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Donnerstag

31. März 1927

Unterhaltung und Wissen

Der Eselsschrei.

Bon Georg Ewanguloff.

( Aus dem Russischen   übertragen von Sascha

Rosenthal) 1.

Er war furchtbar empfindlich, diefer Esel, der schon seit einigen Jahren das Mehl aus der Mühle Roberts auf seinem Rücken in den Kooperativladen schleppte, welcher hart am Wege zwischen der Kirche des heiligen Paulus und der Post seinen Platz gefunden hatte. Das Dorf bestand aus ganzen 30 Häusern.

Augenbrauen und Bart bepudert, mit geröteten Lidern, schritt der Müller Robert auf dem staubigen Wege dahin, den Esel an­

treibend.

Schon befand er sich in der Nähe des Dorfes, als der Efel unvermutet inmitten des Weges stehen blieb, gleich einem Holz­pferdchen die Beine spreizend. Auch der Müller blieb stehen.

Nun beginnt's, dachte er, der die Art seines Tieres mohl studiert hatte. Er sagte nicht mal Brrr..., denn dazu hätte er die Pfeife aus dem Munde nehmen müssen. Doch es war heiß und der Müller vermied unnötige Bewegungen. Ohnedies mußte er vorzüglich, daß es fruchtlos war, den Esel anzutreiben. Man mußte einfach warten, daß der Efel anderen Sinnes wurde und den Weg fortsetzte.

Doch diesmal änderte der Esel seinen Sinn nicht. Mit ernsten Augen schaute er gerade vor sich hin und zog unaufhörlich die herab­hängende Unterlippe ein, als flüsterte er etwas.

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Robert ging gewichtig um den Esel herum, in dem Wunsche, zu erfahren, was die Aufmerksamkeit des Tieres angezogen hatte. Da mar weder ein Stein auf dem Wege noch ein Reis, noch irgend ein verdorrtes Gräslein der staubige Weg lag da in blendender Helle, unter dem Efel zeichnete sich genau der blaue Schatten ab und die langen Ohren bewegten sich faum merlich auf dem gelben Sande. Robert erriet es sofort. Der Esel betrachtete den eigenen Schatten. Es schien, als ob der Esel absichtlich die Ohren bewegte, um zu sehen, wie der Schatten sie auf dem Boden bewegte. Die lange Lippe des Esels schmaßte greisenhaft, als wollte sie sagen: Ach, ist das tomisch! Ach, ist das komisch!"

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Der Müller blickte voll Angst den Weg entlang ob nicht ein Auto fichtbar wurde. Er wußte schon, da der Efel eine Beschäftigung gefunden hatte, würde er sich nicht vom Plage rühren, selbst wenn es ein Erdbeben gäbe. Und wenn ein Auto auftauchte, so würde der Chauffeur gezwungen sein, dem Esel auszuweichen, und hierbei mächtig schelten, was Robert äußerst umlieb war, da er um seine Würde besorgt war: war er doch Bürgermeister der Kommune.

Den Esel zu schlagen war zwecklos. Nur das haarige Fell zitterte leise und aus Eigensinn, so will's eben Eselsbrauch, versteifte er fich, in solchen Augenblicken um so länger dazustehen.

Da war nichts zu machen. Der Müller schimpfte, breitete einen leeren Sad unter ein Bäumchen und setzte sich drauf. Er wartete. Die Sonne brannte. Bauern tamen des Weges aus dem Dorfe, und da fie den Bürgermeister mit dem Esel erblickten, grüßten sie und icherzten.

Guten Tag, Herr Robert. Und euer Esel denkt immerzu?" ,, Er denft immerzu."

2

Natur und ihr Gesez verborgen lag in Nacht,

,, Newton soll sein," sprach Gott  , mit ihm das Licht erwacht. Diese Worte zeigen, wie hoch die dankbare Nachwelt die wissen­schaftlichen Leistungen Newtons einschäzte. Ein tieferes Eindringen in die Geschichte der Wissenschaft zeigt zwar, daß in ihr eine folge­richtige Entwicklung herrscht, und das Verdienst des einzelnen Forschers, mit dessen Namen bestimmte Leistungen verknüpft werden, fast stets überschäzt wird. Denn die Fragestellungen und ihre Lösungen erwachsen stets aus dem jeweiligen Zustande der Wissenschaft, und es ist durchaus wahr, was Werner Siemens   in hohem Alter im Vorwort zu seinen Lebenserinnerungen schrieb, daß andere das tun werden, was man selbst nicht mehr fertig bringt, daß es also der Welt nicht dauernd verloren geht." Diese Erkenntnis darf aber nicht etwa zu einer Unterschätzung der Leistun­gen der Geistesheroen führen, zu denen auch Isaac Newton   in aller erster Reihe gehört. Sein Name wird für immer fortleben als Begründer des Gesezes von der allgemeinen Schwere der Himmelstörper. Das aus dem Altertum und Mittel­

Der erhöhte Mehlzoll.

mehlzoll 12,50

BROT

Ist das der vom Bürgerblock verheißene Aufstieg?

