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Nr. 128 44. Jahrg. Ausgabe Nr. 65

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Donnerstag, den 17. März 1927

Der Minister des Landbundes.

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Neue Liebesgaben?

werden, damit danach die rüber.bauende Landwirtschaft schon jetzt bei der Borbereitung der Felder und bei der Aussaat ihre Maßnahmen treffen kann. Diese Klarheit wird aber vor­aussichtlich noch recht lange auf sich warten lassen, denn vor­läufig weiß man, wie wir hören, in der Regierung selbst noch gar nicht, wie der neue 3011 überhaupt aussehen Zoll wird.

Schiele will den Zucker vertenern. Zum zweiten Male hat sich der deutschnationale Herr| Schiele gestern dem Reichstag vorgestellt. Die Rede, die er diesmal als Ernährungs minister hielt, war von Anfang bis zum Ende ein Sammelsurium von Schlag worten, wie man sie aus den Berichten über Kreistagungen des Reichslandbundes nur allzu gewohnt ist. Schieles Be­fenntnis zum Hochschuzzoll, der lüdenlos auf alle land wirtschaftlichen Produkte ausgedehnt werden soll, wirkte eben­so wie die Kritik an der angeblich landwirtschaftsfeindlichen Handelspolitik feines Kollegen Curtius recht eigenartig. Das Kabinett weiß offenbar selbst nicht, welche Handels­politik es eigentlich verfolgt. Einig scheint man sich nur dar­über zu sein, daß dem Verbraucher der Brottorb nach Belieben höher gehängt werden kann. Die Phrase von der Nahrungsfreiheit, die Herr Schiele bis zum Ueber­fluß wiederholte, zeigt ihre ganze Hohlheit und Leere, wenn man weiß, daß Schiele den Ab sahindustrieller Pro dukte ins Ausland gern und freudig preisgibt, wofern nur die hohen Agrarzölle aufrechterhalten bleiben. Schiele pfeift darauf, wenn fo Millionen von Arbeitskräften zum dauernden Brachliegen, Millionen von Arbeiterhaus halten zum Hungern verurteilt werden. Seinen Begriffen von Kultur entspricht es eher, wenn in Landarbeiterwohnun­gen die Menschen zusammengepfercht werden, die der Land­wirtschaft um fargen Lohn ihre Arbeitstraft leihen. Genosse Georg Schmidt erwiderte dem Minister scharf und fachlich. Er zeigte, wie wenig wirkliche Förderung die Landwirtschaft vom Landbund erwarten kann, als dessen Funktionär der wiederauferstandene Minister Schiele auftrat. Auch Genosse Schumann- Stettin wandte sich in scharfer Kritik gegen den Minister.

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In seiner gestrigen Etatsrede hat der Landbundminister Schiele auch eine Erhöhung des Zuderzolls für die tommende Kampagne, d. h. also für den kommenden Herbst, in Aussicht gestellt. Diese 3ollerhöhung ist neben sehr vielen schönen Redensarten, die Herr Schiele der Landwirtschaft, dem Grundpfeiler der Wirtschaft" zu bieten hatte, die einzige positive Zusage an seine Freunde, und auch für sie hat er seinen Ministerkollegen erst in letzter Stunde die Zustimmung ab­gerungen. Wenn die Zollerhöhung für die neue Ernte tat sächlich eine erhöhte Produktion bringen soll, so, wie es Herr Schiele doch haben will, müßte natürlich möglichst bald völ lige Stlarheit über die Höhe des tünftigen Zollfages geschaffen

