Nr. 188 44. Jahrg. Ausgabe A nr. 96
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Freitag, den 22. April 1927
Die Waffenfunde beim„ Wiking".
Flucht vor der Oeffentlichkeit. - Die Putschbündler beschuldigen das Reichsbanner.
E. K. Leipzig , 21. April. ( Eigener Drahtbericht.) Das große Rätsel des Wifing- Prozesses heißt Ehrhardt. Warum ist er nicht erschienen, warum verteidigt er nicht persönlich die Organisation, die auf seine Person eingeschworen war? Fürchtet er die Erinnerung an seine Flucht aus Leipzig ? Fürchtet er eine eidliche Zeugenvernehmung? Bon seinen Getreuen wird verbreitet, daß er doch noch zu dem Prozeß erscheinen werde. War das seine Absicht, warum dann erst die schulbubenhafte Ausrede mit ,, übergroßer Beschäftigung“?
Die Nachmittagssigung brachte die Fortseßung des Berichtes, d. h. die weitere endlose Beriesung der Dokumente aus der preußischen Denkschrift. Gelegentlich kommt es zu Zusammenstößen, so beispielsweise als Rechtsanwalt Martin anregt, den Beisigern des Gerichts die Denkschrift zuzustellen, die Wiring- Anwälte widersprechen erregt. Das Ganze ist ein Streit um des Kaisers Bart, denn privatim haben sämtliche Beisiger die Denkschrift erhalten, sie haben sie vor sich liegen.
Die Verlesung der Dokumente fördert immer neues Material über den streng militärischen Charakter der Wifing. Organisation. Der Tatsachen sind zu viele, um einzeln angegeben werden zu können. Besonderes Interesse erweden die Waffenfunde bei den Erfurter Biting- Mitgliedern, die gleich zeitig als vandalische Schänder eines israelitischen Friedhofes fich
hervortaten.
Maschinengewehre und Flinten in großer Anzahl hielten fie verstedt. Sie behaupten im Auftrage der Reichs= wehr. Stimmt es? Der Borsigende Niedner stoppt hier plög. lich ab und erklärt, diese Frage in öffentlicher Sihung nicht weiter verhandeln zu können. Er hat von dem Borsitzenden Siegert im Fememordprozeß scheinbar nichts gelernt.
Die Berlesung wendet sich nunmehr den Argumenten der Berteidigung zu. Das hat die Verteidigung verstanden. Was Wifing nicht bestreiten fann, fucht sie als Entgleisung einzelner Unterführer hinzustellen. Der Bezirksführer in Hessen- Nassau , der vielgenannte Heinz, der auch im Stasseler Fememordprozeß eine bedenkliche Rolle spielte, sei aus dem Witing im Jahre 1925 ausgeschlossen worden, die Organisation sei also für seine Taten nicht verantwortlich. Im übrigen sucht die Verteidigung durch eine Menge von Zeitungsausschnitten darzutun, daß auch das Reichsbanner Schwarz Rot Gold eine militärische Dr.
ganisation fei.
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Der Borsitzende Nie dn er möchte dies auf die Formel bringen, man jolle den militärischen Charakter des Reichsbanners SchwarzRot- Gold zugestehen, aber mit dem Unterschied, daß das Reichs.
Frankreich gegen die Hankauregierung.
Aufgabe der bisher beobachteten Neutralität. Paris , 21. April. ( Eigener Drahtbericht.) Dem Temps" zufolge ift die franzöfifche Regierung bereit, sich den Maßnahmen anzuschließen, die andere Mächte gegen die kommunistische Regierung in Hankau ergreifen.( Bis jetzt hat Briand immer Frankreichs Neutralität in den chinesischen Parteifämpfen befont! Red. d. B.) 3m übrigen erklärt das franzöfifche Außenminifterium, es habe keinerlei Bestätigung für die Nachricht, daß der ruffische Vertreter in Süddhina, Borodin , verhaftet worden sei. Zwischenfälle im französisch- chinesischen Grenzgebiet. Hanoi , 21. April. ( Havas.) Der Kampf zwischen verschiedenen Generalen im Bünnangebiet dauert an. Die hierdurch hervor. gerufenen Unruhen machen sich Räuberbanden zunuhe. Ein französischer Ingenieur und ein franzöfifcher Eisenbahner seien von Räubern verschleppt worden, die Lösegeld forderten.
banner nicht das Ziel habe, die Republik zu untergraben, sondern zu feftigen.
Die Bertreter der preußischen Regierung legen dem gegenüber dar, daß ein Grad der militärischen Organisation wie beim Biking für das Reichsbanner keinesfalls in Frage tomme. Das Reichsbanner suche zwar, wie beispielsweise auch der Stahl helm , große Massen zu disziplinieren, aber sie nicht zu militarisieren.
Die preußische Regierung fehe jedenfalls das Reichsbanner nicht als militärischen Verband an.
ob der Rote Frontkämpferbund , auf den sich die Verteidigung auch beruft, ein militärischer Verband sei, sei ganz gleichgültig, hier handle es sich um den Charakter der Organisationen Biting und Olympia .
