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Hefthastemacher< Hinter den Kulissen Von Zeit zu Zeit wird die deutsche Oeffentlichkeit mit einer Reihe von mehr oder weniger neuen Schmähschriften gegen die Sozialdemokratie überschüttet. Ihre Verfasser und Der- breiter geben sich den Anschein, als ob sie die Absicht hätten, die politische Moral zu säubern und dieGefahren des Sozialisinus" durch rechtzeitige Aufklärung der breiten Bolksmasien hintanzu- halten. In ihren Werbeschreiben und Versammlungen triefen sie über vonnationalem Bewußtsein" und noch keiner ihrer Briefe ist ins Land gegangen, der nicht mittreudeutschem" oder doch wenig- stens mitdeutschem Gruße" endigte. In Wirklichkeit handelt es sich zumeist um die d ü m m st e und unverfroren st e Geschäftemacherei,� wobei die Furcht gewisser Kapitalistenschichtcn vor dem Anwachsen der sozialistischen Bewegung in die Rechnung einkalkuliert wird. Der Zufall ließ uns dieser Tage einen Blick hinter die Kulissen dieser nationalen Auf- klärungsarbeit tun, und was wir dort erblicken konnten, ist trotz aller Unsauberkeit wert, es auch der breiteren Oeffentlichkeit widerzu­spiegeln. Zur Zeit der Maiwahlen von 1924 taucht« ein neuer Verlag für Antimarxismus auf, der sich den stolzen NamenN a ti o- naler Verlag Joseph Garibaldi chuch in Friedenau " beilegte, eine SchriftenreiheDeutschlands Zukunft Deutschlands Er- wachen" ankündigte und als erste dieser Schriften ein a n t i s e m i t i- sches Pamphlet van Arno Franke Der Zerfall der Sozialdemokratie" herausbrachte. Da Arno Franke eine Reihe von Iahren Mitglied der Sozialdemokratischen Partei gewesen war, wurde das cheft als das Produkt eine» Renegatenhirns ge- wertet und von deutschnationaler wie von volksparteilicher Seite zur Bekämpfung der Sozialdemokratie außerordentlich bevorzugt. Joseph Garibaldi chuch hatte den richtigen Tipp. Er annoncierte imDeutschen Adelsblatt", in derKreuz-Zeitung " und selbstver- ständlich bei chugenberg unter den verlockendsten Angeboten nachvornehmen", d. h. adligen Milarbeilern, die in der guten Gesellschaft Beziehungen hätten und sich durch leichte Werbearbeit eine sichere Existenz gründen könnten. Die An- geböte liefen reichlich ein. Adlige Generale, Obersten und ehemalige Offiziere niederen Ranges flehten geradezu um die Gnade, bei dieser nationalen Werbearbeit mit tätig sein zu dürfen. Einige von ihnen fanden Gnade vor den Augen des geschäfts- tüchtigen Verlegers. Ein Graf Alexander v. Vitzthum v. Eck- st ä d t, Oberstleutnant a. D., und ein Graf D e y m wurden neben anderen für die Werbetätigkeit eingespannt. IhreArbeit" bestand darin, daß sie zu den P a r t e I b u r e a u s der V e u t s ch n a t i o- nalen und der V o l k s p a r t e i gingen, sich Empfehlungsschreiben ausstellen ließen und dannnationaldenkende" Industrielle um Bei- träge für die Verbreitung der Volksausklärungsschriften an- bettelten. Besonders der Graf Vitzthum war sehr er- f o l g r e i ch und wurde von dem Garibaldi chuch über den Schellen- daus gelobt. Er knöpfte den sächsischen Industriellen in Chemnitz und anderen sächsischen Städten täglich viele Hunderte von Mark ab. Aber er gab auch dem Verleger den guten Rat, eine O r g a n i- s a t i on zu schaffen, die die ganzeVolksaufklärung" nicht als ein Privatunternchmen seines Geschäftes, sondern als eine gemeinnützige Sache erscheinen lasse. Bereitwillig ging der Mann aus den Dorschlag ein, um so mehr als sich ein Bezirks- o m t m a n n a. D.. Graf B a u d i s s i n, Mitglied des ehemallgen Schulschiffvereins, für die Sache zu