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Millionenbetrug vereitelt! Die erfolgreichen Ermittlnngsmethoden der Kriminalpolizei.

Zwei raffinierte Schiebungen sind bei einer h'esigen größeren Bank aufgedeckt und die Täter verhaftet worden. Es handelt sich um den an sich nicht hohen Gesamtbetrag von 5000 Mark. Die Art der Ausführung aber läßt erkennen, daß die beiden kleinen Schiebungen ohne Zweifel nurProbearbeiten" waren, die zur Bor- bereitung eines größeren Schlages dienen sollten. Bemerkenswert und hochinteressant ist auch, daß man hierbei einmal einen Ein- blick in die Arbeitsmethoden der Kriminalpolizei erhält, die denn auch zum Erfolg geführt haben. Man sieht daraus, daß dos Gewerbe der Herren Diebe und Betrüger immer unrentabler wird. Ein Kunde der Bank gab eines Tages den Auftrag, gewisie Papiere zu verkaufen und den Erlös seinem Konto gulzüfchreiben. Er erhielt auch ordnungsgemäß die Schlußnote. Erst nach einem Bierteljahr kam man, als der Kunde die Bank persönlich besuchte, wieder auf dieses Geschäft zu sprechen. Jetzt ergab sich, daß der Be- trag von 300 Mark wohl durch alle Bücher gegangen, aber nicht in der Kasse war. Die eingehenden und langwierigen Ermittlungen der Kriminalpolizei führten endlich zu der Feststellung, daß die 3000 Mark auf das Konto eines Zofef Großmann bei einer hiesigen kleinen Bank überwiesen worden waren. Dieser Großmann aber hatte den Betrag bald nach dem Eingang abgehoben, sein Konto aufgelöst und war nicht zu finden. Ein Beamter oder Angestellter der Bank mußte bei der Schiebung sein« Hand im Spiel gehabt haben, war ober auch nicht herauszufinden. Da kam fünf Monats später eine neue Schiebung ans Licht, die 2000 Mark betrug. Sie

betraf einen anderen Kunden der Bank, der Erlös für die Eji... war auch einer ankeren kleinen Bank überwiesen, aber wieder a, das Konto Joses Gcoßmaua. Die Bergleichung der Handschristen zeigte nun, daß man es mit demselben Empfänger wie früher und auch mit demselben Mann von der Bank zu tun hsoen mußte. Großmanns Konto war wieder aufgelöst. Weil alle Nachforschungen nach einem Josef Großmann in Groß�Dcrlin erfolglos blieben, so richteten die Kriminalbeamten ihr Augenmerk jetzt auf die Träger des Namens Groß, weil man mit der Möglichkeit einer Namensfälschung durch Verlängerung rechnete. So kam man nach iVi Jahren endlich aus die richtige Spur, einen 56 Jahre alten Joses Groß aus der Galoaniftraßc, der früher bei «Inem Wachinstitut angestellt war. Die Handschriften von Briefen, die dieser Groß von anderen Leuten erhalten hatte, wurden nun ver- glichen mit Handschriften von Beamten und Angestellten der Bank. die in Betracht kommen konnten, und so fand man endlich heraus, daß nur ein 4t Jahre alter Fritz Dorcherk der ungetreue Angestellte der Bank sein konnte. Borchert wurde in der Bank festgenommen und gab bei einem eingehenden Derhör die Verfehlungen auch zu. Der Plan war von ihm ausgegangen. Daß er Absichten auf weitere Schiebungen gehabt hatte, bestreitet er zwar. Das ganze Verfahren und dietechnische Derbesserung" in dem zweiten Fall lassen aber sicher darauf schließen. Es hätte schließlich auch ein Mlllionenschlag gelingen können, wenn nicht die Vorbereitungen aufgedeckt worden wären. Groß, der in seiner Wohnung festgenommen und von der Dienststelle v t eingehend verhört wurde, ist ebenfalls geständig. Beide wurden dein Untersuchungsrichter vorgeführt.

