njstungswillm bekundet. Aber durch den Mund ihres Äele-gationsführers, des Grafen Bernstorff, hat sie nicht unzwei-deutig gesprochen. Sie hat von dem Rüstungsaus-gleich geredet, aber dabei nicht deutlich zum Ausdruck ge-bracht, daß sie die Beseitigung der Rüstungsspanne zwischenDeutschland und den Siegermächten allein durch denAusgleich nach unten verlangt. Diese Zweideutigkeitmag ihr in dem Genfer paAfistisch-militaristischen Helldunkelnicht weiter verdacht werden. Was hinter dieser Zweideutig-kcit der Delegation eines deutschen Rechtskabinetts aber stecktenthüllte gestern mit brutaler Naivität die Rechtspresse: anden Genfer Abrüstungskämpfen interessiert sie allein, ob fürDeutschland dabei eine Aufrüstung herauskommt. Undschon sekundiert ihr die Nationalistenpresse Frankreichs: siedeutet an, daß die Genfer Verhandlungen scheitern werden,und spricht bereits von den neuen Wegen, die man einschlagenmüsse. Will sie damit andeuten, daß sie DeutschlandsAufrüstung der Abrüstung Frankreichs vor-zieht?Die Rüstungsvorkonferenz mag ausgehen wie sie wolle,sie mag ausfliegen oder mit einem mageren Vergleich odereinem fetten Kompromiß der Mächte auf Kosten des Ab-rüstungsgedankens enden: Was in Genf gespielt wird, er-fordert die ernste Wachsamkeit der schaffenden Massenund die stete Cingriffsbereitschaft ihrer Vertreter.Keine Verbesserung üer tzauszinsfteuer.Erklärungen des Reichsfinanzministers zur LohnsteuerDer Steuerausschuß des Reichstags beendete amDonnerstag die erste Lesung des Finanzausgleichs. Die von derSozialdemokratie gestellten Anträge, bei der Hauszinssteuerdie Bevorzugung der landwirtschaftlichen Gebäude zu beseitigen, dieVerwendung der Hanszinssteuer für fiskalische Zwecke auf 20 Proz.zu begrenzen und die Friedensmiete für ein weiteres Jahr bis zum21. März 1928 nicht überschreiten zu lassen, werden von den Regie-rungsparteien abgelehnt, obwohl sie die sachliche Berechtigungdieser Anträge anerkannten.Ueber den Vorschlag des Vorsitzenden, Dr. Oberfohren, die An-träge zur Einkommen- und Körperschaftssteuer und zur Zuckersteuererst i» der zweiten Lesung zu beraten, entspann sich wiederum einelebhafte Geschäftsordnungsdebatte. Genosse I u n k e macht die Zu-sttmmung der Sozialdemokratie zu diesem Antrag von einer Er-klärung des Reichsfinanzministers über die Lohnsteuer, die Ver-mögenssteuer und die Zuckersdcuer abhängig.Reichsfinanzminister Dr. Köhler erklärt darauf, daß dieRcichsregierung an dem Begrenzungsgesetz zur Lohn-st e u e r, das eine Senkung der Lohnsteuer vorsieht, wenn in zweioufeinanderfolgenden Vierteljahren der Ertrag der Lohnsteuermonatlich je 100 Millionen übersteigt, festhalte. Im Hinblickdarauf habe sie trotz der steigenden Tendenz der Lohnsteuer nureinen Ertrag von 1200 Millionen Mark im Etat vorgesehen. Wenndie Vermögenssteuer den im Gesetz vorgeschriebenen Betragvon 400 Millionen im Rechnungsjahr 1926 nicht erreicht, werde dieReichsregierung die Nacherhebung entsprechend den gesetzlichenBestimmungen vornehmen. Ueber die Senkung bzw. Beseitigungder Z u ck e r st e u e r habe sich die Reichsregierung noch nichtschlüssig gemacht. Im Augenblick sei bei der angespanntenFinanzlage des Reiches die Senkung nicht möglich.Es folgt die Beratung des Gesetzentwurfs über die Erhöhungder Entschädigung der süddeutschen Staaten ausder Bier st euer. Ein sozialdemokratischer Antrag will die dafürerforderlichen Mittel in Höhe von 4S Millionen Mark jährlich durcheine Erhöhung der Börsenumsatzsteuer aufbringen. Ein d e m o k r a-t i s ch e r Antrag verlangt die Ermäßigung der Entschädigungs-summen um etwa ein Drittel und die Begrenzung des Gesetzes fürdie Dauer des provisorischen Finanzausgleichs.Genosse Hertz lehnt den Gesetzentwurf ab. Wolle man ihnjedoch annehmen, dann müsse man auch die zu seiner Ausführungerforderlichen Mittel bereitstellen, wie das der sozialdemokratischeVolksbühne.