tvurtie. unft die Agitation 8er national-indischen Presse bewirkte eine Veruhigungsaktion durch Wiederaufnahme des Falles mit dem Ergebnis eines abermaligen Frei- I p r u ch s— weil die Zeugenaussagen über die Einzel- hellen(I) der Mißhandlung sich nicht deckten. Die Tatsache des toten Proletariers selbst tonnte man sogar den Indern nicht bestreiten. In Simla, dem Sormnersig der Regierung, wurde«in Rikschakuli von einem Offizier in ähnlicher Weise mißhandelt. Dieser uniformierte Täter kam nicht so glatt davon» sondern wurde bestraft— mit einer Ordnungsstrafe von hundert Rupien, gleich zwei Tagesgeldern. Obgleich die Sklaven- rnrung im heidnischen Römerreick, härter gesühnt wurde(der Leser findet die Sätze bei Mommsen)» war dies schon eine exemplarische Strafe, die in Indien Aufsehen machte,, denn in zahlreichen anderen Fällen geht der Täter ungestraft davon, weil sich im Klub ein Arzt findet, der„konstatiert", daß der geschundene Kuliproletarier ja sowieso bald gestorben wäre— etwa irrfolge einer erweiterten Milz. Die Frei- sprechungen in Fällen der S k! a v e n t ö t u n g mit der Eni- schuldigung der erweiterten Milz(e;nlar?ecl spieen) sind so häufig, daß das Wort vom„enlsr�ecl sxlsen" in den Kreisen der indischen Freil�eitsbewegung längst zum blutigen Sarkas- nw.s geworden ist. Nur, wo es eben gar nicht anders geht, wird statt des Fveilpruchs eine formelle Ordnungsstrafe ver- hängt. So ereignete sich vor einigen Monaten der Fall, daß in Delhi eine Indierin von drei betrunkenen englischen Sol- daten aus offener Straß? überfallen wurde und an den Folgen bestialischer Notzuchtshandlungen unmittelbar dar- auf st a r b. Obwohl es nach landläufiger Rede„nur ein schwarzes Weib"(enlj' a black wo man) war, geboten Rit- terkchSeits- oder Zweckmäßigkeitserwägungen dem weißen Richter, den einen der drei Schandsubjekte auch sechs Mo- n a te(!) einzukorzern, derweil die beiden anderen wiederum ungestraft davonkamen. Hätte nicht die nationale Bewegung den Fall aufgegriffen, so hätte wahrscheinlich nach der toten Inderin kein Hahn und kein Reuter-Bureau gekräht. Dies sind nur einig« wenige Fälle unglaublich brutaler Herrfchaftsousübung und Ncchttprechung, die sich neben zahl- reichen anderen allein in einer Zeitspanne von sechs Monaten. d. h. in der zweiten Jahreshälfte lS?S ereignet haben: andere sind mir noch bekannt, doch besitze ich im Augenblick nicht die exakten Einzelheiten und unterlasse es daher, sie an dieser Stelle zu erwähmw Ost fragte ich mich, wie es möglich sei, daß Menschen einer Rasion, die in bezug aus Bildung und Kultur in Europa gewiß nicht die letzte ist, in einem fremden Lande so Hausen können. Nachdem ich mir die ganze Soziologie des indischen Engländertums oergcgsnivärtiate, war es mir klar: dies hier sind keine Engländer, wie wir sie in Europa kennen, sondern eineKastefürsich. Nicht, daß sie erwa in ihrer Mehrzahl hier in Indien geboren und fern der Briteninsel ohne den Segen der heimatlichen Gentleman-Bildung au�- gewachsen wären. O nein, dt« meisten, fast alle von der Mili- tär- und Beamtenkaste(die die erdrückende Mehrzahl der Engländer Indiens ausmacht), kommen erst nach Bollendung ihrer Studien von England hierher und senden auch ihre Kinder zur Erziehung dorthin. Sie selber ziehen sich ebenfalls im Alter von 45 bis 50 Iahren wieder nach England zurück, so daß von einem isolierten Stamm indischer Engländer nicht die Rede fein kann. Die„geistige Umstellung" vollzieht sich also nicht auf genealogischen� Wege, sondern durch ein plan- mäßiges System. Dieses tritt in Wirksamkeit mit dem Augenblicks, wo der junge Verwaltungsbeamte. Ossi, zier. Soldat oder Kaufmann das Schiff besteigt, das ihn„jenseits vom Suez" fährt. An Bord wird ihm von Kundigen Weisung zu- teil, wie er alle? Farbige mit Ablehmmg und Verachtung zu behandeln hat. Keiner dürfte sich dort eine Unierhalsimg mit einem noch so gebildeten Inder, ja kaum einen Gruß erlauben. (Der Leser erinnert sich meines ersten Reiseberichtes vom Schiff, wo ich diese Atmosphäre beschrieb, aber noch nicht die Ursachen kannte.) In Indien angelangt, sieht der in Gentle-
