Sonntag
24. April 1927
Unterhaltung und Wissen
Der Papagei.
Bon Jakob N. Belsen.
Als Papchen erwachte, fielen ihm die Geschehnisse von gestern fcfort ein. Des gemütliche Dämmerſtündchen auf der Schulter des Hausherrn, das durch den Hinzutritt alberner Besucher ein jähes Ende fand. Er entfann sich ihrer zudringlichen Annäherungsbestrebungen, die er entschieden zurüdwies, und dann dieses abscheulichen Frauenzimmers, das durchaus nicht ablassen wollte und, als er auf die andere Schulter geflüchtet war, ihm immer mit ihrem Finger tam. Mit einiger Genugtuung gedachte er des allgemeinen Aufruhrs, der plötzlich losbrach, als er sich in den Finger dieser unverschämten Person festgebissen hatte. Doch was war diese Schadenfreude gegen die Schmach, die ihm unmittelbar danach widerfahren! Ohne den Sachverhalt auch nur flüchtig zu würdigen, Steckte man ihn in den verhaßten braunen Kinderhut, so daß er weber Schnabel noch Krallen zur Abwehr benutzen konnte, und schwupps saß er im Bauer. Der Türverschluß schnappte ein. Man wandte sich von ihm ab.
Auf jegliche Auseinandersetzung hatte man schlanfweg verzichtet und warf ihm noch vorsorglich ein schwarzes Tuch über die Behausung, um das Wehrlagen seines empörten Herzens zu ersticken. Bor der Hand hielt er einen Hungerstreit für angebracht und streute den Inhalt seines Futternapfes voll Todesverachtung in den Sand. Mertlich ermüdet, doch noch lange nicht gerächt, bestieg er den Stab, auf dem er sonst sein Mittagsschläfchen abzuhalten pflegte, und brütete Rache. Hier versagte sem Gedächtnis. Er war eingenicht.
Nun hatte er den ganzen Tag vor sich, und es würde ihm schon ficher etwas einfallen, wie er fich für den gestrigen Borfall rächen fönnte. Jetzt aber knurrte ihm der Magen. Sein Futter log im Sande verstreut, und in der Dunkelheit würde er es faum finden. Es galt also das Tuch vom Bauer zu entfernen. Er schob seinen frummen Schnabel zwischen die Drahtgitter, erwischte das Tuch, hackte sich fest ein und brachte es tatsächlich zuwege, das Tuch ein bißchen zu verschieben. Bar das aber eine faure Arbeit! Als er zum zehntenmal anfeßte, da geriet das Tuch urplöglich ins Gleiten und riß ihn mit sich, so daß er noch gerade Zeit fand, fich loszuhaken. Strahlendes Licht umfing ihn. He, he, he! lachte er und ordnete fein Gefieder, das ihm bei dieser Arbeit etwas durcheinandergeraten mar. Rasch stieg er in den Sand hinab und machte sich daran, die gestrige Abendmahlzeit nachzuholen. Inzwischen wurde es in der Etube laut. Der Hausherr fam ans Bauer und öffnete das Türchen. Gewöhnlich wartete Papchen mit Ungeduld auf diesen Augenblid, um voll Ungestüm aus dem Bauer zu stürmen und an seinem Herrn emporzuflettern. Heute hatte er nicht einmal aufgeblickt, sondern flapperte feelenruhig an einer Erdnuß. Erst eine ganz geraume Beile später begab er sich zum Türchen und machte sich am Verschluß zu schaffen. Sein Plan war folgender: Am Sperrhafen so lange herumzurütteln, bis er abbrach, und dann womöglich noch das Türchen aus den Angeln zu reißen, gleichsam als Protest gegen jene rohe Gewohnheit, ihn wegen jeder Kleinigkeit erbarmungslos ein. zufertern. Indessen ging die Arbeit lange nicht so flott vonstatten, mie zuvor, als er das Tuch heruntergeworfen hatte. Aber auch Bapchen zähite nicht zu jenen, die sogleich ihre Waffen strecken. Ganz in seine Arbeit vertieft, hatte er nicht bemerkt, daß sein Herr wieder ins Zimmer getreten war und bereits längere Zeit dem Treiben aufah. Plötzlich fühlte er sich gepackt, und ehe er an irgendwelche Gegenmaßnahmen denken konnte, saß er auf der Stange im Bauer, die verschlossene Tür vor der Nase. Er schaute um sich, niemand war in der Stube. Der Herr war ausgegangen.
