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Reichswehr und Mrbeitskommanöss. Klärung im Prozeß Wilms. Klapproth Bertrauensmau« der Reichswehr . Selbstbezichtignng des Schulz?

Auch im weiteren Verlauf der gestrigen Verhandlung im Fememordprozeß Wilms standen zunächst im Mittelpunkt die Be- Ziehungen der Arbeitskommandos zur Reichswehr . Ausschlaggebend in dieser Hinsicht waren die Aussagen des früheren O b e r l e u t- nants v. Senden, der selbst Arbeitskommandoführer war. Ndchswehr und flrbeitskommanöos. Nach seinen Angaben wurden die Leute bei dem Eintritt zwar nicht vereidigt, aber zur strengen Verschwiegenheit ermahnt. Er selbst erhielt vom Reichs wehrgruppenkommondo bei seinem Eintritt die Anweisung, die Führer der Arbeilstommandos müßte« ihre Autorität durchsehen und die Leute militärischen Dienst versehen lassen. Oberleutnant Schulz habe bei einer Ansprach« erklärt, für die Mitglieder der Arbeitskommandos seien die Kriegsortikel maßgebend, vor den Ossizieren der Reichs- wehr Oberstleutnant Held und Lock oder Hauptmann kainer hätten Gruppen der Arbeitskommandos eine Gefechtsentwicklung gemacht. Danach sei die Gefechtslage besprochen und Kritik geübt worden. Schulz sei der direkte Vorgesetzte der Arbeitskommandos gewesen und von Major Buchrucker auch so bezeichnet worden. Ein Auftrag von Schulz galt als dienstlicher Befehl, der namens de» Wehrkreiskommandos erteilt wurde. Hauptmann Kainer von der Reichswehr versuchte bei semer Vernehmung die Angaben v. Sendens abzuschwächen. Den Mit- gliedern der Arbeitskommandos sei bei ihrer Einstellung lediglich mitgeteilt worden, daß sie sich ein Landesverratsverfahren zuzögen, wenn sie nicht reinen Mund hielten. Weder die Leute noch die Führer der Arbeitskommandos hätten einen berechtigten Grund gehabt, sich als Soldaten zu fühlen. Die positiven Angaben v. Sendens kann allerdings auch Kainer nicht entkräften. Klapproth Vertrauensmann der Neichswehr. Fast sensationell wirkt« es, als in der gestrigen Sitzung zum «rnstenmal die Frage, welche Stellung Klapproth und die anderen z.b. V.-Leute nun tatsächlich einnahmen, klargestellt wurde. Ober. leuwant Held von der Reichswehr sagt aus, daß die z. b. V.-Leute den Auftrag hatten, Waffen, die von der preußischen Polizei be- schlagnohml worden waren, wieder helmlich zu entwenden. Der- artig« Defehle sind, wie auch Klapproth betont, direkt von der Reichswehr gegeben worden. Auch Hauptmann Kainer bestätigt, daß die Leibgarde des Schulz von der Reichswehr z. B. auch von ihm Aufträge be­kommen hätte. Klapprolh sei der wann gewesen, auf den man sich bei allen schwierigen nächtlichen Ersastungen unbedingt habe ver- losten können. Hauptmann Kainer gibt weiter zu, daß im Zu» sammenhang mit den Arbeitskommando» Te« heimatten bestanden, die im Auftrage von Schulz ange- fertigt und beim Reichswehrkreistommando im Tre- s 0 r verwahrt wurden.