der Toü öes Ministers tzofle. Gerichtsarzt Thiele vor dem Disziplinargericht. Nach dem Tode des ehemaligen Reichspostministers Dr. Höste im Moabiter Untersuchungegesängnis wurden schwere Borwürfe gegen den amtierenden Gerichtsarzt Dr. Thiele lgut, der an dem fraglichen Tage den bereits schwerkranken Minister nur einmal flüchtig gesehen und dann, als sich der Zustand des Patienten ver- schlimmerte, dem Pflegepersonal telcphonische Anweisungen über die Behandlungsmethode Dr. Höfles gegeben hat. Gleichzeitig liefen auch von anderer Seite Beschwerden über Dr. Thiele ein, die ihm vorwarfen, daß er sich um Patienten im Untersuchungsgefängnis nicht genügend gekümmert, an anderen Fällen falsche Angaben über den Zustand von Untersuchungsgefangenen gemacht habe. Diese Beschwerden führten zu einem Disziplinarverfahren, das augenblicklich vor dem Disziplinorfenat des Kammergerichts unter Borsitz von Senatspräsident Meyer stattfindet. Die Anklage wird von Oberjustizrat Lemkes, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Strafvollzugsamtes, vertreten. Dr. Thiele wird von den Rechts- anwälten Dr. Heinrich Werthauer und Dr. Kneifel verteidigt. Dr. Thiele wird vorgeworfen, daß er seine Amtspflichten nicht genügend wahrgenommen, und daß er sich Nachlässigkeit in seinem Dienst habe zu Schulden kommen lassen. Die ersten Fälle, die gestern zur Sprache kamen, betrafen einen Untersuchungsgefangenen Zachler, der in seiner Anzeige gegen Dr. Thiele behauptete, daß dieser ihn nicht genügend untersucht und einem vorhandenen Darm- leiden keine Bcachkung geschenkt habe. Zachler beruft sich darauf, daß er so heftigen Blutverlust in der Zelle gehabt habe, daß sogar die Matratze über und über mit Blut bedeckt gewesen sei. Trotzdem habe Dr. Thiele nichts getan, um ihn in das Lazarett überführen zu lassen. In einem zweiten Fall wurde Dr. Thiele vorgeworfen, daß er bei einer Frau Schwangerschaft festgestellt habe, ohne daß die betreffende Gefangene sich überhaupt Mutter gefühlt habe, während er in einem dritten Fall die Schwangerschaft einige Monate zu spät erkannt habe. Der Disziplinarsenat hatte eine An- zahl medizinischer Sachverständiger geladen, die sich über die ein- zelnen Punkte der Anklage eingehend zu äußern hatten. In der gestrigen Verhandlung wurde Dr. Thiele durch den von der An- klage geladenen medizinischen Gutachter Professor Trembur erheblich belastet, der in den einzelnen Fällen das Vorgehen und die An- vrdnungen Dr. Thieles für fehlerhaft vom medizinischen Standpunkt aus betrachtet, erklärte. In der heutigen Verhandlung wandte man sich dann dem Fall H ö f l e zu. Reichsminister Höfle hatte sich Narkotika in größeren Mengen zu verschaffen gewußt und sie an seinem Todestage in den frühen Morgenstunden in sehr großen Mengen«Ingenommen. Dr. Thiele erschien an dem fraglichen Tage, einem Sonntag, mittags nur für kurze Zeit im Untersuchungsgefängnis und stattete Dr. Höfle eine flüchtigen Besuch ab. Am Nachmitag sah dann der Gerichtsarzt Dr. S t ö r m e r ebenfalls Dr. Höfle für kurze Zeit, der jedoch annahm, daß Dr. Thiele dem Pflegepersonal bereits An- ordnungen über die Behandlung Höfles gegeben hätte. Als sich gegen Abend der Zustand des Ministers so erheblich verschlimmerte, daß die Gefangenenwärter ernste Besorgnisse bekamen, riefen sie bei Dr. Thiele in dessen Wohnung an. Thiel« kam jedoch nicht ins Gefängnis, sondern gab telephonisch eine