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Mittwoch H. �lpril 19S7

Unterhaltung unö AAjssen

Seilage öes vorwärts

Ein Glas Sier. Voil Ernst Toller . Od Llertrinksn zu den guten oder schlechten Taten zählt, mag der Verusene entscheiden� ob es den Charakter x-strahlcngleich durch- leuchtet, daß du sein Skelett, Knochen und Knächelchen säuberlich überschauen kannst, dieses entscheiden, so befrenidlich es klingen mag, Richter und Staatsanwälte. Was wisien wir simplen Menschen von einer Tat und ihren Gründen? Wir neigen eher dazu, vor dem Warum uns schweigend zu bescheiden: wir erkannten, daß ein Baum aus vielen Wurzeln Blut zum Herzen stößt, und daß es kindlich wäre zu meinen, die sichtbaren gäben ihm Trieb und Kraft. Ich hotte einen Freund, mir lieber als«in Bruder, von zartem Gesühl und schwingenden Nerven. Als Neunzehnjähriger erstach er einen Menschen, und das Zuchthaus sargte ihn sieben Frühlinge, sieben Sommer, sieben Herbste, sieben Winter ein. Wie das zuging, erzählte er mir eines Abends in meiner Zelle, in zwei Togen sollte er entlassen werden, festliche Hoffnung löste die alltags gebundene Zunge. Nicht daß er's mir pathetisch erzählte, wie ein Schauspieler, mit Gesten und Pausen und Reuetränen und fliegenden Schritten, die sich verknoten. Das lag ihm nicht. Er hatte die Tat begangen, weil alles so kam, wie es kam, und er wird sie wohl wieder begehen, wenn das Schicksal ihm einen gleichen bösen Streich spielt. Am Sonntag lud er sein Mädchen ein zum Spaziergang in den Münchener Englischen Garten, auf dem Monopteros waren sie ge- standen, haften über den komischen Namen gelacht und sich über den Frühling gefreut, hatten sich verstohlen in den Arm gezwickt und vor oller Augen geküßt, dann waren sie in ein« Wirtschaft eingekehrt, Zum goldenen Löwen" hieß sie oderZum grünen Lamm", hatten jeder ein Matz Bier bestellt, und da saßen sie nun, in den Knien süße Wärme. Ihrem Tische gegenüber zechten drei Burschen, meinem Freund vom Bauplatz her bekannt, gelernte Maurer , stolz auf ihr Hand- wert und den Tagelöhner von oben herab behandelnd. Mein Freund ging für ein paar Minuten in den Was6)raum, drehte die Krawatte zurecht, gab der sonntäglich pomadisierten Tolle rechten Schwung. Als er zurückkehrte, weinte sein Mädchen, und auf sein- bestürzte Frage stotterte sie, daß die drei gegenüber sie Flitscherl genannt hätten und gefragt, ob sie's für 50 Pfennig tue. Ihr Saukerle," sprang mein Freund die drei an, die gebläht von Uebermacht spöttisch grinsten,ihr ganz gemeinen Schufte" und was sonst der bayerische Mann aus dem Aolke zu sagen weiß, wenn man sein treuestes Empfinden verwundet. Die drei flogen auf, griffen hart nach ihren Stühlen, mein Freund packte sein Messer, und es hätte sich die an Sonntagen übliche Rauferei ent- wickelt, wenn nicht der eine der Angreifer, von, ersten Messerstich tödlich getroffen, lautlos zu Loden geplumpst und starr liegen- geblieben wäre. Jäher Wirbel von Bestürzung, Schreck, Angst fegte Wirt und Gäste aus dem Lokal auf die Straße, bis aus meinen Freund und doch davon später. Mein Freund sah sich allein, vor ihm lag der Tote, in dessen Brust stak ein Messer, und dieses Messer war feins. Weißt