Nr. 174 44. Jahrgang
2. Beilage des Vorwärts
Verstaatlichung des Kredits.
Die Ansichten eines Bankfachmanns.
Aufrechterhaltung der bestehenden Firmen unter Beseitigung der unnötigen Filialen, Beteiligung der verantwortlichen Leiter am Gewinn, Vereinheitlichung des Zahlungsverkehrs, Schaffung von Einheitspfandbriefen, Ausweise zur Herbeiführung der öffentlicher Rontrolle usw. Die Verwaltung der staatlichen Betriebe erfolgt nicht auf fameralistischer Grundlage, sondern in Form einer selbständigen Gesellschaft, deren Kapital dem Staat gehört und deren Gewinne diesem zufließen.
Für den jetzigen Stand der deutschen Volkswirtschaft ist die| Bankleiter und der öffentlichen Organe mit der übrigen Wirtschaft, Feststellung von Bedeutung, daß die Privatbantwirtschaft in den Jahren nach dem für Deutschland unglücklichen Kriegsende Bersagt hat; denn der reine Profitzweck der Privatbankwirtschaft hat der volkswirtschaftlichen Wohlfahrt nicht entsprochen es es wurde schlechthin auch zu spekulativen und fonfumtiven 3weden, zu Fabrikationen überflüssiger Artikel Kredithilfe gewährt und das in einer Zeit des wirtschaftlichen Abstiegs und Niedergangs, wo es angebracht gewesen wäre, die Wirtschaft nach dem Zusammenbruch besonders zu stützen. Es fehlte jede Rapitalfürsorge, jede Rapitalmarktkontrolle.... Die heutige Volkswirtschaft leidet unter einer Desorganisation des Geld und Kreditwesens...."
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Die Verstaatlichung als praktische Notwendigkeit.
Diese Worte finden sich nicht etwa in einer sozialistischen Streit schrift, sondern in einem Buche, das aus der wissenschaftlichen und praktischen Erfahrung eines Bankmannes die Notwendigkeit herleitet, die vollkommen zerfahrene, weil privatkapitalistisch eingestellte Kreditpolitit durch eine vollkommenere, gemeinwirt. schaftliche Organisation zu ersetzen. Die Schrift hat einen Mitarbeiter der Deutschen Reichsbank, Dr. Robert Deumer, zum Verfasser.(„ Die Verstaatlichung des Kredits", 371 Seiten, Verlag Dunder u. Humblot , München - Leipzig 1926.) Das gibt ihr nach einer Richtung eine besondere Bedeutung. In dem großen Apparat des Zentralnoten- und-bantinstituts hat der Verfasser beobachten fönnen, wie sehr Rosten durch planvolle Vereinfachung des Betriebes ge[ part werden können und wie weit die Organisation des Geld verkehrs denkbar ist, ohne die Hauptaufgabe einer gemeinwirtschaft, lichen Organisation zu vernachlässigen, die in der möglichst voll tommenen Bersorgung der gesamten Wirtschaft mit Krediten unter dem Gesichtspunkt größter Produktivität der Gesamtwirtschaft besteht.
Sozialisierung und Verstaatlichung.
Gerade unter Berücksichtigung dieser Tatsachen ist der RadikaIismus auffallend, mit dem Deumer an die gemeinwirtschaftliche Umformung des Rredits herantritt. Wie bei jeder Sozialisierung, so muß man auch bei dieser zwei ganz verschiedene Problemfreise unterscheiden: das Eigentumsproblem und die Organi fationsfrage. Berstaatlichung bedeutet an und für sich noch feine Sozialisierung, zumal dann nicht, wenn sie lediglich den 3wed verfolgt, dem Staat neue Einnahmequellen zu erschließen. Hinzutreten muß diejenige Organisation, die dem Kunden des enteigneten Betriebes die höchste Leistung bei niedrigsten Kosten, dem im Betrieb tätigen Arbeiter und Angestellten wirklich loziale Arbeitsverhältnisse und das Recht auf Mitwirtung im Produktions- oder Verteilungs. prozeß gibt.
Staatsmonopol gegen Privatmonopol.
