Maifeier 1927.
Die Ortsausschüsse des ADGB , des AfA- Bundes und des ADB. haben einmütig beschlossen, die diesjährige Kundgebung am 1. Mai im Cuftgarten stattfinden zu lassen.
Der Aufmarsch erfolgt nach Berufen resp. Industriegruppen; das geschieht, damit die Organisationen eine Kontrolle über die Beteiligung ihrer Mitglieder und Berufsangehörigen auszuüben vermögen. Zu diesem 3wed wird eine kontrollmarte aus gegeben, die in das Mitgliedsbuch geklebt wird.
Die Sammelplätze für die Industriegruppen und Berufe werden rechtzeitig bekanntgegeben.
Die unterzeichneten Ortsausschüsse rufen die Arbeiter, Angestellten und Beamten Berlins schon heute auf, in allen Versammlungen, Betrieben und Bureaus für die Kundgebung am 1. Mai rege Propaganda zu entfalten.
Diese Kundegbung muß zu einer wirkungsvollen Demonftration des arbeitenden Berlins und zu einer machtvollen Gegendemonstration gegen den faschistischen Aufmarsch am 8. Mai werden.
Arbeiter, Angestellte und Beamte, wir erwarten von Euch, daß Ihr Eure Pflicht tun werdet.
Christliche Positionsschwäche. Klage gegen die reaktionäre Fronde. Nach außen hin fühlen sich die parlamentarischen Vertreter der christlichen Gewerkschaften durch ihren Eintritt in den Bürgerblod ziemlich gehoben. Doch schon bei der ersten Probe aufs Erempel, dem Arbeitszeitnotgesetz mußten sie erfahren, daß jedes Ding seine zwei Seiten hat und sie innerlich so wenig dabei gewonnen haben, daß sie ihre geschwächte Position mit allen Mitteln zu verteidigen gezwungen sind. Die gute Absicht, für ihre Mitglieder, für die Arbeitnehmerschaft, günstigere Lebensbedingungen zu schaffen, soll den Christlichen nicht bestritten merden. Doch nachdem sich ihre Führer mit dem Bürgerblod verbunden haben, müssen sie dabei allerlei Rücksichten nehmen und suchen sich unter Berufung auf die Erdenschwere wirtschaftlicher Realitäten" damit abzufinden und ihre Mitglieder darüber zu beruhigen. Man mettert gegen die Sozialdemokratie und die freien Gewerkschaften, daß sie das Notgesez und das Verhalten der Christlichen bei feiner Schaffung kritisierten ohne auf deren veränderte politische Position die zarte Rücksichtnahme zu üben, die man im christlichen Lager vielleicht erwartet hatte. Stegerwald selber mußte zugeben, daß das Arbeitszeitnotgefeß ein ,, unvollkommenes" Gesetz ist. Er sucht zwar diese unangenehme Tatsache zu erklären, doch wird sie dadurch nicht geändert. Er behauptet, die Sozialdemokratie hätte auch nicht mehr erreicht, wenn sie in der großen Koalition gewesen wäre. Dieser Bergleich hinft nicht nur deshalb, weil ja doch nun die Christlichen Gelegenheit hatten zu zeigen, daß sie durch ihre schmiegsamere Taftik größere Erfolge erzielen können. Die Frage ist so zu stellen, ob nicht mehr erreicht werden konnte, wenn die Vertreter aller drei Gewerkschaftsrichtungen beim Notgesetz an einem Strang gezogen hätten. Ob dann nicht ein besseres Gesetz geschaffen worden wäre, ist eine Frage, die
taum verneint werden tann. Statt dessen aber den freien| bestellten Schlichter geführten Verhandlungen führten zu einer Gewerkschaften den Vorwurf zu machen, sie huldigten dem Einigung.
alles oder nichts" und mit der gründlichen Belehrung, daß dieser Standpunkt unhaltbar, offene Türen einzurennen, zeugt doch nur für die Verlegenheit, in der man sich als Teil der Koalitionsregierung befindet.
Die vordem so unpolitischen" christlichen Gewerkschaften erinnern daran, daß sie im Jahre 1920 von der Bildung einer eigenen christlich- nationalen Arbeitnehmerpartei Abstand genommen haben. Ihre Vertreter verteilen sich jetzt auf die verschiedensten Parteien des Reichstags. Weniger Bertei
Achtung, Genossinnen!
Offertreffen am dritten Osterfeiertag, Dienstag, den 19. April, in Sadowa, Restaurant Sanssouci, nachmittags 3 Uhr.- Kaffeekochen Konzert- Unterhaltung.
Iung" wäre mehr. Man gibt zu, daß hierin eine gewisse Schwäche liegt, tröstet sich aber damit, daß in dieser Berteilung andererseits auch eine gewisse Stärke liege, die sich bisher bei der Sozialgesetzgebung der lagten Zeit als die Schwäche ausschaltend und überwiegend" gezeigt habe.
Zur Regierungstoalition wird in dem" Politisch gewerkschaftlichen Zeitungsdienst" eine Aeußerung von Bechly in der„ Handelsmacht zitiert, die die Stellung der Christlichen in der Koalition dahin präzisiert:
" Neben dem ständigen sozialdemokratischen Ansturm von links werden wir uns wappnen müssen gegen die zahl reichen und mächtigen Gegner im bürgerlichen Lager, die zwar immer mit großem Geschrei und lauter Kritik die bürgerliche Koalition gefordert haben, nicht aber deswegen, meil sie das neue Deutschland schaffen helfen wollten, sondern um so bald wie möglich den Obrigkeitsstaat des wilhel minischen Zeitalters wieder ins Leben zu rufen." Nachdem der Artikel des genannten Zeitungsdienstes das real. tionäre Treiben an verschiedenen Beispielen aufgezeigt hat, kommt er zu dem Schluß:
„ Reißt aber die reaktionäre Fronde... die Führung an sich, dann wird die christlich- nationale Arbeiterschaft den Weg nicht mehr mitgehen."