Der Fall Wilms selbst wurde auch gestern abgesehen von einer zwar aufsehenerregenden, aber noch mcht nachgeprüften Aus- sage nicht wesentlich geklärt, v. Senden sagte aus, er habe Oberleutnant Schäl er, als sich Wilms mißliebig gemacht hatte, zu Schulz gesandt und ihn gebeten. Wilms abzulösen. Darauf sei Oberleutnant Stantien gekommen und habe Wllms mit- genommen. Als er Schulz die Verfehlungen des Wilms gemeldet habe, habe dieser ihm noch seiner Ansicht zum mindesten ge- antwortet, daß Wilm» abgeholt werde. Ob er dies auf eigene Initiative oder auf Vefehl des Wehrkreises getan habe, könne er nicht entscheiden. Wenn Zeuge Stein behauptet habe, sein Schwager sei Herr v. Kuhnheim und er Hab« bei ihm an Femebesprechungen teilgenommen, so müst« er beides als unrichtig bezeichnen. Hauptmann Kainer erklärt« bei seiner Vernehmung, daß der Befehl in S-achen Wilms tatsächlich vom Wehrkreis erfolgt fei. Wer den Befehl gegeben habe, wiste er nicht, doch habe er selbst, als er von den Verfehlungen hörte, gesagt, der Mann müsse versetzt werden. Er hob« nicht den Eindruck, daß die Fahrt Stan- tiens der erste Schritt zu dem schweren Verbrechen gewesen sei. Von den weiteren Zeugen schränkt bei der Vernehmung der Zeuge E n» k o t seine Aussage, Wilm» Hab« nach einem An- schnauz» de» Schulz»klärt,» wäre heute in d» Stimmung, den Kommunisten alles zu verraten, sehr stark ein, nachdem ihm Iln- richtigkeiten nachgewiesen worden waren. Monteur Kauffer, der sein»zeit im Döb«ritz» Lage war. bekundet, daß dort etwa 200 Kabelmusfen von d» Art lagen, wie man sie zur Beschwerung d» Leiche des Wilms benutzt hatte. Eine Selbstbezichtigung des Schulz! Oberleutnant a. D. Cckord Schöler, der bereits wegen des Mordes an Ponm» zum Tode verurteilt, ab» dann zu fünf Jahren Zuchthaus begnadigt worden ist, bestätigt, daß er an dem Tage nach der Festsetzung des Wilms auf Befehl v. Sendens Oberleutnant Schulz Meldung gemacht und daß dieser ihm erklärt Hobe, er werde Wilm« abholen last««. Er habe Schulz kurz darauf noch ein- mal aufgesucht. Bei dies» Gelegenheit erzählle ihm Fahl- busch, d» Ordonnanzdienst hatte, daß Wilms tot sei. Vach der Auffindung der Leiche de» Wilm» habe er Schulz bei ein» Unter- redung mit Vudzinski gekrofsea. Dies» habe»zählt, er müsse zum Polizeipräsidium zur Vernehmung. Schulz habe daraus sofort um Rachricht nach d» Vernehmung gebeten und hinzugefügt:Wenn mein Freund Weiß wüßte, daß ich die Ermordung von Wilms an- geordnet habe, dann würde« sie sich mächtig freuen." D» Angeklagte Ludzinskl bestritt da» sehr en»gisch. Er sei nur einmal in ein» ganz anderen Sache von der Polizei vernom- men worden. Als die Leiche des Wilms gefunden worden sei, sei er längst nicht mehr bei der Schwarzen Reichswehr gewesen.

