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schaffen, aniercrfetfs den Werden die Umstellung zum Ausgleich der Belastung durch Bctriebsverbesterungen zu ermöglichen, äußert die Kommission zu den Einzelheiten folgende Ansicht:' 1. Da die Untersuchungen der Kommission auf den zurzeit wirklich gezahlten Löhnen aufbauen, sind die Schluß- folgerungen nur berechtigt, wenn diese nicht geändert werden, und zwar weder zugunsten des Arbeitgebers nach des Arbeitnehmers. Es wären danach nicht nur die alten Schichtlöhne, sondern auch alle Zulagen in alter chöhe weiter zu zahlen, z. B. die sogen. Bereitschafts- Zulage, welche die Arbeiter dafür erhalten, daß sie in der Pause an ihrer Arbeitsstätte bleiben, um im Falle von Unfällen und Störungen eingreifen zu können: die Prämien wären der Zeitverkürzung ent- sprechend neu festzusetzen, so daß die Arbeiterschaft die Prämien in alter chöhe verdienen kann. 2. Zur Umstellung der Betriebe auf die verkürzte Schichtzeit, sowie zum Anlernen von Ersatzleuten für die 24stündig durchlaufenden Betriebe(Brikettfabriken usw.) wäre den werken eine Frist zu geben derart, daß die Neuregelung erst am 1. lluli 1927 in Kraft tritt. Auf solchen Werken, wo am 1. Juli 1927 noch Bauten und Neuein- richtungen im Gange sind, die zur Anpassung der Produktion an die verkürzte Schichtzeit erforderlich sind, müßte die Belegschaft in dem durch diesen Umbau gebotenen Maße durch Beibehaltung der allen Schichlzelt vorübergehend Ueberarbelt leisten, sofern diese«nt- sprechend bezahlt wird. Das gleiche gilt für Maschincnführer und ähnliche Arbeiterkategorien, wenn das Anlernen von Ersatzleuten, die als Springer eintreten können, bis 1. Juli d. I. nicht gelingt. Darüber hinaus mühke in Einzelfällen die örtliche Vereinbarung einer längeren Schichtdauer, namentlich bei kleinen Werken, zur Vermeidung besonders unrationeller vetriebsführung gestaltet sein. sofern die Ueberarbelt entsprechend bezahlt wird. 3. Um einerseits vor neuen Verhandlungen die Wirkung dieser Schichtverkürzung erkennen zu können und um andererseits den Werken genügend Zeit für Fortentwicklung der Rationalisierung zu geben, die auch künftig als Voraussetzung für weitere Schicht. Verkürzungen erscheint, müßte das neue Arbeltszeitabkommen frühestens zum 31. Dezember 1928 kündbar fein. Es erscheint empfehlenswert, nach dem 30. Juni 1928 durch eins neutrale Stelle(z. B. Reichswirlschaftsministerium) eine umfangreich« Prüfungjiber die wirtschaftliche Wirkung der Schichtverkürzung vor- zunehmen, als Grundlage für die weiteren Derhandlunzen. 4. Der örtlichen Vereinbarung müßte die Anordnung der Sdjichlzeiten vorbehalten bleiben, wobei das Ziel wäre, Springsrschichten nach Möglichkeit zu vermeiden. Die Belegschaften müßten gehalten sein, verschobene Schichten(z. B. Wechsel von 19- und 12stündiger Schicht zu verfahren. Berlin  , den 25. März 1927. gez. S u s a t, gez. Brauer, gez. S p a ck e l e r. Die mitteldeutschen Bergarbeiter werden von diesem Gutachten" mit einem einzigen Ruf der Ent- r ü st u n g Kenntnis nehmen. Sie werden dieses Gutachten, das ihnen so gut wie nichts und eine Bindung an dieses Nichts bis Ende 1928 bringt, einfach verlachen. Es ist wirk- lich ein starkes Stück, daß es die Kommission gewagt hat, dieses Pamphlet den Arbeitern und dem Reichsarbeits- Ministerium als die Richtlinien zur Arbeitszeitregelung auf Jahre hinaus anzubieten. Das unter dem Vorsitz des Ministerialrats des Reichswirtschaftsministeriums, Dr. Susat, einstimmig zustande gekommene Skandalprodukt kann niemals die Grundlage ernster Berhandlunaen über die Arbeitszeit-. frage bilden. Höchst merkwürdig ist, daß das Gutachten die Zustimmung eines den christlichen Gewerkschaftlern nahe- stehenden Mitgliedes der Kommission gefunden hat. Mit einem Worte, dieses kulturhistorische Dokument hat verteufelte Aehnlichkeit init jenen nur eigens für Ministerien bestimmten Denk"schriften, die aus den Bureaus der Arbeit-
geberverbände stammen. ES ist daher einem Nichts gleichzuachten. Soweit es bis zur Stunde in Bergarbeiterkreisen bekannt wurde, hat es helle Empörung ausgelöst. Wie die Bergarbeiter über das Gutachten und die Be- hauptungeiz der Arbeitgeber, daß die Forderung der Ver- kürzung der Arbeitszeit nur eine solche der Gewerkschafts- führer fei, denken, wird sich bald zeigen. In den nächsten Tagen findet eine Urabstimmung unter den mitteldeutschen Braunkohlenbergarbeitcrn statt über die Frage Zwölf- oder Achtstundenschicht. Ministerium, Kommission und Arbeitgeber werden ihr blaues Wunder erleben!
