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Zreitag 22. �pril ,927
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Seilage ües vorwärts
�ulturrville. In seinerÄulturlehre des Sozialismus" schreibt Genosse G u st a v R a d b r u ch, der sür die Herausarbeitung der kulturellen Ziele des Sozialismus manchen wertvollen Beitrag geleistet hat, die folgenden bemerkenswerten Zeilen:Eine Klasse, die sich noch nicht als berufene Trägerin eigener Kultur weiß, ahmt die Kulturformen höherer Klaffen beflissen nach. So war bisher der Arbeiter als Kulturträger, der Arbeiter am Sonntag nichts anderes gewesen, als ein täuschend ähnlich imitierter Kleinbürger. Jetzt erst lehnte im Be- wußtsein ihrer eigenen Sendung die Arbeiterschaft es ab, die abge- legte» Kleider bürgerlicher Kultur zu tragen." Diese Worte Radbruchs führen uns nntten hinein in die wichtig- sten kulturellen Probleme der Gegenwart. Ist die Trennung zulässig zwischen bürgerlicher und proletarischer Kultur? Gibt es eine prole- tarische Kultur? Ist das Kulturstreben in der Arbeiterschaft schon so stark, daß von einem proletarischen Kulturwillen gesprochen werden kann? Diese und ähnliche Fragen werden heute noch in den Reihen der Arbeiterschaft lebhaft diskutiert und man kann noch nicht behaupten, daß sie eine endgültige Klärung gefunden haben. Am wesentlichen erscheint zunächst die Frage nach einem klar ausgeprägten proletarischen Kulturwillen. Hier muß man an die Worte L a s s a l l e s denken, der in einer seiner Reden im Jahre 18S3 ausrief:Ihr deutschen Arbeiter seid merkwürdige Leute! Bor französischen und englischen Arbeitern, da müßte man plaidieren, wie man ihrer traurigen Loge abhelfen könnte, euch aber muß man vorher noch beweisen, daß ihr in einer traurigen Lage seid! So- lange ihr noch ein Stück schlechte Wurst habt und ein Glas Bier, merkt ihr das gar nicht und wißt gar nicht, daß euch etwas, fehlt. Das kommt aber von eurer verdammten Bedürfnislosigkeit!" Diese Worte Lossalles beziehen sich auf die materielle Ledürfnislosigkeik der deutschen Arbeiter um die Mitte des vorigen Jahrhunderts. Sie könnten für die damalige Zeit auch auf die politische Bedürfnis- losigkeit der deutschen Arbeiterklasse ausgedehnt werden. Seitdem ist manches anders geworden. Sechs Jahrzehnte deutscher Arbeiter- bewegung haben die politische und wirtschaftliche Pedürfnislosigkeit der Arbeiterklasse überwunden. Aus kleinen Anfängen hat sich die deutsche Arbeiterbewegung zu einer Macht emporgereckt, die einen starten Einfluß aus die Gestaltung von Wirtschaft und Politik er- langt hat. Auf kulturellem Gebiete jedoch ist der Erfolg nicht der gleiche gewesen. Kullurpolitisck hat die deutsche Arbeiterbewegung noch nicht das zu leisten vermocht, was sie auf anderen Gebieten geleistet hat. Geschichtlich ist das leicht zu erklären. Denn ehe sich die Arbeiterbewegung zur eigenen kulturellen Leistung emporraffen konnte, mußte sie zunächst die Grundlage für die wirtschaftliche und politische Wirtungsmöglichkeit der Arbeiterklasse schaffen und jenen willen zur Macht erzeugen, der die treibende Kraft des proletarischen Befreiungs- kauipses überhaupt bildet. Diese Wirksamkeit kann auch vom kulturellen Gesichtspunkt nicht als gleichgültig angesehen werden. Denn auch in kultureller Hknsichr bedeutet jede Errungenschaft auf politischem und Wirtschaft- lichem Gebiete einen Fortschritt. Jeder siegreiche Vorstoß auf dem Gebiet der Lohnerhöhung und der Arbeitszeitverkürzung, jede Er- Weiterung der politischen Rechte, jeder weitere Schritt auf sozial- politischem Gebiete bedeutet auch einen kulturellen Fortschritt. Denn nur diese Errungenschaften heben die in Rot   und Elend verkommen- den werktätigen Massen aus jenem Zustande empor, in dem der Be- griff