du, ich Hab' erst aar nicht begriffen. Nur Durst ver- spürt« ich, mächtigen Durst.Ein Maß!" wollt« ich rufen, aher da niemand hinterm Schenktisch stand, ging ich selber hin, schenkte mir den Krug ein, trank ihn auf einen Satz herunter, und es war mir wohler. Einen Moment wenigstens, dann war mir klar, was ge- fchchen war, ich rannt« aus der Wirtschaft heraus, rannte durch die Straßen bis zum Abend. Es begann zu regnen, von meinem Kopf tropfte Nässe, ich merkte, ich Hab« gar keinen Hut auf, wo habe ich dcn Hut gelassen, es siel mir ein, er muß wohl noch in der Wirt- schast liegen, es trieb mich dahin, ich dachte an nichts anderes, als: du mußt deinen Hut wiederbekommen, ich hatte ihn vom letzten Dochenlohn gekauft, sündhaft, ihn mir nichts dir nichts zu ver- Ichludern, vor der Tür der Wirtschaft standen zwei Kriminaler, die sprangen auf mich zu. felsellcn mich und brachten mich zur Polizei. Am nächsten Tag mußt- ich zuschauen, imder Anatomie, wie sie die Leiche sezierten, es stank so. mir wurde'ganz übel, ich guckte weg. da meinte der Doktor:Schauen Sie nur Ihr armes Opfer an, Herr Mörder.".... Na, und dann kain ich vor Gericht, und das ander« kennst du ja...* Am Tage der Gerichtsverhandlung merkt« man. der Staats- anwalt hütete in den bauschigen Falten seines Talars ein Geheimnis, das, wenn die Zeit reif, es entschlüpfen zu lassen, ihm von Bor - gesetzten, Kollegen und Presse beachteten Triumph eintragen mußt« und den, Angeklagten langjährige Zuchthausstrafe. 'Kurz vor Schluß der Beweisaufnahme räusperte er sich: Es hat sich eine Zeugin gemeldet. Ich beantrage., Das Gericht beschloß, die Zeugtn zu vernehmen. Es erschien«in hinkendes WelMein, das weitschweifig angab, wie es am bewußten Sonntag die Base besucht und auf dem Heim- weg« Lust verspürt habe, ausnahmsweise und in Erinnerung an ihren Seligen, dessen Namenstag sie immer aus diese Weise feiere, ein Maß Dunkles zu trinken. Nachher feien all» plötzlich davon- gerannt, sie habe nicht begriffen warum, sie habe sich bekreuzigt und sei dann rasch unter den Tisch gekrochen. Erst sei nichts geschehen, dann habe sie den armen Toten ge- sehen, und vor ihm stand der Mörder, ohne Reue, er habe sich den Ermordeten eine Weile angesehen und sei denn zum Schenktisch hingelaufen, habe sich ein Maß eingeschenkt, und wie er sich nachher mit der Zunge den Schaum aus den Mundwinkeln schleckte, da habe es ihr einen Stich ins Her, gegeben, was für ein Mensch müsse da- sein, und sie bitte das Gericht um Entschuldigung, daß sie sich erst heut« meld«, sie hätte schon von Kindheit an eine solche Angst vorm Schwören... Zeugin, Sie haben mir den Vorgang des Bisreinschenkens noch ausführlicher geschildert." mahnte mit buttriger Onkclstimm» der Staatsanwalt. Ja. wie er sich die Maß«ingeschenkt hatte, nahm er die Kelle. strich den Schaum au, dem Glas, öffnet« den Bierhahn nochmals und ließ den Krug vollaufen." Hat sich das so verhalten, Angeklagter?" fragte der Bor - sitzende. Ja." Was haben Sie sich dabei gedacht, Angeklagter? Wie erklären Sie den Porgang mit Kelle und Schaum?" Das weiß ich nicht mehr. Aber man ist es doch so gewohnt. Die Wirte betrügen«inen immer. Ich habe sogar zum Verein gehört gegen schlechtes Einschenke». Ich habe halt immer darauf geachtet, und nachher, wie ich mir allein«inschenkte, tat ich's, weil es

