Rätsel der drei Selbstmorde.
Wir wir in unserer gestrigen Abendausgabe mitteilten, wurde in den frühen Nachmittagsstunden am Nordufer des Müggelsees eine weibliche Leiche angespült. In der Toten wurde eine der drei Selbstmörderinnen und zwar die Schwester vermutet. Angehörige begaben sich gestern nachmittag nach Friedrichshagen , wo die Tote in der Leichenhalle aufgebahrt war und einwandfrei als die vermißte Dorothea eber aus der Dolziger Straße identifiziert werden konnte. Ge en 4 Uhr nachmittags wurde die Kriminalpolizei abermals alarm ert. Wiederum am Nordufer des Müggelsees, zwischen dem Städtischen Freibad und den Wasserwerken war ein im Wasser treibender menschlicher Körper gesichtet und an Land geholt worden. Ohne Zweifel hatte man es mit der dritten Vermißten, der 17jährigen Kontoristin Frieda Schlössow aus der Perleberger Str. 76, zu tun. Die Leiche wurde beschlagnahmt und zur Leichenhalle Friedrichshagen geschafft. Noch in den späten Nachmittagsstunden wurden die Angehörigen in Kenntnis gesezt und zur Identifizierung der Leiche aufgefordert, nach Friedrichshagen zu kommen. An den Kleidungsstücken wurde die Tote als die vermißte Frieda Schlössow erkannt. Die Leichen haben ziemlich sieben Wochen im Wasser gelegen und waren fast bis zur Unkenntlichkeit
verändert.
Der Müggelsee, der am selben Tage die beiden Schwestern Weber verschlungen hat, hat ihre Leichen auch an einem und demfelben Tage freigegeben. Die Aufregung, die damals der gemeinjame Selbstmord der drei Freundinnen in der Deffentlichkeit ver
ursacht hat, hatte sich bald gelegt. Neue Ereignisse des Großstadtlebens machten ihr Recht auf die Deffentlichkeit geltend. Die wirklichen Ursachen dieses Todes zu dritt werden wohl nie mit voller Bewißheit festgestellt werden können. So wird man sich mit mehr oder weniger schlüssigen Betrachtungen begnügen müssen. Diese gaben ein ziemlich erschöpfendes Bild.
So viel ist wohl tlar: Eine von den dreien bildete hier die freibende kraft. In dieser Organisatorin des Selbstmordes muß der Gedanke der Selbstvernichtung aus irgendeinem Grunde seit langem festen Fuß gefaßt haben. Um allein aus dem Leben zu gehen, bedarf es aber schon eines höheren Maßes von Entschlußkraft; die Ueberwindung des Selbsterhaltungstriebes zu zweien geht be= reits leichter von statten. Es ist beruhigend und ermunternd, Freun din und Schwester als Selbstmordgefährtinnen zur Seite zu wissen. Der Psychologe darf wohl gar von einem Spiel mit dem Selbst. mord sprechen. Vieles deutet nämlich darauf hin, daß es sich in diesem Falle zum guten Teil um ein grausames Spiel gehandelt hat: der Zettel, von der Hand der Charlotte Weber geschrieben, Frieda Schlössom, geb. am 4. Juni 1909 Charlotte Weber, geb. am 14. Juli 1908, gestorben 13. Januar 1927."; der Abschied von einem der Angestellten: Adieu Bußchen, wir sehen uns nicht mehr wieder"; der Ausspruch gegenüber einem anderen: Jetzt gehen wir uns das Leben nehmen"; der Ausflug nach Fried richshagen , die gute Stimmung bis zum letzten Augenblick. Und doch fonnte fein so grausames Spiel nur junge Leute treiben, die glaubten, ernste Ursache zu haben, aus dem Leben zu scheiden. Charlotte Weber wird die treibende Kraft gewesen sein; sie hatte auch den obenerwähnten Zettel geschrieben. Sie hatte auch früher einen Selbstmordverfuch begangen, sie befaß das stürmischste Temperament, den hysterischsten Charakter von allen dreien. Ihre Schwester fügte fich ihrem Willen; denn was sollte sie allein ohne sie auf dieser Welt machen. Frieda Schlössow hatte Liebeskummer und war innerlich zerrissen. Zwischen Charlotte Weber und Frieda Schlössow werden auch freundschaftliche Bindungen im besten Sinne dieses Wortes vorhanden gewesen sein; Bindungen, wie sie so oft zwischen jungen Mädchen in diesem Alter bestehen. Sie tauschten miteinander ihre Herzensgeheimnisse und ihr Liebesleid aus. So glaubten fie beide, Grund zu haben, aus dem Leben zu gehen. Dorothea Weber hat einfach mitgemacht. Verständlich wird aber erst die Tragödie der drei Mädchen bei tieferem Eindringen in ihre häuslichen Berhältnisse. Diese bildeten den trüben Hintergrund für ihren Selbstmord. Freudund Verständnislosigkeit innerhalb ihrer eigenn Familie haben in ihnen den Selbstvernichtungsgedanken aufkommen lassen.