„Gewitter über Gottland" von Ehm Welk.Alles Verdienst für Erwin P i s c a t o r! Er hat das. waser für Theater hält, mit bewunderungswürdiger Energie durchgesetzt.W a s er für Theater hält, ist das Trommelfeuer auf die Phantasieder Masse. Wir müssen der Ohnmacht verfallen und der Kunst desRegisseurs vollkommen ausgeliefert sein. Piscator leugnet nicht, erverschleiert auch nicht, was er will. Wir müssen mit ihm wollen.Wir können uns ihm nicht entziehen. Er ist der Sieger mit seinerMorphinisierung und Suggestionskraft. Es vergeht uns die Lust,mit Piscator theoretisch zu rechten. Wir staunen nur. wir staunendarüber, daß er diesmal die Möglichkeit vollständig bewiesen hat.Hilm und lebendiges Theater miteinander zu oerbinden. Beispiele:Auf der Bühne beginnt eben«ine Seeschlacht. Auf der Leinewandtobt die Seeschlacht dann weiter. Di« Wellen, die über Schiff undMannschaft hinwegpeitschen und die drohenden Wolken am Himmel,kurz, all« diese künstlich gesteigerte Realistik, die trotzdem mit rafsi»niert unwahrscheinlichen Mitteln und Tricks hergestellt wird, das gehtauf die Nerven und sogar tief in die Nerven hinein. Wir sperrenMaul und Augen auf und werden primitiv gepackt. Aber der Re-gisseur geht noch weiter. Es wird ein Dolksschaufpiel mit Tendenzaufgeführt. Arme Leute, die vor 600 Jahren kommunistisch zu-einander hielten und dann von dem falschen Freunde Störtebekerbetrogen worden, geroten in Konflikt und Aufruhr, in Kanonadenund Kirchenschändung, in Trancegefchrei, in politischen Jubel undpolitischen Katzenjammer. Da der Regisseur zu den armen Leutennicht nur als Mithelfer des Dichters, sondern auch als Gefinnungs-«enosse hält, benutzt er Bühne und Filmleinewand auch zum Be-kennen. Er lockt die Gesinnung des Zuschauers heraus. Kein Herzdarf schlafen. Von einer Propagondaleinewand, die zu beidenSeiten der Bühne herunterhängt, wird diese Tendenz durch Bild undSchrift gepredigt. Was irgendwie gedanklich mit der Gesinnung desStückes zu tun hat, wird als flimmerndes Flugblatt und Manifestgezeigt, angefangen vom alten Holzschnitt bis zum Trotzky-Manifeft.Man gerät wirklich in Trance. Dazu noch Musik, Heilsarmeemusit,Schlachtenmusik. Kirchenmusik, schwer« Tonalität, herzzerreißend«Atonalität. Die Houptspieler auf der Bühne erscheinen auch aufder Leinewand. Sie marschieren auf, wie die Zirkustruppen beiSorasoni. Sie stellen sich vor uns auf in ihren von Piscator undTraugott Müller sehr malerisch erdachten Kostümen, diewiederum ein Gemisch von Sowjetanzug und Reoolutionärsanzugoller Zeiten bedeuten. Man ist vollgestopft mit Eindrücken. Das istdie Hauptsache.Beinahe wird vergessen, daß auch die Dichtung dieser Regiezum Fundament dienen soll. Dos Schauspiel von Ehm Welkist kein sehr starkes Werk. Es ersäuft in Worten. Die Tendenzklebt manchmal so offenbar an den Szenen, daß man glauben mag.der schon reife Mann sei eben erst in die Sturm- und Drangjahrehineingekommen. Das Schauspiel, mit dem Piscator so be-wunderungwürdig herumturnt, würde niemals gefesselt haben, wennnicht eben der Regisseur Unerwartetes, ganz Uebcrrafchendes, unbe-dingt Neues und absolut Packendes geschaffen hätte. Die PhantasieAntrag vorsehe. Geschehe das nicht, so rufe man dadurch die Gefahrvon Einschränkungen bei den sozialen Ausgaben des Reiches hervor.Abg. Dr. Brüning(Z.) und Dr. Gereke(Dnat.) versichernihre Sympathie für