Strefemanns Heimkehr. Dcutschnationales Durcheinander. In einigen Monaten wird man sicher mit dem Kopf schütteln, wenn man sich daran erinnern wird, worum auf der Märztagung des Völterbundsrates so heftig gestritten wurde. Einstweilen wirkt aber die künstliche Erregung, in die man sich während der ganzen vergangenen Woche gegen» seitig versetzt hat, noch nach, und besonders Herr E t r e s e- mann muß sich nach seiner gestern abend erfolgten Rückkehr nach Berlin weitere heftige Kritiken gefallen lassen. Es sind vor allem deutschnationale Blätter, also keine Organe der Opposition, die über ihn herfallen. Allerdings ist die Tonart sehr verschieden und man merkt es der Rechts- presie an, daß sie selbst noch gar nicht weiß, wie weit sie diesen Feldzug führen darf. Neben derDeutschen Zeitung" sind es vor allem die Hugenberg-Blätter, die die schärfere Tonart vertreten und die, wenn sie auch nur acht Tage konsequent blieben, unvermeidlich eine Stresemann-Krise, d. h. eine Regierungskrise hervorrufen würden. Auch dieK r e u z- Z e i t u n g" fühlt sich aus Tradition verpflich- tet, Opposition zu markieren und Stresemann vorzuwerfen. daß er auf eigene Faust gehandelt und Kompromisie ab» geschlossen habe, für die er allein die Verantwortung trage. DieDeutsche Tageszeitung" dagegen ist vor» sichtiger, denn die großagrarischen Kreise haben ein zu starkes Interesse an ihrem Regierungseinfluß, als daß sie das Spiel mit dem Feuer eines ernsthaften Feldzuges gegen Strese» mann wagen würden. Dieses Blatt läßt im Gegensatz zur Kreuz-Zeitung " durchblicken, daß nach ihrer Auffassung das G e s a m t k a b i n e tt die Verantwortung für Strefemanns Kompromißabschlüsie dadurch übernommen habe, daß es ihm a b s i ch t l i ck> freie Hand gegeben hätte. Ueberhaupt ist die Kritik derDeutschen Tageszeitung" an den Ergebnissen von Genf viel milder als die oer meisten anderen deutschnationalen Blätter. Sie besteht vor allem darin, daß die Frage aufgeworfen wird, ob es nicht doch besser gewesen wäre, es auf eine Abstimmung ankommen zu lassen und dabei zu unterliegen, als die formelle Zustimmung Deutschlands zu einer Lösung zu geben, bei der wir einerseits den eigenen Rechtsstandpunkt aufgegeben und dafür nicht einmal nennenswerte Konzessionen erzielt haben. Nach unserer Ueberzeugung ist Kritik an der Haltung der deutschen Delegation in Genf durchaus am Platze, aber aus einem anderen, hier bereits mehrfach dargelegten Grunde. Wir meinen, daß es ganz überflüssig war, ein« internationale Haupt» un'd Staatsaktion aus der Frage zu machen, ob der Dahnschutz S00 oder 800 Mann stark sein sollte. Darüber hätte man sich, wahr» scheinlich sogar mit größerem Enderfolg, schon vorher, zu Beginn der Ratstagung oder sogar noch früher, ver- ständigen können. Hier hat die Regie vollständig o e r s a g t und das Ergebnis jener in aller Oeffentlichkeit ausgetragenen Debatte war für Deutschland jedenfalls kein Gewinn. Viel geschickter ist in dem oberschlesischen Schulkonflikt verfahren worden, dessen Lösung sachlich auch wesentlich besser sür die deutschen Interessen war als m der Saarfrage. Aber alle diese Punkte der Tagesordnung waren ja gar nicht den Aufwand an diplomatischen Mitteln wert, der in Genf getrieben wurde. Ihre Regelung vermag uns trotz aller Schönheitsfehler nicht aufzuregen. Viel wichtiger uno bedauerlicher erscheint uns die Tatsache, die man leider als Fazit der gesamten Tagung feststellen muß, daß der Rück- schlag in der deuisch-fronzLsischen Verstän- digungspolitik unverkennbar ist. Dies» Rückschlag ist zum guten Teil eine Folge der deutschen Rechtsentwicklung und ihreH Wirkung auf die öffentliche Meinung der ganzen Welt. In einer Zeit, in der die weltpolitische Lage durch den englisch -russischen Konflikt und durch die Aaressivität des Faschismus besonders gekennzeichnet wird, wäre ein Fort» schreiten der deutsch -französischen Verständigungspolitik not- wendiger denn je. Hier gilt es für olle Freunde des Friedens und der Demokratie den Hebel anzusetzen und dafür zu sorgen, daß die gleichen innerpolitischen Boraussetzun» gen geschaffen werden, ohne die der große Fortschritt der Jahre 1S2S und 1926 nicht möglich gewesen wäre.

Ein Kartellkontrollamt geforüert. Gegen die Preisdiktatur der Kartelle. Im Reichstag ist zur zweiten Lesung de» Haushalts des Reichs- wirtschaftsministcriums eine Entschließung Müller-Fran- ken(Soz.) und Lemmer (Dem.)«ingegangen, in d» gefordert wird, die Reichsregierung zu ersuchen, im Hinblick aus die ständig gefährlicher werdende Wirksamkeit der Kartelle und ähnlicher Monopolorganisationen. die stch durch ihre monopolistische Beherrschung de» Markte» nicht nur zu ein» großen Existcnzgefahr der weit«rv»arbeitenden Industrie auswachs«, sondern auch durch die Hochhaltung unberechtigt hoher Preis« den Warenverbrauch und die Lebenshaltung des Lölkes verteuere, die Gesundung der Wirtschaft und die Unterbringung d» Erwerbslosen verhindere; 1. dem Reichstage bald«ine Borloge zu unterbreiten, die die Errichtung eines Kontrollamte» für Kartell« und alle Unter- nehmerorganifationen oder Unternehmungen anordne, die nach Größe und Art goeignet seien, einen wesentlichen Einfluß auf den Markt auszuüben: 2. bei der Weltwirtschaftskonferenz dahin zu wirken, daß mtt» Mirwirtung des Bölterbundes Vereinbarungen der Staaten über die Kontrolle international» Monopolorgani- sationen, insbesondere auch über die Geschäftspolitik der Rohstoff» Monopole, getroffen würden._

Reichsgericht gegen Kpd . Eine verworfene Revision. Leipzig . 14. März.(MTB.) Der dritte Strafsenat de, Reichs­gerichts verwarf heute die von der kommunistischen Arbeiterin Auguste Bartels eingelegt« Revision gegen das Urteil des Schwurgerichts in Göttingen vom 10. Novembep 1926. Dieses lautete gegen die Angeklagte Bartels wegen Sprengstoss- tomplotts aus 5 Jahre Zuchthaus und gegen ihren Sohn wegen Beihilfe auf 6 Monate Gefängnis. Das in d» Wohnung der Frau Bartels verabredete Komplott auf«inen deutsch - nationalen Gutsbesitzer war auch ausgeführt worden, hatte jedoch nur wenig Schaden angerichtet: Frau Bartels hatte ihre Mitwirkung zugegeben.

