbares Entsezen. Frau Gertrud Stolzenberger war angeklagt der grausamen Mißhandlung ihrer beiden Stieftinder mittels eines gefährlichen Werkzeuges.

Die Angeklagte ist im Jahre 1903 geboren und hatte im Februar 1925 den Musiker Stolzenberger geheiratet, der aus der ersten Ehe die beiden Knaben hatte. Die Behandlung der Kinder hatte bei den Mitbewohnern des Hauses Baußener Str. 13, die in großer Zahl auf der Zeugenbank erschienen, schon seit langem die höchste Erregung hervorgerufen. Die Angeklagte bestritt zwar, die Kinder übermäßig geschlagen

Eine

zu haben und will sie nur für Unart und Naschhaftigkeit gezüchtigt haben. Alles sei auf die inzwischen verstorbene Großmutter der Kinder zurückzuführen, die die Kleinen aufgehegt hätte. Die Zeugen. vernehmungen ergaben aber ein ganz anderes Bild. Schwägerin der Angeklagten bekundete, daß die Großmutter lebhafte Klage über die Mißhandlungen der Kinder geführt habe. Bei der Beerdigung der Großmutter fei allgemein aufgefallen, daß der fleine Kurt blaue Flecke am Auge und darunter eine offene Wunde, auf die ein Pflaster geklebt war, hatte. Kurt sagte ängstlich, er dürfe darüber nicht sprechen, sonst bekomme er noch mehr Schläge. Ein anderes Mal streifte die Zeugin ihrem Neffen den Aermel hoch und sah auf dem Arm einen dicken blutunterlaufenen Striemen. Eine andere 3eugin hörte oft, daß die Kinder geschlagen wurden. Es waren furchtbare, harte Schläge und das Wimmern der Kinder flang entfeßlich. Als die Zeugin am nächsten Morgen Kurt fragte, ob er geschlagen worden sei, erwiderte er, nein, Bodo für ein Loch ich mit Ihnen rede." Einem Bahnbeamten im Hause, der Kurt bitter­in der Hose, aber sprechen Sie leise, damit Mutter nichts hört, daß lich weinend antraf, flagte dieser:" Ich werde ja so furchtbar ge­hauen

mit dem Stoď oder Riemen über den Kopf und wo es hintrifft. Bater sagt immer, fie soll es nicht tun, aber wenn er fort ist, haut fie uns doch. Bei jeder Kleinigkeit bekommen wir Haue." Besonders belastend für die Angeklagte war die Aussage der Flurnachbarin. Oft habe sie die Kinder weinen gehört und auch blaue Flecke und Wunden im Gesicht und am Kopf wahrgenommen, aber durch die dicken Wände nichts Genaues feststellen können, bis am 22. Septem­ber ein Vorfall passierte, der sie zu einer Anzeige veranlaßte. Die Beugin erzählte darüber folgendes: Kurt fam vom Spielen herauf. Als er flopfte, wurde er gleich barsch angefahren, er solle den fleinen Bruder auch heraufholen. Ich wollte der Sache mal auf Die Spur fommen und sah durch das Guckloch. Der Knabe war ganz verschüchtert und verängftigt. Raum hatte sich nachher hinter den beiden Kindern die Korridortür geschlossen, als ich gleich einen schweren Fall und einen furchtbaren Aufschrei hörte. Dann wurden beide Kinder so fürchterlich mit dem Stock geschlagen, daß ich in meiner Aufregung mehrmals meine Tür aufmachte und schrie, sie möge endlich aufhören. Das wurde aber nicht beachtet. Ich konnte

fehr in und von Richtung Spittelmarkt stockte, wurde später aber durch Umleitung aufrechterhalten. Die Schuldfrage konnte nicht geflärt werden.

Die Straßenhändler protestieren.

Die Freie Bereinigung der Straßenhändler für Obst, Gemüse, Lebensmittel usw. Groß- Berlin" hatte zu Dienstag abend nach den Musikerfälen eine Versammlung einberufen, um gegen die Unterdrückung des Straßenhandels Einspruch zu erheben.

