Die Höhe der Erwerbslosenlasten. Welche Entlastung bringt der Finanzausgleich für Länder und Gemeinden?
Auch am Mittwoch hat der Steuerausschuß des Reichstags die allgemeine Debatte über die Neuregelung des Finanzausgleichs noch nicht beendet. Infolgebeffen ist die Situation nach wie vor unflar Für die Regierungspartelen sprach Abg. Dr. Brüning( 3.). Er begnügte sich im wesentlichen mit polemischen Bemerkungen gegen den Abg. Dr. Fischer. Die verlangte feste Re lation zwischen Einkommensteuer und Gewerbesteuer hält er jetzt
für unmöglich. Die Vereinfachung der Verwaltung bringe ein wesentliches Ersparnis nur in der Zukunft. Die Entschädigung der füddeutschen Staaten aus der Bierfeuer bedürfe feiner verfassungs ändernden Mehrheit, da die bisherigen Höchstfäße nicht bestehen Eleiben können. Das Zentrum habe zwar starte Bedenken gegen die Aufhebung der Getränkesteuern, finde sich aber mit ihr angesichts der Haltung anderer Parteien ab. Er bestreite, daß jetzt von der finanzpolitischen Linie der Vergangenheit abgewichen werde. Abg. Dr. Fischer( Dem.) polemisiert gegen Form und Inhalt der
letzten Rede des Reichsfinanzministers und bekämpft das Kompromiß der Regierungsparteien, meil es Länder und Gemeinden zu günstig stelle. Er macht den Vorschlag, man solle entweder die Garanties fumme fortfallen lassen oder Ländern und Gemeinden einen festen Betrag gegeben und ihre prozentuale Beteiligung aufheben. Staatssekretär Dr. Popih gibt zahlen über die Höhe der Erwerbs lofen lasten.
Die gefamfen Casten für die Erwerbslofenfürsorge werden im Rechnungsjahre 1926 1,3 2illarden betragen. Davon find durch Beiträge der Unternehmer und Arbeiter 590 Millionen aufgebracht worden, durch die öffentlichen Rörperschaften 670 Millionen, auf die Krisenfürsorge ent fallen 40 Millionen. Von den öffentlichen Körperschaften haben die Gemeinden 150 Millionen, die Länder 250 millionen, das Reich 270 Millionen zu tragen gehabt. Menn 1927 die Lasten der Erwerbslosenfürsorge ebenso hoch sind wie 1926, dann wird durch die Uebernahme des Anteils von Ländern und Gemeinden auf das Reich diesen eine Erleichterung vom 400 Millionen gewährt. Selbstverständlich sei die Entlastung, dort am höchsten, wo die Erwerbslosigkeit am stärksten fei. Hamburg und Sachsen würden also auf diesem Wege für die Benachteiligung bei einer anderen Berteilung der Einkommensteuer entschädigt. Eingehend äußerte sich Staatssekretär Popig sodann über die Frage, ob eine ver. fassungsändernde Mehrheit für die Erhöhung der Biersteuerentidhabigung notwendig fel.
Der Wortlauf des Gesetzes fpredje dafür, eine finngemäße Aus legung dagegen.
Die Bestimmung sei entstanden zum Schutz der Länder vor Berluft der Vergütungen. Die Geseze feien in der damaligen Form jest unausführbar geworden, da der vorgesehene Betrag van 78 Millionen Papiermart millionen darstelle. Auch 1923 unb 1925 jei feine verfassungsändernde Mehrheit für die Abänderung der Gesetze vorhanden gewesen. Daß diese gefünftlete Interpretation anfecht. Bar ist unb von der Linten nicht anerkannt wird, fam breits durch Zurufe zum Ausdrud.
Die allgemeine Debatte wird am Donnerstag fortgesetzt.
Französische Flieger gefangen genommen. Paris , 16. März.( L.) Nach) Melbungen aus Rabat ist ein französisches Militärflugzeug im Norden von Amarane abgestürzt. Die beiden Flieger wurden von den Marokkanern, die sich in diesem Gebiet den Franzosen noch nicht unterworfen haben, gefangengenommen. Bis jetzt hat man noch teine Nachricht über ihr Schicksal erhalten können.
Rechtsblock für neue Wucherzölle.
Schieles Programm.- Scharfe Entgegnung der Sozialdemokratie.
fteriums.
