Nr. 132.
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für 1891 unter Nr. 6469.
Vorwärts
8. Jahrg.
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Mittwoch, den 10. Juni 1891.
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und erreicht fast den niedrigen Stand, den Oldendorff für formen bei Lehrlingen und bei erwachsenen Arbeitern weist keine eine der gefährdetsten Arbeiterkategorien, die Solinger erheblichen Unterschiede auf. Nur die Unfallziffer in Beist erheblich niedriger, das der
Etwas von den Arbeiter- Ariffokraten. Schleifer( 41,24 bis 42,22 Jahre) feſtgeſtellt hat, trieben weist einen erheblich größeren Prozentsaz bei Lehr
Auf die Altersklasse 20-30 J. 30-40 J. 40-50 J. über 50 J.
29,51
22,33
15,55
32,61
Die Buchdrucker gelten als Theil jener Lohnarbeiter- gehungerten Peterswaldauer Weber( Schlesien ), für die politisch zur Kennzeichnung der Beschäftigung jugendlicher Gruppe, die unter der Bezeichnung:„ Elitearbeiter ge- Hirt ein Sterbealter von 49,70 Jahren berechnet. Die Arbeiter nicht ohne Bedeutung ist. meiniglich zusammengefaßt werden. Die Bourgeoisie liebt in den Jahren 1857 bis 1889 im Alter von über 20 Jahren es, mit dieser Elite, ihrer gewerkschaftlichen Organisation, verstorbenen 1254 Berliner Buchdruckern vertheilen sich wie ihrer Stellung gegenüber den Unternehmern zu paradiren, folgt auf die verschiedenen Altersklassen: und es ist deshalb empfehlenswerth, die Thatsachen auch weiteren Kreisen zugänglich zu machen, welche kürzlich Dr. H. Albrecht in einem Hauptorgan der bürgerlichen Dekonomie über die Berufskrankheiten der Buchdrucker veröffentlicht hat. Der Name des Verfassers und die Zeitschrift, in der die Abhandlung abgedruckt ist es ist das " Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirthschaft im Deutschen Reich" des fattsam bekannten Staatsrathsmitgliedes und Berliner Universitätsprofessors Schmoller bürgen allein schon dafür, daß wir es mit feiner Publi tation zu thun haben, gegen welche auch nur der Schatten eines Verdachts radikaler Gesinnung vorliegt.
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tommen von 100 Todes. fällen. Nach Oldendorff kommen von je 100 im Alter über Nach Oldendorff fommen von je 100 im Alter über 20 Jahre eingetretenen Todesfälle
Schleifer in den Kreisen Schleifer in den Kreisen
Solingen , Lennep u. Mettmann .
Schleifer in Sheffield ( England) Eisenarbeiter in den ges nannten Kreisen männl. Bevölkerung in
auf die Altersklasse 20-30 3. 30-403. 40-50 J. über 50 J.
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Albrecht kommt zu dem Schlusse, daß die Beschäftigung des Buchdruckers zu denen mit relativ hoher Sterblichkeit gehört, und daß unter den Krankheiten, welche diese hohe Sterblichkeit bedingen, weitaus in erster Linie die Er krankungen der Athmungsorgane, speziell die Lungenschwindsucht steht." Die Verhältnisse in den Segersälen sind so leicht erfolgen kann, wie überhaupt die Vorbedingungen für gelagert, daß die gefährliche Staubeinathmung nur zu die Lungenleiden reichlich gegeben sind. Der Staub der Seherkästen lagert sich massenhaft ab in den vielen todten Räumen zwischen den Regalen, um gelegentlich durch den Luftstrom wieder erhoben und im Arbeitsraum verbreitet zu werden. Dft benutzen die Arbeiter und wie viele Schwindsüchtige sind unter ihnen!- in Ermangelung von Spucknäpfen gerade diese todten Räume, um ihren Auswurf los zu werden. Bedenkt man, daß die Ablagerungsstätten für Staub und Auswurf kaum jemals gereinigt werden, so läßt sich leicht vorstellen, welche Bruts stellen von Ansteckungsstoff sich hier bilden. Wenn man zufällig einmal Zeuge ist, wie eine Reihe solcher Regale von ihren Plätzen gerückt werden, kann man die haar sträubendsten Dinge zum Vorschein gelangen sehen. Die " Reinigung“ der Setzkästen, die gewöhnlich mittelst des Blasebalges, was meist nicht etwa im Freien, sondern auf dem Hofe, womöglich auf dem Treppenabsatz oder vor der Thür des Segersaales erfolgt, führt große Mengen des bleihaltigen Staubes in die Lungen. Und diese Arbeit wird meist von den Lehrlingen verrichtet, also jungen Leuten im Alter von vor beendeter Pubertätsentwickelung, die gegen solche 20-30 J. 30-40 J. 40-50 J. 50. krankmachenden Einflüsse am allerwenigsten widerstandsfähig find."