Guten Tag, oller Robert. Und dein Esel macht immerzu Ent- alter überkommene Weltbild war durch Copernikus vollständig um­bedungen?"

,, Er macht immerzu Entbedungen." So antwortete der Müller einfilbig und schaute dabei den Esel Dieser wedelte mit den Ohren wie vorher. Schon war die Sonne bis zur Mitte des Himmels hinabgefunken und die Ohren des Esels wurden immer länger.

an.

Schon kehrten diefelben Bauern aus dem Dorfe zurück, doch Robert und der Esel rührten sich nicht vom Plaze. Einer der Bauern fagte im Vorübergehen: Du hast aber einen alten Esel!" ,, Ja, ein alter Esel."

Und ein anderer fügte verdrossen hinzu: Und halsstarrig ist er. Ein rechter Efel."

Obgleich Robert selbst bejahrt war, so entging ihm doch die Ironie dieser Bemerkungen, die mehr ihm galten als seinem Efel. Er ahnte nicht, daß fast das ganze Dorf sich über ihn luftig machte, nicht wegen des Esels, der Efel hatte nichts damit zu schaffen, sondern aus einem ganz anderen Grunde.

Der Müller besaß nämlich eine Frau, die fünfzehn Jahre jünger mar als er. Ihnen diente der Arbeiter Jean, ein junger Bursche, der eben erst von der Marokkokampagne heimgekehrt war. Dieser Jean gewann bald die Gunst der Müllerin und, wie man sagte, mar die Sache ziemlich weit gediehen.

Doch ein Alleinsein zu zweien hatte große Schwierigkeiten für die beiden, und es ging das Gerücht, daß die jungen Liebenden für ihre Zusammenfünfte die Abwesenheit Roberts ausnüßten, während er das Mehl aus der Mühle in den Kooperativladen brachte. Besonders froh waren sie, wenn der Esel ein Bein stellte, ohne jeden wahrnehmbaren Grund unterwegs stehen blieb und dadurch den Bauer zwang, seine Heimtehr zu verzögern.

Wie mußte es nun den Bauern seltsam erscheinen, Robert auf dem Sacke fizen zu sehen, friedlich seine Pfeife rauchend und nicht fonderlich erregt durch diesen Aufenthalt, indes dort zu Hause Frau und Knecht die Zeit nicht ungenüßt verstreichen ließen.

Wie der Leser sieht, war der Efel zwar alt, doch nicht dumm, und freiwillig oder gezwungen( wer engründet eines Esels Seele?) spielte er die Rolle eines Verschwörers und Beschützers der liebenden

Müllerin.

Endlich, als die Schatten, den die Ohren des Esels warfen, die Mauern der Gemeindeschule streiften, recte der Esel den Hals vor und sich dehnend, begann er so unartikulierte Laute aus seiner Rehle hervorzustoßen, daß selbst Robert, trok seines Phlegmas, die Stirn in Falten zog. Das war das Signal. Robert erhob sich, flopfte am Absatz seines Schuhes die Asche aus der Pfeife und in der Mühle gingen die Liebenden eilig voneinander.

Alle drei wußten, daß der Esel nach dem Schrei unverzüglich Jeinen Weg fortsette und, gleichsam um die verlorene Zeit einzuholen, in furzem Galopp bahinfauste, so daß der Müller faum nachfam. ( Schluß folgt.)

Zum Gedächtnis von Isaac Newton  .

Bon Dr. Bruno Borchardt.