interessieren schien, sich an dem Unternehmen mit mehreren tausend Mark beteiligte und nun einen Bund für deutsche Volksaufklärung" ins Leben rief. Diesem Bunde gehörten u.'a. außer Baudissin an: Dr. Otto K u t t ne r- Berlin-Wilmersdorf, Kaufmann und Geschäfts­führer Karl Ullrich , Direktor Bruno H ä n e l, Regierungsrat Dr. Th. M ü s e rt, Bücherrevisor Kurt W e b er. Verlagsbuchhändler Ulrich Raul, Handlungsbevollmächtigte Helen« Falk und der Zahnarzt Max Marcus«! Das wichtigste, was der Bund tun konnte, war zunächst einmal, die Gehälter festzusetzen, und zwar sah er vor für ein« Sekretärin IM M. monatlich, für einen Bureauchef 300 M. und als Aufwands- entschädigung für den Präsidenten 600 Bl. monatlich. Präsident war selbstverständlich Gros- Baudissin. Die Sammlungen der Grafen und anderen Werbebeamten er- folgten nach Gründung dieses Bundes unter feiner Marke und zu seinen Gunsten. Jeder der Werber tonnte als Honorar für seine Mühewaltung sofort 25 bis 40 Proz. für sich in Abzug bringen. Vau jeden 100 Mark, die in der Zeit der Geldknappheit in der Mitte des Jahres 1924 den Unternehmern abgerungen wurden. behielt der werbebcamte zunächst einmal 25 bis 40 Mark in seiner eigenen Tasche. Lieferte er den Rest an den Bund ab, so behielt dieser wiederum 45 Proz. für seine besonderen Zwecke, der Rest floß zur Berbreitung der antisemitischen Schmähschriften in die Kasse desNationalen DerlagLS" oder, wie er sich später nannte, desBerlages für Volks- ausklärung Joseph Garibaldi Huch". Der Zahnarzt Max Marcus« hatte zwar in demnationalen" Bund wenig zu sagen, aber er hat doch durch seine Teilnahme zur Verbreitung der Pom- phlete gegen internationales Judentum schon durch seine Mitgliedschast redlich beigetragen. Um des Geldes willen gerieten jedoch der Bund und Herr Huch bald in Differenzen. Die Freundschaft endete damit, daß der Bund

lls /wtlmarxlsten. nationaler Agitation. gegen Huch Klage erhob und ihm in der Klageschrist vorwarf, daß er den Bund betrogen habe. Huch rächte sich, indem er, im No- oember 1925 einen eindeutigen Brief an das Polizeipräsidium schrieb: Ich mache hierdurch dos Polizeipräsidium auf denBund für deutsche Volksausklärung", besten Vorsitzender. Graf Baudissin. Burggrafenstr. 2-l, ist. aufmerksam. Dieser gibt eine Zeitschrist Die Lolkswarte" heraus und bedient sich hierzu des Bundes sür deutsch« volksaufklärung und macht hierdurch selbstverständlich brillante Geschäsle. Der Graf Vitzthum, Berlin-Wilmersdorf. Mainzer Str. 25, ist der einzige, aber sehr erfolgreiche Mit- orbelter, der in der Industrie Gelder sür die idealen Zwecke des Bundes sammelt, die aber in Wirklichkeit gar nicht existieren, denn c» wird nur in die eigene Tasche gearbeitet. Dem Bunde gehören außerdem noch als Beisitzer ein Zahnarzt und cip praktischer Arzt an, die aber in dem Bunde keine besondere Rolle spielen, für jede Sitzung aber 20 Mark erholten. Die Sitzungen sollen recht oft stattfinden. Als Zeugen für meine Behauptungen nenne ich Karl Ullrich . Berlin . Gotzkowskystr. 3, den Inhaber des Deutschen Volksverlaqcs, Wilhelmstr. 