Der Reichstag beschäftigte sich gestern mit der zweiten| tammer diese unverantwortliche Unterlassungsfünde nicht. Ich stehe Lesung des Haushalts des Haushalts des Reichsernährungsmini Abg. Dietrich- Baden( Dem.) erstattet den Bericht über die Ausschußverhandlungen.
Die Programmrede des Landbundministers. führte aus: Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft Schiele
Die Eriffenz unserer etwa 11 millionen städtischer Haushal fungen beruht noch immer zu etwa einem Drittel auf der Einfuhr ausländischer Nahrungsmittel, die in den beiden lezten Jahren rund 4 Milliorden Mart betragen hat. Vorausschauende" Politik muß Borforge gegen eine Gefahr starter Verminderung der Nahrungsmitteleinfuhr treffen. Deshalb wird äußerste Stärkung unserer landwirtschaftlichen Produktion zu einer Lebens. forderung gerade für die Städte und ihre Bevölkerung. Auch die wohlverstandenen Zukunftsmöglichkeiten der deutschen Industrie liegen in der Stärkung der Landwirtschaft.
Die Lage der Landwirtschaft beweist, daß wir von diesem Ziele noch weit entfernt sind. Die günstigere Preisge. ftaltung seit Herbst vorigen Jahres fonnte die Lande wirtschaft nicht ausnuten wegen des schlechten Ernteausfalles, der bei dem Brotgetreide einen Minderertrag von etwa 30 Pro3., bei Kartoffeln von 28 Proz. gegenüber dem Borjahre bedeutet. Redner bespricht die Verschuldung der Landwirtschaft. Der Zinsfuß steht aber in einem solchen Mißverhältnis zu der möglichen Rentabilität, daß aus ihm sich die unmittelbarsten und schwersten Sorgen für den Band. wirt ergeben.
Das Bedürfnis nach Ermäßigung der Hypothekenzinfen ist be. fonders dringend für die Berschuldung aus 1924 und 1925. Die Notlage der Betriebe, die sich zu niedrigen Kursen in Roggen. werten verschuldet haben, fordert eine ernste Prüfung, wie eine allmähliche Lösung von der drückenden Roggenschuld ohne Be einträchtigung der verbrieften Rechte der Kreditgeber gefördert werden fann. Die wichtigste technische Vorbedingung für den Erfolg der landwirtschaftlichen Arbeit ist die Regelung des Wasserhaushaltes im Boden durch landwirtschaftliche Meliorationen im weitesten Sinne. Fast ein Drittel der landwirtschaftlich genutzten Fläche des Reiches ift drainage bzw. entwäfferungsbedürftig. Der Gedante der Unterstügung dieses Werfes auf dem Wege der 3insverbilligung aufzunehmender Privattredite erscheint ihr durchaus beachtenswert.
Die Handelspolitik ist heute mehr denn je der Schlüiffet für die Lösung des Gesamtkompleges aller Wirtschaftsfragen. Der agrarische Bollschuß ist als eine Sicherungsmaßnahme für die zufünftige Ernährung und Existenz der städtischen Berbraucher zu betrachten. Unser handelspolitisches System trägt noch zu sehr Uebergangscharakter und hat noch nicht die innere Aus bruchsgebiet an agrarischen Beredlungsprodukten oder Fertiggeglichenheit wiedergefunden. Das führt zu einem großen Einfabrikaten. So beträgt der Einfuhrüberschuß an Molkereiprodukten und Ciern 682 Millionen Mart, an Lebenbvieh, Fleisch und Fettprodukten 674 Millionen Mart, an mein, Gemüse und Südfrüchten 430 Millionen Mart. Hier muß der Agrarschuß zu einem wirksamen Schutz der deutschen Bauern arbeit, des Garten- und Weinbaues und unserer fleinen und fleinften Betriebe, nicht zuletzt für die Landarbeiter gestaltet werden. Die Reichsregierung ist entschloffen, rechtzeitig dem Barlament eine Vorlage zu unterbreiten, durch die der rübenbauenden Landwirt. fchaft und der Buderindustrie für die kommende Stampagne ber er. forderliche 3011[ chus gewährt wird.