Kultur nur als Hohn erscheint: sie erst schaffen jene Grundlage, auf der die fortgeschrittenen Elemente der Arbeiterklasie zur Er- kenntnis ihrer eigenen Lage gelangen und den Willen in sich er- zeugen, neben der politischen und wirtschaftlichen Befreiung ihrer Klasse auch ihre kulturelle Befreiung herbeizuführen. Es ist, wie gesagt, historisch begreiflich, daß das Streben nach der kulturellen Befreiung des Proletariats später einsetzte, als die proletarische Bewegung auf politischem und wirtschaftlichem Gebiete. Ebenso begreiflich ist es, daß dies« Bewegung sich bisher meist auf die Abwehr der ankikullurellen Bestrebungen der wirtschaftlich herrschenden Klassen, auf die Loslösung von der überkommenden Tradition, auf die Aneignung der wertvollsten Er- rungenschaften der bisherigen Kulturperioden beschränken mußte und nur verhältnismäßig wenig auf dem Gebiete eigener Kullur- schöpfung zu leisten vermochte. Der Anfang ist aber bereits getan. Aus der Periode der einfachen Defensive und der Aneignung bereits geschaffener Werte geht die Arbeiterklasse zur eigenen Kultur- schöpsung über. In den Maße, wie ihre wirtschaftliche und politische Stärke zunimmt, wie sie in alle Gebiete der Gesetzgebung und Ver- waltung in Staat und Gemeinde eindringt, wächst auch ihr Bestreben, iür die kulturellen Bedürfnisse der Arbeiterklasse entsprechende Aus- druckssormcn und Auswirkungsmöglichkeiten zu schaffen. Im gleichen Maße wächst auch das Bestreben, durch die Beseitigung des Blldungsmonopols der besitzenden Klassen einen Zustand zu schaffen, in dem die in der werktätigen Bevölkerung niedergehaltenen geistigen Kräfte zur freien Entfaltung gelangen können. Es wäre natürlich eine Illusion, zu glauben, daß die völlige Beseitigung des Bildungsmonopols der Be- fitzenden vor dem endgültigen Sieg des Sozialismus erreicht werden könnte. Aber wichtige Machtpositionen der heute Herrschenden können erschüttert, weite Wirkungsmöglichkeiten für die aufstreben- den Kräfte der Arbeiterklasse können erobert werden. Hier liegt noch ein weites Feld umfassender und tiefgreifender Arbeit der Pioniere der Arbeiterbewegung. Hier kann vieles beseitigt werden, was aus geschichtlicher Tradition aus den Gehirnen der jetzt lebenden Ge- ncration lastet. Hier können wichtige Beherrschunae- und Beein- flussungszentren des Kapitalismus   geschwächt und beseitigt und neue Machtpositionen für die aufsteigend« Arbeiterbewegung geschaffen werden. Es ist wichtig, diese Zusammenhänge zu erkennen, wenn man vom Kulturwillen des deutschen Proletariats spricht. Es ist richtig, daß dieser Kulturwille heute noch nicht in so ausgeprägter Weise vorhanden ist, wie es wünschenswert wäre. Nicht minder richtig ist, daß man heute noch in weiten Kreisen des Proletariats von einer kulturellen Bedürfnislosigkeit sprechen kann, die dahin führt, daß man sich vielfach damit begnügt,die abgelegten Kleider bürger- licher Kultur zu tragen". Aber dieses mangelnde Külturbewußtsein geht nicht etwa darauf zurück, daß noch nicht eine genügende Anzahl literarischer oder dichterischer Erzeugnisse vorhanden ist. die eine ausgeprägte sozialistische und proletarische Note tragen. Im Gegen- teil, gerade das Fehlen einer solchen Literatur ist ein Symptom dafür, daß in der Arbeiterbewegung selbst noch nicht jener starke, alles überwindende Wille zum Durchbruch gelangt ist, neben der Befestigung und dem Ausbau der wirtschaftlichen und politischen Machtpositionen des Proletariats auch an die Schaffung fester Grundlagen für eigene sozialistisch« Kulkurschöpfung heranzugehen. Ansätze einer solchen Bewegung sind sicherlich vorhanden. Auf allen Gebieten sozialistischer Bildung sarbeil, sozialistischer Jugend-
Äccs cebgebcoite Therua von der alten und neuen Schule.