Die Versammlung war gut besucht. Die Redner des Abends führten aus, daß außer den 180 Straßen, die für den Straßenhandel verboten sind, weitere 120 Straßen ver= boten werden sollen. Durch die hohen Abgaben für Ge= werbeschein und Standgeld ist das Gewerbe ohnehin schon sehr erschwert. Der Straßenhandel wirkt preisverbilligend, darum fämpft die Wirtschaftspartei gegen den Straßen handel. Auch die Hausbesitzer beteiligen sich an diesem Kampf. Sie wollen die Straßenhändler zwingen, Läden zu mieten. Es ist statistisch errechnet worden, daß 70 Proz. der gesamten Obst­waren und Gemüse, die in Berlin ankommen, durch den Straßen­handel umgesetzt werden. Täglich fommen 100 Waggons zu je 100 3entner Obst und Gemüse in Berlin an. Die Wirtschaftsverbände erklären immer, daß der Straßenhandel schon deshalb beseitigt werden müsse, weil die Lebensinittel von den Straßenhändlern in der Wohnung aufbewahrt würden. Die Polizei hat genaue Vorschriften für die Aufbewahrung der Lebensmittel erlassen. Es ist bisher kein Fall bekannt geworden, daß ein Straßenhändler die Bestimmungen nicht befolgt hätte. Nach einer Aussprache wurde eine Kommission gewählt, die dem Polizei­präsidenten einmal die Wünsche des Straßenhandels dar­legen soll. So weit sehr gut. Aber die Straßenhändler der Freien Bereinigung sollten es sich entschieden verbitten, daß in einer fach lichen Angelegenheiten gewidmeten Versammlung Propagandareden für die Kommunistische Partei gehalten werden. Auch die Schimpfe reien auf unsere Genossen aus der Stadtverordnetenversammlung waren überflüssig und völlig unangebracht.

Funkwinkel.

Zu einem Otto Flate Abend gab Dr. Otto Ernst effe eine lebendige Einführung, die allerdings mehr auf den Philosophen als auf den Dichter Flake hinwies. Aber da in einem folgenden furzen Romanbruchstück der Dichter selbst zu seinem Publikum sprechen konnte, so war Dr. Hesses Vorrede eine glücküche Ergänzung zu dem Begriff Otto Flake ", den dieser Abend ver­mitteln wollte. Denn Flake ist wohl in gleichem Maße bewußter Weltanschauungsphilosoph wie Dichter; ihm geht es mindestens ebenso viel um die Weltanschauung der Menge wie um seine eigene Weltanschauung. Das ist vielleicht das wertvollste an Flakes Schaffen, und es ist dankenswert, daß es durch die Gestaltung des Abends zum Ausdruck kam. Ein Vortrag, vielleicht nicht von vielen, nicht unmittelbar Interessierten gehört, zeigte eins der schönsten Wirkungsgebiete des Rundfunks, das der Voltsauf­flärung. Diesmal handelte es sich um ein verhältnismäßig enges Gebiet, um die Behandlung und den Umgang mit Stotterern sprach Heillehrer E. Reinde, gab aufschlußreiche Anweisungen in seinem Vortrag, die besonders wertvoll und erfreulich waren, wenn man berücksichtigt, daß der Rundfunk sie weit über die Peripherie der Großstadt hinaus verbreitete, in solche Kreise, wo gegen Sprach­leidende sicher noch oft und viel gesündigt wird. Dr. Werner Marholz begann eine Vortragsrethe" Die Großstadt und wir" mit einem einleitenden Vortrag, in dem er die Lebensformen der Großstadt lebendig formulierte, ohne daß er sie aus besonders neuen Gesichtspunkten betrachtet hätte. Die Einführung zu dem Sende spiel des folgenden Abends tam über allgemeine Phrasen über Offenbach selten hinaus.

-

tes.