Eine Kleinstadttragödie.
Nach 7 Jahren.
Nach 7 Jahren wurde teilweise das Verschwinden des Schlächtermeisters Gustav Burmeister aus Lippehne in der Neumark aufgeklärt, der seit Ende Mai 1919 vermißt wird. Burmeister, der in Lippehne eine gut gehende Schlächterei betrieb, tam im Ort und seiner Umgebung seit dem 28. Mai 1919 nicht mehr zum Vorschein.
Seine Angehörigen verbreiteten, daß er nach einem Ehezwift davongegangen sei und 60 000 M. mitgenommen habe, um nach Amerika auszuwandern. In der Stadt glaubte man daran nicht. Man munkelte vielmehr, daß er durch Gewalt auf die Seite gebracht worden sei. Auf eine Anzeige hin wurde auch Frau Burmeister mit ihrem Bruder, einem Paul Gerlach, der damals ebenfalls in Lippehne wohnte, zur Beranwortung gezogen. Das Verfahren mußte aber bald wieder eingestellt werden, weil die Frau bei ihren Angaben blieb und besonders auch, weil eine jugendliche Angestellte des Haus halts aussagte, daß sie Burmeister noch nach dem 28. Mai, dem fritischen Tage, lebend gesehen habe. Frau Burmeister suchte durch öffentliche Warnungen die Gerüchte, die sich immer noch er hielten, zum Schweigen zu bringen. Es gelang ihr aber niemals ganz. So hörte nun im Sommer vergangenen Jahres auch der Berliner Kriminalassistent Richter davon, als er in der Gegend seinen Sommerurlaub verbrachte. Er sammelte soviel Berdachtsmaterial, daß die Staatsanwaltschaft Landsberg a. W. die Landesfriminalpolizeistelle Berlin beauftragte, den Dingen ganz auf den Grund zu gehen. Kriminalrat Gennat stellte weitere Nachforschungen an und ermittelte dabei noch, daß Burmeister die Absicht gehabt hatte, größere Geldsummen, die er ursprünglich für seine Familie ficherstellen wollte, anderweitig zu verwenden. Bu gleicher Zeit be fchäftigte sich Kriminalkommissar Johannes Müller mit Paul Gerlach, der in der Zwischenzeit von Lippehne nach Schöneiche bei Guben verzogen war. Das Verdachtsmaterial verdichtete sich immer mehr, und im November v. Js. wurden Frau Burmeister von Kriminalrat Gennat in Lippehne und Paul Gerlach von Kommissar Johannes Müller in Schöneiche festgenommen. Beide blieben hartnäckig bei ihrer Darstellung von dem Verschwinder: des Meisters, ließen sie aber nunmehr endlich fallen. Gerlach hat jetzt dem Untersuchungsrichter Landgerichtsrat Hennig in Landsberg gestanden, daß er seinen Schwager in der Nacht zum 28. Mai getötet hat, mie er behauptet, in der Notwehr. Die jugendliche Hausangestellte bekundet jegt, daß sie ihre frühere Aussage, sie habe Burmeister noch nach dem 28. Mai lebend gesehen, auf Veranlassung der Frau Burmeister fälschlich abgegeben habe. In Wirklichkeit habe sie den Meister tot auf dem Fußboden liegen gesehen. Der Schwager des Toten, Paul Gerlach, habe die Leiche in einem Rastenwagen fortgeschafft. Ein Zeuge hat denn auch in jener fritischen Zeit frühmorgens beobachtet, wie Gerlach mit einem mit zwei schweißbedeckten Pferden bespannten Fuhrwert aus einem in der Nähe von Lippehne gelegenen Walde heraustam. Die Leiche ist bis jetzt nicht gefunden. Gerlach behauptet, er habe sie zunächst auf einem kleinen Aderstück vergraben und nach einiger Zeit einen ihm unbekannten Russen und einen inzwischen verstorbenen anderen Mann dafür gewonnen, sie auf einem Friedhof in Lippehne zu verscharren. Gerade diese Berheimlichung des Berbleibs der Leiche macht den Berdacht i
5. Kreis der SPD. ( Friedrichshain ) Heute, Donnerstag, d. 3. März, abds. 7, Uhr, in den„ Andreasfestfälen", Andreasstraße 21:
Gr. öffentl. Versammlung
der Beamten, Angestellten und Arbeiter aller ftaatlichen und städtischen Verwaltungen. Landtagsabgeordneter einert wird über die„ Allgemeine politische Lage" sprechen.