Deumer fordert nun rund heraus die Enteignung jämt ficher privaten Banten, um die Verstaatlichung des Kredit wesens durchführen zu können. Warum? Die Konzentration im Bantwesen ist so fortgeschritten, daß ein privates Monopol mit allen Nachteilen einer auf Profit gestellten Wirtschaft tatsächlich besteht. Die Umwandlung in ein staatliches Monopol entspricht mur der zwangsläufigen Entwicklung: Diese kann die Ueberlassung einer solchen Wirtschaftsmacht an Private nicht mehr dulden, sobald fich daraus für die Allgemeinheit schwere Schäden ergeben, fobald vor allem mit der Verstaatlichung die Voraussegungen für eine großzügige Rostensentung geschaffen werden können. Ausgenommen von der Verftaatlichung sollen nur Geldgeschäfte fein, die entweder zins- oder provisionslos zustandekommen oder solche, die nur die Stundung in der Warenbezahlung betreffen. Alle bantmäßigen Geschäfte jedoch, ob sie von Kredit- oder Hypothefen banten ausgeübt werden, sollen dem Staat übereignet werden. Der Berfasser verweist darauf, wie bei der Schaffung anderer Staats die gleichen Beweggründe und die monopole Eisenbahn, Bost gleichen Erfolgsaussichten vorlagen. Daß Deumer zugleich die Verstaatlichung der kommunalen Spar und Girofassen verlangt, während er gleichzeitig die ländlichen Kreditgenossenschaften und die Stadtschaften aufrecht erhalten und nur lose dem System des verstaatlichten Kredits anpassen will, erscheint als abwegig solange, wie noch der kommunale Kreditbedarf und seine Befriedigung besonderen Gefeßen unterliegen.
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Zur technischen Durchführung.
Zu der Organisation des verstaatlichten Kredits macht Deumer positive Borschläge, als deren wesentlichste Punkte die folgenden festgehalten seien: Busammenwirken der gegenwärtigen
Eine Zweckschrift.
Ihre gegenwärtige Bedeutung.
Es würde viel zu weit führen, wollte man Deumers Vorschläge im einzelnen fritisch würdigen. Vieles wäre da zu beanstanden, insonderheit die außerordentliche starke Beteiligung der Interessenten an der Bankenaufsicht, während die Mitwirkung der letzten Verbraucher vernachlässigt zu sein scheint; diese wäre jedoch eine der Bedingungen, die allein es wahrscheinlich machen, daß ein verbilligter Kredit dem Volksganzen und nicht nur der Unternehmerrente der treditnehmenden Kreise zugute kommt und daß im übrigen bei der Kreditverteilung nicht nur die Interessen des Großbefizes, sondern auch volkswirtschaftliche Gesichtspunkte beachtet werden. Teilweise mag die Konstruktion des von Deumer entwickelten staatlichen Kreditsystems von Momenten beeinflußt sein, die sich aus der Zielsetzung der Schrift ergeben. Sie war zur Lösung einer Preisaufgabe gedacht, die unter Aufrechterhaltung der individualistischen und fapitalistischen Betriebsweise nur die Beseitigung ihrer Auswüchse und Mißstände im Interesse der National- und Gemeinwirtschaft will( Staatsmutualismus). Hieraus dürfte sich das Streben erklären, in der Verfassung eines verstaatlichten Kreditsystems die gegenwärtig wirkenden Wirtschaftskräfte stärker zu berücksichtigen als es wahrscheinlich im Interesse des Enderfolges nötig ist.
Aber gerade der Umstand ist wichtig, daß Deumer, obwohl er von Bollsozialisierung" nichts wissen will, die Bankenver. staatlichung für notwendig, nüßlich und volkswirtschaftlich vorteilhaft hält und das mit vielen Einzelheiten zu beweisen vermag. Selbst wenn man ihm nicht in allen Bunften seiner Beweis. führung folgen kann und will, bleibt doch die Tatsache übrig, an der weber die Behörben noch die organisierte Arbeiterschaft vorübergehen tann: baß nämlich nach uninteressiertem Urteil unser Kredit. wefen unzulänglich ist und durch planmäßige, unter staatlicher Führung durchführbare Bereinfachung verbilligt und ver bessert werden kann. Das ist der Sinn dieser Schrift, die auch unferen öffentlichen und privaten Bankleitungen zu denken 518. geben follte.