man-Manieren gezähmte junge Mann lauter Sklaven um sich, die er gegen eine Ordnungsstrafe in den Staub treten, sonst aber so ziemlich nach B-lieben behandeln kann und sieht sich mit Machtoolllommcnheiten ausgestatet, die'hm den Kopf schwellen. So schmilzt dann unter Indiens Tropensonne die düime Schicht Eton-Salbe oder Orsord-Firnis wie die Zuckerglasur vom Pfefferkuchen Die mannigfachen Aus- na h m e n von diesem Typ mögen hier besonders lobend er- wähnt sein, da es wirtlich ein persönliches Derdienst ist. der Einwirkung dieser Atmosphäre zu widerstehen. Der Typhus aber ist es, der den Grundton des Regimes im Lande be- stimmt und sich auch schwerlich von einem in London residie- reichen„Ministerium für Indien" ins Handwerk reden läßt. Auf den umgekehrten Fall dagegen: daß diese Ueberjunker nach ihrer Heimkehr sich zuweilen auf der ullrakoniervativen Seite der inneren englischen Politik betätigen und ihre Denk- ort dort hineintragen, hat bereits die Indien -Denkschrift der Independcnt Labour Party hingewiesen.
Die deutsche vo'kspartel üroht. Sie verlangt zwangsweisen Abbau der Stealstenern. In der wtiteren Aussprach« über den Finanzausgleich im Steuerausschuh des Reichstages am Dienstag trat die U n- stimmigkeit unter den Regierungsparteien aufs neu« bei der Rede des volksparteilichen Abg. K« i n a t h schross hervor. Er beschäftigte sich mit der Bedeutung des Finanzausgleichs für den Steuerzahler. Die Bevölkerung sei uberlostet. Das vor- liegende Gesetz wolle darin nichts ändcni. Man müsse jedoch den Beginn der Steuernnlderung verlangen. Dabei denkt die Volks- partei natürlich nicht an einen Abbau der drückenden Massen- belastung, durch den in erster Linie den schwachen Dostekreisen ge- Holsen wird, sondern an den Abbau der Steucrarien, durch die die kapital! st ischen Kreise belastet werden. Daher verlangte Keinalh einen Zwang de» Kelche» auf Länder und Gemeinden zum Abbau der Realsteuern. Der von den Regierungsparteien vorgelegte Antrag gehe nicht weit genug, da er nur eine Soll bestimmung vorsehe. Diese mild« Form tönn« nur bestehen bleiben, wenn die Länderregierungen befriedigend« Erklärungen abgeben, daß sie da- nach verfahren wollen. Daran fehle e» aber leider immer noch. Die Deutsche Boltsparld mache aber von solchen besriedigendea Er- klärungen ihre endgültige Stellungnahme abhängig. Da auch die folgenden Redner Abg. Seifert(Völt.) und Koenen(Komm.) die vorgeschlagenen Anträge ablehnen, so hängt alles davon ab. dag die Regierungsparteien nicht ausbrechen und von der WirtschastZ- Partei unterstützt werden. Zu den Ausschuhverhandlungen über den Finanzausgleich hat die Sozialdemokratie zahlreiche Abändern ngs- antrüge gestellt. Die Sozialdemokratie oerlangt 1. zur hauszlnssteucr Bestimmungen, wonach die Länder an- ordnen können, bah Steuerpslichsige, die eine bestimmte Ein- kommensgrenze nicht erreichen, von der Steucr befreit werden. doch muß die Einkommensgrcnze für die Besitzer aller bebauten Grundstücke die gleiche sein.' Von der Hauszinsjteuer sollen nicht mehr alz 20 P r o z. der Friedensmietc zur Deckung des ollge- meinen Finanzbedarfs verwendet werden dürfen. Auch wird die Begrenzung der Miete auf Ivll Proz. der Friedensmiete bis al. März 1928 verlangt. 