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Stresemann , Morgan unü Kahn. Ei» nicht ffan; eindeutiges Dementi. UÜolffs Telegraphenbureau verbreitet folgende Mitteilung: DieDeutsche Zeitung" und dieKreuz-Zeitung " haben in den letzten Tagen Meldungen gebracht, nach denen der Reichs» mini st er des Auswärtigen von Verhandlungen zwischen dem Generalagenten für Reparationszahlungen, der Reparations- kommission und der amerikanischen Bankfirma Morgan über eine Aenderung des Dawes-Planes Kenntnis hat, die auf eine Belastung der Reichspost, auf ein« Erhöhung der Industrie- belastung und eine Umgestaltung der Verbrauchsabgaben hinaus- laufen. Angeblich soll der Reichsminister des Auswärtigen über solche Pläne auch mit dem amerikanischen Bankier Herrn Kahn gesprochen haben. Wir sind ermächtigt, demgegenüber auf das bestimmteste zu er- klären, daß weder der Reichsminister des Auswärtigen, noch der Reichsminister der Finanzen, n och eine andere amtliche Persönlichkeit von diesen angeblichen Verhandlungen des Generalagenten mit der Reparationskommission und der Firma Morgan Kenntnis haben, noch auch mit Herrn Kahn darüber�gesprochen haben. Wie wir dazu hören, hat der Reichsaußenminister Dr. Stresc» mann tatsächlich den amerikanischen Bankier Kahn empfangen. Das wurde bisher verschwiegen, wird auch in dem obenstehcn- den Dementi weder abgestritten noch zugegeben. Diese Art zu dementieren ist nicht geeignet, das Bertrauen der Oeffentlichkeit in amtliche Mitteilungen zu festigen. Es wäre immerhin von Wichtig- keit zu wissen, welche Fragen der Außenminister des Deutschen Reiches mit dem Bertreter eines der größten internationalen Bank- Häuser besprochen hat.>'<_ Akademiker und Partei. Tagung der sozialdemokratischen Akademiker. Dürnberg. IS. April.(Eigener Drahtbericht.) Der Verband sozialdemokratischer Akademiker hatte zu Oster, seine diesjährige Hauptoersammlung nach Nürnberg einberufen. Aus 22<Äädten des Reiches waren ungefähr SO Teilnehmer erschienen. Der Partei- vorstand hatte den Genossen Hilferding entsandt. Hermann Müll er- Franken wünschte aus Wien der Versammlung einen erfolgreichen Verlauf. Schon in den Begrüßungsansprachen wurde von fast allen Rednern betont, daß die imVerband sozialdemokratischer Akademi- ker" zusammengeschlossenen Akademiker kein« Sonderbe st re- düngen pflegen, sondern 5)and in Hand mit allen Parteigenossen für die Ziele des Sozialismus wirken wollen. So führt- z. B. Genosse Marx- Heidelberg aus, daß es den Akademikern nicht zustehen kann, in aktuellen Tagesfragen die Stellungnahme der Gesamtpartei zu beeinflussen. Das sei Sache der verantwortlichen Parteiführer..Die Akademiker betrachteten sich als Teil der großen Organisation, ohne besonders Führer sein zu wollen. Poli- lisch« Fichrerqualitäten könnten nicht durch akademische Abstempe- lung gewonnen werden. Es gäbe aber Fälle, wo der politische Führer nicht allein ausreiche. Hier wollen die Akademiker ein- springen, sie wollen sich mit Problemen auseinandersetzen zum Besten der gesamten Arbeiterbewegung. Für den Parteivorstand erklärte Genosse Hilferding , er habe es immer begrüßt, daß die sozialdemokratischen Akademiker sich zusammengefunden haben. Gegen etwaige Bestrebungen von Aka- demikern, als geistige Diktatoren in der Partei aufzutreten, sei die Sozialdemokratische Arbeilerschast durch ihre jahrzehntelange demo- kratische Entwicklung und Erfahrung gefeit. Geistige Diktatoren zu sein sei aber gar nicht die Ausgabe der Akademiker. Diese Genossen müßten an sich selbst arbeiten, sie sollten auf