Weltwirtschaftskonferenz und internationale Kartelle. Eine Denkschrift des Reichsverbandes der Industrie.
Ein wichtiger Punkt auf der am 4. Mai in Genf beginnenden Weltwirtschaftskonferenz wird die Behandlung der internationalen Rartelle und die Vorsorge sein, die zum Schuh der Verbraucher und der letzten, Konsumenten gegen internationale Monopole auch von der Arbeiterschaft gefordert worden ist. Für den Reichsverband der deutschen Industrie hat Dr. Lammers, der Vorsitzende des Deutschen Enqueteausschusses und Mitglied des Genfer Komitees für Industriefragen, eine Borarbeit geleistet. Einer von der Kartellstelle des Reichsverbandes veröffentlichten Denkschrift über die Startellgesetzgebung des Auslands" schickt Lammers eine Einleitung voraus, die wohl als Stellungnahme des Reichsver. bandes der Deutschen Industrie zu den Verhandlungen auf der Weltwirtschaftsfonferenz angesehen werden darf und des halb Beachtung verlangt.
Die Diskussion über die internationalen Kartelle sei heute Mode geworden. Sie sei einer der Hauptgänge in der Speisenfolge einer wirtschaftspolitischen Geistesmahlzeit. Europäische Wirtschaftsver ständigung und Zollunion bildeten vielfach den mehr oder weniger genießbaren Nachtisch". genießbaren Nachtisch". Nach dieser feineswegs fehr würdigen Kennzeichnung der internationalen Startellprobleme ant die Dentschrift es ab, daß die deutsche Industrie ihren zeitlichen und organis fatorischen Vorsprung in der Kartellierung zu einer wirtschaft. lichen hegemonie ausnutzen wolle, was der deutschen Induftrie vielfach unterschoben werde. Deutschland sei zweifellos politisch in der Zukunft im Spiel der Mächte als der schwächere Teil anzusehen, für den ganz besondere Vorsicht geboten sei. Nach dem Beispiel der europäischen Rohftahlgemeinschaft, wo der Kartell vertrag und der deutsch - französische Handels vertrag eng verfoppelt wurden, meldet Lammers auch ausdrücklich die Notwendigfeit der Borsorge auf handelsvertraglichem Gebiete an, wo eine Regelung durch internationale Kartelle erfolgen solle. Bon deutscher Seite fönnten„ internationale Kartelle von größerer Bedeutung niemals ohne aufmertfame Prüfung des ganzen Kompleges der Handelspolitit und gegebenenfalls nicht ohne
Mittwoch, 13. April 1927
ausdrückliche Kautelen für die Ausbalancierung der letzteren ab. geschlossen werden. Die deutschen Stellen werden gewarnt, die ausländischen Stimmen fritiflos zuviel Vertrauen schenken, wo diese Borzüge der deutschen Industrieorganisation preisen.„ Jeder Schmeichler lebt auf Roften desjenigen, der ihn anhört." Die Quittung über Reparationstonto dürfte in einem folchen Verhalten nicht ausbleiben.