De- Handlungsanweisung. Diese Tatsache wird Dr. Thiele besonders zur Last gelegt. Er hätte auf die Nachricht, daß das Befinden des Kranken sich stark verschlimmert habe, obwohl es Sonntag war, ins Untersuchungsgefängnis fahren müssen und nach Ansicht der medizinischen Sachverständigen, besonders des Professors Lewin, hätte er als Arzt sofort die Anwendung des Magenschlauches verordnen müssen, um das im Körper Höfles befindliche Gift durch Ausspülungen zu beseitigen. Daß er die Ausspülung des Magens bei Minister Höfle Unterlasten hat, wird ihm als besonders schwer- wiegender Kunstfehler angerechnet. Die Verhandlung über den Fall Höfle wird auch am Mittwoch noch fortgesetzt werden, so daß das Urteil gegen Dr. Thiele vermutlich erst am Mittwoch abend oder am Donnerstag zu erwarten ist._ Anerkennung von tvohlfahrtspflegern. Neue Borschriften des WohlfahrtSministers. Wie der Amtlich« Preußische Pressedienst einem Runderlaß des Bolkswohlfahrtsminlsters entnimmt, können Wohlfahrtspsleger(Für- sorger, Sozialbeamte), die auf dem Gebiete der Jugendwohlfahrts- pflege oder der Wirtschafts- und Berufsfürsorge oder der all- gemeinen Wohlfahrtspflege tätig sind, die staatliche Anerkennung als Wohlfahrtspsleger(Fürsorger, Sozialbeamte) für das betreffende Hauptfach erhalten, falls sie den Lehrgang einer von dem Minister zur Ausbildung von Wohlfahrtspflegern(Fürsorgern, Sozial- beamten) versuchsweise zugelassenen Anstalten besucht und nach be- standencr Prüfung sich mindestens ein Jahr in praktischer sozialer Arbeit, die auf einem Gebiete des für die Prüfung ge- wählten Hauptfaches liegen muß, bewährt haben. Wohlfahrtspsleger(Fürsorger, Sozialbeamte), die m i n d«- stens3Jahre auf einem Gebiet der Jugendwohlsahrtspfkcge oder der Wirtschafts- und Berufsfürsorge oder der allgemeinen Wohl- fahrtspslege hauptberuflich tätig sind, können die staatliche Anerkennung als Wohlfahtrspfleger für das betreffende Hauptfach durch Teilnahme an einem von dem Minister zur Borbereitung von Wohlfahrtepflegern auf die staatliche Prüfung zugelassenen Nach- schulungslehrgang und bestehender Abschlußprüfung er- werben. Unter welchen Boraussetzungen in ganz besonderen Einzelfällen bei Nachweis von in mehr als sünstährtger Tätigkeit erworbenen Erfahrungen, hinreichenden theoretischen Kenntnissen und hervor- ragender Eignung ausnahmsweise die staatlich« Anerkennung als Wohlfahrtspsleger ohne Ablesung der Prüfung erteilt werden kann, wird vom Minister entschieden werden.

Sozialistenehrung in Sukarest. Strastentaufe und Sozialisten. Man kann nicht sagen, daß es allzu häufig Veranlassung gibt, aus Rumänien etwas Erfreuliches zu melden: Der Terrorismus der Faschistenrcgierung des Generals Averescu ist von uns oft genug gegeißelt worden! Jetzt aber erhalten wir aus Bukarest die Nachricht, daß die sozialdemokratische Fraktion des Gemeinde- rats im vierten Bezirk der rumänischen Hauptstadt den Antrag.ge- stellt hat. drei Straßen nach Führern der rumäni» schen Sozialdemokratie ,u benennen. Es handell sich um die verstorbenen Genossen Mille, den Begründer des wissenschaftlichen Sozialismus in Rumänien . Dobrogeanu- G h e r a. den Verfasser derReoibagia"(Die neue Hörigkeit"), eines Werkes, das in der sozialistischen Beurteilung der Agrarfrage einzig dastehend ist, und Frimu, den durch die Reaktion«rmor- beten Vorkämpfer der rumänischen Arbeiterschaft. Der Antrag wurde angenommen. Bravo!