diesen Anttag, lehnen ihn aber im Augen-blick ab.Die sozialdemokratischen und demokratischen Abänderungsanträgewerden abgelehnt, und der Gefetzentwurf unverändert angenommen.Außerdem stimmt der Ausschuß einer Entschließung zu:„DieBehandlung der verschiedenen sogenannten Aufwertungsansprüche derLänder darf nur auf dem Wege der ordentlichen Gesetzgebung undnur einheitlich gegenüber allen Ländern erfolgen."Die Erwerbslosen dürfen hungern.Ter Rechtsblock lehnt Erhöhung der Unterstützungen ab.In seiner heutigen Sitzung verhandelte der Sozialpolitische Au»-schuß des Reichstages den Antra? der Sozialdemokratie auf Ver-längerung derKriscnjür sorge und eine angemessene E r-höhung der Erwerbslosenunter st ützung. Der An-trag wird vom Genossen Brey begründet, der darauf hinwies, daßeine nennenswerte Besserung des Arbeitsmarktes nicht zu verzeich-nen sei. Sett Mitte Januar bis Mitte Februar ist die Zahl derHauptunterstützungsempfänger nur um 25 000 zurückgegangen. Da.gegen ist die Zahl der Krisenunterstützungsempfängerin der gleichen Zeit von 138 164 auf 191 755 gestiegen. Das isteine Zunahme von 33,8 Prozent. Alle Voraussetzungen für die Der-längerung des Krifenfürforgegefetzes, das am 31. März abläuft, feiennoch gegeben. Die Erwerbslosen befänden sich in begreiflicher E r-r e g u n g über die Ungewißheit ihyps Schicksals. Im abgelaufenenJahr« und in den Monaten Januar und Februar sind die Kostenfür die Lebenshaltung mit Ausnahme zweier Punkte fortgesetzt g e-stiegen, allein die Wohnungskosten um 48 Prozent. Das lau»sende Jahr bringe neue Mietsteigerungen in empfindlicher Höhe.Eine Erhöhung der Unkerstühungssähe sei daher dringendnolwPidig.Aus der Ausgaberechnung eines Erwerbslosen führte der sozial-demokratisch« Redner den Rachrr-eis, daß bei einer Unterstützung von22 Mark die Wocheeiner Familie von vier köpfen nach Vestreilung der notwendigsten Ausgaben für Nahrung ganze 42 Pfennig« übrig bleiben.Dabei sei darin noch kein Pfennig für Milch, Fleisch oder Fleisch-wäre angegeben.— Der Rexierungsvertreter erwiderte, daß ausden gleichen Erwägungen, die der sozialdemokratische Redner ange.stellt hatte, die Regierung zu dem Entschluß gekommen sei, dieDauer der Krisensürsorge zu verlängern. Eineentsprechend« Vorlage sei dem Reichsrat zugegangen. Eine Erhöhungder Unterstützungssätze könne nicht in Aussicht genommen werden.Nach einer Verordnung des Arbeitsministenums werde die Miet-fteigerung den Erwerbslosen zu 8 Prozent erlassen. Die Re-gierungsparteien schwiegen sich aus. Auch ein Appell der GenossinSchröder löste ihnen die Zunge nicht.Ein Antrag der Sozialdemokraten auf Erhöhung der Unter-stützungen, der 30 Proz. für Hauptunlcrstützungsempfänger und20 Proz. für Ledige fordert, wurde abgelehnt, ebenso einkommumsttscher Antrag auf 50 Proz. Erhöhung. Abgelehnt wurdeauch ein Eventualantrag der Sozialdemokratie, der als Ausgleichfür die Mietsteigerung 10 Prozent Erhöhung der Unter-stützunpen verlangte. Das gleiche Schicksal hatten die Anträge, dieein« Abänderung des Krisensllrsorgegesetzes forderten.verfaffungsstreit im Rechtsausfchuß.•Tos Volksbegehren der Sparer.