so sein mutzte, aus Gewohnheit, nur aus Gewohnheit.... Ich habe mir nichts dabei gedacht..." Der Staatsanwalt erhob sich zu seiner Anklagerede, die von der Presse als Meisterstück for«nsischer Kunst bezeichnet wurde, ausladend und dennoch klar,innen Filigran, außen massiger Guß!" Die Szene am Schenklisch, sie erhob er zum Kernstück seiner Meisterred«, zurschillernden Seele", wie die Nachrichten schrieben, die allem Gegenständlichen Aura und Farbe verlcchcn. Meine Herren Richter, nmnals in meiner langjährigen Praxis ist mir ein Fall begegnet, in dem sich so eindeutig Charakter und Gesinnung des Angeklagten dem Lichte der Oeffentlichkeit darbieten. Nicht genug, daß er Bier trinkt in Gegenwart des Opfers, in kalter Berechnung konstatiert er, um, wie er selbst angab, die Prinzipien seines Vereins gegen schlechtes Einschenken zu wahren, die Maße enthalten zuviel Schaum..." Und nachdem der Staatsanwalt das Juristische des Falles in blitzender Dialektik entwirrt hatte, beantragte er Dersagung mildern- der Umstände. Das Gericht konnte sich, schrieb die Presse, den Ausführungen des öffentlichen Anklägers nicht verschließen, und die Zuhörer nahmen den Urteilsspruch mit sichtlicher Genugtuung auf...

koalitionsfreunöe.

Hergk:»Gruß Golk, mein lieber Slrefemann!" Slresemann:Grüsz.... ja, um Himmelswillen, was haben Sie denn da?" hergl:.0. nur eine kleine Bombe, die vor zwei Jahren die veutjchnationale Bolksparkel für beiläufige 5000 Mark gegen Sie gekauft hat. Aber das tut ja nichts, wo Sie jetzt der unsrige jind!"

Mnno dazumal. Äulturgeschichle in Anekdoten. Aon Eberhard Buchner. Da sitzt in Birkenwcrder bei Berlin ein Man» mit einem großen Archiv, einem Archiv, das kurios« Schätze enthält. M und an stellt Eberhard Buchner aus seinen Archivschätzen«ine inter - cssante Bücherreihe zusammen, und jetzt hat er den Versuch unter- nomine», eine Kulturgeschichte in Anekdoten herauszubringen. (Anno dazumal, Deutsche Buchgemeinschast G. m. b. H.. Berlin EW. 61, Teltower Str. 29). Man muß Buchner recht geben, wenn er schreibt:Die Nachwelt ist zur Zeugcnschaft schlecht zu gebrauchen, und wer ein« Epoche wirklich verstehen lernen will, der wird sie selber zu Worte kommen lassen müssen. Eine Zeftungsnotiz aus der Französischen Revolution, unter dem unmittelbaren Eindruck der Geschehnisse niedergeschrieben, ist unter Umständen unendlich viel wertvoller, als die geistreichste Abhandlung, die ein Menschenalter später über das gleiche Thema vom grünen Tischt aus in die Lande geht." Femgericht. ... Wie man denn vor etlichen Jahre», auf Kaiser Caroli Magni Anordnung wegen Abtrünnigen der Unholden, und die vom christlichen Glauben sich abwendeten auch das Bimrecht oder jus venue noch des Jahrs pflegte einmal zu halten, da heimliche Richter verordnet und sonderlich dazu beeidigt waren, die auf solche Leute, auch ässentliche und heimliche äclicta mußten Achtung geben. Wann das Bimrecht anaeftellet, so mußten alle Einwohner in einem Ge- richt oder Amte,>o über 12 Lahre alt, auf einer Heide oder großem Platze unausbleiblich