Strefemann unü öas Konkoröat. Drei kleine Stimmungsbilder zu einen« große« Umfall. 1. Die väterliche Verzeihung: Dos Zentrum wird sich mit diesem Ausgang der Sache Z u- friede»geben können und hat zu weiteren Schritten im gegenwärtigen Augenblick keine Ursache. Der Zwischenfall bietet uns zcdoch den Anlaß zu einer eindringlichen Be- merkung an die Adresse der Deutschen   Volks- parte! und der Demokraten. Wir leben heute nicht mehr in der Zeit von vor 80 Jahren. Fehler, die damals allenfalls noch halbwegs verständlich sein mochten, deren Fehlerhaftigkeit aber in- zwischen längst erkannt und durch Wort und Tat anerkannt ist, sollten nicht heute wiederholt werden, nachdem wir doch, durch schmerzhafte Ersahrungen belehrt, klüger geworden sein sollten. Ist nicht Dr. Stresemann in mancher seiner in den letzten.Iahren ge- haltencn Reden selbst von derKulturkampspolitik abgerückt? Daß heute die Zeit nicht mehr geeignet ist für eine Neuauflage des unseligen Kulturkampfes, daß unser Volk von solchen Dingen nichts mehr wissen will, kann es ein Volk geben, so weltfremd, daß diese Erkenntnis ihn, versagt geblieben sein sollte? Wenn der Zwischenfall dieser kulturpolitischen Gambrinusrede des Führers der Deutschen   Dolkspartei d i e Folge hat, daß diese Erkenntnis auch bei den Liberalen Gemeingut wird, so können wir dieses Zwischenspiel als in befriedigender Weife abge- schlössen betrachten." 2. Die Zensur des Schullehrers: Wir müssen Herrn Dr. Stresemann attestieren, daß zwischen seinen Ausführungen am Sonntag und seiner gestrigen Rcichstagserklärung ein ausgesprochener Gegensatz besteht, der es nötig macht, daß in der heutigen Rrichslagssitzung bei Behandlung der demokratischen Entschließung zur Konkordatssrage, die wir in unserer gestrigen Morgenausgabe veröffentlicht haben. die Parteien der Regierungskoalition in einer gemeinsamen Erklärung ihre Stellungnahme zur Konkordatsfrage kundtun. Die Deutsche Volkspartei   versucht zwar in einer recht gewundenen Erklärung die Ausführungen des Reichsaußenministcrs als die selbstverständlichste Sache von der Welt hinzustellen und auch die eigene Stellungnahme zu rechtfertigen. Aber Ministerreden, die der nachträg- lichen Interpretation bedürfen, sind nichts wert, und Dr. Stresemanns politische Extratour hat ihm selbst, seiner Partei und der Sache geschadet. Daran ändern auch alle Auslegungsvcr- suche nichts." 3. Die Ausrede des Schulbuben: Dabei geht man von der irrigen Darstellung aus, daß die un- bedingt« Betonung des liberalen Standpunktes der Deutschen   Volks- parte! in allen Kulturfragen, den Stresemann am Sonnabend scharf unterstrichen hat, sich auf die grundsätzliche Einstellung zum Abschluß eines Konkordats beziehe und nicht auf dessen zu erwartenden Inhalt. Wenn er deshalb gestern in seiner Antwort auf die Anfragen der Opposition betonte, fein« Einstellung zu der Frage des Konkordats werde letztxnEndesvon dessen Inhalt abhängig sein, so war das zwar eine Selbstverständlich- keit. Es ist aber bedauerlich, daß dies« Selbstverständlichkeit nicht begriffen wurde. Gewiß ist die Stellung innerhalb der Deutschen Volkspartei n i ch t e i n h e l t l i ch. In ihr finden sichvielegrundfätzliche