31,6
26,9
23,4
18,1
28,4
35,1
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45,9
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18,8
selben Jahren.... 18,9 18,4
45,8
Albrecht benützte ein so umfangreiches als lehrreiches Material, die von 1857 bis 1889 fich erstreckenden genau geführten Sterbelisten der Berliner Ortskrankenkasse der Buchdrucker und die Krankenbücher der Gesellschaft für eine Reihe von Jahren. Seine Ermittelungen führten zu dem Ergebniß, daß die Erkrankungen der Athmungsorgane, insDie enorm hohe Sterblichkeit der Buchdrucker, besonders besondere die Lungenschwindsucht, einen ganz maßgebenden im sogenannten schönsten Alter von 20 bis 30 Jahren, tritt Einfluß auf die Sterblichkeit der der Buchdrucker be haarscharf in dieser Uebersicht hervor; sie grenzt nahe an fizzen. Entfallen doch auf die Lungenschwindsucht allein Sie niederrheinischen Schleifer in der gleichen Altersklasse. 48,13 pet. aller Todesfälle, und wenn man die übrigen Faßt man speziell die Lungenschwindsucht ins Auge, so tuberkulösen Prozesse, die als Todesursache angegeben sind, läßt sich folgendes fonstatiren. Es tamen von je 100 Todeshinzunehmen, b. h. Halsschwindsucht, Gehirntuberkulose, Darm- fällen der über 20 Jahre alt gestorbenen Männer auf tuberkulose, Knochenfraß, so erhöht sich dieser Antheil auf Lungenschwindsucht: 50,42 pt., ohne daß sämmtliche Fälle miteinbezogen sind. Es steht also fest, daß von den 1309 im Zeitraum 1857 bis 1889 gestorbenen Kassenmitgliedern über fünfzig Schleifer Prozent an Tuberkulose zu Grunde gegangen sind. An Krankheiten der Athmungsorgane überhaupt starben 69,96 pCt. Dagegen fällt der Bleivergiftung, die von Manchem als besonders gewichtig betrachtet wird, ein sehr geringer Prozentsatz zu, nämlich 0,30 pCt.
Albrecht sagt zutreffend:" Wenn wir also von einer Wenn wir also von einer Berufskrankheit der Buchdrucker" sprechen dürfen, so ist bies in demselben Sinne die Lungenschwindsucht, wie diese letteren als„ Schleiferkrankheit" als Krankheit der Weber" bezeichnet worden ist."
Feuilleton.
Nachdruck verboten.]