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Das geschieht dir schon recht! fagte er sich voller Ingrimm, nächstes Mal wirst du etwas Umschau halten. Um feinen Aerger herunterzuspülen, nahm er einen Schluck Basser und beschloß, seine Angriffe auf den Verschluß aus dem Bauer heraus fortzusehen. Indeffen wollte daraus nicht viel werden. Eine Weile erfreute er sich an dem Geflimper, welches durch rasches Herauf- und Herunterziehen
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des Sperrhakens, zustande tam. Als er endlich über diesen neuentdeckten Zeitvertreib fichtlich erfreut vom Sperrhafen abließ, um en sein zweites Frühstück zu denken, da geschah das Wunder die Tür ging von selbst auf! Bollkommen entgeistert starrte er sie Es verging eine geraume Zeit, ehe er sich entschloß, seinem Sterfer zu entsteigen. Die Hilfe tam so unerwartet, daß er sich eines gewissen Mißtrauens nicht erwehren tonnte. Er beschloß, später cinmal über diese Dinge nachzudenken, jetzt aber wollte er das Glüc genießen und seinen Racheplänen nachgehen. Doch wer die Wahl
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hat, hat auch die Qual. Sollte er einen Stuhl erklimmen, um die alizernden Bolsternägel herauszureißen? Ein monatelang gehegter Wunsch! Oder gar das Nähtörbchen durch seinen Besuch beehren? Das wäre auch nicht zu verachten. Da gab es aber auch die Radioanlage, mit den vielen blanten Dingerchen dran, denen er jo manchen sehnsuchtsvollen Blick zugeworfen hatte. Oder sollte er mit dem braimen Kinderhut ein für allemal abrechnen? Die Welt lag ihm zu Füßen. Und doch zauderte er zuzupaden, weil ihn diese Fülle von Möglichkeiten verwirrte. Am Ende wäre doch die Radioanlage am ergiebigften, fagte er sich nach geraumem Nachdenken und fleiterte auf das Bauer, um sich von dort aus zum Schreibtisch hinüberzufchwingen. Er war ein guter Turner und scheute vor feiner noch fo wahnwißigen Kletterpartie zurüd. Bald war Bald war auch der Schreibtisch erflommen, und es galt noch einen Weg zum Radioregal zu finden. Go ganz im Vorbeigehen ftülpte er den Aschbecher aus und warf eine Hornbrille zu Boden. Da lag noch so mancher Bleistift, der seines Schnabels harrte. Jedoch das Große im Auge, verschmähte er jede Ablenkung. Dies un jo mehr, als er jegt seine ganze Aufmerksamkeit dem Gipspferde zuwandet, das wohl die Vorsehung in die Nähe des Radioregals hingestellt hatte, um ihm zu den dort aufgespeicherten Herrlichkeiten zu verhelfen. Eins, zwei, drei war er auf dem Gaul und wetzte sich an seinem Rüden den Schnabel. Das war doch mal etwas anderes als diese mitlosen Holzdinger, die bei der sanftesten Berührung sofort Späne abwarfen. Er fonnte gar nicht mehr davon ablassen, so fein ging das. Der Radiokasten war vergessen. Bald mar der Schnabel messerscharf und er friegte wieder Lust zu knabbern. Auch dafür war hier reichlich Gelegenheit vorhanden. Der Stolze Schweif follte zuerst daran glauben. An seiner schwächsten Stelle hatte er beim legten Umzuge einen Knads davongetragen, tind so fiel es auch Bapchen nicht schwer, die Drahtsehne des Schweis fes bloszulegen. Um das weitere Arbeiten sich zu erleichtern, bog er jezt den Draht so um, daß der noch soeben gravitätisch herabwallende Schweif gleich einem Rauchschlote nach dem Himmel wies. Mit einem Eifer, als hinge sein Leben davon ab, brach Bapchen immer größere Gipsstüde heraus. Bald war der ganze Draht entblößt. nur an seinem Ende hing noch ein trauriges Klümpchen, nicht größer als eine Balmuß. Traurige Ueberrefte vergangener Größe! Aber
Tschiangkaischek.
Der Kommunist:„ Großartig, dieser chinesische Freiheitsheld Tschiangfaischet! Ein Revolutionär ohne Fehl und Makel!"
