Freitag ».März 1927
Unterhaltung unö ÄVissen
Vellage ües vorwärts
Lieö von öer Straße. Der junge Geselle, der knurrige Hund. Der siolprige wagen dazu. Siud drei von der Striche, die laufen sich wund Und stehlen dem Morgen die Ruh. Ein jeder mufe tappen, mutz kragen und schleppen, Der llermste mutz keuchen aus Stufen und Treppen, Und arm und der Zlermste bist du. Die holprigen Steine, die schmähende Stadt hinunter uud wieder hiaauf. Und Neugier uud Jtot- uud was Mangel hak. Gelüstet's nach billigem Sauf. Die Hände der einen sind frohes Empfangen, wenn zitternd ins Leere die anderen langen. Fällt nichts als der Regen darauf. Der Meister zu Hause, die Meisterin. Das putzige Töchterlein. Die haben zuweilen hoffärtlgen Sinn Und möchten was Besseres sein. Braucht keiner zu sparen, braucht uiemand zu fasten, Das Silber im Schrank und der Taler im Kasten, Lätzt keiner die Sorge herein. Am Morgen zu früh und am Abend zu spät, Dazwischen die Stunden zu lang, Den Hahn, der dem Reichen das Schlafen verkräht, verlangt's nicht nach Futter und Fang. Rur Sorge geht suchen in ängstlichen Ecken. Die Schlafenden schrecken, Vergesicude wecken. Dana kommt erst der Morgen in Gang. Du junger Geselle, Gefährte dem Hund. Der zornig die Satten verbellt. Die vielen am Wagen sind helfender Bund, Um kämpfende Fahnen gesellt. Und strömt erst zur Mafle die Menge am karren, Braucht keiner in knirschender Demut zu harren. Du wanderst mit lachender Welt. Franz Rothenfelder.
Sprung in Sie Tiefe. Von Erwin Frehe. Es waren die letzten Zehnpfennigstücke... Klappernd, em letztes, blechernes Echo ausstoßend, fielen sie auf t-en Grund des Gasautomatens. Der Mann hörte es befriedigt, reckt« die Arm« und ging in die Stube, die er hinter sich verriegelte. Die erlösend« Stunde nahtel.. Sie schlief. Als er sich jedoch schwer auf dem alten Sofa nieder- sieh, erwachte sie aufschreckend, begriff jäh und weint« haltlos, den Kopf an feine Schulter gelehnt. Begütigend, kosend glitt seine Hand auf ihren haaren, auf dem abgetragenen Mantel, den sie beim Schlafen angezogen hatte, hin und her. Aber wie ein Kind wühlte sie ihr Gesicht in seine Jacke ein, drängte den ganzen fiebernden, frierenden Körper nahe an feine Brust, vom Schluchzen durchzittert. Bon den Fenstern glitzerten die Eisblumen zu ihnen hin. Den bebenden Leib der Frau umschlingend, fühlt« der Mann, wie ihre ungedämmte Erregung auf ihn übersprang, während doch gerade jetzt Kühle und Beherrschung am notwendigsten waren, jetzt, wo kein« Weichheit, sondern nur Tapferkett ihren gemeinsamen Willen ausführen konnte... Die Eisblumen flimmerten silbern. Aber war es Tag? Dämmerte es? Unwirklich klang Weinen und Sprechen im dunkelnden Raum... ... Sei doch still, Marga. Soll ich dir etwas erzählen,«ine Geschichte, ein Märchen— du? Rur sei ruhig, denke doch an früher, weit zurück, sa— denke dir einen hohen Ballsaol und mich darin, eingeschlossen von den Tanzenden. Di« glänzenden Spiegel kletterten an den Wänden hoch, gleißend, hell— weißt du. da sah ich plötzlich in einem Spiegel zwei Augen, die fragten mich etwas. Ich ant- wartet« stunun, aber da blickt« schon eine neue Frage aus dem Augen- paar, bis schließlich die Tänzer unser schweigendes Gespräch durch- tanzten, durchkreuzten... Sie weinte nicht