Ein»faules Kompromiß". Der Provisorische Finanzausgleich vor dem Stencransschntz. Unt» groß» Beteiligung von Ländervertretern und Abgeord- neten begann d» Steuerausschuß de» Reichstags am Montag die Beratung der Uebergangsregelung des Finanzausgleichs. Die Anträge der Regierungsparteien haben sowohl bei den eigenen Anhängern als auch bei den Ländern Gegnerschaft ausgelöst. Co spricht die»Kölnische Zeitung ", das Hauptorgan d» Deutschen Volkspartei , von einem faulen Kompromiß, da» einen Sieg der bayerischen Auffassung darstelll. Der verkrek» von Sachsen bekämpfte die Anträge der Regie» rungsparteien, well sie den Grundsatz der bi-herigen Regelung ver­letzen. wonach jedes Land drei Viertel des Auskommens an der Einkommensteuer erhallen müsse. Die neu« Dorschrist sei staats- rechtlich d» erste Schritt zur Einführung eines Lastenausgleichs unter den Ländern zu Lasten der Länder. Man nehme also den Ländern den Rest ihrer Selbständigkell und drücke sie aus das Niveau der Gemeinden herab. Der Derlreler Hamburgs schloß sich diesen Darlegungen an. Hamburg werde durch die Vorschläge der Regierungsparteien um 3,6 Millionen geschädigt, Sachsen um 4L Millionen. Bremen ungefähr um eine Million. Den Vorteil hätten die agrarischen Länder, in erster Linie Bayern . Der preußische Finanzmiuister Höpker-Aschoss tellte die grundsätzlichen Bedenken Sachsens . Die Ueberweisung von 2,6 Milliarden fei ab» kein Geschenk an die Land». Preußen habe durch Senkung d» Gerichtskosten. Erhöhung des Wohnungsgeldes durch die Mietsteigerung. Beseitigung des Zuschlags zur Grund- erwerbssteuer und durch etwaige Beseitigung d» Getränkesteuer eine Minder ei nnahm« für Staat und Gemeinden von etwa S6 Millionen. Dem stehe nur eine Mehreinnahme von 52 Millionen gegenüber. Deshalb sei die Erwartung aus Sand gebaut, daß nach dem neuen Finanzausgleich die Länder die Real- steuern senken könnten. Die Beseitigung der Getränke- steuern sei falsch und gefährlich. Ihre Erträge machen überall ein Fünftel bis ein Drittel der Gewerbesteuer aus. Werde die Gettänkefteuer beiseitigt, so wird in sehr vielen Industrie- gemeinden die Möglichkeit vernichtet, die Gewerbesteuer herab­zudrücken. Als erster Redner der Opposition kam Genosse Dr. Hertz zu Wort: Bei den neuen Vorschlägen der Regierungsparteien han- bell es sich um ein Kompromiß rein parteipolitischer Art. Sachliche Gründe sind zu sein» Rechtjerligung nicht aozu- führen. Es ist ein glatter Sieg Bayerns , das jetzt end- güllig den Beweis geliefert hat, daß ihm seine Eigenstaattichkell gegen finanziell« Zugeständnisse seil ist. Der rückständige Partiku» larlsmus Bayerns, das sich jeder wirksamen Reform seiner Ver- wallung, der Herabdrückung seiner Ausgaben und der Erhöhung sein» Einnahmen widersetzt, wird gefördert. Mit d» Begünstigung Bayerns geht einh» die Begünstigung oll» Staaten mit agrari- schein Eharakln aus kosten d» industriellen und großstädtischen Lcvölk»ung. Das ist um so ungerechter, als diese Gebietsteil« die notleidendste Bevölkerung haben, die ohnedies am stärksten belostet ist. Die Vorschläge der Regierungsparteien belasten auch den Reichsetat so stark, daß die Gefahr eines Defizits bzw. die Drosselung der sozialen Ausgaben und die N i ch t h e r a b- setzung der Zucker st euer droht. Dah» fei auch die Beseiti- gung der Getränkesteuern, durch die den Verbrauchern keinerlei Nutzen»wächst, unverantwortlich. Wir fordern für die geschädigten Semeinden vollen Ersatz. Zw ganzen gesehen, sei die Neuregelung eine Bestätigung sür die Gefahren des Besißbürgerblocks. Die Besitzbelastung wird abgebaut, die Wassenbelasluna erhöhl, die unteren Schichten de» Volke» werden in ihr» Lebenshaltung beeinträchtigt.