erscheinen, sich aus die Erde niedersetzen, da wurden darm in der Mitte etliche Tische gefegt, dabei satz der Landesfürst, seine Räte und Vögte, und mutzten denn die heimlichen Richter die Delinquenten und Delicta anmelden. Dir gingen dann in großer Prozession und lietzen zwei Kreuze und Fahnen vor sich derlragen, mit einem weißen Stade rings herum und schlugen die Verbrecher auf die Beine. Wer nun ein böses Gewissen hotte und sich einer leibesstrafbaren Missetat schuldig wußte, dem war ver« gönnt, auszustehen und in Tag und Nacht das Land zu räumen und»nogtcn auch noch wohl den andern t-chlog aushalten. Wenn er aber zum dritten mahle getroffen wurde, so war der Nachrichter oder Scharfrichter dabei, und«in Priester reichte ihm das Sacra» ment, und dann zum nächsten Baum mit ihm zu. Wer aber nur «in- oder zweimal oetrossen war, das war eine väterliche Warnung, sich dinführo zu bessern, daher es denn jus venia-, daß noch Gnade dabei war. hieß, und hat ein solches Gericht Herzog Wilhelm zu Lüneburg vor10 Jahren ohngefährlich noch das letzte Mal meines Angedenkens, in Person bei Zelle gehegt und gehalten, welches ich von wegen der Jugend, da bisweilen in den Historien dieses Bim - rechts gedacht wird, mit berühren wollen. lAu» der ung-drückten Siagraohi« des Herzog» Julius von Braunschweig von Franz Algermann .) Erlaubte Vielweiberei. (Beschluß des Fränkischen Kreistages zu Nürnberg 14. Februar 1650.) Demnach die unumgängliche Notdurft des heiligen Römischen Reiches erfordert, die in diesem dreiunddreißigjährigen blutigen Krieg ganz abgenommene, durch das Schwert, Krankheit und Hunger verzehrte Mannschaft zu ersetzen und das künftig allen seinen �einden, besonders dem Erbfeind des christlichen Namens, dem ürken desto stattlicher gewachsen zu sein, auf alle Mittel, Weg und Weis zu gedenken, also sind aus reife Deliberation und Berat - schlagung folgende drei Mittel sür die bequemsten und beitroglichsten erachtet und allerseits beliebt worden: 1. Sollen hinstiro innerhalb der nächsten 10 Jahre von junger

Mannschaft oder Mannespersonen, so noch unter 60 sind, in die Klöster aufzunehmen verboten sein. 2. Denjenigen Priestern, Pfarrherrn, so nicht Ordensleute oder auf den Stiften Kannonikaten etc. sich gleich zu verheiraten er- laubt sein. A. Jeder Mannesperson 10 Weiber zu heiraten erlaubt sein, dabei doch alle und jede Mannsperson ernstlich erinnert, auch aus den Kanzeln öfters crmahnt werden soll, sich dergestalt hierin zu oerhalten und vorzusehen, daß er sich nötiger und gebührender Dis- krction und Vorsorge befleißige, damit er als ein ehrlicher Mann, der sich 10 Weiber zu nehmen getraut, die Ehefrauen nicht allein notwendig versorg«, sondern auch unter ihnen allen Unwillen verhüte. Das erste Debul des Tabaks in Brandenburg . Der Rauchtabak wurde in der Kurmark Brandenburg erst unter dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm bekannt. Man hielt ihn für nichts Gutes, selbst die Geistlichen eiferten auf der Kanzel da- gegen und nannten das Rauchen ein Vorspiel des höllischen Feuers. Ein Mohr, der einst den Kurfürsten aui der Jagd begleitete, bot einem Bauer eine Pfeife Tabak an.Ne, gnüdger Herr Düwel," versetzte dieser voll Demut und Angst,ik freie keen Füer." (Schmur-ii, Wigmanns Volk-bUcher 27.) Königliche Badereise. Als Friedrich August König von Pohlen und Kurfürst, von Sachsen , 1705 zur Badelust nach Karlsbad reiset«, wurden dazu von Dresden aus dorthin kommandiert: l. von der Garde: 1 Oberster, 1 Major, 1 Ouarttermeister. 