2. Zur Einkommensteuer wird gefordert: restlose Besteuerung der Spekulationsgewinne und Verschärsung des § 40 über die Besteuerung nach dem Verbrauch. 3. Bezüglich der Verbrauchssteuer« wird die völlige Auf- Hebung der Zuckersteuer verlangt. i. Für den Fall der Aufhebung der gemeindlichen Gelrönke- steuern sollen die Gemeinden aus Rcichsmitteln Ersatz- l« i st u n g in Höhe von je 75 Millionen Reichsmark jährlich erhalten. 5. Für den Fall der Annahme der Erhöhung der EntschSdi. gung der süddeutschen Staate« aus der Biersteuergemeinschast soll der dem Reich entstehende Mehraufwand durch die Er- höhung der Börsenumsatzsteuer beschafft werden. Die allgemeine Aussprache, in der auch diese Vorschläge der Sozialdemokratie zur Debatte stehen, wird am Mittwoch sortgesetzt.
Die Mißwirtschast bei üer Reichsbahn. Der Achtstundentag fast allgemein überschritten! Im Ausschuß für den Reichshaushalt wurden in der Dienstag- sitzung bei Gelegenheit der Beratung des Etats des Reichsverkehrs- Ministeriums Eisenbahnangelegenheiten erörtert. Genosse Schumann-Frankfurt führte u. a. hierzu aus: Es sei unbestritten, daß in weitesten Kreisen große Unzufriedenheit mit der Leitung der Reichsbahn herrsche. Nicht nur wegen der Haltung, die sie allen Kanalfragen gegenüber«ingenommen habe. nicht nur wegen ihrer Tarifpolitik, sondern vor allem auch wegen der von ihr verfolgten Perscnalpolitik. Noch immer sei es nicht ge- lungen, Vertreter des Personals in den Derwaltungsrat hineinzu- bringen. In diesem wichtigsten Organ der ganzen Reichsbahnver- waltung sähen ausschließlich Vertreter der Unternehmer und gerode solche, die an Lieserungen für die Reichsbahn stärkstes geschöst» liches und persönliches Interesse haben. Auch der Personalabbau verdiene schärfste Kritik. Während 1924 nach 145 17ö Werkstätten- arbciter vorhanden waren, bezisfert sich der Bestand jetzt auf 113 000, so daß also rund 33 000 Arbeit er abgebaut sind. Der Gedanke lasse sich nicht abweisen, daß die Reichsbahnwerkstäsien so verkleinert worden sind, um möglichst viele Arbeiten an die Privat- i n d u st r i e herausgeben zu können. Ebenso ungünstig stehe es mit der Arbeitszeit des Per» sonals im Betriebs- und Berkehrsdienst. Während in den gewerb- lichen Betrieben 74 Prozent aller beschäftigten Arbeiter 48 Stunde« und weniger arbeiten, haben bei der Reichsbahn nur 3,KS Prozent «ine Arbeitszeit von 48 Stunden und weniger. 48 bis 60 Stunden wird in gewerblichen Betrieben von 53 Prozent der beschäftigten Arbeiter gearbeitet, be! der Reichsbahn bc- ziffert sich der Prozentsatz derjenigen Arbeiter, die 48 bi» 80 Stunden zu arbeiten haben« auf 96,3 Proz. Diese lange Arbeits- zeit bedinge natürlich auch die steigend« Unfall- und Er» krantungsziffer. Während die Ortskrankenziffer 3,90 Proz. beträgt, belauft sich der Krankheitsftand bei der Reichsbahn auf 5,51 Proz. Genosse Schumann ruft dos Berkehrsministerium auf, alles zu tun, um auf den gerügten Gebieten Derbefserungen herbeizuführen. Schließlich begründet Schumann«in« R e s o l u- t i o n. die die Reichsregierung ersucht, auf die Hauptverwaltung der Deutschen Reichsbahngesellschast einzuwirken, daß die Reichsbahn ihren Verpflichtungen gegen die Pensionär« der Reich»- bahnarbeiicrpensionskasse durch Uebernahme de» Fehlbetrages in der Abteilung B erfüllt und die Pensionäre, die vor dem 1. Januar 1926 pensioniert worden sind, nicht weniger als die nach dem ZI. Dezember 1925 Pensionierten erhalten.