einem b«- sonderen Wissensgebiet etwas leisten zum Besten der Partei, zum Besten des Gesamtwohls. Die Erfahrung hatte gezeigt, daß«ine Zusammenarbeit von Akademikern und den übrigen Parteigenossen sehr wertvoll sein könne und auch anerkannt würde. Was die Partei brauch«, sei eine Vertiefung der Erkennt- nisse aus allen Gebieten, die mit den Aufgaben der Partei in Be- ziehung stehen und es sei Aufgabe der Akademiker, hier zu wirken. Der Zusammenschluß der Akademiker könne also wertvoll jein, wenn neue Anregung hier zum Besten des Ganzen durchgearbeitet werde. Im Mittelpunkt der Tagung standen zwei Referate, die, wie die Aussprach« ergab, außerordentlich umstritten waren. Am ersten Osterseiertag sprach Professor Lederer über modernen Im- perialismus. Der Redner steht die größte Gefahr in den außer- ordentlich kräftigen Expansionsbestrebungen der monopolisierten, kartellierten und vertrusteten Wirtschaft. Genosse H i l s e r d i n g betonte dazu, daß die Arbeiterschaft, die den Weltkrieg erlebt hat. sich energisch gegen derartig« imperialistische Bestrebungen der mono- polisierten Wirtschaft zur Wehr setzen wird. In vielen strittigen Fragen tonnte kein« Einigkeit erzielt werden, da es sich im Rahmen der Tagung als unmöglich erwies, die rein theoretisch zu wertenden Ausführungen Lederers zu klären. Der zweite Feiertag brachte einen Dortrag des Genossen M e n n i ck e:Der Sozialismus als sittliche Idee". Auch dieser rein theoretisch zu wertende Vortrag beschwor eine außer- ordentlich rege Aussprache heraus. Noch mehr als beim Bortrag L e d e r e r gingen die Meinungen auseinander, zeigte es sich, daß die Ansichten, ob man jetzt, oder überhaupt diese Frage in den Vordergrund schieben soll, sehr geteilt sind. Nicht wenige Redner betonten dabei, daß es überhaupt nicht notwendig sei, diese Frage herauszuheben und besonder» zu werten. Auch hier war es nicht möglich, eine Klärung zu erzielen, wcil sich die Ansichten direkt entgegenstanden. Nach einem kurzen Geschäftsbericht des Vorsitzenden Marx, der hervorhob, daß die Mitgliederzahl um fast das Doppelte ge- stiegen ist, beschäftigte sich die Versammlung mit der Aendcrung des Namens des Verbandes. Man will einen Namen wählen, der aus- drückt, daß nicht nur Akademiker, sondern auch andere Intellektuell« dem Verband angehören können. Der Punkt wurde bis zur nächst- jährigen Versammlung zurückgestellt. Dagegen wurde ein Antrag Nürnberg :Der Verband soll« die Errichtung einer sozialistischen Hochschule anstreben" dem Vorstand überwiesen, der ihn mit dem Parteioorstand besprechen soll. Mit einem Appell an die sozialdemokratischen Akademiker, in der Partei mitzuarbeiten, fand die Tagung ihr Ende. ßorüerungen Üer Soöenreformer. Jahrcstagung des Bundes Deutscher Bodcnreformer. Schwerin (Mecklenburg ). IS. April.(Eigener Drahtbericht.) In Schwerin tagt die 31. Hauptversammlung des Bundes Deut» scher Bodenreformer unter ungewöhnlich starker Beteiligung der organisierten Bevölkerung aller Kreise. Etwa 30 Körperschaften, Ministerien und andere staatliche und Kommunalverwaltungen, darunter etwa 20 Stadtverwaltungen, 30 Berufsorganisationen: Spitzengewerkschaften, Großorganisationen der Kriegsbeschädigten. Kleingärtner und Mieter hatten Vertreter entsandt. Für den weck- lenburg-schmerinschen Ministrpräsidenten sprach Staatsministcr Dr. Möller, für die Stadt Schwerin als Gastgeber Oberbürger- metster S-schenbrecker; als Vertreter der Wissenschaft kam

Steuerbilanz 192H/27. Steuerunrecht an Arbeitskraft und Verbrauch Steuersenknugen für den Befitz.