( 80
Eiſenarbeiter Gesammtbevölke
überhaupt
77,4
76,9
88,8
77,1
43,2
87,0
73,1
39,2
über
91,7 50,0 69,4 39,3
33,7 17,7
rung des preußischen Staats 25,2 Und für die Buchdrucker lauten die betreffenden Verüberhaupt über 20-30 J. 30-40 J. 40-50 J. 50 J.
hältnißzahlen
ungenschwindsucht Krankheiten der Athmungsorgane
im Alter von
18,3
58,9
40,5
53,9 37,2
47,6
75,1
61,4
82,9
70,4
Von schädlicher Einwirkung ist auch die hohe Tempe ratur der Setzersäle infolge der vielen Gasflammen. Die Leute werden dadurch für Erkältungen empfänglich und dies macht fie disponibel für Leiden der Athmungswege. Die Empfindlichkeit gegen Temperaturunterschiede, gegen Bug" ist, wie Jeder, der in Segersälen öfters gewesen ist, weiß, ein Charakteristikum der Buchdruckerei- Arbeiter. Die durch die große Hitze hervorgerufene Trockenheit trägt dazu bei, dem Staub und den mit dem Auswurf der Kranken in alle Ecken gekommenen Bazillen die Eigenschaften zu verleihen, um in den Luftstrom zu gelangen.
Wie hoch ist das Durchschnittsalter der Buchdrucker? Diese nicht blos für die Alters- und Invaliditätsversicherung Wie können diese Mißstände beseitigt oder doch gebedeutsame Frage wird durch Albrecht auf Grund seiner Ist der Antheil der Lungenschwindsucht der Buchdrucker mildert werden, fragt Albrecht, der darauf hinweist, daß forgfältigen Erhebungen sehr ungünstig beantwortet. Aus auch an der Gesammtsterblichkeit nicht so groß wie der die Fabrikinspektoren im Großen und Ganzen dieser Frage der Zahl von 1254 im Alter über 20 Jahre Gestorbenen Schleifer, so ist er trotzdem hoch, sehr hoch sogar und ist ihre Aufmerksamkeit bis jetzt nicht zugewendet haben. berechnete er ein Durchschnittsalter von 42,47 Jahren. Das geradezu extrem hoch in der Altersklasse von 20 bis Maßregeln sind in diesem Gewerbe deshalb, wie Albrecht felbe bleibt 5,37 Jahre hinter dem durchschnittlichen Sterbe- 30 Jahren. gut hervorhebt, glatt und leicht zu treffen, weil der Betrieb alter der übrigen männlichen Bevölkerung Berlins zurück Die Erkrankungsfähigkeit an den einzelnen Krankheits- überall eine gleichmäßige Gestaltung zeigt. Setzersäle mit sammengebrochen und lagen die ungeheuren Blöcke wist wie jetzt! Wenn er nur diesem Anblicke entfliehen könnte! durch und übereinander. An ihrem Fuße flimmerte im Er schnellte auf. Fort! Aber die Knie zitterten unter ihm. Mondlicht, das blendend die jenseitigen Kalkwände des Destlich von der Stelle, an der er sich befand, zeigte schmalen Thales beschien, ein einsames Haus und an ihm sich ihm ein geeigneter Abstieg. Hart am Rande des Abvorüber spann sich in einem dünnen Silberfaden die Aqua grundes ging es anfangs hinunter über scharffantigen de campo croce. Schotter, der mehr als einmal unter seinen Sohlen lebendig Ambros ließ sich auf einem von den umherliegenden wurde. Mit großen Säßen sprang er vorwärts, das ganze Steinen, welche die Zeit bereits mit Moos umhüllt hatte, Gewicht seines Körpers auf die Hacken werfend. In zwanzig nieder, um seine Kräfte zum Abstieg zu sammeln. Wie Minuten hatte er eine Art von Straße erreicht, die nach friedlich lag die Hütte von Campo Croce dort unten! So dem einsamen Hause von Campo Croce führte. Er überEr griff nach seinem Stutzen, als müßte er sich gleich still lag jeht wohl auch sein eigenes Heim im Silber- legte, ob er dort nicht um ein Nachtlager bitten sollte? Aber zur Wehr sehen. Er wollte aufspringen; aber es gelang licht des Mondes, der über der über die Bruscia schwebte. er wußte nicht, wie er die Fragen der Leute nach dem Woher ihm nicht, denn er war steif von der Müdigkeit und von Sein eigenes Haus! Er hatte keine Heimath mehr und Wohin mitten in der Nacht beantworten sollte? Sie der Kälte auf der Paßhöhe. Er untersuchte seinen Jagd- sein Lebensglück war zusammengestürzt wie der Fels mußten Verdacht schöpfen, ihm ansehen, daß er ein schlechtes Seine Feldflasche befand sich wohl darin, allein sie neben ihm und darunter lag Alles begraben. Der Gewissen habe, und er wollte die Verfolger nicht auf seine war leer. Mühsam erhob er sich und schlug die Arme Aufschrei Stasi's schnitt durch seine Seele. Er ächzte Spur leiten. Er umging das Haus und verfolgte das kreuzweise über einander hin und her, um sich zu er- und bedeckte das Gesicht mit den Händen. Aber für Wäfferlein auf dem linken Ufer thalwärts. Weiterhin erdie Reue war sein Gemüth noch lange nicht reif, und weiterte sich das schmale Thal, dessen Abhänge dicht be
ranzen.