Gegner des Kon korb atsabschknffe?, namentkkch st» den kulturpolitischen Schichten, die ihr angehören. Man wird sich aber doch fragen müssen, ob es nicht richtiger ist, uns in den Verhandlungen mit der Kurie vor weitgehenden Eingriffen in unsere Bildungsfreiheit zu schützen, anstatt den Schwerpunkt des Streites grundsätzlich auf den Abschluß eines Konkordats zu legen, eine Frage, die doch nur praktischer Natur ist. Im übrigen wäre es wünschenswert, daß die kulturellen Fragen jetzt bald van dem Reichs- tabinetk vorwärts gebracht würden, damit man Klarheit hat, wohin derWeg geht. Stresemann ist zwar mit dem Reichskanzler einver- standen, aber er möchte doch wissen, wohin der Weg geht, damit er weiß, welchen Standpunkt er morgen haben muß.
Die Mbanien-Kommiflion. Teutschland zur Teilnahme eingeladen. Die französische   und die e n g l i s che Regierung haben. wie man weiß, eine Vermittlerrolle in demitalienisch. südslawischen Konflikt wegen Albaniens   übernommen, und haben die Einsetzung einer ständigen Drei-RIächic-Kommisilon an­geregt. die bei Grenzstreiligkeileu und sonstigen bedrohlichen Zwischen­fällen an der südslawisch-albanischen Grenze untersuchen und ein­greifen soll. Außer Frankreich   und England soll auch Deutschland   in dieser Kommission verlrelen, und die Reichsregierung ist oon diesen beiden Wächten bereits zur Tellnahnte eingeladen worden. Die Reichsregierung Hai grundsätzlich zugestimmt. jedoch nnker der Voraussetzung, daß die Befugnisse dieser Kommission genau umschrieben«Verden   und daß die drei Länder Italien  , Albanien   und Südslawien   sowohl mit der Einsetzung der Kommission al» auch mit ihrer Zusammensetzung einverstanden sind. Die Kommission wird, wenn sie zustande kommt,«vahrscheinlich aus den Rlililäratlachäs Frankreichs   und Englands in Belgrad   und au» einemmillkärsachverständigen" Mitglied der deutschen   Gesandt- schasl in Belgrad   bestehen.
Der umstrittene Finanzausgleich. Schlußdebatte im Preuhischeu Landtag. Zu Beginn der heutigen Londtogssitzung gab Frau Abg.(Christ­mann(Saz.) eine Erklärung außerhalb der Tagesordnung ab. in der sie die wiederholten Behauptungen des Abg. Schön(Wirtsch. Agg.) gegen einen sozialdemokratischen Elberfelder Beigeordneten aus freier Erfindung beruhend bezeichnete. Sämtliche bürger- lichen Fraktionsvorsitzenden in Elberfeld   hätten die Darstellung des Abg. Schön als unwahr bezeichnet. Nach Erledigung einiger kleinerer Borlagen erfolgt die dritte Lesung des preußischen Finanzausgleichsgesetzes, in der Abg. Hecken(Dnat.) sich gegen den Borwurf wendet, daß feine Freunde beim Finanzausgleich die Agrargemeindcn gegenüber den Arbeiterwohngemeinden bevorzugen wollten. Die Erklärung des Berliner   Oberbürgermeisters über die angebliche Benachteiligung Berlins   feien der Auftakt zum Kampf um den endgültigen Finanzausgleich. Durch feine schroffen Erklärungen habe er dem gesamten übrigen Preußen den fliampf angesagt. Sein Stand­punkt, daß das örtliche Steueraufkommen an die Gemeinde zurück- fallen müsse, sei unhaltbar. Im übrigen seien die Realsten e r n Berlins   im Verhältnis zu denen der westlichen Industriestädte viel zu niedrig. Abs. Reu mann-Frohnau(D. Dp.): Durch den Finanzausgleich sind unsere Wünsche auf Senkung der Real steuern durch erhöhte Ueberweisungen an die Gemeinden nicht ekfüllt worden. Oberbürgermeister Baß vertritt vc-rständlicherwcise die Berliner  Interesien, aber hat den Führern der Wirtfchaftsverbänds und dem Berliner Tageblatt" nachweislich falsche Darstellungen gegeben, wie bei der Automobil- und Hauszinssteuer. Sozialdemokratisckier Llntrag z« de» Forderungen BerlinZ Die sozialdemokratische Fraktion hat zu der Abstimmung über den Finanzausgleich, die noch heute stattfindet, wiederum den in zweiter Lefung abgelehnten Antxag eingebracht, den Anteil Berlins   am Finanzausgleich dadurch zu erhöhen, daß die relative Garantie van 22 auf 23 Pf.«»höht wird.