Das Roichsfinanzministerium veröjfentlicht soeben die Uebersicht über die Reichseinnahmen im März 1827, mit dem das Etatsjahr 1926/27 zu Ende geht. Die G e s a m t ü b« r s i cht, die auf diese Weise zum ersten Male möglich wird, zeigt in krasser Weise das Steuerunrecht, das vom Reiche an der Arbeitskraft und am Verbrauch begangen wird. Das Reich vereinnahmte in dem ab- gelaufenen Rechnungsjahr 7173 Millionen Mark. Davon zog es aus Verbrauchsabgaben, wie Zöllen und sonstigen indirekten Steuern auf bestimmte Walen allein reichlich ein Drittel, nämlich 2161 Millionen Mark: weitere 1093 Millionen flössen aus der Lohnsteuer, 861 Millionen aus der Umsatzsteuer, 312 Millionen aus der Besörderungssteuer. 4732 Millionen Mark, also mehr als zwei Drikkel der gesamten Retcheeinnahmen wurden so in der Zeit der schwersten Wirt- sthaflvkrise von Lohncinkommen und Verbrauch getragen. Der Rest entfiel auf Besitz- und Kapitalverkehrssteuern. Während die Zölle 360 Millionen Mark mehr einbrachten, als der Voranschlag annahm und damit bereits den stattlichen Betrag von 940 Millionen Mark erreichten das sind 260 Millionen Mark mehr als im letzten Vorkriegsjahre kam aus der ergiebigsten Steuerquelle anderer Länder, der Erbschaftssteuer der lächerliche Betrag von 31,6 Milkionen Mark ein: der Ertrag dieser Steuer blieb sogar fast um die Hälft« hinter dem Voranschlag zurück! Die Wirkungen der Zollpolitik, die bekanntlich den Ver- brauch besonders schwer treffen, werden noch durch einen anderen Vergleich besonders deutlich erkennbor. Im Jahre 1924 hatten die Zölle insgesamt 366 Millionen Mark dem Reiche gebracht. Dieser Betrag ist durch das neue Zollgefeh, das erst im lehle« Eiolsjahr vollständig in Wirksamkeit war. annähernd aus das Dreifachs gestiegen. Der Rechtsblock hat sich aber auch damit nicht zufrieden gegeben; noch setzt sind starke, vom Minister Schiele unterstützte Treibereien im Gange, um auch andere Lebensmittelzölle heraufzusetzen. Den deutschnationalen Politikern ist es dabei gleichgültig, daß bereits durch ihre bisherige Zollpolitik die Reparationslasten um Hunderte von Millionen Mark künstlich gesteigert worden sind und natürlich noch weiter wachsen werden, wenn die Zolleinnahmen des Reiches durch die protekfionistische Zollpolitik der Rechtsparteien sich erhöhen. Die Gesamteinnahmen des Reiches sind im letzten Etatsjahr um 189 Millionen Mark größer gewesen, als der Vor- anschlug angenommen hatte. Hiervon mußten entsprechend den Ge- sehen, den Ländern und Gemeinden 276 Millionen Mark über- wiesen werden. Dem Reich verblieb so ein Wehrerlrag von rund 214 Willionen Wark, wovon 200 Millionen Mark als Einnahme in den soeben verab- schiedeten Haushalt für das Jahr 1927/28 eingesetzt worden sind. Interessante Streiflichter auf die Gestaltung der Wirtschaft und auf die Wirkung der Steuergesetze während der Krise ergeben die Vergleiche der einzelnen Einahmeposten des Reiches. Die Steuer aus das l ahnst eu e rf r ei e Einkommen, also insbesondere die Einnahmen aus Gewerbebetrieb und Kapstal haben trotz der wirtschaftlichen Depression ganz ausfällige Steigerungen zu ver- zeichnen. So erhöhte sich der Ertrag der Einkommensteuer von 803 auf 1064 Millionen Mark. Bekanntlich hat die Landwirlschast

