Streikrecht und Arbeitslosenversicherung. Protest gegen die bürgerlichen Vorschläge. Im Sozialpolitischen Ausschuß des Reichstags er- fuhr gestern Dienstag die Regierungsvorlage der Arbeitslosen- Versicherung in den Vorschriften über die Erfüllung der Anwart- schaftszcit gemäß den sozialdemokratischen Anträgen wesentlich« Ver- besserungen. Im Anschluß an die Ausführungen der Abgeordneten G r o t e w o h l(Soz.) und Luise Schroeder(©05.) wurde beschlossen. die Erfüllung der Anwartschaftszeit zu erleichtern, wenn der Arbeitslose sich in einem geregellen Ausbildungsgange zu Be- rufsumschulung oder Fortbildung befunden hat. Ferner wurde dem Krankheitsfälle die zeitweise Arbeitsunfähigkeit durch Schwan- gerschaft gleichgestellt. Der sozialdemokratische Antrag, die An- wartschaftszeit von LS auf lS Wochen zu verkürzen, wurde von den bürgerlichen Parteien abgelehnt. Dann legten die Regierungsparteien ein« neue Fassung zu Z 57 vor, der sich auf den Entzug der Arbcitslosenunterstügung bei direkter oder indirekter Aussperrung oder bei Streik bezieht. Ab- geordneter Graßmann(Soz.) wies die Unmöglichkeit auch dieser neuen Fassung in einer außerordentlich eindrucksvollen Rede nach. Seins Darlegungen über dos Unsittliche des Streik- b r e ch c r t u m s. das bei der geplanten Fassung gezüchtet werden würde, übten auf den gesamten Ausschuß eine solch starke Wirkung aus, daß der neu« Vorschlag wahrscheinlich zurückgezogen wird. Mittlere Seamte in öer Rechtsprechung. Ei« sozialdemokratischer Antrag. Der Bund Deutscher Iustizomtmänner hat den Reichstag neuerdings in einer Eingabe gebeten, die mittleren Iu- stizbeamten zur Wahrnehmung der Termine im Gütevcrsah- ren zuzulassen und ihnen die Ermächtigung zum Erlaß von Ler- säumnisurteilen zu erteilen, falls sich im Güteverfahren das Vor- liegen der Vorausseßungen für ihre Verkündung ergibt. Beide Arten von Geschäften sind bisher den gelehrten Richtern vorbehallen. Der Berichterstatter Abg. Landsberg(Soz.) stand der Petition, über die am Dienstag im Rechtsausschuß beraten wurde, wohl- wollend gegenüber. Er verwies u. a. darauf, daß die mittleren Iustizbeamtev, unter denen viele hochqualifizierte Kräfte seien, auf dem Gebiete des Mieterschuggesetzes zur Mitwirkung im Güteoerjahren berufen und für den Erlaß von Aahlungsbesehlen, die sich von Versäumnisurteilen doch nicht unterscbieden, zuständig seien. Sein Antrag ging dahin, die Petition der Reichsregieruna als Material zu überweisen. Ihm traten der deutschnatiouale Abg. Dr. L o h m a n n und der Kommunist Dr. Rosenberg entgegen. Der erster« führt« reichlich dünkelhaft aus, die Äitung des Sühne- termins im Güteversahren erfordere die volle tatsächliche und recht- liche Beherrschung des Stosfes! dafür seien die mittleren Iustizbeam- icn nun einmal nicht vorgebildet. Die Gründe, aus denen Herr Rosenberg sich für die Ausrechterhaltung eines Monopols der Beruisrichter einsetzte, waren, obwohl er sie vortrug, nicht verständlich. Beide Redner forderten, daß man über die Petition zur Tagesordnung übergehe._ Die Thüringer Regierungskrise. Doch noch große Koalition? Weimar , 15. März.(Eig. Drahtb.) Aus den Verhandlungen zwischen dem volksparteilichen Unterhändler und dem Vorsitzenden der Sozialdemokratie zur Regierungsbildung ist bemerkenswert, daß der Dolksparteiler erklärte, seine Partei, die Wirtschaftspariei und der Landbund wären einer Koalition mit den Sozialdemokraten nicht abgeneigt. Dies« Aufasiung muß schon deshalb verwundern, als der Landbund vor wenigen Tagen offiziell durch seinen Führer als Verhondlungsziel der bürgerlichen Parteien«in« nichtmarxistische Regierung bezeichnet«. Der Nationalsozialist D i n t« r hat inzwischen der Oeffenllichkest mltgeteill. daß jede von„Marxisten" besetzte oder unterstützte Re» gierung seiner und seines Freundes im Parlament Feindschaft sicher sein könnte. Nur einer bürgerlichen Regierung, wenn nicht anders, so auch mit Einschluß der Demokraten, sagte er wohlwollende Unterstützung zu unter der Voraussetzung, daß die Redeerlaub- nis fürchitler nicht wieder aufgehoben werden dürfe.