Eine Bitte um Schlummerlieder. Ein Kuhhirt im Staate Montana, dessen Familie aus acht Kindern im Alter von 12 Jahren bis zu 6 Monaten besteht, richtete fürzlich an die KOA.- Station ( Denver) die Bitte, jeden Abend um 7,30 Uhr Schlummer. lieder zu senden, damit er seine Kinder zum Einschlafen bringen fönne.
Vorträge, Vereine und Versammlungen.
Hierzu freie Aussprache. Um recht reges Erscheinen wird gebeten. Kameradschaften Nord und Süd bei Kroihs, Solsteinische Straße. Stellung
dringend, daß Gerlach den Schlächtermeister nicht in der Notwehr getötet, sondern ihn im Einverständnis mit der Frau ermordet hat. Die Beschaffenheit der Leiche hätte darüber ohne Zweifel Aufschluß gegeben. Eine Tötung in der Notwehr hätten Gerlach und Frau Burmeister auch gar nicht zu verheimlichen brauchen. In Lippehne , wo man den Meister und seinen Jähzorn kannte, hätte sich darüber niemand gewundert. Um die Bluttat völlig aufklären zu können, hat der Leiche und zweckdienliche Mitteilungen eine Belohnung der Regierungspräsident von Frankfurt a. d. D. für die Auffindung Don 1000 m. ausgesetzt. Die Mitteilungen nehmen die Staatsanwaltschaft in Landsberg a. d. W., Kriminalrat Gennat in Berlin und auch jede polizeiliche Dienststelle entgegen.
Ein eigenartiger Unfall trug fich gestern nachmittag am Schintelplag 5 zu. Ein etwa 50 3entner schwerer Geldschrant sollte durch ein eigens hierzu errichtetes Gerüst hochgewunden werden. Als der Geldschrank in etwa 8 Meter Höhe schwebte, brach ein Bolzen des Flaschenzuges und der Schrank stürzte auf den Bürgersteig hinab. Die Arbeiter konnten fich rechtzeitig durch Zurüdspringen in Sicherheit bringen.
Arbeiter- Kultur- Kartell. Für die am Sonntag, dem 6. März, vormittags 11, Uhr, in der Boltsbühne stattfindende Ausführung Frühlings Mysterium" find noch einige Starten zum Preise von 1,50 M. im Bureau des Arbeiter- Kultur- Kartells, Lindenstr. 3, 2. Hof, 2 Treppen, Zimmer 8, zu haben. Sonnabend, den 19. März 1927, abends 7, Uhr, im großen Saal der Philharmonie", Bernburger Straße, 4. Arbeiter- Sinfonie- Stonzert mit dem Philharmonischen Orchester, unter der Leitung von Jascha Horen stein. Ludwig van Beethoven ( † am 26. März 1827). Bur Feier der hundertjährigen Wiederkehr feines Todestages. Preis der Eintrittskarte 1,50 M. Starten find in den bekannten Verkaufsstellen zu haben.
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Wetterbericht der öffentlichen Wetterdienststelle für Berlin und Umgegend ( Nachdr. verb.). Weiterhin sehr mild, wechselnde Bewölkung, zeitweise Neigung zu leichten Regenfällen, mäßige Binde aus westlicher Richtung. Für Deutschland : Ueberall Fortbestand der sehr milden Temperaturen. Niederschläge vorwiegend im Westen und Nordwesten.
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