»die Schule von Uznach  ." Erstaufführung im Theater in der koniggrätzer Straße. Karl Sternheim   appliziert eine wOhlluende Dusche. Wir merken sofort, daß er selber sich nicht betölpeln läßt. Niemand macht ihm ein I für ein U vor. OderNeue Sachlichkeit" steht als Untertitel des Stückes. Gestehen wir nur, Sternheim   wischt aus unseren Köpfen alles fort, was man die Suggestion mit Hilfe des aufgeplusterten Wortes nennen könnte. Da mm einige andere in der letzten Zeit versucht haben, diese Kaltschnäuzigkeit und Reserve ihm nachzumachen, sehen wir im Original erst, wie vorzüglich der Mann ist. Er ist ein Snob ohne Leidenschaft. Er ist ein Bourgeois mit ganz klarem. Gefühl. Was er sarkastisch anfrißt, das hat wenig mit dem zu tun. was uns Leuten aus dem Volke am Herzen liegt. Trotzdem interessiert uns die Sorge, die sich Sternheim   über feine lieben Mitbürger macht. Eigentlich ist die Weltanschauung miserabel, aber sie wird uns so überlegen, mit einer so starken, so schneidenden Logik eingetrichtert, daß wir uns immer freuen, wie helle dieser Lust. spielschreiber ist. In derSchule oon U z n a ch" rennt der Sarkasmus gegen die jungen Damen mit Rentengenuß, hohen Monatspensionen, so- gar mit Milliardärserbschaften und ähnlichen Gerruhmitteln. Diese Fräuleins werden in der modernen Tanzkunst erzogen, weil das Tanzen gleichbedeutend fein fall mit moralischem Training. Di» jungen Damen erstaunen, daß Fräulein Mathilde aus Deutschland  die Iungsrauenschaft noch nicht erledigt hat. Kurz, es mißt sich die Uebergeschnapptheit schließlich mit dem gesunden Menschenoerstand. Es kommen die Liebespaar« zusammen, indem jeder enlleckt, daß die neue Liebessachllchkeit nur der alte romantische Schwindel ist. Und man tritt zum Menuett an, als wenn man noch tief in der Krinoline drinsteckte. Nun ist auch dieser Schluß des Sternheimschcn Lustspiels gar nicht van familiär wirkender Banalität. Der Sati- riker bleibt immer überlegen. Di« Literatur, die er pflegt, ist mehr als gepflegt. Der Kopf von Eis ist ei» tüchtiges Köpfchen. Darum müsien wir ihn loben. Zu loben ist auch die Aufführung, die Gustav Härtung in- fzeniert. Das kleine Volk der Weiberchen tonst und wiegt und schwätzt und schnäbelt über die Bühne, und es find junge Damen ausgewählt, die in Anmut strahlen. Das schauspielerisch« Talent kommt erst in zweiter Ordnung, und man vergißt gelegentlich sogar, daß diese und jene Künstlerin lispelt. Doch es fallen auf Karin Evans   und Pamela Wedekind  . In diesem Stück der Kalt- blütigkeit redet Karin Evans   einmal im schmelzenden Tone der Julia, und man vermutet, daß sie dieses Tones noch weiter Herrin werden wird. Die schauspielerische Physiognomie der Tochter Frank Wedekinds ist noch nicht geklärt. Das Gedicht des jungen Mädchens möchte man mondän nennen. Es ist eigenllich nichts Mädchenhaftes in diesem Gesicht zu sehen. Man glaubt, die junge Künstlerin hat einige Theatcrschulklafsen und Iahrestlasien übersprungen. Reben