Selbstmorüverfuch von Mutter und Tochter. Eine Tat religiösen Verfolgungswahns. Gestern abend versuchten die 49 Jahre alte Ehefrau des Rohr- legers Ernst Hönicke und ihre 27 Jahre alte Tochter Erna in der Jeverstr. 22 zu Steglitz sich mit Gas zu vergiften. Beide gehörten fett einiger Zeit einer religiösen Verein! gung an und waren in dieser so stark beeinflußt worden, daß sie immer mehr an Verfolgungswahn litten. Sie bildeten sich namentlich ein, daß sie demnächst sterben müßten und kamen so auf den Ge- danken, ihrem Leben selbst ein Ende zu machen. Hönicke hatte den Erscheinungen zunächst keine Bedeutung beigelegt, stand ober jetzt doch im Begriff, einen Arzt zu Rate zu ziehen, weil sich das Leiden der beiden Frauen von Tag zu Tag verschlimmerte. Als er gestern von der Arbeit heimgekehrt war, legte er sich ermüdet auf ein Ruhe- sofa und schlief ein. Kurz nach 9 Uhr erwachte er und bemerkte zu seinem Schrecken, daß die ganze Wohnung mit Gas an- gefüllt war. In der Küche fand er feine Frau und feine Tochter besinnungslos auf dem Fußboden liegen. Sie hatten zuerst den Zuleitungsschlauch durchschnitten und die Hähne aufgedreht, und dann hatte jede ein Ende des Schlauches in den Mund genommen. Hönicke riß die Fenster auf und rief die Rettungsstelle, das 192. Re- vier und die Feuerwehr zu Hilf«. Sanitätsrat Dr. Scholz von der Rettungsstelle und Samariter der Feuerwehr machten mit dem Sauerstoffapparat Wiederbelebungsversuch«, die dann auch Erfolg hatten. Mutter und Tochter wurden nach dem Auguste-Viktoria- Krankenhaus gebracht. * Gestern nacht gegen 3 Uhr wurde die Feuerwehr auf den AlarmMenschenleben in Gefahr" nach der Höchste st r. 9 ge- rufen. Von Hausbewohnern wurde an einem Wohnungsfenster starker Feuerschein wahrgenommen. In wenigen Minuten war das ganze Haus alarmiert. Di« Wohnungsinhaberin. ein Fräulein Em ni a Welk, gab auf Anrufs keine Antwort, so daß das Schlimmste besürchtet werden mußte. Die herbeigerufene Feuer- wehr drang in die verqualmte Wohnung ein, wo man Fräulein W. leblos ausfand. Ein Teil der Wohnungseinrichtung brannte, konnte jedoch nach kurzer Zeit gelöscht werden. Der erste Befund ließ vermuten, daß Fräulein W. den Erstickungstod gefunden hatte. Die ärztliche Untersuchung der Leiche und die Feststellung der Kri- minalpolizei ergaben jedoch einwandfrei, daß Fräulein W. Selbst. m o r d verübt hatte. Die Gashähn« waren geöffnet, so daß größere Mengen Gas ausströmten, die ihren Tod herbeiführten. Durch ein« brennende Petroleumlampe waren Gardinen in Brand geraten, von wo sich das Feuer weiter ausbreitete. Emma Welk istdieSchwesterdesDichtersEhmWelk. dessenGewitter über Gottland" in der Volksbühne soviel von sich reden machte.____ Direktor Kuhnert wird ausgeliefert. Kürzlich wurde, wie wir mitteilten, der 29 Jahr« alt« Bank- direktor Max Kuhnert in Poris verhaftet. Man hatte dem K. die Beseitigung gerichtlicher Strafakten, die seine früheren Verfehlungen betrafen, nachgewiesen. Di« von deutscher Seite auf diplomatischem Wege beantragte Auslieferung schien zunächst zweifelhaft zu sein. Es stand nicht fest, ob Frankreich auf die Beschuldigung des Ver» brechen? der Anstiftung zur Attenbeseitiaung ausliefere. Wie jetzt bekannt wird, hat die zuständige Pariser Kammer die Aus- lieferung beschlossen. Kriminolkommistar Kanthack wird mit einem seiner Beamten in den nächsten Tagen nach Paris fahren, um Kuhnert nach Berlin abzuholen. Der Kampf um die ErwerbslofeN'Kohleukarte. Wie«ine Himmelsbotfchaft wirkt« die jüngst ergangene Vi- kanntmachung des Magistrats, daß auch noch im April Kohlen- karten für Erwerbsloj, zur Verteilung kämen. Unter den Vielen, die sich darum demühten, befand sich auch«in» jetr Ottober 1924 stellungslose, olletnstehend», älter, kaufmännisch« A n« gestellt«, die zurzeit trank ist und daher doppelt«tn«r warmen Stube bedarf. Si« war um dieser Vergünstigung oorstellig