Er war das greifbare Zeichen der absoluten Macht, die sichtbarliche Erhöhung des Lehrers über die Schüler. Es darf uns nicht wundern, daß zur Zeit, in der so viele Throne stürzten, auch dieser Thron ins Wanken geriet. Mit ihm vieles, was für unerschütterlich gegolten hatte, vieles, was der alten Pädagogik unentbehrlich schien, um die unbotmäßige Menge in Zucht und Ordnung zu halten. Denn so war ungefähr die Ein- stellung des Lehrers zu feinen Schülern. Diese wieder sahen in ihm die vorgesetzte Behörde, mit der man auskommen mußte, so gut oder so schlecht es eben ging. Kein Wunder, daß auf solcher Grundlage kein sehr gedeihliches Arbeiten entstehen konnte. Auf der einen Seite Herrscherwahn und Autoritätsdünkel, auf der anderen Geducktheit und Heuchelei oder deren Gegenpol, Frechheit. Gewiß, es gab Aus» nahmen, aber wie selten waren sie und wie wenig Bedeutung hatten sie für die große Mass«. Verschwindend gering war der Prozentsatz jener Lehrer, die es verstanden haben, ein wirkliches Vertrauens- Verhältnis, die unentbehrliche Grundlage jeder gemeinsamen Arbeit, zu ihren Schülern zu finden, äußerst selten nur besaßen sie so viel Selbstvertrauen, so viel Hingebung an ihren Beruf, um auf die Mittel des Schreckens verzichten zu können. Hier nämlich liegt ein Grund für den Sturmlauf, der noch jetzt und gerade jetzt gegen die Schul- reform unternommen wird. Der kameradschaftliche, der mensch- liche Verkehr des Lehrers mit den ihm anver- trauten Kindern verlangt natürlich ganz andere Qualitäten, er stellt viel größere Anforderungen an allgemeine Bildung und spezielle pädagogische Vorschulung des Lehrers, und wer sich dem nicht gewachsen fühlt, der ersetzt diesen Mangel gern durch äußere Gewalt. Das ist bequem, schafft für den Augenblick die gewünschte Wirkung: das Kind hält Ruhe. Es ist derselbe Lorgang, der leider so viele Eltern veranlaßt, eine Frage ihres Kindes, deren Beant- wortung sie sich nicht zutrauen, mit einem barschendas geht dich nichts an" abzuweisen. Die Verlegenheit über ihr eigenes Unvermögen treibt sie in die Unsteundlichkeit, und dos Kind, dadurch eingeschüchtert, wagt sich ein zweites Mal nicht so leicht hervor. Damit ist aber schon der erste Schritt auf eine schiefe Bahn getan, denn wo das Vertrauen fehlt, fehlt bald alles, kein gedeihliches gemeinsames Schaffen ist mehr möglich, der Zerfall in zwei feindliche Lager, hie Kind hie Erwachsener, tritt unvermeidlich ein und bringt beide Parteien in die unfruchtbare Stellung des Machtkampfes. Sehen wir nun einmal, was der moderne Lehrer tut, um diese Schäden zu vermeiden. Wir betreten«in Klassenzimmer der neuen Schule. Sofort sehen wir. daß das Katheder fehlt, d. h. es ist wohl ein Tisch für den Lehrer vorhanden, aber er steht auch nicht mehr an erster Stelle, sondern in einer Ecke, und der Lehrer selbst befindet sich mitten unter seinen Kindern. Diese sitzen nicht mehr reihenweise wie Spatzen auf dem Telegraphendraht, sondern ihre Plätze sind bogenförmig aufgestellt, so daß kein Kind mehr dazu gezwungen wird, die ganzen Schuljahre hindurch nichts anderes vor sich zu sehen als den Rücken seines Vordermannes. Dadurch entfällt schon das früher verpönt gewesene Umdrehen nach den Hintermännern, es ist nicht mehr nötig, jedes Kind sieht alle seine Kameraden von Angesicht. Und damit halten wir bei dem Auffälligsten, das jeden mit frohem Staunen erfüllen muß: es gibt fast keine Unarten bei Kindern. Keine Hexerei war nötig, um dieses Ziel zu erreichen: nur ein wenig guter Wille, etwas Verständnis für die kindliche Seele. Denn alles, was wir den Kleinen als schweres Vergehen gegen die Ordnung, gegen unsere, der Erwachsenen Ordnung angekreidet haben, war ja nur ihr berechtigter Protest gegen unzweckmäßige Ein- schränkung und Hemmung, die wir ihnen auferlegten. So dursten sie z. B. bei arger Strafe nicht während des Unterrichtes auf die Uhr schauen, ja, in manchen Schulen sie nicht einmal mitbringen. Heute hängt im Schulzinnner, für alle sichtbar, eine Uhr und es tut ihrer Aufmerksamkeit nicht den mindesten Abbruch. Blumen durften nicht