Heute vor 200 Jahren starb bald nach Beginn seines 85. Lebens­jahres Sir Isaac Newton  , der gleich den hervorragendsten um die Menschheit verdienten Engländern in der Westminsterabtei  gu London  / beigesetzt wurde. An seinem Geburtshaus in Woolft­horpe ist eine einfache Gedenktafel angebracht, die die Worte enthält:

gewandelt, die Erde war von ihrem Throne als ruhende Herrscherin im Mittelpunkt der Welt herabgestürzt worden und die Sonne an ihre Stelle getreten. Etwa 100 Jahre später gelang es Kepler  , die Belege der Planetenbahnen um die Sonne, die feineswegs Kreise find, sondern eiförmige Ellipsen, aufzufinden, aber vergebens bemühte er sich um ein allgemeines Gesetz, welches diese Bahnen als notwendige Folgen mechanisch wirkender Kräfte erklärt. Diese Tat gelangt wiederum nach fast einem Jahrhundert Newton mit der Aufstellung des allgemeinen Anziehungsgefeges: zwei Körper ziehen sich im Verhältnisse ihrer Massen und im um­gefehrten Verhältnis ihrer mit sich selbst multiplizierten Ent­fernungen an.

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Beilage des Vorwärts

Amerikanische Journalistik.

Aus Gordon Bennetts Anfängen.

Salopp, aber frisch und packend war der Stil, in dem Gordon Bennetts Herald", der dem amerikanischen   Journalismus neue Wege weisen sollte, in seinen Anfängen geschrieben war. Geschäftlich weiß Bennett genau, was er will, und ist überzeugt, daß er sich durchsetzt. Zunächst traut er sich zu, den ganzen Aufgabenfreis, dem er den neuen Blatte stellt, ganz allein zu erledigen. Er war fein eigener Berleger, Redakteur, Anzeigenwerber und Vertriebsleiter." Im Reller eines Hauses der Wall- Street, einem engen und dunklen Gelaß als einzigen Redaktions- und Geschäftsraum, fing er mit einem Rapital von 500 Dollar zu arbeiten an. Er hat es selbst in seiner wißigen, aber für seine journalistischen Absichten sehr fenn­zeichnenden Weise beschrieben, und geht dabei in fehr flobiger Art gegen feine Konkurrenz vor. In einem Leitartikel sagt er:

Es wird gesagt, daß ein fallender Apfel im Garten Newton zuerst auf die Vermutung brachte, es sei wohl dieselbe Kraft, die den Apfel zur Erde treibt, die auch den Mond auf seiner Bahn um die Ende erhält eine trotz ihrer Albernheit immer wieder er­zählte Anekdote. Anhaltend beschäftigte sich Newton mit der Be­wegung des Mondes, ohne daß es ihm gelingen wollte, sie aus einem einfachen Kraftgeset abzuleiten. Deshalb ließ er seine Rech nungen liegen und nahm sie erst vierzehn Jahre später wieder vor, als er in einer Sigung der Royal Society  ( Gesellschaft der Wissen­schaften) Kenntnis von den Resultaten der französischen   Erdver­messungsexpedition erlangte, die genauere Werte für den Umfang der Erde geliefert hatte, als man fie früher besessen und Newton seinen Rechnungen zugrunde gelegt hatte. Nun ergab sich ihm in der Tat das überraschend einfache Kraftgesetz zur Erklärung der Mondbewegung, das sich dann auch bei den Bewegungen der Blaneten bestätigte. Einen ungeheuren Triumph feierte diefes Gefeß, als fast 120 Jahre nach Newtons Tod der Planet Neptun auf Grund dieses Gesetzes von Leverrier aus sonst unerklärlichen Abweichungen in der Bewegung des Planeten Uranus   berechnet und dann von Galle an dem berechneten Ort auch wirklich auf gefunden wurde. Jeder Zweifel, daß durch Newton in der Tat die legte wahre Ursache der Bewegungen der Himmelstörper er­tannt war, schien nunmehr geradezu widerfinnig. Aber die letzten Rätsel der Natur aufzuhellen wird dem Menschen wohl immer ver­wehrt bleiben, wir fönnen uns stets nur Bilder machen, unter benen wir die Wirklichkeit zu begreifen suchen, und mit dem Stande unseres Wissens müssen auch unsere Bilder andere werden. Mehr als 200 Jahre hat die Newtonsche   Himmelsmechanit unbestritten gegolten, aber vor knapp 20 Jahren ist sie als nicht mehr aus­reichend erkannt worden und hat einer neuen mit dem Namen Einstein   und der Relativitätstheorie verbundenen weichen müssen. Das tut natürlich dem Berdienste Newtons und den Erfolgen seiner Arbeit feinen Eintrag.

nicht in seinen Arbeiten zur Himmelsmechanit, auf fast allen Ge Die umfassende Tätigkeit dieses Geistes erschöpfte sich natürlich bieten der Physik hat er sich erfolgreich betätigt, wir erwähnen nur seine Arbeiten zur Lehre von den Lichtstrahlen und den Farben, die ihn auch zur Erbauung der ersten brauchbaren Spiegelfernrohre führten, die der Astronomie unschägbare Dienste geleistet haben. Geradezu bahnbrechend sind seine mathe matischen Arbeiten, sie führten ihn zur Erfindung der heute unter dem Namen der Infinitesimalrechnung oder höheren Mathematik bekannten Flugionsrechnung, bei der aus den all­mählichen, unendlich kleinen Aenderungen von Größen deren end­licher Wert bestimmt wird. Uebrigens stehen auch seine mathema­tischen Arbeiten in engstem Zusammenhang mit den phyfitalischen und mechanischen Aufgaben, die er zu bewältigen fuchte.