zu diesen erhöhten Steuereinnahmen so gut wie nichts beigetragen. Infolgedessen muß man annehmen, daß die Bezieher großer Einkommen in der Zeil der größien Rot großer Volksmassen ihre Eimiahmcn ganz gemattig steigern kannien. Das gleiche Bild ergibt die K ö r p e r s ch a f t s st e u e r, die mit 382 Millionen Mark 132 Millionen mehr brachte, als der Vor- anschlag vorsah und fast doppelt so viel, wie sie im ver- gangen en Jahre dem Reiche geliefert hat. Dagegen blieb die Vermögenssteuer hinter dem Voranschlag zurück. Sie brachte nur 369 statt der erwarteten 400 Millionen Mark. Die ungeheure Zu- nähme der Börsengeschäfte geht aus der Tatsache hervor, daß die Börsenumsatz st euer trotz der inzwischen erfolgten Steuersenkung mehr als doppelt so viel einbrachte wie im ver- gangenen Jahre und rund 33 Millionen mehr, als der Vor- anschlag annahm: ihr Ertrag beträgt 82,9 Millionen Mark. Die Senkung der Umsatzsteuer, die vom Minister Reinhold durchgeführt wurde, hat weder dem Reiche noch den Ber- brauchern die Vorteile gebracht, die man damals erwartete. Der Ertrag der Umsatzsteuer blieb hinter dem des vergangenen Jahres um rund 474 Millionen zurück. Die Preise sind aber nicht ent- sprechend gesunken. Die Steuersenkung ist also ausschließlich in die Taschen der Gewerbetreibenden geflossen. die eine halbe Milliarde Mark aus Kosten der Allgemein- heit an sich zogen. Von den Steuern, die in der Hauptsache den Minder- bemittelten zur Last fallen, wurde bereits gesprochen. Ob es sich um Zölle, um die Tabaksteuer, um die Biersteuer, um die Zündwarensteuer, um die Leuchtmittelsteuer handelt überall haben die Einnahmen den reichlich bemesienen Voranschlag überschritten, bei den Zöllen sogar um weit mehr als die Hälfte. Lediglich bei der S a l z st e u e r, die mit einem Voran- schlag von 2 Millionen unter den Einnahmen des Reiches eine ge- ringe Rolle spielt, hat sich ein Minderertrag ergeben. Der gewaltigen Mehrbelastung durch die erhöhten Verbrauchs­abgaben steht aber keineswegs eine entsprechende Entlastung bei der Lohnsteuer gegenüber. Die von der Sozialdemokratie erkämpften Ermäßigungen der Lohn­steuer haben diesen Einnahmeposten des Reiches nicht wesentlich verändert. Di« Lohnsteuer erbrachte 1094, also rund 1100 Millionen Mark gegenüber den erwarteten 1200 Millionen: ihr Ertrag blieb gegenüber dem Vorjahre nur um 173 Millionen Mark zurück in einer Zeit, wo die Arbeitslosigkeit am größten war und in- solgedessen das Lohneinkommen des Voltes die stärksten Ausfälle erlitt. Diese Entwicklung beweist, daß die Sozialdemokratie mit ihrer Forderung auf Ermäßigung der Lohnsteuer durchaus im Recht gewesen ist. Die steuerpolitischen Absichten des Rechtsblocks laufen aber im Gegensatz dazu darauf hinaus, die steuerliche Belastung der breiten Volksmassen noch weiter zu erhöhen, um den Besitz mit Steuern zu verschonen. Die Steuerbilonz des Jahres 1926 27 zeigt bereits die verderb-ichen Wirkungen einer solchen Steucrwirt- schaft, die der Rechtsblock ietzt im verstärkten Tempo und in größerem Ausmaße durchzuführen sucht. Die Sozialdemokratie wird »diesen Tendenzen weiter den stärksten Widerstand entgegensetzen.