28. Wenn das Polizeipräsidium in den Besitz diesernationalen" Denunziation gekommen ist, wird es überrascht gewesen sein. Der Bund aber beschwerte sich darüber, daß er zwar an den Verlag einige Zehntausende allein von Mitte Juli bis zum 20. September rund 21 000 M. bezahlt habe, daß aber der Verleger wertlose Broschüren zum Preise von über 1 M. auf Rechnung des Bundes vertreibe. Der Verleger hingegen behauptete, der Bund habe sein Geschäft ruiniert! Tatsächlich hat der Graf Vitzthum v. Eckstädt allem rund 55 000 2N. für den Bund abgeliefert, ungerechnet die Summen, die er vorher für den Verlag selbst er- schnorrt hatte. Die Herrschaften schwammen also sozusagen im Geld«, aber alle dieseAufklärungs"arbeit half nichts; denn schließ- lich mußte Huch seinen Verlag liquidieren, und diejenigen, die noch Forderungen an ihn hatten, daraus verweisen, daß die alte Firma erloschen sei und die neue den Gläubigern gegen- über keine Verpslichtungen habe. Es handelt sich bei dem Vorgehen--eses Ehrenmannes ganz augenscheinlich um ein solches, das dem Staatsanwalt bei anderen Sterblichen Gelegenheit geben würde, die Bestimmungen des Gesetzes über Betrug und Hochstapelei sich genauer anzusehen. Bei Huch aber handelte es sich um einen nationalen Mann, und die in die Affäre verwickelten Personen mußten fürchten, daß bei einer Gerichtsver- Handlung sehr unangenehme Tiefblicke in die Geheimnisse der nationalen Agitation getan werden könnten. Sie hatten also kein Interesse an Straf- antrügen, und so wächst über die Handlungen dieses Sozialisten- töters deutschnationales Gras. Nach seinem mißglückten Verlagsgeschäft hat sich der Joseph Garibaldi auf ander« Tätigkeiten geworfen. Er hatte schon eine Reihe seiner nationalen Werber übers Ohr gehauen, sie mit einem großen Bestände an wertlosen Aufklärungsschriften sitzen lasten, nachdem sie vorher einen erheblichen Anteil davon hatten.-a bar bezahlen müssen, ohne daß er chnen einen Pfennig Eni- schädigung zahlte. SchNeßlich aber suchte er, wieder auf dem Inseratenmarkte, andere Leute, die ihm Geld bereitwillig zur Verfügung stellten. Er pries sich an zur Verwertung und zum Verkauf von Lizenzen und Patenten, ließ sich von den sich Meldenden erhebliche Vorschüsse zahlen undübertrug" ihnen auf Grund mündlicher Ausklärungen den Vertrieb und die Per- wertung von tatsächlichen Wertlosigkeiten. Fast alle die Leute fühlen sich geschädigt nicht nur um ihre Einzahlungen, die sie zum Teil unter großen Opfern zusammengeborgt hatten, sondern auch um entgangene Verdien st Möglichkeiten während ihrer nutz- losen Tätigkeit für Huch. Eine ganze Reihe von Anzeigen sind dem Huch angedroht, einige tatsächlich auch bei der Staatsanwaltschaft erfolgt, aber der Staatsanwalt hat bisher ein Einschrelten abgelehnt mit der Begründung, daß Hucheinschlägig noch nicht vorbestraft" sei. Abgesehen von der juristischen Seite, bietet Indes der Fall dieses Freischärlers auf dem Gebielenationaler" Werbung soviel des Interestanten, daß es wert ist, sich mft ihm zu beschäftigen. Während sozialdemokratische Arbeiter als Funktionäre ihrer Or- ganisationen und ihrer Partei jahraus, jahrein opferwillig und ohne jedes Entgelt tätig sind, um den großen Gedanken des Sozialismus immer weiter im Volke zu verbreften und zu vertiefen, wird diese antimarxistische Aufklärungsarbeit" von pensionierten adligen Offizieren aus dem Wege des Geldbettels bei zahlungsfähigen Fabrikanten betrieben. Heimlich, unter einer Deckadresse, werden dann die Schmähschriften gegen die Sozialdemokratie den Arbeitern in der Stadt und auf dem Lande in ihr« Wohnungen geschickt. Freilich sehen die Herrschaften immer erst zu spät ein, daß diese Art derVolksaufklärung" keinen Zweck hat. Denn aus dem großen Solidaritätsgefühl der arbeitenden Klasse wachsen andere Kräfte, als sie die abgetakeften Offiziere im Solde irgendeines geschäftstüchtigen Verlegers oder einesBundes für Volksaufklärung" aufbringen können. Uebrig bleibt nur der schöne Satz aus dem Schreiben Huchs, daß die Leute allenur in die e i g c ne Tasche" arbeften.