Zastbisien-Jusiiz gegen Stlöer. Ein deutscher Journalist in Italien eingesperrt. Genua , 15.. März.(WTB.) Im Verfahren gegen den deutschen Journalisten Karl Delius, Korrespondent der„Berliner Illustrierten Zeitung", der unter der Anschuldigung oerhastet worden war, daß er seiner Zeitung Bilder und Artikel übersandt habe, die ein- Herabsetzung Italiens darstellten, ist gestern das Urteil gefällt worden. Das Strafgericht verurteilte Delius wegen Ver- stoßos gegen das Gesetz zum Schutze des Staates zu 30 Tagen Gefängnis und Tragung der Prozeßkosten. Von der Anklage der Aufreizung zum Klassenhoh wurde Delius freigesprochen. e» Di« Verurteilung ist erfolgt wegen photographischer Auf- nahmen aus den Schwefelgrubsn Siziliens und wegen des Textes, den Delius dazu geschrieben hatte und worin er sagt«, daß trotz aller Versprechungen die Arbeiter der Schwefel- gruben heute unter der faschistischen Herrschaft noch schlechter daran sind ol» früher. Wir Sozialisten erinnern uns dabei, daß schon vor Jahrzehnten der damalige italienisch-sozialistische Führer de F e l i c e in einer Aussehen erregenden Schrift die fürchterlichste Ausbeu- tung der Schwefelgrubenarbeiter geschildert hat. Dos Urteil gegen Delius wird damit begründet, daß er das„An- sehen Italiens geschädigt" habe. Als vor drei Monaten ein Gesetz zur Verteidigung des faschistischen Regimes gemacht wurde, hat auf Einschrellen der ausländischen Journalisten in Rom der Justiz- minister Roppa, sogar in einem Schreiben, ausdrücklich erklärt, daß das Gesetz auf Ausländer nicht angewendet werden solle. Wahrscheinlich hat man zur Verurteilung da» neueste Fa- schistengesetz„Zur Verteidigung der öffentlichen Ordnung" heran- gezogen. Sofort beim Bekanntwerden der Verfolgung Delius' hat die deutsche Botschaft die Ausmerksamkell der italienischen Regierung daraus gelenkt, daß hier eine schwere Beeinträchtigung der Auslandsberichterstattung und ihrer Träger ver- sucht werde. Der Senokspräsidenl von Celltand, Tschaksle, ist im Aller von 6? Iahren nach längerem Leiden einer Herzschwäche erlegen. Tschakste. ein aller Vorkämpfer der Unabhängigkeit Lettlands , wurde im Jahre 1918 zum Vorsitzenden des lettischen Lolksrates und dann vom ersten lettischen Parlament zum Staatspräsidenten gewähll. 1925 erfolgte sein« Wiederwahl. Riesenprozeß gegen Henry Jord. In Detroit begann ein Riesen- prozeß gegen Henry Ford , der von dem Chicagoer Rechtsanwalt Sapiro auf eine Million Dollar Schadenersatz verklagt worden ist. Die Zeitschrist Fords„The Deorborn Jndepcndent" hatte In 20 Ar- titeln Sapiro vorgeworfen, daß Sapiro die Farmer�tlfsorganifa- tion geschaffen hob«, um jüdischen Finanzinteressen zu dienen. Die Artikel sprachen von �Iudenbande".«Jüdische» Anreißet«" usw.