Nun, wir werden erfahren, wie weit sie diesen Weg mitgeht und welche Früchte sie dabei erntet. Auch die christlichen Arbeitergewertschaften insbesondere werden zwischen Worten und Taten, zwischen Erwartungen und Erfolgen Vergleiche anstellen und daraus ihre Schlüsse ziehen. Eine geschwächte Position fann auf die Dauer nicht gehalten werden, da sie aus lauter Entschuldigungen nicht mehr herauskommt.
Keine Aussperrung der Zigarrenarbeiter.
Der zweite Schiedsspruch verbindlich erklärt! Vom Reichsverband der Zigarrenhersteller war der am 12. April erneut gefällte Schiedsspruch anerkannt und zugleich der Antrag gestellt worden, diesen verschlechterten Schiedsspruch für verbindlich zu erklären. Auch die gestrigen, von dem neu
Von den Vertretern der Arbeiter wurde darauf hingewiesen, daß der neue Schiedsspruch vollständig ungenügend sei und dringend gefordert, die Verbindlichkeit nicht auszusprechen. Einmal sei die Ferienfrage zum Schaden der Arbeiter geregelt. Bis heute gelten generell vier Tage Ferien, während nunmehr praktisch nur bis vier Tage Ferien gewährt würden. Weiter aber entspreche die Regelung der Lohnzuschläge für die über 48 Stunden hinausgehende Arbeitszeit nicht einmal den Bestimmungen des Arbeitszeitnotgesetzes, indem für die 49. bis 54. Stunde nur 15 Pro3. Lohnzuschlag gezahlt werden sollen. Noch schlimmer stehe es mit der vorgesehenen 7½ prozentigen Lohnerhöhung, da in dieser Lohnerhöhung die Abgeltung der 20 prozentigen Mietsteigerung enthalten sein soll.
Nach allgemein geltenden Leistungen hätten die Zigarren= arbeiter in Groß- Berlin einen durchschnittlichen Stundenlohn von 41% Pf. Nach dem Schiedsspruch erhöhe sich dieser Stundenlohn auf 44 ½ Pf., also um 34 Pf. pro Stunde. Bei 200 Arbeitsstunden im Monat betrage die monatliche Lohnerhöhung 6,50 M., demgegenüber betrage die 20prozentige Mieterhöhung bei einer Friedensmiete von 25 M. monatlich 5 M., so daß nur eine ohnerhöhung von 1,50 m. monatlich übrig bleibe. Der Schiedsspruch sei ungenügend und könne unmöglich für verbindlich erklärt werden.
blieb dabei, feine besseren 3ugeständnisse machen zu Der Vertreter des Reichsverbandes der Zigarrenhersteller fönnen. Der jezige Schiedsspruch sei unter Protest aner= fannt und er ersuche darum, den Schiedsspruch für verbindlich zu erflären. Eine andere Vereinbarung sei auch nicht möglich, da er dazu nicht kompetent sei. Die Einigungsverhandlungen waren damit gescheitert.
Das Arbeitsministerium hat darauf den verschlechterten Schiedsspruch für verbindlich erklärt. Die in der deutschen Zigarrenherstellung beschäftigten Arbeiter werden nun Aufgabe haben, ihre Organisationen weiter auszubauen, um t paffender Gelegenheit sich jene Lohnverbefferungen zu erringen, die für sie unbedingt erforderlich sind.
Arbeiter und Angestelltenbetriebsräte! Arbeitsrechtlicher Informationsabend für Betriebsräte im Hörfaal der Berliner Gewerkschaftsschule, Engelufer 24/25, 2. Hof, 1 Treppe rechts, am Mittwoch, dem 20. April, abends 7 Uhr. Leiter des Abends Genosse Dr. Bröder vom Borstand des ADGB . Die Arbeiter- und Angestelltenbetriebsräte werden gebeten, pünktlich teilzunehmen. Weitere Informationsabende am 3., 17. und 31. Mai im Saal 3 bzw. Saal 5 des Gewerkschaftshauses, Engelufer 24/25.
Zimmerer! Am 18. April( 2. Osterfeiertag) findet in den Gesamträumen des Gewerkschaftshauses unsere Fahnenweihe statt. Anfang 4 Uhr. Alle Verbandskameraden mit ihren Familien werden hierzu herzlich eingeladen. Der Festausschuß. Zentralverband der Dachdecker. Versammlung am Mittwoch, 20. April, 7 Uhr, Gewerkschaftshaus, Eaal 1.
Berantwortlich für Politik: Bictor Schiff; Wirtschaft: G. Klingelhöfer; Gewerkschaftsbewegung: Friedr. Cukorn: Feuilleton: R. S. Döscher; Lokales und Constiges: Friz Karstädt; Anzeigen: Th. Glode; sämtlich in Berlin Berlag: Vorwärts- Berlag G. m. b. S., Berlin . Drud: Vorwärts- Buchdruckeret und Berlagsanstalt Vaul Singer 11 Co., Berlin SW 68. Lindenstraße 3. Hierzu 3 Beilagen, Unterhaltung und Wiffen" ,,, Aus der Filmwelt" Blid in die Bücherwelt".
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