-

es nicht mehr mit anhören und lief schließlich von Entsetzen gepackt zum Bäcker hinunter. Dort fiel ich wegen meiner Berstörtheit auf. Als mein Mann abends nach Hause kam, saß ich noch weinend da. Ein anderes Mal hörte ich die Angeklagte schreien Ich schlage euch, daß euch der Mund anschwillt". Kurts Lehrer, Kuhn, der Klassenlehrer der vierten Gemeindeschule, hatte mehrfach schon gehört, daß die Kinder von ihrer Stiefmutter mißhandelt würden, und hatte deshalb den Schüler im Auge behalten. Einmal hatte er blaue Flecke. Das Kind scheute sich aber, die Wahrheit zu fagen. Zuletzt machte der Junge einen immer gedrückteren Ein­druck. Am 23. September sah ich bei ihm einen fünf Zentimeter breiten blutigen Striemen am Nacken. Zugleich meldete mir ein Schüler aus dem Hause, daß Kurt wieder furchtbar geschlagen worden sei. Ich ließ durch den Schularzt Kurt und Bodo unter­suchen. Was sich da zeigte, habe ich in meiner 30jährigen Lehrer­praris noch nicht wahrgenommen.

Es war furchtbar, geradezu ein Aft des Sadismus. Die Schwielen lagen dicht nebeneinander. Vom Genid bis zu den Kniekehlen war der ganze Körper treuz und quer dicht damit bedeckt. Bei dem zarten jüngeren Kinde war der Eindruck noch entsetzlicher. Ich machte sofort Meldung beim Fürsorgeamt und drohte mit einer Anzeige, wenn nicht eingeschritten werden würde. Zu meiner Freude griff das Fürsorgeamt auch sofort ein und brachte die Kinder schon nach wenigen Tagen nach Potsdam in ein Fürsorgeheim. Im übrigen erkannte der Lehrer, ebenso wie die übrigen Zeugen, an, daß die Kinder an Körper und Kleidung immer gut gehalten worden seien. Die Klassenlehrerin des fleinen Bodo, den sie als ein williges freundliches Kind schilderte, hat bei ihm einmal blaue Flecke am Auge festgestellt. Der Schularzt Dr. Hellwig bekundete, daß bei den beiden Kindern der ganze Körper vom Naden herab über Rücken und Oberschenkel mit dicen Striemen pollkommen bedeckt war. Die große Zahl der Striemen, zum größten Teil blutunterlaufen, be weise, daß die Mißhandlungen eine lange Zeit gedauert haben. Die Angeklagte führte eine Reihe von Zeugen vor, um zu beweisen, daß sie zu den Kindern immer liebevoll gewesen sei. Aber schon die zuerst vernommene Zeugin, ihre Freundin, versagte in diefer Beziehung, denn sie mußte zugeben, daß sie bei Kurt eines Tages Spuren von Berlegungen wahrgenommen hätte.

Das Schöffengericht stellte im Urteil fest, daß die Angeklagte sich der grausamen Körperverlegung in drei Fällen mittest eines ge­fährlichen Werkzeuges schuldig gemacht habe. Zugunsten der Ange­flagten wurde aber angenommen, daß sie nicht von Anfang an die Absicht gehabt habe, die Stiefkinder grausam zu quälen, sondern daß sie sich zu den Einzelhandlungen durch ihr jähzorniges Temperament habe hinreißen lassen. Die Angeklagte habe bei ihrer Jugend noch nicht die Reife für das schwierige Amt der Erziehung von Schul­findern gehabt. Deshalb seien ihr mildernde Umstände zugebilligt worden, aber das Gesetz will hart sein, um solche wehrlosen Opfer zu schüßen, deshalb habe das Gericht auch nur eine Gefäng= nisstrafe für derartige Ausschreitungen für angemessen erachtet und die Angeklagte zu 1 Monat Gefängnis verurteilt". Mit Rücksicht auf ihre Jugend und weil die Gefängnisstrafe zu einer Berrüttung ihrer Verhältnisse führen würde, hat das Gericht der Angeklagten für die Strafe eine dreijährige Bewährungsfrist bewilligt, ihr aber eine Buße von 100 Mart, die in monatlichen Raten­zahlungen von 10 Mark zu leisten iſt, auferlegt.

Die tödliche Freundschaftsmenfur".

Bestätigung einer Verurteilung.