Alljährlich zu Ostern empfindet Wilhelm derChemaligc eine oerzehrende Sehnsucht danach, deutsch « Männer, deutsche Frauen um sich zu sehen und seine Firma sozusagen in empfehlende Erinnerung zu bringen. Darum ergehen von..Haus Doorn " um diese Zeit stets Einladungsschreiben an ungesähr 20—25 sorgfältig gesiebte, garantiert kaisertreue Leute, denen der Schloß- Herr von Doorn in altbekannter Redelust dann die Welllag« erklärt, damit sie wissen, mit welchem Futter sie im kommenden Jahr ihre Echäflein und Hammel zu mästen haben. Diese Propagandatätigkeit des Hauses Doorn spielt sich be- greiflicherweise unter Ausschluß der breiten Ocffentlichkeit ab, und auch in den Blättern der nunmehr„versasiungstrcu" gewordenen Dcutschnationolen wird man kaum einen wahrheitsgemäßen Bericht über diese unter ihrer Aegid« entfaltete Propaganda finden. Nur selten gelingt es Außenstehenden, hier einmal hinter die Kulisse zu sehe». Jetzt hielt am Dienstag in der deutschnationalen Frauongruppe der Arbeitsgemeinschaft Luisenstadt Nord , Mitte und Jonnowitz- brücke Stadtverordnete Frau Ulbrich im„Fürftenhos", Köpenicker Straße 137, einen Vortrag über ihren„Besuch im Hause Doorn ", und es ist interessant, wie diese im amilichen Stadt- verordnetenoerzeichnis als.Heimarbeiterin" bezeichnete Dame hier die„verfosiungstteue" Maske fallen ließ,„Alle Jahre mindestens einmal." so erzählte sie,„lade der Kaiser aus den Kreisen der Bismarckbündler. der evangelischen Arbeiterbe- w« g u n g und der deutschnationalen Partei Personen zu sich, um die Fühlung mit Seinem Volke nicht zu verliercn. Denn es sei immer wieder notwendig, dem deutschen Volke ins Gedächt- ms zu rufen, wie groß das Verbrechen der November- tage gewesen sei, und wie der so oft mißdeutete„Uebertritt" des Kaisers nach Holland doch nur ein Opfer fei, da« der Herrscher gebrocht habe, um dem deutschen Volke noch größere Schmach zu ersparen— denn zweifellos hätten die„roten Machthaber" ihn sonst auf Verlangen der Entente ausgeliefert, und diese Schmach hätte sich nie vom deutschen Namen abwaschen lassen. Noch der Dersailler Vertrag hätte ursprünglich«ine Klausel über die Aus- lieserung des Kaisers enthalten, und die Kunde davon und daß zum zukünftigen Exil ihres teuren Gatten ein« westindische Insel mit mörderischem ZAima bestimmt sei, habe„der Kaiserin das Herz gebrochen."— Der Kaiser habe sich gottseidank infolg« der schweren Erfahrun-
gen des Wellkrieges gewandell und geläulert, und nach seine» eigenen Worten sei es ihm jetzt klar, daß die Frei. maurer und die internationalen Juden den Krieg e»t- fesselt hätten— ein« Genugtuung für jedes völlische Herz, dos früher schmerzbewegt gesehen habe, wie oft es der Kaiser an der nötigen Distanz gegen diese Kreise habe fehlen lassen!— Am zweiten Ostertage hätte, so erzählte Frau Ulbrich weller, der Kaiser in einer erschütternden Predigt sein Schicksal mit dem des Gerichts des Pontius Pilatus über Christus verglichen: denn jo wie auch Ponttus Pilatus nicht aus sich heraus Christus angeschuldigt habe, so sei auch dos deutsche Volt nur den Ein- flüfterungen der Fremdlinge erlegen. Und wenn man vom deutschen Proletarlgt spreche, das die Novemberrevolution auf dem Gewissen habe, so sei das eine infame Lüge, denn der deutsche Arbeiter sei kein Proletarier, und er, der Kaiser, an der