wärmen.
von Robert Sa, weiche L.
Er mußte in ein fremdes Land gehen, das stand fest. statt seinen Jähzorn anzuklagen, begann sich sein Groll waldet waren, ein wenig und er kam an einer Gruppe von Tausendmal lieber in der Fremde betteln, als die Frei von Neuem gegen Jerg zu regen. Dieser war es, der ihn Häusern vorüber, die jenseits des Baches an die Berge heit verlieren! Daß man ihn auch in der Fremde ergreifen von Weib, Hof und Vaterland forttrieb. D, über den sich drückten, später durch ein kleines Dorf, in dem die und an die bayerischen Gerichte ausliefern könnte, daran schlauen Fuchs, der sich in sein Erbe zu schleichen gedachte! Hunde bei seiner Annäherung ein wüthendes Gebell erhoben. dachte er nicht. Er hing seine Büchse, die er unterdessen Nun war ihm der Appetit darnach für immer vergangen Aber das Gebell weckte Niemand auf, wenigstens blieben an die Hütte gelehnt hatte, wieder über die Schulter und und Lisei war jetzt auch frei. Ach, es war doch gut, daß die Läden und Thüren geschlossen. Das Gelläff verhallte ging weiter. Gem Schritt war schwerfällig, schleppend. er Jerg niedergeschlagen hatte! Was lag auch an einem hinter ihm und wieder umgab ihn die Stille; kaum daß Eine stumpfe, wie aus mächtigen Blöcken aufgethürmte solchen erbärmlichen Burschen? Keiner hätte dessen nichts- das leise Gurgeln des Baches neben ihm sie unterbrach. Pyramide, die zur Linken vor ihm im Mondlicht auftauchte, würdige Sticheleien und Verleumdungen ruhig ertragen, und Allmälig fam es wie eine Betäubung über ihn, ein Halbwar sein Wegweiser. Es waren die Trümmer eines Berg- dazu die giftigen Mienen. die noch mehr sagten, als seine schlaf, aus dem er ausfuhr, wenn sein Fuß an einen Stein sturzes und Ambros, dessen Schritt sich allmälig gefestigt Worte. Er sah ihn wieder vor sich, sein Blut wallte wieder auf im Wege austieß. Wie ein Betrunkener schwankte er von hatte, befand sich bale unter den weit umhergestreuten und er schlug ihn abermals nieder. O, wie oft würde er einer Seite des Weges auf die andere. Jetzt schreckte er auf, Steinen. Unter ihm lag in der Tiefe der Anfang ihn noch im Geiste niederschlagen, wie oft ihn noch im doch nicht weil er gestrauchelt war, sondern weil er Stimmen des Boitethales. Nach dort himmter war der Felsen zu Geiste bleich und blutig zu seinen Füßen liegen sehen, so zu hören glaubte. Die Stimmen tönten vor ihm und er