Die Berichterstattung tann am heutigen Tage nicht mehr zu Ende geführt werden. Um 6 Uhr regt der Vorsitzende Bertagung an. Dabei fommt es wieder zu einem Zusammenstoß. Rechtsanwalt Sad möchte noch einmal auf die Thüringer Angelegenheit zurüd tommen und feststellen, ob der preußische Innenminister in dieser Sache pflichtgemäß oder fahrlässig gehandelt habe. Mit großer Energie widerspricht Ministerialrat Schönner lungsweise des preußischen Innenministers zur Beurteilung, sondern der Gesamttendenz dieses Antrages. Hier stehe nicht die Handder Charakter der Organisationen Biting und Olympia . Der Verfizende Niedner, der in allen die preußische Regierung betreffen den Fragen eine möglichst farblose Haltung einzunehmen sucht, biegt den Streit dadurch ab, daß er erklärt,
die Thüringer Angelegenheit nur in nichtöffentlicher Sitzung behandeln zu können.
Der morgige Vormittag wird wahrscheinlich zum größten Teil mit Berichterstattung ausgefüllt sein. Dann kommen die Ausführungen der Parteien, so daß es sehr zweifelhaft erscheint, ob die zu morgen geladenen Zeugen morgen noch vernommen werden tönnen. Man rechnet jetzt nicht mehr, wie ursprünglich, mit einer Dauer des Prozesses von drei bis vier Tagen, sondern minde ft ens von sechs Tagen.
Leipzig , 21. April. ( TU.) Entgegen der von Rechtsanwalt Bloch heute vormittag gemachten Mitteilung, daß Kapitän hr. hardt nicht vor dem Staatsgerichtshof erscheinen werde, wird von unterrichteter Seite mitgeteilt, daß Kapitän Ehrhardt morgen doch in Leipzig sein und sich dem Staatsgerichtshof zur Ber fügung stellen wird.
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nationale ablehnt, sich mit dieser Politik der Unabhängigen Partei zu identifizieren, handelt er in Uebereinstimmung mit der Sozialistischen Internationale und überdies, soweit ich das beurteilen fann, in völliger Uebereinstimmung mit der überwältigenden Mehrheit der Mitglieder und Organisationen der Gesamt- Labour Party."
Gegen Sozialreaktion.
Kopenhagen , 21. April .( Eigener Drahtbericht.) Zum Proteft gegen die Absicht der bürgerlichen Regierung, die Sozialgesetzgebung zu verschlechtern, demonstrierten heute Zehntausende Arbeiter. Nachdem die Genossen Borgbjerg und Stauning zu den Maffen auf dem Rathausplatz gesprochen hatten, 30gen sie am Parlament vorbei zum Haus des„ Socialdemokraten", wo sich der Zug auflöfte.
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Die innere Reichsschuld.
Die Lehren der Anleihe- Denkschrift für 1926. Von Hugo Heimann .
Noch vor den Ferien ist dem Reichstag vom Reichsfinanzminister die Anleihedenkschrift für das Kalenderjahr 1926 zugegangen. Die neue Dentschrift schließt sich eng an die seit der Währungsstabilisierung herausgekommenen beiden Dentschriften für 1924 und 1925 an und ist ein neuer Beweis für den günstigen Stand der Finanzlage Deutschlands in den beiden erstgenannten Jahren und zum Teil auch in 1926.
Entstehung der Reichsschuld.
Im Jahre 1914 betrugen die Schulden des Reichs zirka 5 Milliarden, die der Länder ca. 15 Milliarden. Die letteren Schulden waren in der Hauptsache gemacht worden zum Ausbau des Eisenbahnnetzes und mußten bei der Uebernahme der Eisenbahnen vom Reich mit übernommen werden. Während des Krieges und nachher traten außer zwei großen Darlehen, die aufgenommen wurden, zu diesen Schulden hinzu die Kriegsanleihen 1914 bis 1918 mit einem Ausgabemert von 45 Milliarden Goldmark und der verzinslichen Schazanweisungen von 1922, 1923 und 1924, die für die verschiedensten Berpflichtungen der Nachkriegszeit ausgegeben werden mußten und sich zusammen auf 822 Billionen beliefen. Diese gesamte Schuld wurde mit einem Schlage beseitigt durch die Bestim 15. Februar 1924, die besogt, daß die Berzinsung und Einmung der Dritten Steuernotverordnung vom lösung von Martanleihen des Reichs und der Länder bis zur Erlebigung fämtlicher Reparationsverpflichtungen nicht gefordert werden kann. Sie lebte zu einem Teil wieder auf, als unter dem Drud der enteigneten Massen das Reich eine, wenn auch unzulängliche, Aufwertung zugestehen mußte. Im Anleihe ablösungsgesetz vom 16. Juli 1925 mird Art und Höhe der Aufwertung der früheren Martanleihen des Reichs geregelt. Der Gesamtbetrag dieser neuen Anleiheablösungsschuld, die jetzt an die Stelle aller früheren Martanleihen des Reichs getreten ist, läßt sich genau noch nicht feststellen. Die Anleihedenkschriften setzen daher keinen festent Betrag für diese Schuld ein. Nach dem genannten Gejez tommt zunächst nur der Alt besig der früheren Anleihen mit den sogenannten Auslosungsrechten in Betracht. Die Summe dieser Auslosungsrechte wurde in 1925 und 1926 auf fulb für 1927 wird die Summe der Altbesizanleihen auf 700 bis 750 Millionen geschäßt. Im Haushalt der Reichs36 Milliarden und dementsprechend der Betrag der Auslofungsrechte auf 900 Millionen beziffert. Neuerdings rechnet man schon mit rund 1 Milliarde. Sezt man. um ganz sicher zu gehen, diesen Betrag für die Anleiheablösungsschuld ein, so ergibt sich nach den Denkschriften für 1925 und 1926 fol= gender Stand:
Die Reichsschulden am 31. Dezember 1925 und 1926.
