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Zolleinnahme sicherte als bisher. Dieses Zollabkommen hat der jetzige deutschnationale Senat nicht ratifiziert, so daß in Genf auch über Einzelheiten dieses Abkommens beraten werden muß. Ob Danzig auf dieser Ratstagung die erwünschte Völkerbunhsanleihe erhält, lägt sich zur Stunde noch nicht sagen. Jedenfalls ist durch die deutschnationale Außen- Politik in Danzig die Anleihe lange verzögert worden und eine unnötige Verschärfung im Verhältnis Danzigs zu Polen ein- getreten. Die Deutschnationalen hatten auch dieses Fiasko ihrer Politik vorausgesehen und suchten deshalb rechtzeitig nach einem Sündenbock, dem sie alle Schuld aufladen konnten. Vor einigen Wochen inszenierten sie eine ganz schmutzige Kampagne gegen den Kommissar des Völker- b u n d e s van Hamel, über den in der bürgerlichen Presse Deutschlands groß aufgemachteTsndenzmeldungen wegen einer angeblichen Ehebruchsaffäre verbreitet wurden. Die deutsch - nationalen Senatoren in Danzig beschlossen sogar den gesell- schaftlichen Boykott gegen den Völkerbundskommissar, der sich bisher bemüht hatte, einen Ausgleich in den Danzig -polnischen Streitfragen herbeizuführen. Natürlich wird durch solche deutschnationalen Kampfmethoden die Freie Stadt Danzig bei ihrem S6)utzherrn, dein Völkerbund , nicht gerade beliebter. Die deutschnationale K r a f t m e i e r p o l i t i k des Dan- ziger Rcchtasenats hat andererseits auch Polen arg verschnupft, und die Fatge ist die, daß es neue Forderungen in bezug auf den Danzig�r Hafen erhebt. Hier sollen die polnischen Ar- beiter in Zukunft ebenso beschäftigt werden wie die einheimi- schon Danziger Arbeiter. Natürlich wird dadurch die Ar- b c i t s l o s i g k e i t der Danziger Arbeiterschaft i m m e r größer. So bedauerlich dieses Vorgehen Polens ist, so sehr itt es durch die deutschnationale Außenpolitik des Danziger Senats erst ermöglicht worden. Die Hafenarbeiter und die erwerbslosen Danziger haben es jedenfalls bitter zu spüren bekommen, wohin die d e u t s ch n a t i o n a l- t o m m u- n i st i s ch e Katastrophenpolitik führt. vechanölungsübschluß in Genf . Gens, 8. März.(Eigener Drahtbericht.) Die Danziger Anleihe-' frage ist am Dienstag endlich in zwei Vollsitzungen des Finanz- komitees zum Abschluß gebracht worden. Danach ist für die Be- grenzung der Kompetenz der polnischen Zollinspektoren in Danzig eine Formel gesunden, die das Eutscheidungsrecht ungeschmälert dem Danziger Senat zuspricht. Für das Finanzkapital des T a b a t m o n o p o l s ist folgende Verteilung vorgesehen: 4l Proz. Danzig , 29 Proz. Polen und sc l2 Proz. Deutschland , Holland und England. Die vom Völkerbund z» empfehlende Anleihe von 40 Millionen(Bulben Essektivbetrag dürste nominell sich auf 45 Mil­lionen belause». Unabhängig davon darf der Hafenausschuß noch eine Anleih? von 20 Millionen Gulden aufnehmen, aus der 7 Mil- lionen der Stadt Danzig für kurzfristige Anleihen zurückzuzahlen sind. Die Zahlungen, die Danzig an die Reparation s- k o m m i s s i o n zu leisten hat. sind aus 9 Millionen und an die Botsä-afterkonferenz für die B e s a tz u n g s k o ste n auf(5 Mil­lionen festgesetzt worden. Die Danziger Delegation hat der Formel zugestimmt. Die Zu- stimmung Polens liegt noch nicht vor. Für den Fall, daß die Vor- tage vom Vötkerdundsrat genehmigt wird, gedenkt die Danziger Delegation das Anleihegesetz am 15. März dem Senat vorzulegen.