Reichsjusti'z! Ein Jahr Gefängnis für eine falfthc Nachricht'. Leipzig . 15. Mörz.(Eigene Drahtbericht.) Am Dienstag hott« sich der verantwortliche Redakteur des kommunistischen „Ruhr- Echo" in Essen Willi Riegel wegen versuchten Lande«verrat» vor dem Reichsgericht zu verantworten. Da»„Ruhr-Echo" hatte am 17. Juli 1926 eine Notiz veröffentlicht, nach der das Deutsche Reich mit Genehmigung der Entente 17-Zentim«tcr° Geschützrohre sowie 40 000 Maschinengewehrläufe bei der Firma Krupp in Auftrag gegeben hatte. Es wurde gleich zeitig behauptet, daß die Firma Krupp den Auftrag des Essener Konsumvereins„Eintracht" zur Lieferung von 20 Kraftwagen ablehnt«. Ein als Zeuge geladener Direktor der Firma Krupp be» stritt, daß neue Maschinen zum Geschützbau aufgestellt wäre«. Richtig fei sedoch, daß im vorigen Jahre mit Genehmigung der Entente 9000 Gewehrläufe und 4000 Maschinen- g e w e h r l a u f e bei der Firma Krupp fabriziert worden sind. Der Reicheanwalt beantragte 13 Monate Zuchthaus . Das Urteil lautete auf 1 Jahr Gefängnis.
Der Diking-Prozeß verkagt. Die Verhandlung vor dem Stootsgerichtshof zum Schutz der Republik wegcn des Verbot» von„Wiking" und„Olympia " ist vertagt worden. Die ursprünglich auf den 17. d. M. angesetzte Verhandlung wird voraussichtlich am 23. März beginnen.
�iltagsmerkwürSigkeiten. Von Hubert Laskari. „Lauf doch nicht so schnell!" Kürzlich hatte ich dienstlich in einem Ministerium zu tun. Der Pförtner am Hciiptporkal nannte mir die Nummer des Anmelde» zimmers des Regieningvrats, mit dem ich eine Besprechung verab- redet hatte, und ich eilte über Treppen und Gänge nach dem be- zeichneten Zimmer. Niemond begegnete mir aus meinein verhältnismäßig langen Wege. Eine undurchdringliche Etill« lag in dem ge- wältigen Gebäude, und ich empfand allerhand Hochachtung vor der offenbar unheimlich angestrengten Arbeit, die hinter den zahlreichen verschlossenen Türen geleistet wurde. Das Anmeldezimmer war leer. Einige Augenblicke wartete ich und spähte dann, von einer leisen Unruhe gepackt, den langen Gang hinunter. Aber nirgends ließ sich ein Lotenmeisier blicken. Zu dumm, wenn man sich so beeilt hat und zu guter Letzt ohne eigenes Verschulden doch nicht pünktlich sein kann! Minuten uni Minuten vorrannen. Fast kam ich schon aus de» ketzerischen Gedanken, unan- gemeldet in das nebenan liegende Zimmer des Regierungsrats ein- zudringeu. Da tauchte am äußersten Ende des Gange« eine Gestalt auf. Ich erinnere mich nicht, jemals einen Menschen mit solcher fried- lichen Gemächlichkeit sich vorwärtsbewegen gesehen zu haben, wie diesen Botenmcister. Man konnte mit bloßem Auge überhaupt nicht erkennen, ob er näher kam. Ich stand wie aus Kohlen und trippelte nervös hin und her. Als der Mann endlich an inich herangekommen war, kroch gerade ein anderer Botenmcister mit einer Mappe die Treppe empor nach einem höhergelegenen Stockwerk. Der Mann aus dem Gange blieb stehen und rics seinen Kollegen an:„Mensch, lauf doch nicht so schnell!.Hast bn's so eilig?"