Stelle eines deutschen Arbeiters, würde jeden, der ihn so tituliere, links und rechts ins Gesicht schlagen! Ob mit dem Titel„Proletarier" durch dieses Rezept auch die Not zu beseitigen sei, verriet der Schloßherr von Doorn freilich nicht. Cr hat auch. wie die.Heimarbeiterin,, Ulbrich bezeugt, genug mit seiner eigenen „Not" zu tun, denn in der schlimmen Zeit, als er für seine groß« Familie nur 5 9099 Mk. Monotsrente erhalten Hot, mußte er sogar eine Wiese seines Parkes verkaufen! Im übrigen überließ es Wilhelm meist seinen Lakaien und Dienern, seinen„Gästen" Gesellschaft zu leisten, ober schon die zwei Andachten und die sehr kurzen„Audienzen" hatten genügt, den Busen der Frau Stadtverordneten Ulbrich rand- voll mit Begeisterung zu füllen, so daß sie zum Schluß in die zündenden Worte ausbrach:„So Helsen Sie. liebe deutsche Zraueu, alle mii zur Erreichung des herrlichsten Zieles— die Iran spricht ja oft noch, wenn Männer schweigen müssen!— damit wir bald sagen können: Ann ist sie überwunden» die taiserlose, die schreck- liche Zeil!" Eine Diskussion fand natürlich nicht statt, doch hiell es die Vor- sitzende, Frau Walch, noch für erforderlich, die„wertvollen An» regungen" der Vortragenden durch das Versprechen zu er- ganzen:„das undankbare Zudenoolk, das nur den Hohenzoller» seine Freiheit verdanke, habe zwar den deutscheu Saiserlhro« gestürzt, ober die deutschen Frauen würden ihn wieder«richten— und mit Gottes gnädiger Hilse werde ihnen das große Merk gelingen!"—-
Sensationchen im wilms-prozeß. Angeklagte und Zeugen mit schlechtem Gedächtnis.
Di« Spannung im Fememordprozeß W i l m s hat am vierten Tage noch nicht nachgelassen. Selbst die Zahl der Regierungsver- treter hat zugenommen. Die Gerichtsverhandlung wird immer wieder von neuen Sensationen und Sensatiönchen durchbrochen. Man merkt es im Gcrichtsfaal. daß die Zeit der Schwarzen Reichswehr in gewissen Kreisen junger Leute heute noch stark nachwirkt. Die Arbettskommandos waren eben die Hoffnung der völkischen Putschisten: Buchrucker hat es gestern vorzüglich zum Dusdruck gebracht: „sie haben nur gewartet, um den ganzen Sau laden zusammen- zuschlagen". Und die zahlreichen jungen Leute, die durch die Arbeitskommandos gegangen sind, verfolgen mit größtem Interesse den Verlaus des Fememordprozesses. Da ist es kein Wunder, daß heute plötzllch«in neuer Zeuge erschien, der auch etwas über den Fememord- prozeß Wilms erzählen tonnte. Es ist nicht wahr, daß die jungen Menschen, wie dies die Angeklagten darstellen wollen, aus purem Idealismus in die Arbeitskommandos gegangen sind: zu fressen hatten sie nichts. Und die seelische und materiell« Not dieser jungen Leute haben Oberleutnant Schulz und die Seinigen in der schlimmsten Weise mißbraucht. Eigenartig« Zeugen �ind das. Während der Untersuchung hat ihr Gedächtnis vorzuglich funktioniert, jetzt versagt es. Im Gerichissaal, da sie plötzlich vor ihren früheren Lorgesetzten stehen, erhäll die militärisch? Suggestion Gewall über sie. Sie reden die Angeklagten an:„Jawohl, Herr Oberleutnant", und schlagen die Hacken zusammen. Der eine oder der ander« ist auch der Ansicht, daß noch immer alle zusammenhalten müssen. Unter den Angeklagten ist es Dudzinski, dem das Gedächtnis nach immer versagt. Um diesem nachzuhelfen und den Beweis zu erdringen, daß Oberleutnant