Wieder ein Landesverratsverfahren. G-gen ein Berliner Montagsblatt. Die neueste Seuche svll wieder ein Opfer haben: gegen hen verantwortlichen Redakteur des Berliner Montag Morgen", Dr. R u p p s l, ist eine Voruntcrsuäzung wegen Landesverrats eingeleitet worden. In seinem Blatte war Ende Dezember eine Abhandlung über den auch von uns mehrfach erörterten Fall D i e tz erschienen. Der frühere Studienassessor Dr. Dietz in Elber-

Der Zoll Schweitzer. Von Gustav Mayer. Im Anschluß an einen kleinen Aussatz, den ich kürzlich im Archiv für Sozialwissenschait veröffentlichte, hat derVorwärts" vor einigen Togen die politische Integrität des Nachfolgers Lassalles in der Leitung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins auf eine Weife beurteilt, mit der ich mich nicht einverstanden erklären kann. Der Leser erinnert sich, daß in der Geschichte der deutschen So­zialdemokratie kaum eine Frage so umstritten ist wie die, ob August Bebel oder Franz Mehring mit ihrer Auffassung und Beurteilung des Mannes Recht hätten, der den von Lassalle begründeten Arbeiter- verein wirklich zu einer Partei ausbaute und als der erste offen sich so nennende sozialdemokratische Zlbgeordnete einem europäischen Parlament angehört hat. Wie oft hat Bebel im Gespräch und in langen Briefen mich davon zu überzeugen gesucht, daß Schweitzer nichts als einbezahltes Werkzeug Bismarcks" gewesen sei, und wie deullich hat andererseits Mehring , als mein BuchI. B.v. Schweitzer und die deutsche Sozialdemokratie" erschien, mir seine Befriedigung ausgedrückt, weil ich diese im heißen Kampf entstandene, aber durch keine Beweisstücke gestützte Annahme Bebels nicht zu teilen vermochte. Nun hatte ich jedoch in keinem Augenblick, wie jeder, der mein Buch kennt, mir bezeugen wird, bei der Beurteilung des Menschen Schweitzer die Slnsicht Mehrings geteilt, der, wie alle Historiker, die eine verleumdete oder bis dahin zu ungünstig bewertete Persön- lichkeitretten" sollten, die Schlacken, die dem Charakter jener an- haften,, entweder übersahen oder gar fortretuschierten, selten aber auf die Frage antworteten, wie es denn eigentlich gekommen sein mag, daß so kompakte Beschuldigungen gegen den betreffenden Po- litiker erhoben werden und Glaubon finden konnten. In bezug auf Bebel und Auer oder Johann Jacoby und Waldeck hätte sich eine der­artige Legsnde doch sicherlich niemals bilden können! Ich selbst habe deshalb in meinem Buch über Schweitzer, das ja eigentlich ein« Geschichte der gesamten Sozialdemokratie von Lassalles Tod« bis zum Einigungskongreß in Gotha darstellt, von vornherein den Fall Schweitzer mcht bloß politisch, sondern auch biographisch- psychologisch angepackt. Dabei gelangte ich zu dem Ergebnis, daß dieser Sohn einer ursprünglich italienischen Adelsfaniilic, die ver­armt war. dieser früh deklassierte Aristokrat, dieser gänzlich an Macchiovellis Schriften sich schulende Politiker von»ngewöhnlicher Blickwette nicht aus Liebe zu den qrbeitenden Klassen, sondern aus Ressentiment gegen die Besitzenden, außerdem aber auch und das ist wichtig in Erkenntnis der politisch noch völlig brachliegenden Kraft, die im deutschen Proletariat steckt«, den Weg zur Sozialdemo- kratie gesunden Hai. Ich hat!« ihn geschildert nicht als Kondottierc, dem es. sofern er nur gut bezahlt wurde, gleichgültig sein durfte. für welche Partei er seine Begabung einsetzte, seine Kräfte spielen ließ, sondern als geborenen Politiker von einem in Deutschland ganz