-

-

Der Sachverhalt der Freundschaftsmenfur zwischen den Stu­denten Kruschte und Bär ist noch in guter Erinnerung. Nach vierzig Gängen sechzig sollten ausgetragen werden verfing sich die Spitze von Kruschles Schläger in den Bandagen des Bär. Er erhielt eine Stichwunde in die Brust und starb drei Wochen später in der Charité an einer Blutvergiftung. So tam die an und für sich strafbare, jedoch gewohnheits­gemäß straffreie Mensur durch Zufall vor den Richter.

-

Das Gericht verurteilte den Studenten Kruschke auf Grund des § 205 wegen Zweikampfes zu fünf Monaten Festung. Staatsanwalt und Verteidiger legten Berufung ein; der erste wollte den schärferen§ 206 angewendet sehen, der die Tötung im Zwei­fampf im Auge hat, der Verteidiger focht die letzten Reichsgerichts­entscheidungen an, die in der Studentenmenfur einen strafbaren 3weikampf mit tödlichen Waffen sehen. Die Berufungsinstanz be Bur stätigte jedoch in der gestrigen Verhandlung das erste Urteil. Sache selbst ist kurz folgendes zu sagen: Das Reichsgericht wird in seiner Kampfeinstellung der Studentenmensur gegenüber alle modern denkenden Menschen auf seiner Seite wissen. Diese studentische Unfitte, die nichts anderes als ein mittelalter­liches Ueberbleibsel bedeutet, kann nur ein Ende finden, indem man ihr energisch auf den Leib rückt. Erst vor wenigen Tagen sind von einem süddeutschen Gericht nicht nur die Paukanten, sondern auch die Zeugen verurteilt worden. Dieser Standpunkt ist nicht nur straf­rechtlich richtig, sondern auch logisch. Die Ausführungen der Mensur freunde, daß es sich hierbei nur um einen" Sport" handele, sind wenig überzeugend.. Ein eigenartiger Sport, der die Körper­Sport, der ähnliches verfolgt. Auch die Statistik der Todesfälle bei verlegung des anderen zum Ziele hat! Man nenne einen zweiten verschiedenen Sportarten ändert nichts an der Tatsache, daß die Mensur an und für sich eine Unfitte bedeutet. Was aber im Fall Kruschte besonders bezeichnend war, ist der Umstand, daß der mittellose und unterernährte Bär nach durchzechter Nacht so ziemlich fampfunfähig war. Das mußte natürlich auch Kruschte nicht unbekannt sein. Trotzdem drängten beide zum Kampf. So tonnte das Unglück entstehen. Dieses unqualifizierbare Verhalten der jungen Leute ihrem Kommilitonen gegenüber wird wohl schwerlich als Beweis für die ertüchtigenden Eigen­schaften der Mensurunfitte ins Feld geführt werden können.

Stelle Dir Deinen Hustensirup selbst her.

Probiere dieses Rezept; es spart Dir Geld.

Husten, Erkältung und Influenza sind jetzt sehr häufige Gäste; darum dürfte manchem Leser das nachstehende Rezept willkommen sein. Man beschaffe sich in der Apotheke 60 Gramm dreifach kon­zentriertes Ansy und tue dies in einen Sirup, den man sich durch Auflösung von einem halben Pfund reinem gestoßenen Zucker in einem Viertelliter heißem Wasser herstellt. Man verrührt das gut, bis alles vermischt und aufgelöst ist, und läßt es dann erfalten. So bekommt man auf billige und einfache Weise beinahe einen halben Liter ausgezeichneten Hustensirup, der sich gut hält und in jeder Beziehung zufriedenstellt. Man nimmt davon ein bis zwei Tee­löffel voll viermal täglich; die lindernde Wirkung auf rauhen Hals und die Brust ist großartig. Das lästige Husten verschwindet meist schon nach 24 Stunden.

Eine sorgfältige Hausmutter hält sich daher immer eine Quan­tität von diesem Hausmacher- Hustensirup bei der Hand. Er wirkt leicht abführend und hat auch eine gewisse fräftigende Wirkung auf die gesamten Atmungsorgane. Kinder nehmen ihn sehr gern, und da er feine schädlichen Drogen, Narkotika u. dgl. enthält, fann er ihnen vertrauensvoll gegeben werden.

Wenn Sie nicht selbst zur Apotheke gehen, schärfen sie dem Boten ein, daß er dreifach konzentriertes Ansy verlangen muß.