Abg. Schmidt- Köpenick( Soz.):
Der Reichsernährungsminister ist bei der Frage ber 3uderwirtschaft ganz entschieben für 36fte eingetreten. Ich stelle feft, daß er sich damit im 23iderspruch mit dem Reichswirtschaftsminister gesezt hat, der bei der Erörterung der Handelspolitit über diese Frage ganz andere Rebensarten gemacht hat. Herr Schiele hat auch von der Berschuldung der deutschen Landwirtschaft gesprochen. Die Verschuldung der Landwirtschaft in Ostpreußen ist mit 340 bis 350 m. je Hettar angegeben worden. Nach den Berichten der Landwirtschaftskammer betrug aber die Berschuldung in Oste preußen vor dem Kriege 662 M. pro Heftar. Bie reimt sich das mit Ihrer Behauptung zusammen, daß die Landwirtschaft heute mehr verschuldet sei als vor dem Kriege? Ich stelle weiter fest, daß der Reichswirtschaftsminister gestern ausdrücklich gesagt hat, die Situation in der Landwirtschaft habe sich verbessert.
Harald Kreuzberg ist vielleicht der größte moderne Tänzer unjerer Zeit. Auch von den weltberühmten Gummipuppen des russischen Balletts reicht feine an ihn heran. Nur in afrobatischer Virtuofität übertreffen sie ihn. Auf diefem abseits einer vornehmen Kunst liegenden Gebiet sollte er nicht mit ihnen zu tonfurrieren suchen. Leiber tut er's zuweilen. Seine glänzende, allen Aufgaben des neuen Tanzstils gewachsene Technik verleitet ihn dazu. Die Wer trägt in der Regierung die Berantwortung für die fich Polonaise", mit der er die jüngste Matinee in der Komödie einwidersprechenden Angaben? Es muß doch endlich dafür gesorgt Icitete, würde jeder ballettierende uterusse ebenso und besser werden, daß einheitliche Darlegungen über die wirkliche Lage in bringen. Und in den Aufruhr", sonst Kreuzbergs grandioseste der deutschen Landwirtschaft gegeben werden.( Sehr richtig! Schöpfung, mischten sich leider manche leinen Nuancen, die dem bel ben Sozialbemofraten.) äußeren Effett dienten, dem fünstlerisch vornehmen Eindrud des Ganzen aber nicht förderlich waren. Auch die Drei irren Gestalten" Reichsernährungsminister Siele hat jo nebenbet und mit fönnen als tänzerische Großleistung nicht gelten, doch bieten diese einigen Einschränkungen auch die Arbeiter in der Land. genialen pantomimischen Bisionen fouiel feelisch Ergreifendes, aus. wirtschaft erwähnt. Wir werden abwarten, was von seinen fiefften Tiefen Schöpfendes, diskret und doch hinreißend Gestaltetes, Bersprechungen in Erfüllung gehen wird. Nach der Stabilisierung daß man sie in Kreuzbergs Programm nicht missen möchte. Aehn haben die Bertretungen der Landwirte stürmisch nach Krediten Der lich verhält es sich mit der Geistlichen Mision", deren in rein langt, diese wurden von den Führern des Landbundes als das abftratten Formen gegebene Schlußattitude zum schönsten gehört, alleinige Heilmittel dargestellt. Der Reichslandbund ist auch was dieser Unvergleichliche geschaffen hat. Eine Walzerparodie' in erster Linie verantwortlich für den 100- millionen bot der Kunst Kreuzbergs Gelegenheit, sich in der Blühenden Fülle Kredit aus Amerifa. Zur Erreichung dieses Kredites hat der ihrer bezwingenden Anmut und technischen Eleganz zu entfalten. Landbund damit geprahlt, daß seine Mitglieder in den LandbundDie beiden Gipfelleistungen aber waren: ene Szene aus Stragenossenschaften mit unbeschränkter Nachschußpflicht zusammengeminstis Ballett" Petruschta" und Dor allerp der Tanz des schlossen sind, also haftbar gemacht werden können. Nun, wo die Beremonienmeisters" aus Gozzi - Bollmöllers Zurandot". Hier er. Bauern auffäßig werden, weil sie herangezogen werden, bezeichnet man fie als Idioten.( Hört! hört! bei den Goz.) schienen alle pantomimischen Elemente in förperliche Bewegungsrhythmen aufgelöst. Charakteristik und Stimmung resultierten nicht 3. S. aus schauspielerischer, sondern aus tänzerischer Gestaltung.