mehr, lächelt« beinahe wir in gedenkendem Verständnis: du schöner Spiegelsaal! «O. du kennst ihn?! Du weißt die ganze Geschichte! Weißt du auch noch, wie ich in der füllen, einsamen Frühe vor eurem Hause stand, wie wir vor Tag in die Weinberge wanderten, über die großen Hügel Uesen, hinunter bi» an den Strom? Wie wir dann wortlos vor den blühenden Lupinenfeldern standen und die Mittagssonne über uns feurig flammte und brauste, wie die herben, kühlen Wolken- Heere dem Horizont zujagten wie Argonautenzüg«? Du konntest nicht mehr gehen,— da Hab« ich dich in meine Arme genommen und getragen, immer an der ungebrochenen Scholle eines Rains entlang, durch die halmüberwogten Kornwege und unbekannten Wiesenpsod« — wie duftet« es schwer nach Getreide, Wein und Blüte!" Es schüttelte sie jäh. „... Die Well ist doch hell!"... „Beseligend ist sie! Wie ein nie endendes, unausschöpfbare« Wunder! Aber denke zurück Marga— denke nicht an die klaren Abende unter eurem Birnbaum, wenn ich Zieharmonika spielle und du traurig wurdest beim leisen Spiel, denk« nicht an die tollen Feste in eurem lampionbehangenen Garten, von denen wir uns doch weg- schlichen, zum Bach hinunter, zum Wasser, das rann und rann.— denke doch an unsere Fahrt! Unsere Hochzeltsreise— wie prunkend das klingt! Jahrelang gespart— dann konnten wir sogen: da« Ziel dieses Zuges gehört uns! Weißt du noch, wie wir in der ersten Rocht au« dem fremden Hotelzimmer heraustraten, auf den Balkon und das ganze Leben plötzlich trunken, heilig und tastbar vor uns lag? Wie wir bezaubert durch die alten Städte schritten und du demütig wurdest in den hehren, alten Domen, bis du erschauernd das fahle Gesicht eines Mönches sahst? Damals war es auch, als wir die Peer Gyntsche Musik hörten und nicht wußten wohin mtt der Dankbarkeit für soviel Glückseligkeit, soviel Unermeßlichkeit. Und sahen wir nicht auch in jenen Tagen das bacchanalische, barbarische Gemälde des be- rauschten Dionysos , der unter dem tiefen, griechischen Himmel dahin- stampft« mit dem wemlaub-gegürteten Gefolg«?.. Da» alles waren
Pfeiler für die Zukunft, Marga, klingende Töne, dl« unser Leben schmücken sollten. Kränze der Fülle... Bist du traurig? Es ging doch zuerst gut in der großen Stadt. Immer Arbeit, immer Freude am Abend, immer Hoffnung aus den Sonntag! Ganz fern, vielleicht nach einem Jahrzehnt, lag eine neue Reis« in die unbekannte Welt: heimlich nur dachten wir daran. Und später, da ich am Bahnhof spähte, ob mein Arm für ein paar Pfennig« einen Koffer tragen durfte, da ich die Rocht durchwachte an der Tür der Markthalle, um beim Oeffnen hineinzuspritzen, den besten Dienst suchend, und dennoch in der Freizeit gierig und zäh nach einer festen Beschäftigung fahndete,— indessen du an der Maschin« saßest: haben wir nicht doch noch gelebt Marga? Wir wußten doch noch, daß es helle, weiße Wollen gibt und dunkelgrünes Laub an den Büschen, daß
völkische kontra völkische.
Richlung Hiller:„Du Revolverjournalist!" Richtung Gräfe:„Bestochene Kanaille!" Richtung Hitler:„Du hast von der Landwirtschaft Geld genommen!" Richtung Gräfe:„Und Du von der Schwerindustrie!" Stimme aus dem Publikum:„Was regen sich die Herren eigentlich auf. Es hat doch jeder Geld genommen?!" Andere Stlmme:„)a.aber dem anderen nichts abgegeben."