feld gilt dt der Mann, der zuerst die Aufmerksamkeit auf jene dunklen Verabredungen gelenkt hatte, die zu den Haus- suchungen bei Claß und Konsorten führten. Gegen den All- deutschen Elaßschwebt" seit fast einem Jahre das Verfahren wegen Vorbereitung zum Hochverrat, ohne daß der Ober- rcichsanwalt zu einer Entscheidung kommen kann. Dafür leitet er Dutzende von neuen Verfahren ein. Da die Verfolgung der Kommunisten die Zeit nicht ganz aus- füllt, wurde auch Dr. D i etz, der Zeuge gegen die C l a ß i k e r, und der dem Zentrum angehörige Studien- direktor G o l d m a n n wegen Landesverrats in Haft gc- nommen. Dieses Verfahren hat bereits die lebhaftesten Er- örterungen in der Presse hervorgerufen. Der Tatbestand ist so klar,'daß eine Entscheidung längst hätte herbeigeführt wer- den können. Der Staatsanwalt in Elberfeld hatte seinerzeit nach kurzer Untersuchung das Verfahren bereits eingestellt. Es wurde aber wieder aufgenommen. Und nun sitzen die beiden, Dr. Goldmann und Dr. Dietz, seit vielen Monaten in Elberfeld in Haft, weil bei Dietz ein Briefentwurf gefunden wurde, in dem derLandesverrat" enthalten fein soll. Selbst wenn die Leute später vom Reichsgericht freige- sprachen werden sollten was trotz allem, was man beim Reichsgericht erlebt, nicht ganz unmöglich erscheint, haben sie wenigstens ihr Jahr Untersuchungshaft weg. Inzwischen werden Gutachten über Gutachten eingeholt, selbstverständlich von interessierten Behörden. In diesem Falle vom Reichs- wehrmini st erium, denn in dem inkriminierten Briefe wurde der amerikanischen Regierung der Ankauf einer ballistischen Erfindung(für Geschütze) angeboten, die Gold- mann gemacht hatte und die in Deutschland nach dem Friedensvertrag nicht mehr zu verwerten ist. Aus einem dieser Gutachten, die die M a r i n e a b t e i» l u n g des Reichswshrministeriums erstattet hat, brachte der Montag Morgen" einen kurzen Auszug, um das Unhaltbare des Vorgehens gegen Dietz zu erweisen. Dafür wird der Verantwortliche jetzt wegen Verstoßes gegen§ 17 des Preß- gesetzes, der die Veröffentlichung von Gerichtsakten während eines schwebenden Verfahrens unter Strafe stellt, und wegen Landesverrats verfolgt! Landesverrat ist nach der Rechtsprechung die Mitteilung solcher Dinge an eine fremde Regierung, die im Interesse des Landes geheimzuhalten wären. Der Landesoerratsparagraph des Strafgesetzbuchs wird hier zu einer Fessel für jede Z e i t u n g s ä u ß e ru n g! Niemand kann annehmen, daß die Zeitung, die sich des verfolgten Dr. Dietz annahm, ihrer- seits einer fremden Macht Geheimnisse der Landesoerteidi- gung verraten wollte. Das nimmt nur der Verfolgungseifer des Oberreichsanwalts an. Er macht das Recht auf freie Meinungsäußerung, das die Verfassung festlegt, zur Farce. Er scheint seine Aufgabe darin zu sehen, die denkbar größte Rechtsunsicherheit zu schaffen. Wir erwarten, daß er baldigst einen Leitsaden für alle Deutschen herausgibt, in dem d i e wenigen Fälle aufgezählt werden, in denen kein Landesverrat verübt wird. Im umgekehrten Falle würde das Heft wahrscheinlich zu stark werden.

2 Jahre§eftung für literariscben Hochverrat. Ein Urteil gegen einen kommunistischen Buchhändler. Leipzig . 8. März(Eigener Drohtbericht.) In dem Literatur- Prozeß gegen den kommunistischen Buchhändler Herzog aus Jena wurde am Dienstag abend nach dreitägiger Verhandlung das Urteil gefällt. Herzog wurde wegen Vergehens nach§8 81 und 88 des Reichsstrafgesstzbuchs(hochverräterische Umtriebe) sowie wegen Der- gehene nach§ 7 Abs. S und§ 8 des Rcpublikschutzgcsetzes sowie wegen Vergehens gegen das Pressegesetz zu zwei Iahren Festung und 290 M. Geldstrafe verurteilt. Durch die erlittene Untersuchungs­haft gelten zwei Monate als verbüßt. Eine groß? Anzahl Schriften. die hochverräterischen Inhall haben sollen, sowie Watten und Formen sind nach dem Urteil unbrauchbar zu machen.