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Da jetzt die Zuderindustrie, seit dem Wirksamwerden ihrer Exportvereinigung, den Inlandsmarkt derart knapp be­liefert, daß die Inlandspreise stets um den vollen 3ollbetrag über den Weltmarktpreis hinaufgedrückt werden, wird sich die Zollerhöhung sofort in einem Anst ei gen der Zuderpreise äußern. Bisher hatte die Re­gierung geplant, diese Breiserhöhung durch eine entsprechende Ermäßigung der Zucker ste u er auszugleichen. Man wollte also etwa die jetzigen Kleinverkaufspreise für Zuder beibe halten, aber einen Teilbetrag der Zuckersteuer etwa 400 Millionen Markstatt in die Reichstasse in die Taschen der Buderinteressenten leiten. Dieser Plan ließ sich nur bei einer gleichzeitigen Erhöhung der Branntwein teuer durchführen. Er ist nun dadurch unmöglich geworden, daß jetzt eine entsprechende Erhöhung der Branntweinbesteuerung, die den geringeren Er­trag ber Zuckersteuer im Reichshaushalt ausgleichen sollte, fomohl vom Reichswirtschaftsrat als auch vom Reichsrat ab gelehnt wird. Die bislang geplante Umgruppierung der gelehnt wird. Die bislang geplante Umgruppierung der Steuereinnahmen Entlastung des Buckers, Belastung des Trinkbranntmeines wird auch kaum den Beifall des neuen Finanzministers finden, der ja besonders auf die Intereffen der süddeutschen Schnapsbrenner Rücksicht nehmen muß. Andererseits wird das Zentrum auch für höhere Zuder. preife, aijo für eine Berteuerung des Konjums, mit Rücksicht auf seine Wählermassen, taum zu haben sein. Man will also den Roll erhöhen, aber nicht die bittere Konsequenz der Preis­erhöhung auf sich nehmen, und in diesem Dilemma gibt es vorläufig noch feine Lösung. Herr Schiele war schnell bei der Hand, einen höheren Zoll zu versprechen, um seinen Landbundgenossen überhaupt etwas zu bieten, aber bei der Erfüllung seiner Versprechungen wird er noch sehr in die Klemme fommen.

Die Sozialdemokratie wird in jedem Falle der Ber teuerung eines so wichtigen Nahrungsmittels wie des Buckers den schärfsten Widerstand entgegensezen.

Der Bürgerblock in Nöten.

Auch im Hauptausschuß Durcheinander.

Vorwärts- Verlag 6.m.b.H., Berlin SW. 68, Lindenstr.3

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Die Verteilung der Reichsgelder.

Reservatrechte für die Länder.

Gemeinden.

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Gefahren für die

Seit Wochen, beschäftigt sich die Deffentlichkeit mit dem sogenannten Finanzausgleich. In den Körperschaften und Arbeiterorganisationen wird über diese Frage eingehend des Reiches, der Länder und der Gemeinden, in Unternehmer­diskutiert. Durch die letzten Verhandlungen im Steueraus­schuß des Reichstages, an denen sich auch die Vertreter der Länder beteiligt haben, ist das Interesse der Deffentlichkeit noch gewachsen. Man fühlt, daß hier eine politisch und wirtschaftlich höchst bedeutungsvolle Frage entschieden werden soll, ohne daß man recht in der Lage ist, sich ein flares Urteil über die Tragweite der Diskussion und der Entscheidungen zu bilden. Das ist verständlich. Denn der Finanzausgleich ist eine der schwierigsten Fragen und die ihm zugrunde liegenden Tatsachen nur wenigen in ihrem Zusammenhange bekannt. Zum Verständnis der Kämpfe um den Finanzausgleich wollen wir deshalb den Tatbestand kurz

darlegen.

Der 3 wet des Finanzausgleichs ist die Berteilung der Steuereinkünfte auf das Reich, die Länder und bie Gemeinden. Das ist stets eine überaus schwierige und heftig umstrittene Aufgabe gewefen. Im alten Deutschen Reich hatten lediglich die Länder das Recht, direkte Steuern auf Einkommen, Vermögen und Erbschaften zu erheben. Das Reich mußte sich auf die Einnahmen aus Zöllen, Verbrauchs­und Verkehrssteuern beschränken Reichten die Ein­nahmen des Reiches nicht aus, so erhielt es Ruschüsse von den Bändern. Diese Buschüsse nannte man matrifular­beiträge. Erst im Jahre 1906 gelang es durch die Ein­führung der Reichserbschaftssteuer dem Reich auch das Gebiet der direkten Besteuerung zu erschließen. Der Erbschaftssteuer folgte 1913 der Wehrbeitrag und die Beſiksteuer und später Die Kriegsabgaben. Trok alledem lag das Schwergewicht der Steuerhoheit vor und während des Krieges immer noch bei

den Ländern.