wir jung waren, gläubig, strebend. Bis du dann trank wurdest und nicht mehr nähen konntest, bis auch ich schließlich zusammenbrach und die vielen Schuldner kamen... Wie viele mögen das schon vor uns erlebt haben, Marga! Wie viele haben sich schon gekrümmt unter dem geißelnden Dasein! O. mein« Scham: singen zu gehen! Wenn auf solchen Hof die kahlen, farblosen Wände mich anstarrten, die vielen verhangenen Fenster, hinter denen ab und zu ein scheues Gesicht heroorlugte,— du. ich weiß nicht warum, aber ich habe immer an die lachende Gefolgschaft des Dionyses denken müssen, an seinen wollüstigen, unbeherrschten Sang— ich armer Schacher! Ein heiterer, sorgenloser Halbgott in einer beschwingten Landschaft,— das war schon als Traum un- wirklich. Aber dennoch gab es Brotschnitten, es gab manchmal ein winziges Geldstück, nur daß Blumen golden, weiß und violett blühen können, daß irgendwo überhaupt«in Meer flutete, Wogen wanderten. Schaum spritzte, das haben wir darüber vergesien. Weinst du Marga?.. Nein, sie weinte nicht, sprach nicht, aber ihre Pulse hämmerten ihm Antwort. Daß man für das Leben tot sein kann, hier schon, in der Welt, das fühlten beide in dem finsteren, eisigen Zimmer. Und während sie zusammensanken, vereinigt dem Ungewißen entgcgenzu- gehen, sah der Mann noch wie ein« täuschende Vision das ferne, blau funkelnde Wasser, um das sich die hellgrünen Morschen und Triften lagerten. Näher zu ihm heran erstreckten sich in neuen Kreisen silber- weiße Buchenwälder, smaragdene Kieserbestände, dunkellchwvrze, ge- pflügte Aecker , die vor der Stadt endeten, in der er mit seinem Weibe einsam verscholl, oerwehte, wie herbstloub im Winde.
Unveröiente Lorbeeren. Eine Zusienderinnerung von Eduard Bernstein . Das Leben ist nicht nur bei der Verteiluua der Güter ungerecht. Es oerfährt auch bei der Würdigung von Handlungen oft genug nichts weniger als gerecht. Leistungen, die von großem Fleiß und hoher Begabung Zeugnis ablegen, bleiben unbeachtet, und Der- richwngen, hinter denen keines van beiden steckt, werden infolge irgendwelcher Gunst der Umstände gepriesen. Wir lernen das schon in der Kindheit kennen, und auch mir ist diese Erfahrung nicht vor- enchallen geblieben. Zwar kann ich mich nicht beschweren, zu den verkonnten Genies gehört zu haben. Weder war ich sonderlich fleißig noch ist dem bißchen Begabung, von dem ich Zeugnis ab- legen konnte, Anerkennung versagt geblieben. Aber wiederholt Hobe ich Lorbeeren geerntet, von denen ich mir sogen mußte, daß sie mir nicht zukamen. Und zwei solcher Fälle mögen hier gebeichtet werden. Vorausgeschickt sei. daß ich als Knabe unverhältnismäßig klein für mein Alter, überaus schwächlich und dazu auch noch sehr kurz- sichtig war. Held ohnegleichen. Trotz aller körperlichen Mängel beteiligte ich mich, wenn es nur irgend ging, gern an den Spielen von Altersgenossen au» unseren Häusern. So folgt« ich einmal, als ich acht Jahr alt war. der Ein- ladung. an einem„Krieg", den sie spielen wollten, teilzunehmen. Als Schauplatz wurde eine einsame Stell« der Anhaltischen Kom- munikation gewählt, an der allerhand Schutt und Müll aufgeschüttet lag. War das schon geeignet, mich bedenklich zu stimmen, so ver- schärfte diese Stimmung noch der Umstand, daß beim Abzählen der zu bildenden zwei Parteien einer der Jungen, der zum Unterschied von uns anderen im Besitz eines Säbel» war, mtt dem er prahlend herumfuchtelt«, in die Gegenpartei kam. Indes tonnte ich mich nun nicht zurückziehen und füllt« im„Krieg" die mir zugeteilte Rolle so gut ich tonnte au» Ee wurde in ihm übrigens weniger geprügelt als möglichst kräftig gestoßen, was zur Folge hatte, daß ich einige Male derb zu Boden siel. Beim dritten Male erklärte mich der„General" der Gegenseite für gefangen und wollte mich abführen lassen, als im Disput darüber unser„General" plötzlich entdeckte, daß von meiner Hand Blut tropfte. Ich war auf Scherben gefallen, und dabei hatte,