Eine deutlich ablehnende Stellung nimmt die Denkschrift des Reichsverbandes der Deutschen Industrie auch zur Frage der Kontrolle der internationalen Kartelle und Monopole ein. Die Kontrollfrage, der nicht nur die Arbeiterschaft, sondern auch die verarbeitende Industrie und die bedentendsten Autoritäten des Auslfe beimessen, wird als landes mit Recht eine entscheidende hoffnungslos bezeichnet, so lange nicht der solidarische Gedanke der Bölker in der staatspolitischen Formung tonkrete Gestalt angenommen hat". Es ist schon heute wichtig festzustellen, daß sich der Reichsverband der deutschen Industrie damit in scharfem Gegensah zu der auch auf der Weltwirtschaftsfonferenz sicher sehr starten Strömung setzt, die ausdrücklich die Organisation einer ausreichenden Kontrolle zum Schuße der Berbraucher der letzten Konsumenten und der Arbeiterschaft will noch fürzlich hat das Mitglied der Sorbonne in Paris , Professor Qualid, gerade den Standpunkt der Arbeiterschaft nachdrücklich zu seinem eigenen gemt. Diese Stellungnahme des Reichsverbandes: Deutschen Industrie ist deutlich genug. Wenn deshal der Reichsverband sagt, daß die durch Kartellierung im Wege vertraglicher Selbstbes schränkung erstrebte Sicherung gesunder Produktionsverhältnisse nicht die Produktion zum Endzwed habe( lies Gewinne), sondern die Hebung des Lebensstandards der Menschen im Wege der Verbilligung des Produktes und damit der Steigerung des Konsums, so wird man mit Recht diese Zielfezung" als leere Theorie oder bestenfalls als frommen Wunsch bezeichnen dürfen. Jedenfalls dürfte nach dieser Stilübung feststehen, daß die Vertreter der deutschen Industrie in Genf zur Frage der internationalen Kartellkontrolle fich absolut a blehnend verhalten
werden.
Konsumgenossenschaftlicher Fortschritt im März.
Die Konsum- Genossenschaft Berlin und Umgegend berichtet für den Monat März über einen Mitgliederzugang von 1555; die Zahl der Mitgliederaufnahmen im laufenden Geschäftsjahr er. höht sich dadurch auf 16 013, der Mitgliederbestand auf 149 146. Der Märzum sa beläuft sich auf 3579 478 Mart, was einer des Vorjahres um Steigerung gegenüber dem gleichen Monat 631 860 Mark oder 21,3 Broz. entspricht. Eine besonders günstige Entwicklung weisen bie Fleischausgabestellen mit 72 Broz. und die " Hoffnung".Bekleidungs Industrie G. m. b. H.( Tochtergesellschaft der Konsum- Genossenschaft Berlin ) mit 66 Proz. Umsatzvermehrung auf. Das Netz der Fleischabgabestellen wird durch eine am Donners. tag, dem 14. April 1927 erfolgende Neueröffnung in der GroßfiedDie Spartaffe lung Briz, Friz- Reuter- Allee 46, erweitert. der K. G. B. vermochte ihren Einlagebestand um 580 346 M. auf 14 574 002 m. zu erhöhen.
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Zollkrieg Oesterreich- Tschechoslowakei.
Aber ein halber".
Deutschösterreich hat im November vorigen Jahres den Handelsvertrag mit der Tschechoslowakei teilweise gekündigt, weil man der Ansicht war, daß dieser Vertrag allzu ungünstig sei. Mit dem 15. April treten, da die inzwischen geführten Verhand lungen ergebnislos geblieben sind, die 3 usababtommen" zu dem Handelsvertrag, entsprechend der Kündigung, außer Kraft; der Handelsvertrag selbst aber, ein Meistbegünstigungsvertrag( der außerdem noch Bestimmungen über Niederlassungsrecht usw. enthält) bleibt bestehen, damit auch die Meistbegünstigung. Es tommen also nur die vertraglichen bindungen für einzelne Warenpofitionen in Fortfall. Weder wird ein eigentlicher Handelstrieg mit Ein- und Ausfuhrverboten, Kampfzöllen usw. ausbrechen, noch wird ein vertragsloser Zustand entstehen wie zwischen Deutschland und Polen . Soweit in V.r. trägen zwischen einem der beiden Länder mit dritten Staaten Ver tragszölle festgelegt sind, bleiben sie auch jetzt für den tschechischösterreichischen Handelsverkehr in Geltung.
3011
Aber auch dieser ,, halbe" 3olltrieg bedeutet natürlich eine außer ordentliche Erschmerung der beiderseitigen Handelsbeziehungen und er wirkt sich auch gegenüber anderen Staaten, beispielsweise gegenüber Deutschland insofern aus, als der Erport nach Desterreich und nach der Tschechoslowakei bei solchen Waren, für die die Vertragszölle jegt weggefallen find, die höheren autonomen Zölle zu zahlen hat. Weiter ist zu befürchten, daß die deutsch - tschechi
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