Gehcimrat Tönnies zum Wort. Genosse S i l b e r s ch m i d t er- klärte als Vertreter der sozialdemokratischen Reichstngsfraktion in einer längeren Rede, daß die Ziele der Sozialdemokratie aus dem Gebiete der Bodenpolitik sich mit denen der Bodenrefonner decken. Im Mittelpunkt steht das Wohnungsproblem. Redner geißelt die Verschleppung des 1920 bereits vorgelegten Bodenreformgesetzes, dessen Einreichung im Mai 1926 vom Reichstag gefordert worden ist. Das Interesse der gegen- wärtigen Regierung an dem Gesetzentwurs sei außerordentlich gering. Die Fraktionen des MecklenbuvK-Schwerinfchen Landtages hatten Vertrerer entsandt. Bon ihnen wies namens der sozial- demokratischen Fraktion der Abg. M o l k m a n n darauf hin, daß die Mecklenburger Sozialdemokratie im Begrisfe war. bodenreforme- rische Gesetze zu machen, als den Landtags die Auflösung traf. Es ist der feste Wille der Sozialdemokratie,, die Gesetzgebung auf dem eingeschlagenen Wege vorwärts zu treiben. Das Referat über Arbeit und Ausgabe der Bodenreform hielt der erste Vorsitzende des Bundes, Dr. Adolf Damaschke . Er berichtete über den Kamps um das Bodenrefonngesetz und über die Arbeiten des Bundes aus dem Gebiet des Schulwesens. Nächste Slufgaben seien die Durchsühruna des Bodenreformgesetzes, dann die Inanariffnahme einer Hypothelarresorm sowie eine grund- sätzliche Vereinfachung und Neugestaltung' des S t e u e r w e f e n s. In Verbindung mit einer Reform der Haus- zinssteuer müsse eine Steuerart gesunden werden, deren Ruckgrat eine Besteuerung des nackten Bodenwertes unter Abzug aller Baulichketten und sonstigen Verbesserungen sein müsse. Oberrcgicrungsrot Dr. Hopp« referierte darauf über die Der- edelung der H a u s z i n s st c u e r. Für die Neugestaltung des deutschen Finanzsystems fordert der Redner: I. ein Reichs- rahmengesctz über eine Wohnungsbauabgabe, die in Höhe von etwa 20 bis 30 Proz. der Friedensmiets auf mindestens fünf Jahre für den Wohnungsbau festzulegen sei, und 2. ein Reichs- rahmengesetz über ein« Gemeindesteuer vom reinen Boden- wert mit der Bestimmung, daß die Gemeinden Auswertungssteuern für den allgemeinen Finanzbedarf nicht mehr erheben. Die Steuer vom reinen Bodenwert solle dazu bestimmt sein, die gleiche Steuer- quelle, die bei der Aufwertungssteuer q'ozial sehr unglücklich benutzt wird, gerechter und oolkswirtschastlich gesünder auszuschöpfen. Ein Zuschlagsrecht zur Reichssteuer solle die selbständige finanzielle Ver- antwortung der Gemeinde wiederherstellen.