mitgebracht werden, außer für den Lehrer: heute stehen sie auf den Tischen kein Kind beschäftigt sich während des Unterrichtes mit ihnen. Aber sie lernen Blumen pflegen und achtsam damit um- zugehen und das Zimmer ist freundlich und wohnlich, was noch durch die weißen Scheibenvorhänge verstärkt wird. Wie häßlich und scharf bestraft war das Bekritzeln der Wände, jetzt läuft eine dunkle Fläche die Wände entlang und die Kinder zeichnen mit weißer und bunter Kreide in manchmal ganz reizender Eigenart ihre Phantasien dort auf. Und das Schwätzen? Das von allen Lehrern als schlinunste Störung des Unterrichtes mit Recht gefürchtet- Schwätzen? Man hat dem jeden Menschen und daher auch dem Kind inne- wohnenden Mitteilungsdrang natürliche Bahnen freigegeben, während man es früher durch unsinnige Verbote und Schweiggebote zu einem heimlichen und wirklich störenden Uebersprudeln gestaut hat. Kein Kind spricht mehr mit seinem Nachbarn: wenn es etwas zu sagen hat. dann teilt es das laut dem Lehrer mit, denn der Lehret ist kein Popanz mehr, sondern ein Mensch, ein Mensch, zu dem man sprechen darf, er steht auch seelisch nicht mehr auf den, Katheder, sondern mitten unter den Kindern. Und es wird keineswegs übermäßiger Gebrauch von dieser Freiheit gen, acht, der leiseste Wink des Lehrers genügt, um die Kinder dort, wo es nötig ist, zu Ruhe und Ordnung zurückzuführen, denn die Kinder unterscheiden gefühls- mäßig ganz genau, ob es sich um sinnlose, zu ihrer Unterdrückung ersonnen« Verbote handelt oder um zweck- und sinngemäße Forderungen, außerdem spricht der moderne Lehrer in seinem Vortrag so, daß die Kinder freiwillig zuhören. Das Wunderbarste aber scheint mir eines: die alte Schule hat auf alles, was nach gegenseitiger Hilfe aussieht, harte Strafen gefetzt: Abschreiben lassen, Einsagen, war streng verpönt, man züchtete den Hochmut auf eigenes B e sse r w i s s e n, man machte die Kinder planmäßig zu Denunzianten. Heute läßt man sie sich nach eigener Wahl zu Gruppen zusammenschließen, die miteinander beratend eine Aufgabe lösen, z. B. einen deutschen Aufsatz früher der Schrecken so manchen Kindes gemeinsam ausarbeiten. Auf diese Weis« kommen Leistungen zustande, die früher einer weit höheren Altersklasse nicht erreichbar gewesen wären und was noch weit wichtiger ist es wird eine Atmosphäre der Solidarität geschaffen, von der man im alten Schulwesen nichts geahnt hat, nichts ahnen konnte, da man sie ja planmäßig ausgeschlossen hat. Es will auch kein Kind mehr Aufseher sein: wer sich noch erinnert, wie begehrt diese Stellung einmal war, der kann das nicht anders als mit glück- lichem Staunen erleben, ebenso wie eine Preisoerteilung, bei der die Kinder den besten Aufsatz prämiierten und wo der erstgenannte Preis- träger für einen zweiten, den er selbst für besser hielt, mitstimmte. Wir können sehr wohl verstehen, daß dem Lehrer derguten. alten Zeit" das Herz bluten muß ob solcherLässigkeit" des Unter- richtes. Denn welches Ziel schwebt diesem Lehrer vor? Es hak, wie ein bekannter Ausspruch lautet, der preußische Schulmeister den Krieg von 1870 gewonnen. Das mag leicht