-
Der Sprechchor der Bolfsbühne. In einer unsmatinee der Boltsbübne am 27. März wird neben der Sanzgruppe foronel Trumph auch der Sprech- und Bewegungschor ber Boltsbühne im Theater am Bülowplas auftreten. Chor iit von Berthe Trumbo in feiner Bewegungstechnik und von Starl Bogt in sprachlicher Beziehung geschult.
Der
Museumsführungen. Sonntag, ben 20. März, vormittags 10-11, Uhr, finden amtliche Führungen im alten Museum( Basenbilder des 4. und 3. Jahrhunderts v. Chr.). Dr. v. Masson, im Railer- Friedrich Mufeum( italienisches Barod), Dr. Bob, und im Museum Brinz Albrecht Straße 7( chinefifche und japanische Blaftit), Dr. William. Cohn, ftait Bulaßfarten zu 50 Pf. am Eingang der genannten Museen Frieda Richard veranstaltet mit ihrem Gatten rik Richard heute abends 8 Uhr bei Reus u. Bollad, Meinefestraße 1, unter dem Titel Bon Juriften, Richtern und anderen 2ttern einen
humoristisch satirischen Abend.
Friedrich Moeft lieft am 23. in ben Räumen der eldersex Hochschule für Dramatische Kunst, Fasanenstr. 38, bas Schans spiel Der Generalbirettor bon Kurt Schuber.
Eine Ausstellung fiferarischer Salons. Das Pariser Musée Carnavalet ftellt zurzeit eine Reibe, literarischer Salons aus dem 17. und 18. Fabr hundert aus. Die Ausstellung, die bem Unterrichtsminister Herriot eröffnet wurde, geigt Einrichtungsgegenstände, Borträts, Autographien, Drude und Kostüme der betreffenden Beiten.
Eine Schreibmaschine für Notenfchrift? Nach franzöfifchen Meldungen soll der Konstrukteur Fortari eine Schreibmaschine für Rotenschrift erfunden haben. Die Slaviatur umfaßt 225 berfchiebene Zeichen, mit denen man auf einem Notenpapier mit normalisierten Notensystemen in der Lage sein foll, jcbe beliebige Mufit aufzuzeichnen.
nicht an, von dieser Stelle aus zu erflären, daß eine derartige Täuschung der Deffentlichtett über die Not der Landwirtschaft unerhört ist.( Sehr richtig! links.)
Die Preußische Hauptlandwirtschaftskammer hat in einer Ent schließung in aller Schärfe gegen die Erhöhung der
Rafipreife Einspruch erhoben. Nun haben wir geftern von dem Reichswirtschaftsminister gehört, daß die Bertreter der Landwirte im Kalirat für die Erhöhung der Kali. ( Hört, hört!) Offenbar soll aber preise gestimmt haben. diese Entschließung wieder nur dazu dienen, Agitationsstoff für Das ist echt deutschnationale Bauernversammlungen zu haben. Landbundpolitik. Auch heute spricht man davon, daß die Land. wirtschaft mit einer Schuld in Höhe von 9 bis. 10 milliarden belastet sei. Schon im vorigen Jahre hat mein Fraktionsfollege Robert Schmidt die tatsächliche Verschuldung der Landwirtschaft mit etwa 4 milliarden berechnet, ohne die Zinslaft der Rentenbank. Diese Angaben stimmen mit den Feſt stellungen des Instituts für Ronjuntturforschung überein. Trotzdem wird die Behauptung von der 9- bis- 10- Milliarden Schuldenlast noch vorgebracht. Man sollte doch endlich den Beweis dafür erbringen!
Jn mehreren Entschließungen wird die Herabsetzung des Zinsfußes verlangt. Jah ftelle fest, daß Hypothekenbanken, Pfandbriefinftitute und auch landwirtschaftliche Genossenschaffen sich einer allzu schnellen Zinsverbilligung entschieden entgegenstellen. Den Bauern muß deutlich gesagt werden, daß diese Anträge nur ein Bluff find, daß die Antragsteller die Zinsverbilligung gar nicht wollen!
Nach den Ergebnissen der Berufs- und Betriebsstatistik, die für wichtige Gebiete Deutschlands bereits vorliegt, ist wieder einmal eine Unternehmerbehauptung widerlegt worden, daß die Arbeitsleistung in der Nachkriegszeit erheblich zurückgegangen fei. Die 3ahl ber Landarbeiter hat seit 1907 beträchtlich abgenommen, ihre Leistung aber ist gestiegen.