Gute Wahlvorzeichen in Gefterreich. Sozialdemokratische Banernstimmcn. Wöhrend die Seipelsche Einheitsliste von Klerikalen und Frei- sinnigen, Großjuden und Progromisten sich in reichsdeutschen Blättern fern vom Schuß Borschußlorbeeren spenden läßt und die Hugenberg-Presse das allerdings begreifliche Wiener K a p I t a- liftengeschimpfe auf die soziale Steuergesetzgebung unseres Genossen Breitner spoltenlang widergibt, hat zuerst die Wählerschaft der Stadt Salzburg und seither noch die Kleinbauernschaft Niederösterreichs bei der Wahl ihrer Bezirks- und Länder- bauernkammern der Sozialdemokratie auf Kosten der bürgerlichen Parteien bedeutend mehr Stimmen als bei der vorigen Wohl gegeben. 1322 haben in die Bauernkammer 115 73«, 1927 123 210 Personen das Wahlrecht ausgeübt. Infolge der Wahlpflicht haben bei beiden Wahlen nahezu alle Wähler ihr Stimmrecht ausgeübt. Die Vermehrung der Wählerzahl war großenteils von den Christlich -

sozialen erschwindelt, um ihr Wahlglück zu korrigieren. Diel« sozialdemokratische Wähler wurden von den christlichsozialen Wahl- kommissionen um ihr Wahlrecht gebracht, weil sie angeblich den vorgeschriebenen Hektar Grund nicht voll besitzen, obwohl man in Fällen, wo man der Sache nachgegangen ist, feststellen konnte, daß die Hinausreklamiertcn wohl nicht in einer Gemeinde, sondern in zwei oder mehr Gemeinden das erforderliche Grundausmaß besaßen, wodurch nach dem Gesetz die Wahlberechtigung einwandfrei fest- gestellt erscheint. Leider ist es bei der Schwerfälligkeit des Land- volkes nicht immer gelungen, den W a h l r e ch t s r a u b der C h r i st l i ch f o z i a l e n in größerem Maßstab zu verhindern. Es steht aber einwandfrei sest, daß die 7472 Wähler, die 1927 erst das Wahlrecht erlangt haben, meist Frauen- und Familienmitglieder zuverläßlicher Ebristüchsozialer sind, die aufgeboten wurden, um eine Niederlage des Bauernbundes nach außen hin womöglich zu ver- s ch l e i e r n. Einen wirklichen Wahlsieg hat ohne Zweifel derDer- band der Kleinbauern, Weinbautrcidendcn und Kleinpächter Oester- reichs" errungen, der seine Slimmcnzahl von 7öSS im Jahre 1922 auf 11 556 im Jahre 1927 steigern, also wirtlich 3668 Bauern samt ihren Familien für die Sozial- demokratie neu erobern konnte. Wir haben bei diesem Sieg e i n L a n d c s k a in m e r m a n d a t und» 21 Bezirkskammer- Mandate neu gewonnen. Das wichtigste und erfreulichste Ergebnis bei dieser Wahl ist aber, daß es uns gelungen ist, nahezu in alle Orte einzudringen und in mehreren Gemeinden, ja sogar im schwarzen Waldviertcl, schon bei diesen Wahlen die Mehrheit zu er- langen. Einen vollkommenen Zusammenbruch haben aber die Stiefel- putzer der Christlichsozialon, die G r o ß d e u t s ch c n. erlitten, die nahezu ihren gesamten Besitzstand verloren hoben. Auch der Land- bund bleibt mit seinen zwei Mandaten, die er in der Landesbauern- kammcr erringen konnte, hinter uns zurück, so daß wir, trotzdem unser Verband erst vor kurzer Zeit gebildet wurde, als zwoitstärkste Partei in die Bauernkammer einziehen werden. Der Stimmenzuwachs der Sozialdemokratie selbst unter den niedcrösterreichischen Bauern um fast die Hälfte läßt für den Wahltag, den 24. d. M., das Beste hoffen. Das geistige Wien gegen die Brcitncr-Hetze- Wien , 19. April. (Eigener Drahtbericht.) Eine Reihe bekannter Wiener Intellektueller wendet sich in einer öffentlichen Kundgebung gegen den Versuch, im Wahlkampf die Oefsentlich- keit durchwirtschaftliche" Kampfparolen zu blenden, die in Wirk- lichkeit aus einen Rückschritt abzielten. Man dürfe d i e großen sozialen und kulturellen Leistungen der Wiener Stadtverwaltung nicht übersehen. Gerade die Intellektuellen müßten dieses kulturpolitische Wert zu för- dern trachten. Unterschrieben ist der Aufruf u. a. von zahlreichen Künstlern, so dem ehemaligen Hostheaterdirektor Heine, dem Direktor der Renaissaneebühne Jana, dem Komponisten Wilhelm K i c n z l, den Schriftstellern Werfet und P o l g a r, den Professoren Sieg- mung Freud (Jndividualpsychologie) und Kelsen (Staatsrechts, dem Bildhauer Ha not und vielen anderen.