infolge ungeschickter Bewegung beim Aufftehen, die eine Hand, die ich beim Fallen an der inneren Fläche geritzt hatte, auch an der äußeren Fläche eine Verletzung erhalten, und zwar so ziemlich in derselben Gegend wie der innere Ritz. Das nun legte sich mein General, als er beim Betrachten meiner Hand sah, daß sie oben und unten blutig war, als etwas Besonderes aus.„Herrgott," schrie er,„die Hand ist ja mitten durchgestochen," hielt sie in die höhe, damit auch die andern es sähen, und alles fing so einmütig an mich zu bedauern, daß ich keine Neigung verspürte, dieser wohl- tuenden Kundgebung entgegenzuwirken, und es ruhig geschehen ließ. daß der General mitleidsvoll meine Hand mit meinem Taschentuch verband. Mehr noch, als jetzt einer der Unfern zu mir gewendet ausrief:„Aber du hast ja gar nicht geweint," antwortete Ich weiter nichts als.„man muß doch nicht immer weinen," und trieb damit ungewollt die Ueberschätzung meines Verhaltens auf die Spitze.' Es loltte nur durchblicken lassen, daß ich immerhin wirklich verletzt war, indes war die Wirkung viel großartiger, an die Stelle des Bedauerns trat helle Bewunderung. Man pries mich als einen Helden. Es hatte ja Blut gegeben, und vor Blut hatten wir einen solchen Heidenrespekt, daß, wenn'? bei ihnen blutete, selbst die gesundesten Jungen loszuheulen pflegten. Blut war uns das Zeichen, daß eine Sache gefährlich war. Und da hatte ich mit dem Stich durch die Hand, daß es blutete, diesen kühl ertragen, hatte keine einzige Träne vergossen! Das war ein unerhörtes Ereignis, und ich bekam darob Worte der Anerkennung zu hören, die mir von dieser Seite nie zuteil geworden waren. Aber von wo war der Stich hergekommen? Es ist für die Kinder- seele bezeichnend, daß keiner der Jungen die Frage aufwarf. Sie war für sie keinen Augenblick ein Rätsel. Der Verüber des Stichs durch meine Hand konnte nur der mit dem Säbel bewaffnete Junge gewesen sein. Ja, dieser selbst scheint es für möglich gehalten zu haben, denn er hatte sich, als die Kunde von dem Stich ausgerufen wurde, in aller Stille entfernt. Und doch wäre es ihm ein Leichtes gewesen, den Gegenbeweis zu führen. Denn sein Säbel, ein Ge- burtstagsgeschenk, war— von B l e ch— Meisterschütze. Freund Alex mußte, wenn er mit oder ohne Bolzenbüchsen zum Schießstand des Daters ging,, diesem als Büchfenjunge Helfersdienst leisten. Er bestand darin, wenn geschossen wurde, von einer durch Buschwerk oder ein aufgestelltes Brett geschützten Stelle in unmittel- barer Nähe der die Schießscheiben und sonstigen Schteßobjekte um- schließenden Bude aus auszurufen, in welchen Ring der betreffenden Scheibe der jeweilige Schütze getroffen hatte, was vom Schießstand aus sich nicht genau unterscheiden ließ, und in den kleinen Pausen mit Hilfe einer geeigneten Zange schnell die Bolzen aus der Scheibe heranzuziehen. Natürlich ließ der Vater, wenn der Schießstand unbesetzt war, de» öfteren Alex sich als Schütze üben, und vertraute, wenn ich Alex' Begleiter war, auch mir die Büchse an. Allerdings mtt sehr verschiedenem Resultat. Während der kräftige Alex, wenn er schoß, die Büchse im freien Arm hielt, und entweder das Ziel oder nahe ihm traf, mußte ich die Büchse auf eine der an Balken angebrachten Stützen auflegen, brauchte beide Arme, um sie zu hatten, und mußte froh sein, wenn es mir gelang, in den sechsten der zwölf Ringe zu treffen, in die jede Scheibe eingeteilt war. Eines Tages vollzog sich indes ein Wunder. Herr Gerngroh ließ mich meine Kunst probieren, während Alex noch an der Bude auf Wacht stand, und siehe da, kaum hatte ich meinen Schuh ab- gegeben, so ertönte es von der Gegend der Bude her wie Triumph- sieschrei:„Zentrum!", und Alex kommt heraufgelaufen und ruit jubelnd;.Lurrah, der Edeward hat Zentrum getroffen!" Großes Erstaunen, Dater Gerngroß grawlierte mir, und jedem Bekannten. der kommt, wird die«pochemachende Neuigkeit mitgeteilt. Natürlich rief sie allerhand für mich ermutigend klingende Bemerkungen hervor. auf die ich jedoch nicht reagierte. Ich