seltenen Typus, der seine Lebensaufgabe darin suchte, die Kräfte, die in der Masse damals noch unenveckt steckten, zu entbinden, darin vielleicht einem Ingenieur vergleichbar, der davon träumt, die Wellen, die an den Strand branden, durch seine Intelligenz der Gütcrproduktion dienstbar zu machen. Daneben betonte ich aber ein zweites, dos ich, weck es dem Zweck dieses Aufsahes dient, hier deutlicher formulieren muß. Auch die moralische Tradition, deren eine Partei, die zur Macht strebt, nicht entraten kann, ist das Produkt geschichtlicher Entwicklung: auch sie ist nicht plötzlich da(in der Regel), sondern bildet sich im Lauf von Jahrzehnten heraus. Lassalbe hatte sich in seinem Privatleben so manches erlaubt, was heute mit Recht Gegenstand lebhaftester Kritik bilden würde, wenn Mitglieder der Reichotagsfraktion oder des Parteivorstandcs ähnliche Allüren annehmen würden. Schweitzer und fein damaliger Freund und Mitarbeiter Hofstetten, auf den die neu belanntgewordenen Dokumente allein unmittelbaren Bezug haben, Entstammten weder dem Proletariat noch selbst dem kleinen oder großen Bürgertum, sondern sie waren Söhne aristokratischer Familien. In deren Lebensführimg galt es damals aber noch als selbstverständliche Voraussetzung, daß es einem niemals an Geld fehlt« und eigenckich auch daß man. um seinen Neigungen nachgehen zu können, keinenbürgerlichen" Beruf einzuschlag«n brauchte. Fehlte es aber trotzdem an Geld, so nahm man es unbedenklich vom Wucherer oder sonst von jedem, der es vorzuschießen oder her- zugeben bereit war. Von Buchführung wußte nian nichts und hielt eine solche Pedanterie fürkleinlich und unter seinem Stand": allein auf den Zweck konzentrierten sich die Gedanken, danach erst auf die Mittel, deren man benötigte, um diesen Zweck zu erreichen. Als die beiden jungen Adligen, der frühere Frankfurter Advokat und der ehemalige bayerisch« Offizier, im Einvciständnis mit Lassalle, der gleich daraus starb, die Begründung einer sozialdemokratischen Tageszeitung in Berlin ins Aug« faßten, benutzten sie für di« Kaution, die damals auf der Polizei deponiert werden muhte, jenes Geld, das ihnen am einfachsten erreichbar war, nämlich die Mitgift von Hofstettens Frau, einer geborenen Gräfin von Strachwitz . Doch mit Geld rationell zu wirtschaften, hatten sie in den Salons ihrer aristokratischen Eltern nicht so gut gelernt wie z. B. Friedrich Engels im Kontor seiner väterlichen Finna im Wuppertal . Ihre geschält- liche Unkenntnis und ihre Sorglosigkeit tn Geldsachen brachten sie deshalb bald in Schwierigkeiten, und um die Zeitung halten zu können, gaben sie sich sinanziell in die Hände des Drucker-, des Popierliefcranten und wuchenider Geldverleiher. Run aber nahte di- Entscheidung über die künftige nationale Gestaltung Deutschlands . Bismarck betrachtete in jenem Zeitpunkt, wo er sein waghalsigst-» Spiel begann, einen jeden als seinen Bundesgenossen, der nicht wie die Fortschrittler in Schleswig- Holstein einen neuen deutschen Kleinstaat entstehen sehen wollte, der eine Einigung Deutschlands unter preußischer Führung für die durch den Verlaus der Ereignisse allem noch mögliche Lösung der deutschen