Anleiheablösungsschuld Schazanweisungen von 1928. Anslosbare Schazanweisungen bon 1928„ K"
Unverzinsliche Schazanweisungen
bon 1924„ E"
Rentenbankfredit
Schuld bei der Reichsbank Dawes Anleihe
20
1925 1926 in Millionen Mark rund 1000 1000 20
1
0,713
133
1077
946
"
226
217
950
907
rund 3407 3091
Die im Jahre 1926 zur vorübergehenden Berstärkung der Betriebsmittel der Reichshauptkasse aufgenommenen und die in der Abwicklung begriffenen Verpflichtungen sind in dieser Aufstellung nicht enthalten. Zur Erfüllung des ersteren Zwedes, der vorübergehenden Verstärkung der Betriebsmittel der Reichshauptkasse, hat die Reichsbank dem Reich einen Betriebskredit bis zum Höchstbetrag von 100 Millionen Mark 1926 mit einem Höchstbetrag von 12% Millionen Mark in Anspruch genommen worden.
Kommunistische Gewissenlosigkeit eingeräumt. Der Krebit iſt in der Zeit vom 1. bis 5. Oktober
Eine Aktion der KPD. für den 8. Mai. Wir veröffentlichen auf der 3. Seite eine Instruktion
Allumfassende Internationale? Henderson zum Konflikt JLP.- Macdonald. London , 21. April .( Eigener Drahtbericht.) Einer der Hauptgründe dafür, daß die Unabhängige Arbeiterpartei es abgelehnt hat, zur Organisierung der Gegenwehr und der Demonstration Macdonald wieder als einen ihrer Bertreter im Parteivorstand der gegen den Stahlhelmaufmarsch am 7. und 8. Mai", die von der Gesamtarbeiterpartei vorzuschlagen, ist Macdonalds ablehnende fommunistischen Bezirksleitung herausgegeben ist. Der Haltung gegenüber dem Streben der IP ., eine all'umschlie Sinn dieser Instruktion" ist, 3usammenstöße am Bende alleinige Arbeiter Internationale herbei. 8. Mai unvermeidlich zu machen. zuführen. Darüber sagte Genosse Arthur Henderson , Vorsitzen- An diesem gewissenlosen Spiel der Kommunisten wird ber der Sozialistischen Arbeiter- Internationale und Generalsekretär die Berliner Arbeiterschaft sich nicht beteiligen. Sie demonder britischen Labourparty, in einer Rede zu Orford u. a.:
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ftriert wuchtig und geschlossen gemeinsam mit den Gewerkschaften am 1. Mai im Luftgarten.
" Ich kenne die Auffassungen Macdonalds bezüglich einer all. umfassenden Internationale und ich zweifle, ob die ILP. mit diesen ihren Vorschlägen auch nur ein halbes Dugend Stim Sie wird sich weder vom Stahlhelm, noch von den men muſtern fönnte, falls ein solcher Antrag vor das Bureau oder Kommunisten provozieren lassen, das Spiel der Re ben Stongres unserer Internationale tommen würde. Indem Mac. attion zu spielen. Ihr Aufmarsch am 1. Mai wird der Rebonalb es im Hinblick auf die Erklärungen der Mostauer Inter - attion zeigen, daß sie auf der Wacht ist.
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Die Verzinsung der inneren Reichsschuld also unter Betrag von 7,8 Millionen erfordert. Für die Tilgung wurden Ausschluß der Dawes- Anleihe hat im Jahre 1926 einen 231,4 Millionen aufgewendet.
Die neuen Anleihe- Kredite.
Die Ausgaben des außerordentlichen Haushalts werden nicht aus laufenden Mitteln des ordentlichen Etats, sondern aus Anleihen bestritten. Eine gesunde und vorsichtige Finanzgebarung wird auf den außerordentlichen Haushalt nur Ausgaben für werbende Anlagen nehmen, die die Kosten der Berinfung und Tilgung der für sie aufgenommenen Anleihen damit abfinden müssen, daß auf den außerordentlichen Hausoder Anleiheteilen allein aufbringen. Man wird sich auch halt folche Ausgaben gebracht werden, die nur auf die Schultern der gegenwärtigen Generation zu legen unbillig