ließ alles, was gesagt wurde, still über mich ergehen und zeigte nicht die geringste Spur von freudiger Erregung. Denn— was ich allerdings der Kamerad- kchaft nicht zu gestehen wagte— ich hatte bei dem Schuß nach der Nachbarscheibe gezielt! Wer nach diesen zwei Proben noch weitere Beweise für mein Talent zum Erwerb unverdienter Lorbeeren verlangt, der ist in der Tat unglaublich schwer zu befriedigen. Anderen wird, denke ich, die einfache Mitteilung genügen, daß sie nicht die einzigen ihrer Art geblieben sind. Da» Gedächtni» de» Seefiernes. Bei niederen Tieren finden wir häusig Erscheinungen, Sie durchaus mit dem Gedächtnis höherer Tiere zu vergleichen sind. Bei ihnen handelt es sich ja auch darum, daß irgend weiche Vorgänge„Spuren im Omanismus zurücklassen und dann später Handlungen des Tieres beemflusien. Zu solchen „Gedächtniserscheinungen" ist ein übergeordnetes Zentralncrven- instem nicht nötig. Ein sehr schönes Beispiel dafür liefern die See- st«nie, die man auf Grund dieser Gedächtnisleistungen sogar dressieren kann. Wird z. B.«in Seestern aufs Trockene gelegt, so beginnt er sich dann in der Richtung desjenigen Armes fortzubewegen, der etwa durch einen Wassertropfen gereizt worden ist. Macht man dieses Experiment mehrmals hintereinander und reizt man immer den- seiden Arm, so erfolgt die Reaktion immer rascher. Die voran- gegangenen Reizungen haben also Spuren hinterlassen. Nimmt man nun einen ausgeruhten Seestern und reizt gleichzeitig zwei entgegen- gesetzt« Arm« m derselben Stärke, so kann sich das Tier mcht mehr fortbewegen! die Reize heben sich gegenseitig auf. Verwendet man nun aber ein Individuum, dessen einen Arm man vorher ein oder mehrere Male gereizt hat, so bleibt er jetzt, obwohl zwei entgegen- yesegte Arme gleichzeitig gereizt werden, doch nicht still liegen. Vielmehr kriecht er wieder in der Richtung des scyon vorher gereizten Armes davon. Gleichstarke Reiz« haben also verschiedene Wirkung: sie ist stärker in demsenigen Arm, der durch die vorangehende Bc- Handlung in der Reizaufnahm« und Reaktion geübt ist. Aus dem- selben Grund« richtet sich ein auf den Rücken gelegter Seestern innner wieder auf demselben Arm auf, wenn das Experiment mehrmals hintereinander ausgeführt wild. Die erstmalige Be- mMung des einen Armes hinterläßt„Gedächtnisspuren" und er- leichten die folgenden gleichen Bewegungen. Die Bekämpfung der Geschlechtskrcmkheilen in Skandinavien . In vorbildlicher Weit« Ist die Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten in den nordischen Ländern geregelt. Früher hat hier ein« Regle- mentierung der Prostitution stottgeftmde». 1L88 wurde diese zunächst in Norwegen ausgehoben, die anderen Länder folgten nach, zuletzt Schweden 1019. Di« Aufhebung der ärztlichen polizeilichen lieber- wachung der Prostitution hat keinen besonderen Einfluß auf die Erkrantungsziffer, namentlich auf ihr« Erhöhung ausgeübt. Ueberau gill dl« Vorschrift, daß all« Geschlechtskranke im ansteckenden Stadium von den Aerzten den Behörden ohne Namensnennung gemeldet werden. Dann wird den Kranken«ine Fürsorge zuteil. In allen vier Ländern besteht für jeden Erkrankten die Behandlungspflicht. Durch die Meldepflicht wird kein Patient von der ärztlichen BeHand- lungspflicht abgeschreckt, denn die ärztliche Schweigepflicht bleibt be- stehen, und namenttich« Meldung tritt nur für den sich der Be- Handlung Entziehenden ein. Die ärztlich« Behandlung und die Kranken Hausbehandlung ist völlig kostenlos. Auch Amme und Kind sind in Schweden und Dänemark und Norwegen gesetzlich geschützt. Dies« drei Länder haben auch gesetzlich« Bestimmungen für die Ein- gehung der Eh« bei Geschlechtskrankheiten erlassen. Für die Außer- ochtlassung der gesetzlichen Borschriften bestehen Strofbestimmungen. Der Erfolg der Betämpfungsmethod« zeigt sich unter anderem darin, daß in Stockholm die Syphilis um 75 Prozent gegen 1913 zurück- gegangen ist.
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