wahr sein. Aber wollen wir Krieg führen? Wir wollen aufbauen, andere Menschen aber brauchen wir zum Führen von Kriegen, andere zum sozialen Werk. Ganz andere Eigenschaften und Fähigkeiten sind es, die wir unseren Kindern zu vermitteln wünschen, wir wollen keine Untertanen, wir wollen frohe, freie Menschen, die für ihr selb st- gewähltes Ziel arbeiten. Ich wünschte, alle Eltern hätten, wie ich, sehen können, wie Kinder der neuen Schule bei einer Nach- richt vom aus technischen Gründen verfrühten Abbrechen des Unter- richtes bestürzt waren und ihren Lehrer bestürmten, die eine Stunde, auf die sie noch Anspruch hatten, doch abzuhalten: sie wüßten dann, daß wir mit der Schulreform einen entscheidenden Schritt in eine bessere Zukunft gehen. Wer die freie persönlich« Sicherheit dieser Kinder gesehen hat, das Fehlen allen Muckertums, der versteht, warum unsere Gegner diesen Forkschritt am heißesten bekämpfen, der weiß aber auch, daß wir uns ihn nimmermehr werden entreißen lassen. SophieLazarsfeld.
erziehung usw. regt es sich in erfreulichem Maße. Aber es fehlt noch immer der in weiteste Kreise hineinreichende Wille zur Ueber- Windung alter, überkommener Gefühls- und Denkformen, es fehlt die Einsicht in die innere Verbundenheit zwischen politischem und kulturellem Kamps und damit auch ein wichtiges Moment zur Ber- tiefung des proletarischen Befreiungskampfes überhaupt. Hier, auf diesem Gebiete liegen die Probleme, die man lösen muß, wenn man die kulturelle Arbeit aus einem Sonntagsvergnügen in einen un- trennbaren Bestandteil der gesamten Arbeiterbewegung verwandeln will._ Ä.rbeLtertonzerte. Das karfreikagskonzert des Berliner   Volkschor» unter der Lei- tting von Dr. Zander wies«in« außerordentlich wertvolle, musik  - geschichtlich interessante Vortragsfolge auf. Es führte hinein in die Zeit des Aufblühens der deutschen Musik unter dem Einfluß der Italiener, in die Entwicklung des geistlichen Chorgesangs vom 16. Jahrhundert bis ins Zeitalter Mozarts. Die herrliche Motette des süddeutschen Katholiken Jakob Gallus  (geb. 15S0), des Kantors der Iohanniskirche in Prag  ,ll!cce quomodo", von dem Chor ton- schön und ausdrucksvoll gesungen, leitete den Abend ein. Als Gegen- stück erklang das tröstendeUnd ob ich schon wanderte" von dem Protestanten Johann Eccard  (geb. 1553), dem Leiter der Hausmusik de» berühmten Kausherrn Fugger  . Ueber den Begründer der- mischen Tonschule, den genialen Pierluigi Tante, nach seinem Ge­burtsstädtchen Palestrina   genannt, führte Dr. Zander sesne Hörer zu Giovanni Gabrieli  , den berühmten Orgelvirtuosen und Komponisten der Venetianer(geb. 1557) und endlich zu Johann Sebastian Bach  . Mozarts wundersam« Motette.Ave verum, Brahms  ' tiefernstes Herbstlisd und eine wirkungsvolle Komposition von Robert Kahn  bildeten den Austlang des Konzertes, das als ein erneuter Be- weis für die hochstehende musikalische und stimmliche Kultur des Bolkschors und dem feinsinnigen Geschmack seines Leiters zu werten ist. Dazwischen brachte die Kammermuflk-Vereinigung der Staats- kapelle Mozarts melodienreiches Klarinettenquintett und Schuberts suitenartiges Oktett, das trotz feiner Schönheiten nur zwei Urauf- führungen erlebte und bis zum Ende des 19. Jahrhunderts ver- gefsen war, klangschön und in präzisem Zusammenspiel zu Gehör. Um so bedauerlicher ist der verhältnismäßig geringe Besuch, den das Konzert auszuweisen halte. Es ist vor allem zu beklagen, daß die Arbeiterschaft selbst ihren eigenen Kulturorganisationen, die so viele Bildungsmöglichkeiten in sich bergen, so wenig Interesse ent- gegen bringt. Dr. E. L. M.