*Im Rechtsausschuß des Reichstages kamen heute die Anträgedes Abg. Dr. Best zur Beratung, die sich auf die Ablehnung desVolksbegehrens des Sparerbundes im August 1926 beziehen. Dieneuerdings erfolgte Kabinettsentscheidung, durch welche das kürzlichbeantragte Volksbegehren der Reichsorbeitsgcmeinjchaft Höhne-Ahl-berg abgewiesen wird, blieb unerörtert, weil nach allgemeiner Auf-des Regisseurs hat alles geleistet, sie hat jeden Widerstand gebrochen.Das Schauspiel von Ehm Welt ist ein braves historisches Drama.Man wird es lieben, wenn man die verkündete Gesinnung liebt,man wird es viel kühler betrachten, wenn man dem Gedankenkreisdes Dichters fernsteht. Aber das Geheimnis Piscators ist es eben,daß er die redseligen Szenen des Schauspiels aus einer moralischangreifbaren Sphäre in eine theatralisch unbedingt wirksame Sphärehineingetrieben hat. Der Regisseur hat auch den Schauspielern desTheaters am Bülowplatz seinen Willen imponierend auf-gezwungen. Heinrich George und Alexander Gran ach,Leonhard Steck«! und rings um sie die vom Regisseur prächtiggedrillten und sogar gezwiebelten anderen Künstler, sie spielen unterdem Einfluß ihres szenischen Leiters, nicht unter der Macht derDichtung. Der Regisseur zwingt sie, seine Tendenz zu verkünden.Heinrich George spielt jenen Störtebeker, der einstmals aus Haßgegen die hanseatischen Krämer den armen Leuten«in Himmelreichund Gottesland bereiten wollte und dann zugrunde ging, weil erschließlich nicht mehr der reinen Idee, sondern nur»och seinemeigenen Ruhm diente. George war prächtig in seiner massivenBärennatur, in seiner ungeheuren Kindlichkeit, dann, wenn es gilt,den Todesseufzer auszustoßechwie ein gefesselter Simson. AlexanderGranach wird vom Regisseur gezwungen, in der Maske und vielleichtauch in der Tonart Lenin nachzuahmen. In alles mischt sich ebendieser Regisseur ein, der nicht danach fragt, ob der Dichter mit ihmzufrieden ist. Der Dichter kann übrigens hoch zufrieden sein, dennPiscator hat ihm Ehren verschafft, die von einem hell begeistertenTheater gespendet wurden. MaxHochdorf.Di« Uraufführung des Wclkschen Schauspiels war noch im letztenAugenblick dadurch bedroht, daß der Volksbühne von der OberstenFilmprüfstelle das Vorführen einiger Bilder untersagt wurde. Manmußt« bis in den späten Nachmittag verhandeln, und trotzdem ver»langte die Behörde, daß einige Bilder unterdrückt wurden.Die sibirische Schriftstellerin Lydia Sejsullina sprach im Saalder Deutschen Gesellschaft 1914 auf Einladun? der Deut-scheu Gesellschaft zum Studium Osteuropas über„D i e neuenSchriftsteller in S o w je t r u ß l a n d". Sie verjuchte klar-zulegen, weshalb die Literatur des neuen Rußland bisher[o wenigWeltgeltung errungen hat und erringen kon:tte. Die Jahre des Um-sturzes in Rußland hatten für Schriftsteller keinen Raum. Es galt,am Ausbau des Landes zu Helsen, Lohrer, Journalist zu sein. Lite.ratur wuchs in dieser Zeit nur spärl.ch. Aber was an Werken er-stand, trug den Stempel dieser neuen Epoche, wurde knapper imAusdruck, schärfer im Stil, als es d>« Nassische russische Literaturwar. Die Sehnsucht des neuen Wollens prägte sich dem Schaffender Schriftsteller auf. Das Persönliche trat völlig in den Hinler-grund: das Schicksal der Allgemeinheit, des Volkes interessiert«. DiePhantasie versagte: denn die Erlebnisse der Wirklichkeit tonnte vonkeiner Phantasie erreicht werden. So kam es aus inneren undäußeren Gründen zur Umwälzung und zum Neuausbau auch in derrussischen Literatur. Aber vor diesem Neuaufbau, sagte Frau Sejsullinasehr hübsch, stehen die Gerüste noch. Man sieht das Neugeschaffenenoch nicht klar.