Der Etat vor öem tzauptaussthuß. Rcichskommiffar. Reichsgesundheitsamt und Reichsarchiv. Zum KapitelReichskommissar zur Ueberwachung der öffentlichen Ordnung" hatte die Sozialdemokratie im Hauptausschuß des Reichstages den Antrag gestellt, das ganze Kapitel zu st r e i ch e n. Genosse Sollmann begründete den Antrag. Es entspann sich eine längere polnische Aussprache. Der Kommumsl Rojenbaum behauptete, daß auch die Sozialdemokratie und das Reichsbanner bespitzelt würden. Reichskommissar künzer erklärte, der Reichskommissar überwache nur solche Bewegungen, die auf eine gewaltsame Aenderung der Verfassung hinarbeiten. Im Widerspruch dazu erklärte der frühere Minister des Innern Dr. Sülz, daß der Reichskommissar all« politischen Bewe. g u n g e n überwachen müsse. Dr. Külz und Dr. Schreiber(Ztr.) iraten für die Bewilligung der Summen ein und baten um bis- kretionäre Behandlung der Tätigkeit des Reichskommistars. Ge- noste Sollmann stellte die Widersprüche zwischen den Erklärungen des Reichskommissars und dessen früheren Minister fest. Ein deutschnotionoler Zuruf habe überdies gezeigt, daß die größte Regierungspartei den Reichskommissar einseitig gegen die Kommunisten arbeften losten wolle. Er frage den Reichskommistar, ob dessen Tätigkeit sich nicht auch auf die deutsch -konserva- tive Gruppe und den Führer einer Regierungs- Partei, nämlich den Grafen von Westarp erstrecke, dessen konservative Freunde sich für die baldige Wiedererrichtung der Monarchie einsetzten. Im Gegensatz zu Dr. Külz glaube er nicht, daß das Reichskommistariat der Beginn einer Reichspolizeiexekutioe sei. Wenn Herr Külz aus seinen ministeriellen Erfahrungen sprechen wolle, würde er wohl zugeben müssen, daß der Reichskommissar z. B. in Bayern weniger die politischen Strömungen überwache, als er selbst von der bayerischen Regierung überwachi werde. Gegen die Stimmen der Sozialdemokratie und der Kommunisten wird das Kapitel angenommen. Beim KapitelReichsgesundheitsamt" kam Genosse Dr. Moses auf die Denkschrift über die gesundheitlichen Verhältnisse des deutschen Volkes zu sprechen, die ihm allzu optimistisch er! chic- nen. Insbesondere wies Genost« Moses auf die katastrophalen ge- fundheftlichen Derhällniste des niederschlesischen Kohlen. r e v i e r s(insbesondere Waldenburg, Landeshut ) usw. hin. Hier müste endlich etwas Posftives geschehen, wenn man sich nicht dem Borwurf aussetzen wolle, dem Untergang einer großen Bevöl- kerungsschicht ruhig zuzusehen. Im übrigen müßten bei jeder Etats- beratung die gesundheitlichen Verhältnisse des Volkes eine entschei- dende Rolle spielen, denn man könne keine Wirtschaftspolitik, keine Steuewolitik, keine Finanzpolitik und keine Sozialpolitik treiben, ohne sich vorher der Auswirkung bewußt zu sein, die eine solche Politik auf den Gesundheitszustand