Budzinfki in den Iulitagen des Jahres 1923, als Wilms in die ihm unterstellte Zitadell« Spandau gebracht wurde, noch nicht auf Urlaub gegangen sein konnte, legt der Staatsanwalt gestern«in polizeilich«« Protokoll über eine Vernehmung Budzinskis vor, die eine angeblich« Spionage- fache eines gewissen Esser zum Gegenstand hatte. Dieser Esser hatte sich an der Havelbrücke plötzlich von seinen Legleitern, unter denen sich auch der Angeklagt« U m h o s« r befand, losge- rissen, und ssch mii den Worten: ,�)ilf«, man will mich hier ver- hauen" unter den Schutz der Polizei begeben— ganz so. wie es seinerzeit der später ermordete Pannter gemocht hat. Der Angeklagte Budzinfki macht dazu die bedeutsame Erklärung, daß er den Hauptmann Kainer um Rat gefragt habe, was er in dieser Sache bei der Polizei aussagen sollte und den Bescheid er- hallen habe, daß er über innere Dienstangelegenheiten nicht» aussagen dürfe. Der Zeuge Zimmermann, der frühere Bursche des Leutnants v. Poser, hat in der Voruntersuchung diesen Angeklagten schwer be- lastet. U. a. hatte er damals erzählt, daß bei einer Auseinander- setzung zwischen v. Poser und dem Feldwebel Polz, dem Nachfolger Wilms, dieser zu jenem gesagt habe. „Sie wollen es mit mir wohl genau so machen, wie mit wilms." Vorsitzender(zum Zeugen Polz): Wie kamen Sie zu dieser Aeußerung? Zeuge Polz: Es gingen doch damals allerlei Gerüchte über das Verschwinden von Wims: ich wollte ober damit nicht sagen, daß v. Poser an diesem Verschwinden die Schuld trage. v«r Zeuge Zimmermann bestätigt auch, daß es Fahlbusch war. der zusammen mit Wilms nach Rathenow gekommen fei. Uebrigens war «r es. dieser Zeuge, der auf den Befehl v. Poser seine Dienstpistole dem Wilms gebrocht hatte, bevor er sein« Fahrt mit Klopprorh, Düsching und Fahlbusch antrat. Zimmermann behauptet auch, daß der Unteroffizier Roepke nach der Aufsindung der Leiche von Wilms geäußert habe, daß dieser im Auto erschossen worden sei. Der Zeug« Roepke war es übrigens, dem Fuhrmann seine Mittäterschaft an der Ermordung gebeichtet hoben sollte. Es folgen nun ein« Reihe von Zeugen, dl« darüber bekunden sollen, ob dos Kompagniefest, das der Angeklagt« Fuhrmann seiner Mannschaft gegeben haben will, wirklich am Mordtoge statt- gefunden hat. Der Kaufmann Mater, früher Wachtmeister bem, dritten Retterregiment in Rathenow , hat an einem Mittwoch- abend mit mehrere» Freunden eine Zecher« von acht bis zehn Leute»
aus einem Arbeitskommando mit angesehen. Auch die Angeklagten Fuhrmann und Klavproth sollen dabei gewesen sein. Der Zeuge Bsdenga, der zu dem Trupp des Oberleutnants Fuhrmann gehörte, will wissen, daß Fuhrmann, der vom Oberleutnant v. Poser schon abgelöst worden war, noch etwa acht Tag« lang in Rathenow geblieben sei. Er kann ssch nicht mehr dessen entsinnen, daß Klapproth bei dem Abschiedsfest der Kompagnie an» wesend gewesen war: dagegen entsinnt er sich genau, daß der An- geklagte Fuhrmann bis zu d«n frühen Morgenstunden da geblieben war und dann mit einem Auta dooongeiabre.n ist. In der B o r u n t e r s u ch.u n g hatte der Zeuge mehr g e. wüßt. So konnte er z. B. sich damals an die Anwesenheit Klapp» roihs und auch zweier anderer erinnern, die aus Berlin g e- kommen waren und den Wagen in die Neu« Welt mitgebrocht hatten. Der Zeug« Vittrich belastet durch