�ulturpolitisGe Aufgaben. Im Aprilhest derA r b e i t e r b l l d u n g"(der ständigen Bei- lag« derBücherwarte") umreißt Genosse Heinrich Schulz in einem Artikel Folgerungen des Tages' die wichtigsten Aufgaben, die sich für den Sozialistischen Kulturbund aus der gegenwärtigen polltischen Gesamttage, die kulturell äußerst unerfreulich ist, ergeben. Der Artikel ist richtunggebend für die Arbeit, die alle proletarischen Kulturorganisationen angesichts dieser Lage leisten müssen. Es ist dringend zu wünschen, daß alle in Frage kommenden Kreise der Arbeiterbewegung den hier gegebenen Anregungen die nöttge Be- achtung schenken. In das Gebiet der aktuellen Tagesarbeit fallen gleichfalls die Beiträge von Artur Crifpien,Maifeier 1927, und von Otto Ienssen,Das unruhige Asien  ". Genosse Crifpien liefert in seinem Aufsatz wertvolles Material für eine Mairode, in der der gesamte Kompler der äußeren und inneren Politik unter den, Gesichtspunkte der sozialistischen   Maisorderungen behandelt wird. Angesichts der gespannten Weltlage ist diese Bilanz besonders be- achtenswert. Nicht minder aufschlußreich ist der Aufsatz von Ienssen, der an Hand einer Betrachtung der wichtigsten Schriften über das heutig« Asten die Grundlinien für ein« marxistische Betrachtung der asiatischen Probleme zeichnet. Im Aprilheft derB ü ch e r w a r t e" fesselt vor allem eins Abhandlung von Simon Katzen st«in,Verfassungswesen und Politik", in der die wichtigst« deutsche Literatur über Staats- und Versassungswesen behandelt wird. Ferner bringt die Nummer zahl- reiche Besprechungen aus dem Gebiet der Erzählenden Literatur, Länder- und Völkerkunde, Naturkunde, Psychologie, Rechtswissen- schast, Sozialismus, Statistik, Technik, Volkswirtschaftslchre und Weltpolitik. DieBücherwarte" mit BeilageArbeiterbildung" ist zum Preise von 1,50 M. für das Vierteljahr durch die Post, sämtliche Vorwärts".Expeditionen oder die Buchhandlung I. H. W. Dietz Nacks.. Berlin  , Lindenstraße 2, zu beziehen. Einzelnummern kosten 75 Pf. Der Reichsausfchuß für sozialistische Bildungsarbeit, Ber- lin SW. 68, Lindenstrahe 3, stellt Probenummern gern zur Ver- fügung._ Der Gemischte tthor Groh-verlin veranstaltet mit dem Berliner Sinfonie-Orchester unter Leiwng von I a s ch a H o r e n st e i n am 26. im Friedrichzhain eine Bcethoven-Gedenkteier. Zur'Auf- jührung gelangt die Egmont-Ouvertüre   und die IX. Sinfonie. DaS Solisten.Quarteit besteht aus Emmi von Stetten, Paula Lindberg, Marcel Noä, Robert Korst.