Dem Reichstag ist in diesen Tagen eine Eingabe des christlichnationalen Zentralverbandes der Landarbeiter zugegangen, deffen Borsitzender der deutschnationale Reichstagsabgeordnete Behrens ist, worin die überaus niedrigen Löhne und auch die fonffige Not der Landarbeiterschaft zutreffend geschildert wird. Vielleicht sieht sich Herr Schiele, der Fraktionsfollege des Herrn Behrens, diese Eingabe etwas gründlich an.
mehr das Land verläßt. Die Wohnverhältnisse auf dem Dann wird er auch begreifen, warum die Landbevölkerung immer Lande sind überaus traurig. Im Kreise Angermünde bestehen in 23 Gutsbezirken 133 Arbeiterwohnungen aus einer einzigen Stube, 419 aus Stube unb Küche, 175 aus zwet Stuben und Küche. Auf mehreren Gütern ist festgestellt worden, daß in einer Stube vier bis acht Personen zusammen Arbeiter ftellen muß. Wenn jemand über Not zu tlagen hätte, jo haufen und schlafen, darunter auch fremde Arbeitskräfte, die der Wir haben festgestellt, daß die off. find es die Landarbeiter. preußischen Landarbeiter ganz außerordentlich an die fleinen Geschäftsleute verschuldet sind. Charakteristisch ist es, daß auf die fleinen Geschäftsleute ein Drud ausgeübt worden ist, fie follten dem Deutschen Cand arbeiterverbande bei seinen Nachfragen über die Berschuldung der Landarbeiter feine Auskunft geben.
Nach den Angaben Ihrer Freunde( nach rechts) find die Ernte erträgniffe um mindestens 30 Proz. höher, als sie offiziell angegeben, werden. Die Löhne der Landarbeiter tönnten alfo ganz gut gesteigert werden, ohne daß der Ertrag wesentlich beeinträchtigt werden würde. Wir werden dafür fämpfen, baß die Lebenshaltung der Bandarbeiter gebeffert wird. Auch in, der Landwirtschaft müssen die arbeitenden Produzenten volle Gleich berechtigung haben und ein menfchenwürdiges Dasein führen fönnen. ( Lebhafter Beifall b. d. Soz.)
Bon den Rednern der übrigen Parteien traten die Abgeord neten des Bürgerblods geschloffen für die Bollforderungen des deutschnationalen Ernährungsministers ein. Nach weiteren Reben. von Bertretern der Opposition erhalt
Abg. Schumann- Stettin ( Soz.) das Wort: Wenn wir noch so viele Millionen ausgeben, so herrscht boch lebereinstimmung darüber, daß die deutsche Landwirtschaft ihre Erzeugung nicht so weit steigern tann, daß sie die Bedarfs. dedung des deutschen Boltes im vollen Umfange durchführen könnte.. Wir müssen daher unsere Grenzen offen halten, um das einzuführen, was noch gebraucht wird. Auch die Sozialdemokratie mißt der Stabilität der Getreidepreise große Bedeutung bel. Sie hat deshalb im Ausschuß einen eigenen Antrag gestellt, worin die Wege gezeigt werden, um die Stabilität der Getreidepreise und die Sicherung der Ernährung zu garantieren. Aber dieser Antrag ist abgelehnt worden, die Vertreter der Landwirte sind immer wieber auf ihre alte Bollpolitik zurüdgekommen. Der Minister hat erklärt, daß ein ausreichender Zollschuß geschaffen werden müsse, aber nicht um den Brivatbesizern besondere Borteile zu geben, sondern um die Voraussetzungen für die Sicherung der Ernährung zu schaffen, Solche und ähnliche Begründungen für den Zollschuß haben wir schon oft gehört. Es hat sich aber immer wieder herausgestellt, daß gerade der Privatbesig den Vorteil davon hatte, die Allge meinheit dagegen nur Schaben. Die Erhöhung des Getreide zolles durch den deutsch - schwedischen Vertrag im vorigen Jahre hat fich fehr nachteilig für die deutsche Ernährung ausgewirft. Die deutsche Roggenernte ist im vorigen Jahre sehr fnapp ausgefallen, dagegen sind die Preise außerordentlich