Kultur und der Menschheit immer gedenken, zugleich auch als eines Die Nachwelt wird dieses Geistes als eines Förderers der Glücklichen, von dem es heißt:

Es wird die Spur von seinen Erdentagen Nicht in Aeonen untergehn.

,, Gestern haben wir wieder einmal auswärtige Meldungen ge­bracht, von denen weder die ,, Sun" noch der Transcript"( beides Pennyblätter. D. Red.) auch nur eine Zeile drucken konnte. Die ,, Sun" scheint überhaupt noch nicht zu wissen, worum es sich eigent lich handelt. Allerdings veröffentlichten die großen Blätter( gemeint ist die 6- Cent- Presse. D. Red.) die Nachrichten, aber da deren Re­dakteure, einer wie der andere, stinkfaule, dumme, schlappe und prahlende Klotzköpfe sind, hat keiner den interessanten Meldungen den Reiz abgewonnen und den Rahm abgeschöpft, den wir allein unseren Lesern servierten. Einzig der Herald" weiß auswärtige Nachrichten gut aufzumachen und ebenso die lokalen Nachrichten lesbar abzufassen. Allerdings leben wir auch ganz anders als die verbummelten Wall- Street- Redakteure, die erst zwischen 10 und 12 in ihre Redaktionen kommen, sich einen Glimmstengel anzünden und eine Schere hernehmen. Sie schneiden aus und paffen, paffen und schneiden aus, einige Stunden lang. Dann gehen sie zu Delmonito effen, trinken, schlemmen und verheßen friedliche Bürger. Wir aber stehen früh um 5 Uhr auf. Schreiben die Leitartikel, die Glossen, Uebersichten usw. noch vor dem Frühstück. Von 9 bis 1 lefen wir alle unsere Zeitungen und die Originalberichte unserer Mitarbeiter, die bei uns zahlreicher find als irgendwo sonst. Aus alledem wird das Nachrichtenmaterial herausgearbeitet, Gedanken, Anspielungen, Einfälle werden notiert, um fie in einer Spalte eigener interessanter und wohlgewürzter Beiträge zu veröffentlichen. Dann werden Besucher empfangen. Geschäftsleute und einige der lieblichsten Frauen New Yorks  . Sie alle wollen abonnieren. Gott   segne sie! Um 1 bin ich draußen, erkunde unter den Bankiers und den Nichts­tuern der Börse den Stand der Kurse und des Geldmarktes, eile zurück und mache Redaktionsschluß. Bor 4 Uhr erledige ich dann die Berlagsangelegenheiten, die Ruhe und Ueberlegung fordern. Erst um 4 Uhr gehen wir zu Tisch und essen bescheiden und mäßig. Hinterher werden dann sofort Korrekturen gelesen, dann Außen­stände eingeholt, Anzeigen gesammelt. Ihre Zahl vermehrt sich ständig. Spätestens um 10 liegen wir in der Klappe. So macht man eine Zeitung mit Geift, Wiz und Erfolg."

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Derart waren, so liest man in dem soeben in der Deutschen Berlagsanstalt, Stuttgart  , erschienenen Buch des bekannten Berliner  Journalisten Emil Dovifat   Der amerikanische Journalismus", die Anfänge eines Blattes, das später den ganzen amerikanischen  Journalismus revolutionierte. Bonnett schuf damit die wirtschaftliche Grundlage, um schon wenige Jahre später die ersten Schritte für den Ausbau eines großen Nachrichtendienstes zu tun. Die Form ist faum mehr geistig zu nennen, aber sie drängt das Nur- persönliche in den Bordergrund und sucht damit auch die fachliche Wirkung zu erzielen. Gordon Bennett hat seinen Wert schon so flar erkannt, daß er fich nicht scheute, in den Jahren, da er sein Blatt durchsetzte, fich selbst und die persönliche Seite seiner Arbeit öffentlich zum Gegen­stand allgemeinen Interesses zu machen. Schon in dem eben zitierten Leitartikel flingt das an. Es ist selbstverständlich, daß die grobe Anpöbelung der Konkurrenz nicht unerwidert blieb. So wie früher die Redakteure verschiedener Parteizeitungen fich gegenseitig die Scheiben einwarfen und auf der Straße mit Stöden aneinander gerieten, wurde Gordon Bennett für die Redakteure und Drucker der Konkurrenzblätter nunmehr vogelfrei. Mehrfach stürmte man sein Kellergelaß in Wall- Street und kehrte das unterste zu oberst, ebenso oft wurde er auf der Straße angefallen und verprügelt. Mit unverhohlener Freude scheint er diese Schlägereien durchfochten zu haben. Er berichtet darüber in seinem Blatte so ausführlich und triumphierend, daß man erkennt: diese Handgreiflichkeiten waren ihm höchst erwünscht und gaben Gelegenheit zu einem Leitartikel, den ganz New York   mit größtem Vergnügen las: ,, Bennett abermals verhauen." Da heißt es einmal:

,, Als ich gestern gemächlich meinen Geschäften nachging und in Wall- Street Nachrichten für den Herald" sammelte, tommt Watson Webb mir entgegen, mault irgendwas Unverständliches, stößt mich eine Ladentreppe hinunter und haut viehisch und wütend auf mich ein. Mein Schaden war eine Schnittwunde am Mittelfinger der linken Hand( ich zog sie mir zu, als ich gegen ein eisernes Gitter flog), und dann drei abgerissene Westenknöpfe, die mir der Schneider für 6 Cent wieder annähen wird. Sein Schaden war aber eine mächtige Badpfeife, die einige Beißer aus seinem ungewaschenen Maul haute, und dann, vom Kragen bis zum Hosenboden, ein riesiger Riß durch seinen wunderschönen schwarzen Rock, der 40 Dollar gekostet hat. Saldo zu meinen Gunsten: 39,94 Dollar... Wenn er mich einschüchtern will oder glaubt, ich werde meinen Kurs durch solche Mittel ändern, irrt er sich. Weder Webb noch irgend sonst jemand kann mir imponieren. Ich sage in meinem Blatt die Wahrheit. Alles übrige lege ich in Gottes Hand. Mag man mich überfallen, mir die Bude stürmen, mich töten, mich ermorden. Aber ich gebe nicht nach! Ich gehe nicht vom Weg der Tugend, der Wahr­heit und des Rechts."

Mit dieser Art von Journalistit genügte er allen Ansprüchen des Leserkreises, den er sammeln wollte. Nach einer solchen Schilderung stieg einmal die Auflage von 6000 auf 9000. Er be­friedigte das raufluftige Bolt des Hafenviertels so gut wie den Händler und Kommis, die an dem unerschütterlichen Mutterwitz ihr Bergnügen fanden, und warb schließlich mit dem religiösen Schluß um die Frömmler und Settengläubigen, die an den Straße den ihre Predigt hielten. Gordon Bennett   nimmt auch damit schon ein Charaktermerfmal des heutigen amerikanischen   Journalismus bor­weg. Keine Presse der Welt spricht so viel und so oft wie die amerikanische von ihren idealen Zielen, und fennt so viele berufliche Gebote und Glaubensbekenntnisse.

Doch beschäftigte Bennett sich nicht nur in diesem gespreizten oder dem gereizten Stil des Kampfes mit seiner Person. Auch die heitere Seite fam reichlich zu Wort und entbehrte oft nicht einer spaßigen Anzüglichkeit. Als er heiratete, fündete er das seinen Lesern durch einen Artikel an, der folgende Schlagzeile trug:

An die Leser des Herald"

Liebeserklärung

Endlich

gefangen- Es wird geheiratet- Aufschwung der Zivilisation.­Dann folgt ein längerer Tert, in dem es u. a. heißt: In einigen Tagen heirate ich. Das Wetter ist so wunderschön, die Zeiten werden immer besser, die Aussichten auf politische und moralische Fortschritte find so hoffnungsvoll, daß ich dem göttlichen Trieb in der Menschen­natur nicht mehr widerstehen lann: also heirate ich... Meiner Berufung werde ich damit untreu. Ich werde der Welt das Muster eines Chelebens vorführen, alle Tugenden werden aus dieser ehe­lichen Liebe erblühen. Ich danke dem Publikum in Europa   und in Amerika   für all seine Gunst. Die heilige Zeit der jungen Liebe wird meinen Eifer beflügeln, mich doppelt nüglich zu erweisen. Gott der Allmächtige segne Euch alle! James Gordon Bennett  ."