des deutschen Volkes ausübe. Beim KapitelR e i ch s a r ch i v" brachte Genosse Sollmann die Schiebungen zur Sprache, die mit Filmen vorge- nomnem worden waren, von denen man mit Bestimmtheit wußte, daß sie während des Krieges im amtlichen Auftrag von amtlichen Stellen und mit amtlichem Geld hergestellt worden sind. Die Origi- nale oller dieser Filme befinden sich im Reichsarchiv. Ihr« öffent- liche Vorführung ist jedoch seit vielen Iahren durch Verfügung des Rcichsinnenminifters aus innen- und außenpolitischen Gründen ver- boten worden. Kopien dieser Filme sind in das Eigen- tum der Vaterländischen Film G. m. b. H. in Berlin ge­kommen. die sie kurz Nack» der Revolution käuflich erworben hat, allerdings unter der ausdrücklichen Verpflichtung, die Filme nur in streng gcschlostenen Vorführungen zu zeigen. Durch Verlesung von Einladungen konnte nun Genosse Sollmann nachweisen, daß diese Bedingung nicht eingehalten worden ist und et verlangte Abstellung dieses Unfugs. Angenommen wurde ein sozialdemokratischer Antrag, an den Reichsgrenzen Grenzpfähle in den Reichsfarben anzubringen, und ein weiterer Antrag, den Be- nmlea. dl« Beteiftaunq an Organifakionen zu verbieten, die ver. fassvnqs- und gesehwidrige Bestrebungen verfolgen. Der sozialdemo- kratis-Ke Antrag, der Regierung des Freistaates Bauern aufzugeben. die verleibung von Titeln zu Unterlasten und die Meimrngsfreiheit auch der Beamten zu achien, die für die Entwicklung des Reichs zum Einheitsstaat eintreten, wurde indessen im Einklang mit der Be- kämpfung durch den Minister abgelehnt. Angenommen wurde Ichließ- lich noch eine deuftchnationale Entschließung zugunsten der ehe- maligeu elsaß -lothringischen Beamten.

Die Kommuniftenverfolgungen in Sapern. Eine Diskussionsrcdnerin wird gefesselt abgefiihrt. München . 3. März.(Eigener Drahtbericht.) Die kommunistische Haftpsychose der bayerischen Regierung, die unter brutaler Ver- nichtung der von der Derfastung garantierten staatsbürgerlichen Rechte und Freiheiten vor sich geht, treibt immer neue Blüten. Nach einer von der kommunistischen Fraktion des bayerischen Landtags eingebrachten Anfrage sollte die kommunistische Abgeordnete Frau Aschenbrenner am 24. Februar tn einer össentlichen Bauern» bundversammlung in Ettlingen (Niederbayern ) als Dis- kusstonsrednerin auftreten. Dabei versuchte ein anwesender Gendarm die Abgeordnete am Reden zu verhindern und nahm sie, als sie von ihrem Recht der freien Meinungsäußerung Gebrauch machen wollte, unter Anlegung von Handschellen und sattsam bekannter Gewalttätigkeiten in Haft. Erst aus energisches Eintreten der Ber - sammlungsbesuchcr ließ der Gendarm die verhaftete Abgeordnete wieder frei, wobei er erklärte, daß er zu seinem Borgehen durch einen Befehl des Bezirtsamtmannes von Landau ver- anlaßt worden sei.