Nationale Iilmhetze. Gcgcn das Verbot eines antipolnifrlzcn Films. �cr Internationale Filmkongreß, der vor«inizen Monaten in Paris tagte, hat sich einmütig dafür ausgesprochen, daß keine H e tz fj l m e-mehr gespiell werden, di« die friedlichen Beziehungen der Länder beeinträchtigen könnten. Die deutschen Film- interessenten haben von diesem Beschluß kräftig Gebrauch gemacht, indem sie gegen die weitere Aufführung antideutscher Filme in Amerika und anderen Ländern protestierten. Man sollte denken, was für die anderen Länder recht ist, ist für Deutschland billig. Aber seit dem Wechsel in der Reichsregierung wittert die nationalistische deutsche Presse Morgenwind. Sie möchte die Filmzensur in ihrem Sinne beeinflussen und bringt dauernd Hetzartikel gegen die Zu- lassung der großartigen russischen Filme, deren künstlerischen Wert sie selber zugestehen mußte. Da dies« Film« rein russische Dinge behandeln, ist nicht abzusehen, welchen Schaden sie in Deutschland anrichten könnten. Aber sie haben natürlich freiheitliche Tendenz. Einen neuen Anlaß zur Hetze findet dieselbe Presse in dem am Montag erfolgten Verbot eines oberschlesischen Propagandafilmcs .Land unterm Kreuz". Allen voran gebärdet sich der ,L o k a l- A n z e i g e r" als Vorkämpfer deutscher Interessen gegen die Schmach der deutschen Filmzensur und die Beisitzer der Prüf- stelle, deren deutsche Gesinnung in Anführungsstriche gesetzt wird. Dieser Oberschlcsienfilm war von der D e u l i g hergestellt, deren enge Beziehungen zu Hugenbcrg bekannt sind. Die berechtigten Interessen fehlen also nicht. Es ist nicht verwunderlich, daß die .Lreuz-Zeitung", dieTäglich« Rundschau", dieDeutsch « Tages- zeitung" usw. unbesehen der ausgegebenen Parole folgen und dabei ihre gänzliche Unkenntnis der Vorgänge und des Filmgesetzes bloß- stellen! Es wird unbesehen hingenommen, was di« Vertreter der Deulig ausposaunt haben, daß der Film keinerlei Tendenz gegen Polen habe, daß er rein historische Wahrheiten gebe und keineswegs hetzerisch sei. Die Filmprüfftelle war offenbar von dem Gegenteil überzeugt, denn sie hat beschlossen, den Film zu oerbieten, weil der Film geeignet sei, die Beziehungen Deutsch - lands zum Ausland zu schädigen. Da die Amokläufer das Filmgesetz nicht kennen, wissen sie natürlich auch nicht, daß der Beschluß der Filmkammer sich durchaus im Rahmen des Gesetzes bewegt. Sie stellen auch die Verhandlung der Kammer völlig un- richtig dar: der Vorsitzende hat in keiner Weise, wie sie behaupten, den Film für harmlos erklärt: er hat nur von seinem Recht Gebrauch gemacht, gegen den Beschluß der Kammer an die Oberprüfftelle zu appellieren. Dagegen hatten sich die Vertreter des Aus- wärtigen Amtes dahin ausgesprochen, der Film solle nicht aufgeführt werden, so lange di« Genfer Verhandlungen m i t P o l e n nicht abgeschlossen sind. Da die Filmkammer nicht vor- übergehend verbieten kann, hol sie ihn eben dauernd verboten. Denn wenn sie ihn freigegeben hätte, könnte er sofort von der Firma herausgebracht werden. Der Sinn der Hetze ist klar: man möchte die Mitglieder der Filmprüfstelle, die noch den Mut der eigenen Uebcrzeugung haben. infamiercn, um die künftigen Kammern gefügig zu machen für das Verbot aller freiheitlichen Filme und für die Durchlassung nationaler Hetzfckme. Selbstverständlich ist dieselbe Press« dann auch für die Subventionierung des deutschen Films zu haben unter der Voraus- fetzung, daß er die Belange des Herrn Hugenberg und Konsorten vertrete. Die ganze Schamlosigkeit dieser Hetze wird dadurch beleuchtet, daß derselbeLekal-Anzeiger" in seinerNachtausgabe" vom 8. März olle Register zieht gegen einen antideutschen Hetzfilm, der gegenwärtig in San Francisco laufen soll, und ebenso gegen die Borführung des amerikanischen dlare-aostruin'-Filmes, der soeben in Paris läuft. Aber für Deutschland nimmt er natürlich das Recht in Anspruch, ebensolche Hetzfilme der Oberschlesienfilm ist nicht nur schädlich, sondern auch dumm zur Aufpeitschung nationaler Leiden- schasten loszulassen. Schon hat der offiziös« PariserTemps" auf den Oberschlesienfilm hingewiesen: es wäre interessant zu erfahren. woher er seine Details hat, di« ja eigentlich nur den Herstellern be- könnt sein konnten.