—„O nein." war die Antwort,»ich habe Zettl" Dann latschte der vergnügt lächelnde Mann in das Anmelde- zimmer. Ich bat ihn, mich dem Regierungsrat zu melden. Er sah mich von oben bis unten an, macht« ein« große Kunstpause und bedeutete mir schließlich, daß er hier nicht zuständig sei. Aber sein Kollege müsl« ja jeden Augenblick kommen. Im Lause des Tages gelang es mir auch wirklich noch, den „zuständigen" Botemncistcr zu erwischen. Ich bin, weiß Gott , kein Freund von Diktatoren. Aber ein Diktator, wie ihn Jules Romains schildert, dessen erste Amtshand- lang als Minister die Einführung eines flotteren Dienstbetriebes ist, könnte, wie mir scheint, auch unseren hcheu und höchsten Behörden nicht schaden. „H o n n c t e s Himmelfahrt." Vor mir saß neulich im Theater der allwinterlich« Provinzbesuch eine» Berliner Herrn, eine ältliche Dame in rührend altmodischer
ländlicher Aufmachung. Ihr Begleiter ließ ergeben ihren breiten Redestrom über sich ergehen— sie war, wie bald das ganze Parkett aus ihrem unbekümmerten Wortschwall hatte entnehmen können, die Schwiegermutter, die keinen Widerspruch duldete und alles bester wußte— und wagie nur manchmal halb verstohlen«inen bittenden Blick, wenn sie während der Aufführung allzu heitig hustete oder «ine laute Randbemerkung über die Worte aus der Bühne von sich gab. Sie tat sich sehr viel auf ihr literarisches Urteil zugute. Das Stück, das sie gerade sah, in dem Arbeiter eine Hauptrolle spielten, war natürlich scheußlich, und wurde von ihr mit Worten abgelehnt, die ich bereits im„Lokal-Anzeiger" gelesen zu haben glaubtt. Desto mehr schwärmte sie von der„Königin Luise ", die ihr noch vom vorigen Winter her in unvergeßlicher Erinnerung geblieben war. Durch irgendeine Gesprächswendnng mar die Unterhaltung mit ihrem Schwiegersohn auf„Die heilige Johanna" gekommen.„Ach ja," meinte sie,„das ist auch ein sehr schönes Stück. Das habe ich schon vor ein paar Iahren im Kino gesehen." „Unmöglich!»Di« heilige Iohana" ist doch noch gar nicht ver- silint worden." „Aber natürlich! Besonders die Engel waren wundervoll." „Was für Engel?" „Ra. du weißt doch. Das ist doch die Geschichte von dem Mädel, das im Armenhaus« stirbt und in den Himmel kommt." Ein aristokratischer Filmdarsteller. Zweiundfünszig Generationen seiner Ahnen kann er laut Stammbaum nachweisen. Auf was für ein« ruhmreiche Vergangen« hsit seines Geschlechts muß er da zurückblicken können! Müssen seine ältesten Vorsahren nicht noch in Wäldern und Höhlen gehaust und mit Wotan und seinen Walküren auf du mid du gestanden hoben? Und dieser erlauchte Sproß des deutschen Uradels, der trotz seiner reinrassigen langen Ahnenreihe noch gar keine Spuren von Entartung zeigt, hat sich dem Berufe des Filmdarstellers zugewandt! Da werden ja olle teutonischen Aristokraten voll grimmer Entrüstung ob einer solchen unwürdigen Verleugnung des feudalen Standes- bewußtseins sein. Aber werden sie ihn nicht doch ein klein wenig um seine nachweisbaren zweiundfünszig Ahnen beneiden, den-- deutschen Schäferhund Rolf, der in mehreren neuen Fox-Filmen die Hauptrolle spiest?