Abg. Dr. Fisch»(Dem.) lehnte die Vorlage ab. Das setziae vorgehen sei nicht nur ein« Förderung des Föderalismus, sondern sogar des engstirnigen Partikularismus. Im Gegensatz zu dem.,»! sozialdemokratischen Redner vermißte Dr. Fischer eine ousreichende Berücksichtigung d» Interessen der Wirtschaft. Auch gab er der Befürchtung Ausdruck, daß neue Besitzsteuern notwendig würden. Die Emkominensteu» müsse ermäßigt werden. Auch sei ein Zwang zur Herabsetzung der Realsteuern angebracht. Die Verlängerung des Finanzausgleichs auf zwei Jahre verewige die finanzielle Vor- macht d» Länder. In sehr gereizt» und nicht immer glücklicher Form polemisiere d» Reichsfinanzminffter Dr. Köhl» gegen die Redner der Oppo- sition. Man kann ihm gewiß zugeben, daß es wertvoll ist, wenn er noch weitergehende Wünsche Bayerns abgewehrt hat. so die be- sondere Umsatzsteuergarontie und die Erhöhung des Anteils an der Einkommensteuer von 73 auf 90 Proz., ebenso die Erweiterung des § 33. Das ist aber kein« Rechtfertigung für die Zu- geständnisse. die auf anderen Gebieten gemacht wurden und die da« Reich ebenso schädigen wie die leistungsschwachen Länder und Gemeinden. Weder Dr. Becker noch Dr. Köhler haben den Versuch gemacht, den Vor- wurf zu entkräften, daß die Neuregelung des Finanzausgleichs nicht auf sachlicher Grundloge, sondern entsprechend dem Diktat Bayerns auf rein parteipolitischer Grundlage erfolge. Das ist schließlich das best« Eingeständnis welch schlechte Sache die Regierungsparteien vertreten.

Regkerungsverhanülungen in Thüringen . Weimar . 14. März.(Eigener Drahtbericht.) Als Vertreter des plötzlich erkrankten Lolksparteilers Bauer trat am Montag der Abgeordnete W i t t m a n n- Gotha an die sozialdem»'.-- tische Fraktion zwecks Verhandlungen über die Regierung»- bildung heran. Di« von den Vorsitzenden der sozialdemokratischen Fraktion Frölich und Hermann geführten Verhandlungen mit Wittmann hatten lediglich informatorischen Charakter.

Ein belgischer Genosse alsüentscber tzelü". Seltsamer Mummenschanz in derDeutschen Tageszeitung". Heute soll im belgischen Parlament üb» Eupen-Malmedy verhandell werden. Darüber ließ sich dieDeutsche Tageszeitung" gestern aus Brüssel folgendes telegraphieren: Dienstag wird der deutsch « Abgeordnete Somer- Hausen die Regierung über ihre Eupen-Malmedy -Politik inter - pellieren. Als Auftakt zu dieser Interpellation haben die Ein- wohner von Eupen und Malmedy eine Erwiderung aufdie abschlägige Antwort der belgischen Minister nach Brüssel gerichtet, in der es wörtlich heißt: Der Abgeordnete Somerhausen, welcher bis jetzt unser Selbstbestimmungsrecht verteidigte, wird in kurzen, in der Kammer hierüb» interpellieren, und wir hoffen, daß dieser Ruf zu ein» gerechten Lösung der Frage führen wird." Diese Art der Berichterstattung fordert geradezu die nationalen Lyriker heraus. Somerhausen, deutscher Held, der drüben in Feindesland" tapfer für deutsche Belange ficht... Am Ende gar macht ihm eine deutsche Gutsbesitzerstochter«inen Hcirotsantrag. Wir warnen sie würde enttäuscht sein! Somerhausen ist kein Deutscher, sondern ein Belgier, ußd«in Sozial» d e m o k r a t. Bloß weil die Leser nicht erfahren dürfen, daß Sozialdemokraten für internationale Gerechtigkeit kämpfen, macht dieDeutsche Tageszeitung" einen«deutschen Abgeordneten" aus ihm.