1 Adjutant, 1 Regimentsieldscheer, 6 Hautboistcn, 1 Profos, 4 Kapitäns, 12 Lieutenants, 4 Feldwebel, 8 Sergeanten, 40 Korporals, 12 Tambours, 72 Grenadiers und 288 Mousquetiers. 2. Vom Wrangeischen Dragoner-Regiment«: 1 Oberstlieutenant. 2 Kopttüne, 2 Lieutenants, 2 Kornets, 2 Wacht- meister, 4 Korporals. 2 Spielleute. 120 Gemeine. Z. Von der Ehevalier-Gard«: 1 Lieutenant, 1 Korporal, 4 Brigadiers, 4 Sous- Brigadiers, 20 Chevaliers-Gardes. 4. Von der Schwelzergarde: 1 Kapitänlieutenant und 30 Gemeine. Thut in Summa 668 Köpfe. Die Ossiciers erhielten doppeltes Traktement, die Gemeinen Brod- und Löhnungszujchuß. Sprachen nun um dieselbe Zeit und aui dieselbe Art vielleicht auch andere Monarchen in Karlsbad ein, so mußte die Stadt in der That ein martialisches Ansehen erhalten. Die Truppen konnten in Bürgerhäusern nicht untergebracht werden, sondern mußten kampieren, von Dresden wurden deshalb alle er- forderlichen Lager-Geräthschajten nach Karlsbad gesandt. <?liltiiav:SnriositSNn" Ilk. 1914.) Das Slut der pflanzen. Von Ing. Ehem. Edmund Hellpern. Berlin . Ein russischer Gelehrter, Dr. C. O. Manolloff in Petersburg , hat nach fast dreißigjähriger Forschungsarbeit«ine Entdeckung ge nacht, die von größter Tragweite für die ganz« Raturwisseisschaft ist. Cr fand ein Verfahren, mittels dessen man genau feststelle» kann, ob das Blut von einem männlichen oder weiblichen Organis- mus herrührt. Dl« Methode gründet sich auf bestimmt« Sekrete, Ausscheidungen der Geschlechtsdrüsen, die wir Hormone nenne». Das Hormon der weiblichen Eierstöcke wirkt ganz anders, als das der männlichen Samendrüsen, aus die verschiedenen Organe. Es wird durch den ganzen Körper verbreitet,»nd zwar ist es das Blut, das es überall hin transportiert. Es war im Grunde ein einfach«? Gedanke, und dach erst von Manoiloft konsequent zu Ende gedacht, daß die Hormone, die sür die L«bensvorgünge ein« so verschiedenartige, wichtig« Bedeutung haben, auch in chemischer Hinsicht verschieden reagieren müssen. Die Methode Manoikofss besteht darin, daß' gewisse Farbstoffe in bestimmter Weife dem mit einer Kochsalzlösung oerdünnten Blute zugesetzt werden. Die weiblichen Hormone verändern sie nicht, die männlichen ober zeigen sofort eine deutliche Einwirkung, sie e n r- färben, die Lösung wird somit ganz hell. Dies» Veränderung tritt schon bei Anwesenheit einer ganz minimalen Menge mönn- licher Hormone ein. Praktisch wichtig ist diese Methode in vieljucher Hinsicht. Zu- nächst: Man kann damit da« Geschlecht vorausbestimmen. Rimlnt man die Blutprobe eines tragenden Weibchens, ja lann man darin genau die vorhandenen männlichen Hormone nachweisen und somit die Frag«, die seit Jahrtausenden die Menschheit beschäftigt« Junge oder Mädchen" wissenschaftlich lösen. Ferner ist man in der Gerlchtspraxis nunmehr in der Lag«, bei Blutflecken festzustellen, von welcher Art sie sind, ob