in die Höhe gegangen. Die Erträgnisse der Roggenernte waren geringer, aber die Gewinne baraus sind höher geworden. Trotz der inappen Ernte sind große Mengen von Roggen nach dem Auslande ausgeführt worden. Der Minister behauptet, er habe keinen Grund zu Be sorgnissen über die Ernährungslage. Wir glauben aber doch sehr berechtigte Zweifel aussprechen zu tönnen. In der deutschen Landwirtschaftsgesellschaft ist im Dezember gefagt worden, daß die vor für die Ernährung ausreichten; daß also noch mindestens eine Mil lion Tonnen gebraucht würden, um die Ernährung sicherzustellen. Wenn jetzt das fehlende Brofgetreide eingeführt wird, werden wir eine weitere Steigerung der Preise erleben, und damit eine erneute Berteuerung der Lebenshaltungskosten. Diese Entwidlung fönnen wir nicht verantworten, deshalb hat die fozialdemokratische Fratsion ihren Antrag eingebracht, die Roggenzölle vom 1. Februar bis zum 30. Juni zu fuspendieren. Die sozialdemokratische Fraktion hat außerdem eine Interpellation eingebracht, in der Aufschlüsse über das Gebaren der Gen treibehandelsgesellschaft gefordert werben. Der Rebner begründet diese Interpellation und erklärt zum Schluß, daß bie große Notlage des größten Teils der deutschen Bevölkerung nicht durch eine Weitersteigerung der Getreidepreise noch mehr erhöht werden dürfe. Wir müssen die Möglichkeit schaffen, den arbeitenden Maffen, die vor allem auf Brot und Kartoffeln angewiefen find, diese Rahrungsmittel zu einem Preise zu geben, daß sie nicht ge zwungen sind, durch Entbehrungen ihre Arbeitskraft vorzeitig zu verbrauchen.( Lebhafter Beifall bei den S03.)
Ueber die sogenannte Preisschere hört man nichts mehr, fie hat sich zugunsten der Landwirtschaft geschlossen. Der Wert der Roggenernte betrug im Durchschnitt des Jahres 1908: 573 000 000, 1924/25: 1247 000 000, 1925/26: 1 358 000 000 m. Bei Weizen und anderen Produkten steht es ähnlich. Man darf nicht nur die Körnerernte in Berechnung seizen, sondern auch die Hadfrüchte und die Viehwirtschaft, von denen jede ein Drittel in der Landwirt- handenen Roggenvorräte nur noch vier Monate fchaft ausmacht. Die oft preußische Landwirtschafts. tammer hot in Veröffentlichungen behauptet, daß 1924 in den landwirtschaftlichen Betrieben Ostpreußens ein Defizit von 200 mil. lionen zu verzeichnen sei. Nun wurde in fünf ojtpreußischen Domänen, die der preußische Staat bewirtschaftet, in den letzten Jahren ein Reingewinn von immerhin 15 m. pro Heftar erzielt. In vier Wirtschaften der Provinzialanstalten in Ostpreußen wurde ein Reingewinn von 12 bis 100 Mart pro Heftar erzielt.( hört! hört!) Bollen die Anhänger der Privatwirtschaft sich beschämen laffen von Betrieben der öffentlichen Hand, die doch angeblich viel schlechter als sie wirtschaften?
Legt man die Erfrägnisse der Staatlichen Wirtschaft dem Gefamterträgnis zugrunde, so dürfte man zu der Feststellung tommen, daß in Offpreußen im Jahre 1924 nicht ein Defizit, sondern ein Ueberschuß von 200 millionen erzielt morden ist. ( Lärm bei den Deutschnationalen.)
Die preußische Hauptlandwirtschaftsfammer gibt allmonatlich Schaut bilder heraus über die Gestaltung der Preisschere. Bei den land wirtschaftlichen Betriebsmitteln wird geflissentlich das Lohn tonto verschwiegen, obwohl es im Durchschnitt 30 bis 40 Proz. der Produktionsfoften beträgt. Trop wiederholter öffent licher Aufforderung berichtigt die preußische Hauptlandwirtschafts. I pertagt.
Nach 8 Uhr ergibt die Auszählung die Beschlußunfähigtelt bes Haufes. Die weitere Debatte wird daher auf Donnerstag 1 hr