290
Beilage
des Vorwärts
fuchungsgefängnis, das Festungsgefängnis in Cuxhaven und vers schiedene Außenstellen, so zum Beispiel die Staatsdomäne Walters. hof. Im ganzen befinden sich in diesen Anstalten zurzeit etwa 3000 3nfassen. Im Jahre 1925 maren es 4500. Um die Berwaltung und leberwachung der Infassen zu gewährleisten, find 849 Beamte, Arbeiter und Angestellte in Tätigkeit; es entfallen hiervon 604 Personen auf das Aufsichtspersonal. Die Gefängnisse und das Buchthaus liegen jenseits der Bahn, die zum schönsten der deutschen Friedhöfe, zum Ohlsdorfer Friedhof , führt. Umgeben von reich mit Bäumen bepflanzten Straßen und versteckt hinter villenartigen Verwaltungs- und Beamtenhäusern lugen die Strafanstalten Fuhlsbüttel hervor, die genau denselben sonderbaren Ruf" genießen wie Plößensee bei Berlin , der Klingelpüz in Köln und andere Strafanstalten.
Während das eine Gefängnis, ein Baradengefängnis, im Jahre 1865 erbaut wurde und gegenwärtig etwa 500 Insassen aufweist, wurde die andere Anstalt im Jahre 1879 erbaut; sie hat 178 Rellen, 13 Arbeitsfäle, 4 Wohnsäle und 6 Schlaffäle. In den Westätten dieser Anstalt finden die Insassen Verwendung. Sie arbeiten dort in ihrem Berufe, oder aber sie erlernen einen solchen. Vielfach macht sich auch infolge Untauglichkeit zu einem Berufe oder schlechter Konjunktur die Umschulung notwendig. Es sind mit Wertstätten vertreten Schneider, Tischler, Sattler , Musiker, Mechaniker, Schlosser und andere. Allgemein macht man die Feststellung, daß die Infaffen gern arbeiten. Früher wurden sie mit allerlei zwecklosen und wenig produktiven Arbeiten beschäftigt. Heute aber tragen fie mit dazu bei, die Anstalt zu erhalten und fördern fich beruflich nach mancher Richtung hin. Tagsüber sind sämtliche Bellen leer. Alles befindet sich auf der Arbeit. Die Wohnsäle werden nur zur Einnahme des Effens benutzt. Die Einzelhaft in der früheren Form, die den Insassen tagtäglich nur in seiner Belle sigend fannte, ift völlig verschwunden. An ihre Stelle sind gemeinschaftliche Wohnund Schlafsäle getreten.
Das Zuchthaus in Fuhlsbüttel ist ein im Jahre 1906 erbauter Strahlenbau, der von einer Stelle aus überwacht werden fann. Das Zuchthaus verfügt über 577 Bellen, davon waren bei meinem Besuch 429 besetzt. Es verbüßten 274 Personen Zuchthausftrafen von 1 bis 5 Jahren, 96 Personen solche von 5 bis 10 Jahren, 26 Personen solche von 10 bis 15 Jahren und 21 Personen solche von über 15 Jahren. Unter ihnen befanden sich 15 Personen, die zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt worden sind.
Im Zuchthaus befinden sich unter anderem die Buchdruckerei und die Setzerei, außerdem liefert die dort untergebrachte Bäckerei das Brot für sämtliche Anstalten. Nicht weniger als 4000 Brote werden täglich hergestellt und durch eigene Pferdegespanne und Kraftfahrzeuge verteilt.
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Wie sieht ein 3uchthaus aus? Das Vergel tungsprinzip war früher im Strafvollzug maßgebend. Oft er. eignete es sich, daß Insassen zum Willkomm" und zum Abschied" zahlreiche Schläge auf den entblößten Körper über sich ergehen lassen mußten. Dann wurden sie in die Zelle gesperrt wie Tiere. Daß mit einer solchen Methode, die zahlreiche Schikanen mit sich brachte, ein Zuchthäusler nicht gebessert" werden konnte, versteht sich wohl von selbst.
Buchthäuser wirken schon durch ihr Aeußeres nicht sympathisch. Finzu fam früher, daß Zellen und Umgebung völlig fahl waren. Heute im modernen Strafvollzug will man den Menschen wieder zur Geltung kommen lassen. Man will ihn nicht weiter hinabstoßen, sondern emporheben. Der sonst so tahle Hof, in dem die täglichen Spaziergänge im Gänsemarsch gemacht werden mußten, gleicht heute einem Garten. Er ist mit schönen bunten Blumen und hier und da auch mit Gemüse bepflanzt. Die Gänsemärsche in der früheren Form haben ihr Ende gefunden; die Insassen haben eine Die früher Der fliegende Kommunist:„ Ischiangtaifchet, der Ver- Freiſtunde, die zum Spaziergang verwendet wird. räter! der Bluthund! Er wirft mich selbst hinaus!"