Srianü empfängt deutsche Pressevertreter. Neues Bekenntnis zur dentsch-französischen Ver- ständigung. pari». 3. März.(TA.) Die Vereinigung der d-utschen Korr«. spondenlen in Paris wurde heule nochmU.ag von dem sranzöfischen Außenminister L r i a n d in seinem Arbeitszimmer empfangen.' Zn einer kurzen Ansprache wies der Vorsitzende der Vereinigung. Paul B l o ck, aus die Bedeuiung hin, die sür die deutsche Presse in der per- sönlichen Fühlungnahme mit den maßgebenden französischen Person- lichkeilen bestehe und bat den französischen Außenminister, der deul- schen Presse durch Gleichstellung mit de« übrigen in Pari» lebendea ausländischen PresseoerKelern ihre Ausgabe zu erleichlcrn. B r i a n d antwortete mit herzlichen Mörlen der Be. grüßung. indem er seiner Freude Ausdruck gab. die deutsch « Presse. soweit sie in Paris vertreten sei. persönlich kenne« zu lernen. Die an ihn gerichteten Worte der Anerkennung für seine« Kamps um die Herbeiführung einer deuksch-sranzöflschen Verständigung bean.worieie er mit dem Hinweis daraus, daß er in Dr. Slresemon» einen »reuen Mitarbeiter gesunden hätte, aus dessen Worte und Zusagen er sich stets verlassen könne. Er sei sich dessen bewußt ge­worden. daß eiae deutsch - sranzSsische Verständigung den Schlüssel sür die gesamte europäische Frie- deuspolilik darstelle. Er reise in den nächste« Tage««ach Genf , und obgleich die Tagung des Völkerbundes kaum von allzu großer Vedeutung fein werde, würde er sicherlich Gelegenheit haben. sich mit dem deutschen Außenminister zu einer ausführlichen Aus- sproche zusammeuzusinden. allerding» nicht in Thoiry. wie er lachend seine Ausführungen schloß, da die dort eingenommene Mahlzetk sewerzeik allzuviel Lärm verursacht häve.

Originelle Regierungstunft. Präger GefeKentwirrfe in verschiedener-Fafsnng. Prag , 3. März.(Eigener Drahtbericht.) Im Bersastungsaue- schuß der Nationalversammlung ist eine mehr als sonderbare Affäre aufgedeckt worden. Seft Wochen tobt um die Derwaltungsreform in der Tschechoslowakei ein ungewöhnlich heftiger Kamps, der dazu geführt hat, daß Koalitionsparteien gegen ihre Minister rebellieren. In der Donnerstagsitzung des Dcrfassungsausschust«« verlangte nun die Slowakische Bolksparter trotz ihrer Mitgliedschaft an der Koalition die Zurückziehung des Entwurfs, und zwar mit folgender Begründung: Ministerpräsident Swehla hat den Mitgliedern des Achteraus- schustes der Regierungsparteien zwei voneinander ab» weichende Entwürfe des Gesetzes überreicht. In dem Entwurf, den der Vertreter der Slowaken erhielt, fehlen wichtige Bestimmungen, die das Gesetz enthält. Hier liegt ein osjenkundiger Betrug vor, durch den die nichftschechi- schen Regierungsparteien zur Billigung des Regierungsentwurfs oerführt werden sollten. Es steht außer Zweifel, daß auch die deutschen Regierungs- Parteien auf dies« Weise über das Ohr gehauen wurden. Reuartige

l Regierungsmethoden, die aber wenig Zweck haben, denn spätestens bis der Plenarberawng muß doch der Schwindel aufkommen, wenn die Abgeordneten rechtzeitig lesen, was sie beschließen sollen. Die französische Heeresreform. Voraussichtliche Annahme der Ausschutzfassnng. Paris , 3. März(Eigener Drahtbericht.) Die Kammer hat mit der Generaldebatte über die Heerensreform begonnen. 10 Redner sind eingetragen, so daß die Debatte mehrere Tage in Anspruch nehmen wird. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die Kammer den von dem sozialistischen Abg. Paul Boncour eingebrachten Ausschuh- bericht ziemlich unverändert annehmen wirb. Rur die Rechte wird Kritik üben, da der Entwurf zu sehr von Staatssozialismus durch- tränkt sei und sich das Heer zu sehr dem Iauresschen Borbild der bewaffneten Nation" nähern würde Die sozialistische Kammergruppe hat beschlossen, um die Ber- abschiedung des Entwurfs nicht zu verzögern, an, Freitag nicht auf der Diskussion der Resolution Auriol über die Schulden- Zahlungen an England und Amerika zu bestehen, sondern diese erst am kommenden Donnerstag der Kammer vorzulegen.