dieser angeborenen Routine spielt ober auch eine angeborene Ge- sälligkeit. Anne Kersten und Hans Hermann Schaufuß   er- ringen ihren Sondererfolg, indem Schaufuß durch Honswurst- fchüchterrcheit und Fräulein Kersten durch ein« robuste Altjungfern. erweckung das hohe Lied der Verliebtheit vortrogen. Steniheirn arbeitet da mit altem Theatermittel, ober auch dieses Werkzeug führt er famos und zielsicher. Er ist ein Künstler im Veredeln dieses scheinbar abgebrauchten Tricks und die beiden Künstler parodieren höchst ergötzlich. Auch Karl Ludwig A ch a z spielt so vorzüglich, daß man sein« Gewohnheit vergißt, noch allzu pathetisch dem alten Ex- pressionismus der Deklamation zu huldigen. Der Schauspieler ist freier geworden. Er will nicht mehr heroisch chorokterisieren, er detailliert.' Max Hochdorf.  
,der wilSjchütz� im Staatlichen Schauspielhaus. L o r tz i n g sW i l d f ch ü tz" bedeutet für die Opernbühne der Gegenwart ein Problem. Da» Werk enthält zwar die best« Musik, die Lortzing   geschrieben hat und das ist mehr, als man nach dem Durchschnitt setner Werke annehmen sollte: aber es hat ein Textbuch, dem selbst der gutgläubigst« Opernbesucher nicht mehr zum Opser fällt. In dieser jchrecklichen Lerwicklungskomodi« hält man drei Akte hindurch einen Esel iür«inen Rehbock,«seil sonst eben dl« ganz« Komödie nicht möglich gewesen wäre. Und man hält Frauen für Männer, kennt Schwestern und Briider nicht, kurz, die Unglinib- Würdigkeiten sind aus eine Art gehäuft, daß e» selbst dem geduldigsten Zuschauer den Rest oibt. Ehe hier das Textbuch nicht gründlich um» gedichtet ist, wird sich derWildschütz" schwerlich auf der Bühne halten können. Daß der musikalische Gehalt die Arbeit lohnen würde, steht außer Frage. Solange aber muß die Oper an ihrem Textbuch scheitern, und es bleibt ein oergebliches Bemühen, rettungs- los Verrottetes auszustoiiben und ans Tageslicht zu ziehen. Die fehlende Staubschicht macht die Schäden nur um fo offerrsichtlicher. So erlebte man an der Ausführung imStaatlichenSchau- i e l h a u s eine recht geteilte Freude. Kleiber, der das ert leitete, gab ihm Schwung und Witz. Cr deutete zwar durchaus nicht alles im Lortzingschen Geist aus, aber er ließ sich dabei von dem richtigen Gedanken leiten, daß nur stärkstes Hervorheben der porodistischen Elemente das Werk im jetzigen Zustand genießbar macht. Eins aber wurde vergessen: ausgiebigstes Kürzen. Zwei- ccnehalbe Stunde wäre für die Ausführung reichlich Zeit gewesen. Statt dessen dauerte sie drei. Da rettete kein humorvoll pointierte, Musizieren, keine noch so anmutige Aufmachung vor einer unbesieg- baren Müdigkeit. Die Darsteller setzten sich für das Werk mit allen Kräften ein. Lso Schügendorf in der Rolle des Titelhelden lang und spielte ja wilsig, daß man wirklich auf Augenblicke alle die Unwahrscheinlichkeiten vergaß. violetta Strozzi, Genta Grszalewicz, Tilly de Gorma, M a r ga- rete Arndt-Ober, Arthur Fleischer, Carl Iöken, Ewald Wenck   bildeten mit ihm stimmlich wie schauspielerisch ein gut abgestimmtes Ensemble, das sich humorvoll in die netten Bühirenbllder Emil P i r cha v s einfügte. Das Publikum zeigte sich denn auch durch lebhaste Hervorrufe dankbar. Ties,