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auch dieses Klümpchen wäre seinem Schicksal nicht entgangen, wenn nicht verdächtige Geräusche im Treppenhaus den Missetäter bewogen hätten, sich aus dem Staube zu machen und das im buchstäblichen Sinne. Denn sowohl Täter wie Tatort trugen die weißen Spuren
der Berwüstung.
Der Weg nach dem Bauer zurück wurde fluchtȧrtig zurückgelegt. Denn schon regte sich das schlechte Gewissen. Gewöhnlich mußte er folche Ausschreitungen mit längerer Haft büßen Die Tür öffnete sich. Es war nur das fleine Schulmädchen. Das würde sich hüten, gegen ihn vorzugehen. Er brauchte es nur ein mal anzubrüllen, um sich vor Uebergriffen zu schützen. Die Kleine verschwand im anderen Zimmer, ohne auch einen Blick auf den Schreibtisch zu werfen. Also Gott sei Dank ein Aufschub! Unser Missetäter plusterte sich den Staub vom Gefieder, stärkte sich durch einen fühlen Trunt und nahm sich vor, den Ereignissen gelassen entgegenzusehen. Bald war er auch eingenickt.
Ein ohrenbetäubendes Gelächter riß ihn aus dem Schlaf. Inmitten des Zimmers stand sein Herr, noch in Mantel und Hut und schien vor Lachen zu vergehen. Der Anblick des würdevoll dahinDer Anblick des würdevoll dahintrabenben Roffes mit dem fed nach oben gedrehten Drahtschwänzchen und dem vereinsamten Gipsflümpchen an seiner Spize hatte seinen Born zunächst entwaffnet. Als Papchen sah, daß das Gewitter so gnädig vorüberzuziehen schien, stimmte er ins Gelächter mit ein und wollte sich trot wiederholter Berwarnungen immer noch nicht beruhigen. Es sollte aber noch besser kommen: das fleine Mädchen wurde hereingerufen und tüchtig ausgescholten, weil es eigenmächtig den Bapageien herausgelassen hätte. Ihre Unschuldbeteuerungen blieben erfolglos. Das Geschrei wurde immer lauter, besonders als die Mutter hinzufam, die an dem Gipsroß mit dem Budelschwanz sichtlich weniger Gefallen fand als der Hausherr. Die von der Kleinen geäußerte Bermutung, der Papagei tönne ja von alleine herausgeklettert sein, wurde als" faule Ausrede" verworfen, und die vermeintliche Sünderin verließ heulend das Zimmer. Soviel Spaß auf einmal hatte der Papagei noch nie erlebt. Aus seiner Begeisterung heraus schmetterte er seinen ganzen Wortschatz herunter, lachte, huftete, trällerte und flatterte schließlich auf den Fußboden hinab. Er war der Held des Tages, eine gefeierte Persönlichkeit. Er war gerächt!
Ein Besuch im Zuchthaus Fuhlsbüttel .
Von Wilhelm Kindermann.
Die Deffentlichkeit hat ein Interesse daran, zu erfahren, in welcher Weise die von der Justiz ausgesprochenen Strafen an Ver brechern und Gesetzesübertretern vollzogen werden. Im Strafvoll. aug hat sich in den letzten Jahren eine völlige Umwandlung voll zogen. Immer mehr greift der Gedanke der Erziehung und Arbest im Strafvollzug Plak : mehr und mehr verschwindet das Bergeltungsprinzip. Zu den Anstalten, die von jeher fortschrittlich eingestellt waren, gehören die Strafanstalten des hamburgischen Frei staates, die sich in der Hauptsache in Fuhlsbüttel befinden. Der Strafvollzrg in Hamburg vollzieht sich in insgesamt zwölf Anstalten. Es sind dies zwei Gefängnisse für Männer, ein Bucht haus, ein Frauengefängnis, ein Arbeitshaus für Frauen und Mäde chen, ein Jugendgefängnis auf der Elbinsel Hahnöfersand , das Unter
völlig tahle Belle tann sich der Insasse ausschmücken. Hier tritt Dem schon der progressive Strafvollzug in Geltung. Insassen werden nämlich nach und nach bei guter Führung Erleichterungen und Vergünstigungen gewährt, die ein unehrlicher und widerspenstiger Insasse nicht hat. So gibt es Vergünstigungen beim Briefeschreiben, bei der Ausschmückung des Zimmers, bei der Löh. nung für getane Arbeit.