sein« Aussage schwer den Angeklagten Fuhrmann: er war eines Abends mit seinem Motorrad zu einem Kompagniefest in die Neue Welt tzekommen. Fuhrmann habe ihm das Rad abgenommen und fei für einige Zeit weggefahren. v Poser hotte nämlich behauptet, daß Fuhrmann auf einem Motorrad dem von Schulz versprochenen Auto entgegengefahren sei. Der Zeuge Bittrich bestätigt. daß Fuhrmann wirklich mit Umhofcr, Klapproth und Fohlbusch, die mit einem braunlackiertem Anto eingetroffen waren, zurückgekehrt sei. Auch dieser Zeug« will wissen, daß Fuhrmann in den frühen Morgenstunden mit einem Mädchen im Auto weggesahren sei. Ein« Sensation bedeuten die Aussogen des Zeugen Becker. Auch seine Erinnerung muß aus Grund der Voruntersuchung aufge» frischt werden. Nach dem Verschwinden Wilms habe ihm Vüschtng aus sein« Frage erklärt, wilms habe einen Auftrag,„von dem er sobald nicht wieder kommen" würde, und etwas später habe er noch hinzugefügt,„das Konto ist wieder um einsgestiegen". Ein« noch größere Sensation brachte aber der nächste Zeuge, der-Student Lorenz aus Flensburg . Seinerzeit gehörte auch er dem Arbeitstommando auf der Spandauer Zitadelle an. Dieser Zeuge ist früher nicht vernomwen worden. Er hat sich aber, am Sonntag bei dem Iustizrat Hahn gemeldet und erklärt, daß er wichtig« Bekundungen machen könne. Er habe im Zubörerroum gesessen und sich nun zur Aussage entschlossen. Und wirklich, feine Aussage Ist nicht uninteressant. Der Zeuge war mit Lüsching befreundet: eines Tages, kurz vor der Auflösung der Arbeitskommando« hon» tierte dieser mtt einer kleinen schwarzen Pistole. Aus die Frage. woher er diese Waffe habe, erwiderte Lüsching:„Das ist ein« üble Geschichte. fie gehörte einem Manne, den ich erschösse» habe. Es war ein Halunke, der in Döberitz einen Soldat«nrat bilden wollt». Zuerst wollten wir ihn mit Fahlbusch verhauen, dann entschlossen wir uns, ihn zu töten. Wir unternahmen eine Autofahrt, Fahlbusch steuerte den Wagen, ich und der� Feldwebel sahen hinten. Plötzlich zog dieser eine Pistole und hielt sie mir mit den Worten vor„Ich weiß schon, was Ihr wollt, laßt mich aussteigen." Da entriß ich ihm die Waste und erschoß ihn damit: die Leiche warfen wir in die Havel ." Der Vorsitzende und der Staatsanwalt interessieren sich, weshalb der Zeuge trotz der vielen Säulenanschlöge bis jetzt geschwiegen habe.„Ich habe ja gar nicht gewußt, daß es sich um Wilms handelte. Als ich aber jetzt vom Zu- hörerroum aus die Schilderung des Sackzverhaltes hörte, kam ich erst darauf, daß es Wilms gewesen sein mußte."— Di« Bedeutung dieser Aussage wird verständlich, wenn man bedenkt, daß Fahlbusch und Lüsching die einzigen sind, deren Aufenthalt unbekannt ist. Der Zeuge Zimmermann be- stätigt, daß Wilms einen kleinen Revolver besessen hatte. Belastend ist für den Angeklagten v. P o s e r auch die Aussage des Handlungsgehilfen Riebe aus AUdamm. Er hatte in der Vor- Untersuchung bekundet, daß er und andere nach dem Verschwinden von Wilms an den Angeklagten Poser herangetreten sei und ihn ge- beten hätte, festzustellen, ob der Verschwundene mit der auf« gefundenen Seiche identisch sei. Poser habe ihm aber erklärt,«r habe die Leiche schon gesehen und könne sagen, daß es sich nicht um Vilms handle. Der Zeuge will sich dieser Aussag« nicht mehr entsinnen. Eigenartig« Zeugen sind das!