— Leider unterließ es Frau Sejsullina, in ihremVortrag auf Probleme des neuen russischen Schrifttums einzugehen.Denn die Auseinandersetzung mit Jlja Ehrcnburg(wenn er gesogtfassung, auch der des Abg. Dr. Best dieses Begehren mit der Reichs»versassuiia n i ch t z u v e r e i n b a r e n ist. In bezug auf dos vor-jährige Volksbegehren des Sparerbundes vertrat der AntragstellerBest die Auffassung, daß seine Ablehnung nicht nur einen objektive»,sondern auch einen subjektiven, d. h. bewußten BruchderReichs-Verfassung bedeute.Die Auffassung der Sozialdemokratie vertrat Abg. Dr. Lands»berg. Die Entscheidung des Kabinetts sei zweifellos verfassungs-widrig. Aber es sei politisch unklug, wie Best es wolle,«in« Jnter-pretation der Reichsverfassung auf dem Weg« der Verfassungs-änderung vorzunehmen. Aus dem geltenden Wortlaut der Ver-fassung ergäbe sich ganz klar, daß Gesetzentwürfe wie der desSparcrbundcs von der Volksabstimmung nicht ausgeschlossen werdensollen. Es handele sich bei diesem Gesetz weder um den Haus-haltsplan noch um ein Abgabengcsetz, sondern um die Abwehreiner Vermögenskonfiskation. Die Verfassungswidrig-keit der Kabincttsentscheidung sei auch zugegeben mit dem vom Ka-binett Luther unternommenen Versuch, durch eine Aenderung desArt. 73 der Reichsverfassung den Volksentscheid über Aufwertung--gesetze ausdrücklich auszuschließen. Hielt die Regierung diese Ver-fasiungsänderung für notwendig, um das Volksbegehren ablehnen zukönnen, so durfte sie nach der Zurückziehung ihrer Vorlag« nicht aufGrund der unabgeänderten Verfassung zur Ablehnung des Volks-begehrcns kommen.Staatssekretär Dr. S ch w e i g e r t rechtfertigte die Haltung desKabinetts. Die Vertreter der Regierungsparteien dagegen nahmeneine sehr unbestimmte Haltung ein. Im besonderen erklärte derVolksparteiler Dr. Wunderlich, man könne über die Verfassungs»Mäßigkeit der Kabincttsentscheidung geteilter Meinung sein.Ganz schweigsam verhielten sich die Deutschnationalen, deren Ver-halten wieder in scharfem Gegensatz stand zu der Stellungnahmeeines Teiles ihrer Presse gegenüber dem Kabinettsbeschwß.Das Ergebnis der Debatte bestand darin, daß Abg. Best denAntrag, der eine Interpretation des Art. 73 der Reichsoerfassung be.zweckte, auf Vorschlag Dr. Landsbergs zurückzog, um ein« ausverschiedenartigen Motiven der einzelnen Parteien beruhende Ab-lehnung zu vermeiden. Der Antrag Best, der eine Er-cänzung des Strafgesetzbuches durch Strafbestimmungenfür Verletzung der Reichsoerfassung durch Ministerdes Reichs oder der Länder vorsieht, wurde aegen die Stimmen derSozialdemokraten und konvnunisten abgelehnt. Ein dritterAntrag wurde zurückgestellt bis zur Beratung des Gesetzentwurfs.der die Nachprüfung von Reichsgesetzen auf ihre Versassungsmaßig-keit regeln will.___Die neugierige öotschast.Sie sucht Staatsangehörige.Der italienische Publizist Dalmo Carnevali schreibt uns:„Die italienische Botschaft in Berlin hat sich an diezuständigen deutschen Behörden gewandt, um Auskunft darüberzu erbitten, ob ich italienischer oder deutscher Staatsangehörigkeit fei.An Hand meiner Papiere kann ich feststellen, daß ich Italiener bin:immerhin konnte ich bei dem mich befragenden Beamten ein unverhohlenes Erstaunen darüber feststellen, daß die italienische Botschaftnicht einmal weiß, welche Bürger sie unter ihrer Obhut zu halten hat.Ich konnte auch nicht umhin, zu bemerken, daß dank der jetzt inItalien gehandhabten Ausnahmegesetze gegen die Opposition im Aus-lande, möglicherweise während der letzten Nacht, eine Aenderungmeiner Nationalität eingetreten sein könne, daß ich vielleicht imAugenblick ohne mein Wissen st a a t e n l o s geworden sei. Bis zum13. März allerdings glaubte ich die Gewißheit zu haben, noch demLande anzugehören, in dem ich das Licht der Welt erblickt«, denn andiesem Tage erhielt ich, trotz meiner wohlbekannten Stellungnahmezum faschistischen Regime, ein« Einladung zur Teilnahme an derJahresfeier der Gründung der Fasci! Wenn aber die Neugier derBotschaft den Zweck gehabt haben sollte, meine Nationalität ein-wandfrci festzustellen, um mich den Blitzen des„Duces" preisgebenzu können, so läßt mich das völlig kalt, weil ich, wie einer dergroßen Gründer der italienischen Einheit. GiuseppeMazzini.