Sörperrhythmit und Raumgllederung. Elaire Bauroff und Ellinor Tordis tanzten in einer Matinee des Neuen Theater» am Zoo. Beide Hochtänzerinnen. Beide starke,«cht tänzerisch« Temperamente. Beide technisch vollkommen durchgebildete Körper. Beider Kunst aus dekorative Wirkungen gerichtet. Und doch zwei grundverschiedene künstlerische Individualitäten. Die tänzerische Ausdruckskraft der Dauraff sammelt sich in der Rhythmik der oft pantomimischen Körperbewegung. Die der Tordis wirkt darüber hin- aus raumgestattend und raumglicdernd. In den Tänzen der Bauroff lebt und schwingt«ine wohlgebildete rhythmisch beweg!« Gestalt. In den Tänzen der Tordis lebt und schwingt der fühlbar gewordene Raum. Sie gibt das letzte des modernen Tanzes: bewegte Archi- tektur. Freilich nicht in der reinen abstrakten Siiloallendung der Wigman   oder der Palucca« sondern mit ausgesprochen ornamentalem Charakter. Der Raum erscheint oft orabeskenhast-symmetrisch geteilt: rechts das Bild, links das Spiegelbild. Diel schmückende Schnörkel- die einen Tanz wohl begleiten und rahmen dürfen, aber nicht das Gerüst des kompositorischen Aufbaues bilden sollten. Die Bauroff gibt ihr Bestes inSpiel der Glieder"(diesmal nicht so glücklich produziert wie neulich im Blüthner  -Saal). Die Kunst der Tordis, der Musik eng verhaftet, giosett in Tänzen wiePräludes" und Aus der Jugendzeit", bei aller Weichheit künstlerisch strengen For- mungen. Die Bauroff macht Konzessionen, die oft bedenklich die Grenz« d« Variete streifen. Die Tordis bleibt stets im Rahmen des vornehmen Kunsttanzes. I. S. Europas   erster weiblicher Generalmusikdirekler. Der einzige und erste weibliche Generolmufikdirektsr in Europa   ist die Leitern, de» Philharmonischen Orchesters von Paris   Madame Lola Lossan. Sie hat vor einigen Tagen Kopenhagen   besucht, wo sie als Gast ein Orchesterkonzert dirigierte. Sie gab bei dieser Gelegenheit den« Vertreter einer dänischen Zeitung ein Interview..Ich arbeite aus diesem Gebiet erst einig« Jahre," erzählte sie.und trotzdem ist mein Philharmonisches Orchester als der Mittelpunkt für internationale Musik in Paris   anerkannt. Man nennt mich daher die Botschasterin der Musik, während meine Tätigkeit den Spitznamendas musi» kolische Locarno" bekommen l-at. Meine Idee ist nämlich, die Musiker der ganzen Wett einander näherzubringen." Die Dirigentin zeigte dem Interviewer einen Brief, den sie von Jean Chantavoine  , dem Generalsekretär des Pariser Musikkanservatoriums,«rhaltsn hat.Sehen Sie," sagt« sie dabei,es gibt nicht weniger als hundert- undfünfzig Konzert- und Orchestervereine in Paris  . Ich aber bin die einzige, die die Aufsvrdernng erhalten hat,«inen bedeutenden deutschen   Solisten zu einem Konzert einzuladen."
Z» der rrltän« wirb am 9., II1/, U6r. zu Gunsten 6er DoblsabriSkasse ber Genossenschaft Drutschcr Vühncnanaehoriaen eine einmalige Nacht- Vorstellung vonSpiel im Schloß- veranstaltet. Lnbetvunle neue Sirahlen? Zwei Gelehrte, die sich ewcn Monat lang auf dem Rücken desMönch- m der Schwei, aufhielten, haben im Barlaus Ihrer abronamischen Teobachlungen neue«igenarlige Slrahlen entdeck», d e an Störte die Nöntgenstrablcn übertrcsfen und von einer gewissen Gruppe von Sternen kommen sollen. Ehapil» und der roififche kivokrvst. Charlie Chaplin   hat das Angebot des ruififche» Staatskinotrust», nach Moskau   zu kommen und sich dort dauernd niederznlassen. abgelehnt. Chaplin ist aber bereit, für einige Niffische Filme zu arbeiten, er will Ende de» Jahre» nach NoSkau kommen.