von Frauen oder Männern, was bisher niemals einwandfrei möglich war und i» Kriminalfällen schon oft von einschneidender Bedeutung gewesen ist. Die Reaktion läßt sich nämlich auch bei Blutflecken durchführen, die ziemlich alt sind, es kann sich um mehrere Wochen handeln, ohne dag die Probe dadurch an Genaulgteit verliert. Am überraschendsten aber war ein Per- such, wonach man mit einem Auszug aus Chlorophyll genau die- selben Reaktionen bekmn, wie mit Blut. Bei zwelhäuslgen Pflanzen kann man genau so wie bei den Tieren feststellen, ob es sich um Chlorophyll von männlichen oder weiblichen Pflanzen handelt. Damit ist, wie Manoiloss sagt,ein neues Naturphänomen geschaffen, welches die Llutoerwandtschaft der beiden großen Naturreiche dokumentiert". Chlorophyll ist dos Blut der Pslanzen, es verhält sich ebenso, wie das Blut der Tiere und Menschen. Ein» Erktnnttüs, vi« aufs neue lehrt, daß alle Lebewesen ein» große Berwandtschast bilden und der Mensch,die Krone der Schöpfung", nur ein winziges Glied ist in der großen, allumfassenden Kette des organischen Geschehens. Ein Jubiläum der Gabel. Der Gebrauch der Gabel ist eist spät in die europäischen Tischsitten eingeführt worden. Wir können bei uns das genaue Datum für das Erscheinen dieser Neuerung nicht angeben: In England aber feiert man jetzt das ZSOjährige Jubiläum des Einzugs der Gabel in das Inselreich. Der Archäologe Alfred T. Worbis erinnert daran, daß Thomas Coryate 1577 seinen Lands- leuten von dieser ihnen ganz unbekannten Erfindung Mitteilung macht» und die ersten Gabeln nach England brachte. Thomas studierte in Oxford und bekleidete später einen kleitien Posten beim Hofe, wo er als«ine Art Narr diente und durch seinen Witz sich viele Freunde und manche Feinde machte. Sein Hauptehrgeiz aber bestand darin, große Reisen zurückzulegen, und er ist zweimal� auf weiten Fußwanderungen durch Europa und Asien gezogen. Seine Aden - teuer und Erlebnisse beschrieb er in interessanten Aufzeichnungc», und so hat er auch, als er 1577 nach Italien kam, einen Brauch fest- gehalten,der in keinem andern Lande bekannt ist und von dem ich sonst noch nirgends gehört habe"..Di« Italiener" so schildert er diese Sittebedienen sich bei ihren Mahlzeiten stets einer kleinen Gabel. Wöhrend sie das Messer in einer 1)and halten, hoben sie in der andern Hand ihre Gabel, und mit dieser hallen sie das Fleisch auf dem Teller fest, wenn sie es mit dem Messer abschneidem Sie führen auch die Bissen mit dieser Gabel zum Munde, und wenn jemand das Fleisch unabsichtlich mit den Fingern berühren würde, so wäre dies ein arger Verstoß gegen die guten Sitten und würde die Empörung der Mitspeisenden erregen." Coryate wurde ein leidenschaftlicher Vorkämpfer dieser Sitte in seiner Heimat und machte so die Ggbel in England mobern. Es scheint aber, als ob damals nicht nur in Italien der Gebrauch der Gabel bekannt war. Französische Schriftsteller vom End« des 16. Jahrhunderts berichten, daß dieses neue Werkzeug beim Essen damals von Italien aus schon in Frankreich eingeführt war. Uebrigens bediente man sich schon lange vor Eoryates Zeit in England bei Hofe kleiner Gabeln, aber freilich nur, um Früchte damit zu verspeisen.