„die Freiheit liebe, sie oielleicht noch tiefer liebe als das Dater-land..."_Die Angst vor dem Zaniboni-Prozeß. Nach dem„Giornaled'Jtalia" wurde der Prozeß gegen Zaniboni wiederum auf unbe-stimmte Zeit verschoben.hat. wie er es gesagt haben soll) mußte natürlich ganz an der Ober-fläch« bleiben. Aber wahrscheinlich vermied die Vortragende, dierussisch sprach und ihre Ausführungen dann erst übersetzen ließ, kom-pliziertere Darlegungen, um den Vortrag nicht allzusehr in dieLänge zu ziehen. T e s.Rudolf-Blüinner-Abend. Mittwochabend im Sturm. RudolfBlümner sprach u. a. Adolf Knoblauch, Wilhelm Runge, GerhardAufhäusser, Kurt Heynick«, Lothar Schreyer. August Stramm, OttoNebel und gab zum Schluß drei kleine satirisch« Spiele Schwitters„Anna Blume", das Kümmernisfpiel und seinen eigenen Dialogzwischen Künstler und Mäzen„Der Stuhl". Blümner als Sprecherist besonders im dramatisch Gesteigerten und Ironischen ein starkesErlebnis. Wort« explodieren, blühen auf, zischen, kurz tiesste, oftungeahnte Musik der Worte wird lebendig. So ist es kein Wunder,daß Heynicke in seinem„Angriff" und Stramm mit seiner„Mensch-heit" eine gewaltige Wirkung ausüben, denn die Worte werdenFleisch und Blut. Das laute Höhnen und billige Lächeln über denin Bielem bahnbrechenden August Stramm, der als Opfer des Kriegessiel, ist ja bei den Einsichtigen längst der Bewunderung für denkühnen Wortereoolutionär gewichen. Auch für das Lautlich« könnt«sein Wert für die neuen Sprechchöre oft als Vorbild dienen.B. Sch.Die Buschneger an den Völkerbund. Das Bölkerbundsekreiariathat jüngst eine Friedenskundgebung der B u s ch n?g e r vonSurinam in Holländisch Guyana erhallen, die ihres fastbiblischen Stiles wegen bekanntgemacht zu werden verdient:„WirBuschneger von Surinam haben vom großen Krieg gehört, den dieMenschen jenseits des Ozeans unter sich geführt haben, und konntendie große Not, die der Krieg mit sich brachte, sogar selber wahr-nehmen. Deshalb richte ich. A d j a n t o e s o, großes Oberhauptder Saramaccaner Buschneger folgende Botschaft auden Bölterbund: Wir sind froh, daß der große Krieg zu Ende ist, unddaß es jetzt Friede gibt. Tötet einander nicht mehr, sondern lebt inFrieden miteinander. Dies sagen wir euch nicht au» überheblichemStolz, sondern in demütiger Liebe. Ich grüße euch mit einemkräftigen Gruß im Namen meiner Kapitäne und meines ganzen�Volles".— Das Völterbundssekrctariat hat für die Kundgebung'gedankt und darauf hingewiesen, daß der Bölterbund unaufhörlichfür die Aufrechterhaliung des Friedens arbeitet und zu diesem Zweck„jedes Jahr die Bertreier aller Rationen im großen Völkerbunds-jaal in Genf zusammentreten, um über ihre Röte zu beraten undwas im gemeinsamen Interesse getan werden kann." Ferner legtedas Sekretariat eine Photographie mit einer Sitzung„der Gesandtenaller Nationen" seiner Antwort bei, auf welche der große HäuptlingAdjankoeso nicht wenig stolz sein wird.vas Konzert de, vläaaerchor» Fichte- Georglaia llndet nicht, wie durcheinen Drucksehlcr in der heutigen Morgennumer gemeldet wird, am beujigenDonnerstag, sondern erst am nächsten Sonntag, dem 27., statt.Vene Tänze der Gruppe Skoroael-Itümpy, die durch die MitwirkungdeS BewegungSchor» der VoltSbühne einen besonderenRahme» erhalten, werden im Mittelpunkt der K. Tanzmatinee derVolksbühne steben, die am nächsten Sonntag, vormittags 11'/, IlKr,im Theater am Bülowplatz stallsindet. Einlaßkarte» zum Preise vonin den Porverkaussstellen der PolkSbühne E. B.(Tietzschc Theaterkasse ujw.)erhältlich.