die Steuerhoheit für sich selbst in Anspruch Der unglückliche Ausgang des Krieges zwang das Reich, u nehmen. Mit großer Mehrheit, sogar mit der Zu­Stimmung der Bayerischen Volkspartei , beschloß die National­ versammlung die entsprechenden Bestimmungen der Reichs­verfassung. Allgemein erkannte man an, daß der Wieder­aufbau der deutschen Wirtschaft und die Erfüllung der äußeren und inneren Kriegslasten nur durch eine restlose Aus­schöpfung der deutschen Steuerquellen möglich fei. Daher müsse das Reich die Finanzgesetzgebung und die Finanzver waltung bestimmen und Ländern und Gemeinden den Teil des Steuerertrages zuweisen, der zur Erfüllung ihrer Auf­gaben notwendig fei Auf diesen Grundgedanken beruhte die sogenannte Erzbergersche Finanzreform, die die Finanzhoheit des Reiches weit über jene der Länder stellte.

An den Grundgedanken der Erzbergerschen Finanzreform wurde auch durch die Herrschaft der Rechtsregierung im Jahre 1925 nichts geändert. Man wollte zwar ursprünglich das Erzbergersche ,, leberweisungssystem" durch ein Zuschlags­fystem" ersetzen. Länder und Gemeinden sollten wie früher das Recht haben, zu der Einkommen- und Körperschaftssteuer bestimmte Zuschläge zu erheben. Die Schwierigkeiten für diese Neuregelung aber waren so groß, daß man von ihrer sofortigen Verwirklichung Abstand nahm. Man begnügte sich mit dem Bersprechen, dieses Zuschlagssystem zum 1. April 1927 einzuführen, und setzte im übrigen die Anteile maßen feft: Von der Einkommensteuer und Körperschafts­von Länder und Gemeinden an den Hauptsteuern folgender­steuer erhalten Länder und Gemeinden 75 Proz. des Ertrages, von Ländern und Gemeinden an den Hauptsteuern folgender­daß der Ertrag aus diesen drei Steuern zusammen minde­stens 2100 millionen betragen müsse und daß die Länder und Gemeinden von der Umsatzsteuer mindestens 450 Millionen erhalten sollen.

bauen. Auch dann aber würden heute noch mehr Arbeiter beschäfs tigt fein als vor dem Kriege, nämlich rund 110 000 Arbeiter gegen über 95 000 vor dem Kriege. Es werde versucht werden, die Härten, die durch den Abbau entstehen, möglichst zu mildern. So sollen im Winter feine Entlassungen stattfinden. Man wird versuchen, die Entlassenen anderweit unterzubringen und es sollen solche Firmen, die von der Reichsbahn Entlassene beschäftigen, bei der Bergebung von Aufträgen besonders berücksichtigt werden. Die Entlassenen sollen Uebergangsgelder vun 400 bis 600 Marf erhalten und es wird ihnen die Möglichkeit gegeben werden, gegen einen Beitrag von jährlich 3 M. das Recht auf Aufrechterhaltung der Berficherungsansprüche zu bekommen. Zu der vom Genossen Schumann gerügten langen Arbeitszeit führte der Minister aus, daß die Besprechungen über die Arbeitszeitneuregelung mit den Arbeitnehmervertretern noch nicht abgeschlossen seien. Das Arbeitszeitnotgefez werde auch hier eine gefeßliche Grundlage schaffen. Den vom Abgeordneten Steintopf geäußerten Wünschen werde er nach Möglichkeit zu entsprechen, zum 1. April 1927 das leberweisungssystem durch fprechen suchen.

Die Beratung des Ausschusses für den Reichshaushalt über den| wurde, noch etwa 5000 Wertstättenarbeiter abzu­Etat des Reichsverkehrsministeriums, die schon am Dienstag abgeschlossen werden sollte, konnte auch in der Mittwoch figung noch nicht zu Ende geführt werden. Die wichtigsten und die höchsten Summen erfordernden Positionen, so z. B. die über die neuen analprojette, mußten abermals zurüdgestellt werden. Die Bürgerblodparteien fonnten bisher weder unter fich, noch mit der Regierung zu einer Einigung gelangen. Und nicht nur dies. Auch innerhalb der einzelnen Fraktionen flaffen Gegenfäße. So sprachen. B. für das Zentrum und besonders für die Deutsche Bolispartei stets zwei Redner. Der eine scharf gegen, der andere scharf für neue Kanäle. Bei dieser Sachlage wird die Möglichkeit, den Etat rechtzeitig vor dem 1. April zu verabschieden, immer geringer. Die Schwierig feiten werden dadurch noch vermehrt, daß der einzige, außer dem Berkehrsetat, noch nicht beratene Haushalt, der der Allgemeinen Finanzverwaltung, der den Schlußstein des ganzen Etatsgebäudes bildet, im Haushaltsausschuß erit beraten werden fann, nachdem der Steuerausschuß bezliglich des provisorischen Finanzaus­gleichs zu einem Ergebnis gekommen ist. Auch hier aber fonnte eine Berständigung der Regierungsparteien mit der Regierung noch nicht erzielt werden.