Frage ansah, der sich damit abfand, daß die österreichischen Deutschen dem entstehenden Reiche vorläufig nicht eingegliedert werden konnten. Zu einer solchen Auffassung halten sich nun ober die Rc- dakteur? dosSozialdemokrat" im Gegensatz zu Bebel und Lieb- knecht, obgleich sie als Süddeutsche ihrem Gefühl nach großdeutsch gestimmt blieben, unter den: Zwang der Lag« schweren Herzens durchgekämpit. Und ihr Blatt war um so eher bereit, in dieser brennenden Frage Bismarcks Politik, die ihrer Ansicht entsprach. zu unterstützen, als der preußische Ministerpräsident aus freien Stücken sich anschickte, Lassalles wichtigste politische Forderung, das allgemeine gleiche Wahlrecht, auf seine Fahne zu schreiben. Niemals wieder hat Bismarck so begierig nach Federn und Talenten Umschau gehalten, die der öffentlichen Meinung Deutschlands die Unvermcid- barksit des Weges, den er in der dcntschcn Frage einschlug, ver- stündlich machen sollten. Schweitzer büßte eben wegen Majestät»- beleidigung und andcrer politischer Sünden ein« Gcfängniestrase ab, als Hofstetten, der, um denSozialdemokrat" vor dem Untergang zu bewehren, nur noch diesen Weg sah, vermutlich durch Vermittlung Hermann Wagencr-, von Bismarck die Gefälligteit angeboten erhielt oder erbat, daß dieser ihm die sreft Benutzung jener 2500 Taler ermöglichte, die er bei der Pclizcikasse als Kaution festgelegt hatte. Es handelte sich bei dieser Transaktion also keineswegs um eine Be­stechung,>0 selbst nicht um cino Unterstützung, sondern zunächst bloß um eine Gefälligkeit. Diese aber sollte verhindern und verhinderte. daß die einzig« sozialdemokiatischc Zeitung, die es danials in Deutschland gab. ihr Erscheinen einstellte. Eine genaue Nachprüfung der Haltung des Blattes vor und nach jenem Abloinmen. die ich vor- nahm, hat nun nirgends auch nur den geringsten AnhaltspMikt dafür ergeben, daß die Politik desSozialdemokrat" gegenüber der preußische» Regierung daraufhin auch nur die mindeste Veränderung erfahren hätte. Plag und>?it> eichen nicht, um unseren Gegenstand an dieser Stelle erschöpfend zu behandeln. Wenn aber derVorwärts" wirk- lich meinen sollte, daß der alte Streit zwischen Bebel und Mehring durch meine jüngste Verössemlichung endgültig zugunsten von Bebels Auffassung entschieden wäre, so müßte ich gegen eine solche Aus- wertung der von mir neu mitgeteilten Tatsachen den entschiedensten Widerspruch anmelden. Einbezahlter Agent" ist der, der seiner eigenen Ucbcrzeugung entgegen bewußt dein politischen Gegner dient statt der Partei, zu der er sich öffenllich bekennt. Nicht der Schatten eines Beweises liegt vor. daß Schweitzer in diesem Sinne gehandelt hätte. Er hat noch besten Kräften davon bleibe ich nach wie vor überzeugt, freilich von stärkstem Ehrgeiz getrieben, der Sache des deutschen Proletariats gedient, und deshalb wird er stets und mit Anerkennung in der vordersten Reihe der Männer zu nennen sein, hie die Sozialdemokratie aus einer Sekte in eine Partei verwandelt und di- die parlamentarische Taktik geschaffen haben, die noch heute im Reichstag von den parlainentarischon Vertretern der arbeitenden Massen befolgt w