„Zunge Dichker." Ernest ine Münch heim, die im Orgel- saal des Antiquitätenhauses A. Wcrtheim einen Vortragsnach- mittag.Lunge Dichter" gab, ist eine gut« Prosasprecherin. In den Abschnitten aus Ratzel Sanzaras schicksalsschwerein Roman„Das verlorene Kind" spürte man das stark« seelisch« Mitschwingen der Vortragenden, der es weniger darauf ankam, eine künstlerisch« als «ine menschliche, mütterlich« Ausdeuterin des Werkes zu sein. Leider wurde dieselbe Absicht den Gedichten verhängnisvoll. Frau Münch-
heim verfiel bisweilen in einen geradezu peinlich gütigen alt?« Tantenton. Ganz schlimm wirst« in dieser Uebers'entimentaliiät Arthur Eilbergleils ohnehin reichlich sentimental zerfließende.Alt« Stadt". Dock auch zu Werken von Zuckmayer , Artur Neumann und Birkenfelo fand die Vortragend« selten das rechte Verhältnis. Es schien, daß der Wunich, jungen Dichtern(die es gewiß verdienen) förderlich zu fein, Frau Münchhcim verführt hatte, Werke zu sprechen, die ihrer Erlebniswelt fremd waren. Rur einige wenig« Gedichte erinnerten daran, daß es sich bei diesem Lortragsnachmittag um eine vsfentliche Veranstastung und nicht um einen freundlichen Familien- tee handelte. T e». Das billige Holzhaus. Ein außerordentlich interessantes Beispiel über die Wirkung der Rationalisierung ans die Warenpreise in Amerika berichtete dieser Tage Stadlbaurat E. May. Ein amerika- nischer Grundbesitzer, der über eigenes Holz verfügte, wollt« sich in seinem entlegenen Orte ein Holzhaus bauen lasten von der Art. wie sie in amerikanischen Warenhäusern fertig zum Verkauf angeboten werden. Er ließ von den einheimischen Handwerkern die Her- stellungskasten auekalkulieren. Obwohl dgs Holz für den Selbstbau keinen Pfennig gekostet hotte, stellte sich doch heraus, daß das Haus in fertigem Zustande aus dem Warenhause von New Port bezogen. noch um ein Fünftel billiger wurde, al» wenn es der Besitzer au» seinen eigenen Holzbeftänden hätte herstellen lassen! Die Oraani» scm cm der Arbeit und der Technik ist eben bei der Maflenherslellung von fertigen Holzhäusern soweit gediehen, daß der Rohstofsprei» und die erheblichen Transportkosten dabei keine Rolle mehr spielen. auch nicht die hohen Arbeitslöhne, die der Fabrikant seinen Arbeitern zu zahlen hat.— Die Amerikaner liesern derartig rationalisierte Ware eben billig, worin sie sich freilich von den deutschen Unter- nehmen, noch heut« vorteilhaft unterscheiden. 75 Stunden künstliche Atmung. Ein ZSsähriger Ehicagver Verkäufer, Albert Frick, ist der Gegenstand eines Bersuche» geworden, den amerikanische Aerzte für ein« der erstaunlichste« Leistungen in der Geschichte der Heilkunst erklären. Man hat ihn mehr als 75 Stunden durch künstliche Atmung am Leb«, erhalten. Frick wurde an einem Sonnabend mit einer schweren Grippe ein« geliefert, die bereits eine Lähmung der inneren Organe hervor- prüfen halle. Als am Sonntag die Atmung aushärte, leitete der behandelnd« Arzt sofort tünstliche Atmung ein. und 25 Kollegen Fricke arbeiteten ununterbrochen, indem sie sich all« 15 Minuten ablösten, Tag und Nacht, um die künstlichen Atmung-bewegungen an ihm durchzuführen. Je zwei waren immer 15 Minuten an ihm beschäftigt. Aus diese Weise wurde die Atmung mehr als 75 Stunden durchgeführt. Während der ersten beiden Tage mußte Frick künst- sich ernährt werden: dann aber erholten sich die Schling- und Ver- dauungsorgane von der Lähmung, und der Krank « konnte Nahrung zu sich nehmen. Man hofft, ihn auf diese Weise am Leben zu erhallen._ Der Vrasvstveiskovst,» in RnßUnt» hat sich während der letzten Renale seit Einsührunn eine» hachprozeutigcn Schnapses sehr ftark�cbeben. JX« den letzten drei Monaten wurden tu Rußland SOO Millionen lllufiel für Branntwein ausgegeben, was gegen di« gleiche Periode de« Vorjahre« eine Steigerung um IIS Proz. bedeutet. In dieser Zahl ist d«»ou den Bauern jclbst hergestMe Branntwein nicht einbcgriffcu.