In der fortgeführten Debatte über das Eisenbahnwesen legte fich Genoffe Steinkopf für die abgebauten technischen Angestellten der Reichshabn ein. Diese habe man, entlassen, obgleich Arbeit reichlich vorhanden ist. Man gewähre ihnen we der Pension noch Wartegeld. Mit vieler Mühe ist es ge­lungen, die Reichsbahn zu bewegen, diesen Angestellten monatliche Unterstützungen von 80-100 m. zu gewähren. Jedoch mache die Reichsbahn neuerdings wieder Schwierigkeiten in der Bewilligung. Die Froge müßte endlich zu einem erträglichen Abschluß gebracht werden. Er bitte ferner um Auskunft, wie sich die Reichsbahn gefefffchaft zu der Wiedereinstellung von entlafienen Ründigungsbeamten in das Arbeiterverhältnis stelle.

Auf diese und die gestern vom Genossen Schumann vorge­brachten Klagen wegen der Berfonalpolitif der Reichs­bahn antwortete Reichsverfehrsminister Dr. Koch, daß bie Ratio­nalisierung in der Werkstättenabteilung dazu zwinge, wie ihm erflärt

Staatssekretär Gutbrod teilte auf Anfrage mit, daß zur Elet. trifizierung der Reichsbohnen zunächst 70 Millionen bereitgestellt werden, und zwar in der Hauptfache für die Berliner Stadtbahn, ein Projekt, das im ganzen etwa 200 millionen Mart erfordern werde.

Jmperialismus als Staatsprogramm.

Paris , 16. März.( WTB.) Wie dem" Petit Baristen" aus Belgrad gemeldet wird, veröffentlicht die Zeitung" Politika" Nach richten, denen zufolge Vorbereitungen zur Landung italienischer Truppen an der albanishen Grenze im Gange seien. Italienische Ingenieure hätten zu diesem 3wed in den Häfen von Balona und Duraz30 Borkehrungen getroffen, zahlreiche italienische Agenten durchzögen Albanien , um Unruhen hervorzurufen, die die Inter­vention motivieren tönnte, die nach Artikel 2 des Bertrages von Tirana vorgesehen sei. Die Bewegung merde von Brlassi ge leitet, der in Albanien großen Einfluß habe.

Inzwischen hat sich ergeben, daß das 1925 gegebene Ber­das Ruschlagssystem zu ersetzen und auf diese Weise einen endgültigen" Finanzausgleich herzustellen, nicht erfüllt werden kann. Eine neue Borlage der Reichs­regierung will den provisorischen" Finanzausgleich um ein Jahr verlängern. Die Höhe der Beteiligung von Ländern und Gemeinden an der Einkommensteuer und Körperschaftssteuer mit 75 Proz. soll unverändert bleiben, auch die an der Umsatzsteuer mit 30 Proz. Dagegen soll die Gesamtgarantie von 2100 Millionen auf 2400 Millionen er­höht werden, weil man mit dem Steigen des Ertrages dieser beiden Steuern rechnet. Dagegen soll die besondere Umsatzsteuergarantie von 450 Millionen fort­fallen, weil sich der Gesamtertrag der Umsatzsteuer durch die Sentung des Steuerfaßes auf% Proz. erheblich verringer hat. Auch schlägt die Reichsregierung vor, die Gemeinde­geträntefteuern, die ursprünglich am 31. März 1927 fortfallen sollten, für die Dauer des Provisoriums aufrecht zu erhalten. Schließlich sollen vom 1. April ab auch die bisher