Die Bibliothet des 3uchthauses ist äußerst reichhaltig. Es sind für sämtliche Anstalten etwa 38 000 Bücher vorhanden, die äußerst rege benutzt werden. Wenig oder fast gar nicht wird religiöse Literatur verlangt. Der Insasse liest mit Eifer illustrierte Werke, Reiseerzählungen, Biographien und unsere Klassiker. Ein besonderes Merkmal für den Bildungshunger im Zuchthaus ist es, daß die Sprachkurse in Englisch und Spanisch so start besucht sind, daß feine weiteren Schüler aufgenommen werden. Ganz besonders interessieren die hamburgischen Grundsäße zur geistigen und seelischen Hebung der Insassen. Aufgabe des Unterrichts ist es, die Gefangenen vor allem sittlich zu heben, sie geistig anzuregen und nach Möglichkeit Lücken in ihrem Wissen auszufüllen. Die Lehrer sind hinsichtlich der Methode des Unterrichts frei. Der Ausschluß eines Gefangenen vom Unterricht darf nur erfolgen, wenn er sich in diesem gegen die Anstaltsordnung gröblich vergangen hat. Der Unterricht wird in besonderen Schulräumen erteilt, die laut Anordnung mit Bildern und ähnlichem Schmuck auszustatten find. Unter der Berücksichtigung der individuellen Begabung der einzelnen Gefangenen werden fie drei verschiedenen Klassen zugeteilt. Neben der fachlichen Fortbildung geht ein lebens kundlicher unterricht einher, der ganz besonders den Gedanken der Erziehung des Gefangenen zu einem brauchbaren Staatsbürger in den Bordergrund stellt. Unter Berzicht auf Moralisieren soll der Unterricht der Lebenstunde danach streben, den Gefangenen zum Ver ständnis für Recht und Gesetz zu führen, die in ihm liegenden sitt lichen Kräfte zu wecken und zu stärken. In besonderen Stunden werden Mitteilungen über michtige Tagesereignisse gemacht. Jezt üben 16 Lehrer und ein Pfarrer ihre Tätigkeit aus. Früher gab es mehrere Pfarrer und dafür keine Lehrer. Außer Musikchören find auch Gesangschöre gebildet, die mit Konzerten vor ihren Mitgefangenen aufwarten. Die Gefangenen besuchen die Konzerte sehr gern. Weniger gern gehen sie zur Kirche, und da der Kirchgang freigestellt ist, ist die Zahl der Kirchgänger oft sehr gering. Jede der Fuhlsbütteler Anstalten, auch das Zuchthaus, weisen schöne, von den Gefangenen in ihrer Freizeit angelegte Sportpläge auf. hinsichtlich der fachlichen Ausbildung und Umschulung Großes leisten. In der großen Seßerei und Druckerei mit modernen Maschinen befinden sich wohl im ganzen zwei Buchdrucker alle anderen, es find sehr viele, haben das Sehen und Drucken erlernt und üben ihren neuen Beruf mit der gleichen Geschicklichkeit aus wie im freien graphischen Betrieb. Schwierigster Tabellensatz und sauberster Drud zeugen davon, daß die Gefangenen ihren neuen Beruf ernst nehmen. Auch in den anderen Betrieben herrscht eine auffallende Arbeitsfreudigkeit. Bemerkenswert ist noch, daß die Unternehmerbetriebe aus dem Zuchthaus so gut wie verschwunden sind und daß alle Arbeiten entweder für die Strafanstalten oder den Staat geleistet werden.
Ein besonderes Kapitel bilden die Werkstätten, die gerade
Neue Wege im Strafvollzug schlug man bei der Errichtung des Jugendgefängnisses ein, bas 1920 erbaut wurde. Es sind dort etwa 160 Minderjährige( 18-21 Jahre) und 10 Jugendliche ( 14-18 Jahre) untergebracht Das Jugendgefängn's befindet sich auf der Elbinsel Hahnöfersand , die 20 Kilometer unterhalb Hamburgs liegt. Die Insel hat einen Flächeninhalt von 250 hektar, eine Länge von etwa 3,5 Kilometern und eine Breite von etwa 1 Kilometer. Das Gefängnis steht vollkommen frei und hat nicht die unsympathischen hohen Mauern,