g«. worden, hotte jedoch den Bescheid erhalten, da sie zurzeit b a u» k r a n t geschriebrn sei und daher nicht unter die Erwerbs. lojen-Unterstützungsempfänger zählt. Ein Beamter verwies sie ans Wohlfahrtsamt, dos wiederum seinerseits einzig und ollein die Erwerbslofen-Fürforge als kompetent bezeichnet« und ihr riet, noch. mals dort ihr Hell zu versuchen. Wieder lief die Aermst« dahin, wieder vergebens. Der Beamte verweist sie an den Vorsteher, dieser an den Dezernenten, der ihr erklärt, daß nur Karten sür laufende Unterstützungsempsänger vorhanden seien. Dabei bezog die Frau aber bis 7. April T>. I. fortlausend die Unterstützung der Stadt und ist nur vorübergehend krank geschrieben. Vielleicht wäre es doch möglich, in besonders dringlichen Fällen, vom toten Buchstaben der Vorschriften Abstand zu nehmen und diesen vom Schicksal ohnedies Verfolgten ein wenig Wärme, in des Wortes tiefster Bedeutung zu spenden. Gefängnis für die Beleidiger Dr. Schachts. In Moabit fand gestern wieder ein Beleidigung, p r o z e ß de» Reichsbankpräsidenten Schacht gegen zwei Vertreter de» Auf. wertungsgedankens Leer und Roll statt. Vor dem Gerichtssaal hatte sich eine große Menschenmenge angesammelt, so daß Polizei- beamt« zur Aufrechterhaltung der Ordnung aufgeboten werden j

mußten. Der Staatsanwalt hatte wegen fortgesetzter Be. l e i d i g u n g und übler Nachrede je fünf Monate und eine Wocke Gefängnis beantragt. Als Dr. Schacht nach diesem Antrag das Gerichtsgebäude verließ, wurde er mit lauten Beschimpfungen von der erregten Anhängerschar seiner Prozeßgegner verfolgt. Das Urteil lautete wegen öffentlicher Beleidigung des Reichsbank- Präsidenten auf je zwei Monate Gefängnis. Ein neues Jugendheim für Moabit . Der Verwaltungsbezirk Tiergarten hat für den nördlichen Teil ein neues Jugendheim erhalten, das den Jugendlichen von Moabit willkommen sein wird. Aus dem Grundstück Lehrter Straße 18/19 ist in einem Fabrikgebäude ein reichlich großer Raum in vier kleinere zerlegt worden, die man recht freundlich und behaglich eingerichtet hat. Bei der Eröffnungz- feier gedachte Bürgermeister Doflein in seiner Ansprach« auch des Malers Eugen Lindenberg, der mit seinen Gemälden aus der Mark Brandenburg die Räume geichmückt hat. Stadtrat Dr. Ianke, der Dezernent für die Jugendpflege im Bezirk, konnte mitteilen, daß schon für die fünf Haupttage von Montag bis Freitag das Heim, das 200 Besucher aufzunehmen vermag, voll oergeben ist. Sonn- abend und Sonntag sind ja in der wärmeren Jahreszeit die Tage, an denen die Jugend den Heimen gern fernbleibt und lieber in die Wälder hinauszieht. Lehrer Kaiser , der im Bezirk die Arbeit an den erwerbslosen Jugendlichen leitet und auch die Leitung des Heims hat, sprach über die Erfolge dieser Arbeit. Mancher der zum Heim kommenden Jugendlichen bringt, sagt« er, die Zügellosigkeit der Straße mit. Aber es gelingt, auch die Zügel- losen in die Gemeinschaft hineinzuziehen und ihr einzuordnen. Er berichtete über die erfolgreichen Bemühungen, die erwerbslosen Jugendlichen in Lehrgängen zu beschüstigen, die ihrer beruf- lichen Fortbildung dienen.

Die Notstandsaktion der Schauspieler. Ein leeres Haus! Wie hohl und unwahr klingt ein jedes Wort, das Lachen verzerrt sich zur Fratze und aus allen Ecken und Winkeln grinst der arme, verhöhnte, buntbemalte Hanswurst. Und zu dem rein ideellen Manko kommt hier in diesem Falle das horte, unerbittliche Minus in der Kaste. Di« Schauspieler spielen ja nicht für feste Gage, sondern auf Teilung der abendlichen Ein- nähme. Und da kommt, selbst bei gutem Besuch, auf den einzelnen herzlich wenig, geschweige bei einem schlecht gefüllten Hause. Helft ihnen durch den Besuch der Borstellungen. 8 0 P f g. kostet der Platz und man sieht wirklich gute Stücke bei guter, künstlerischer Darstellung. Zurzeit werden Romain Rolland '»Die Wölfe" gespielt, eist Revolutionsdrama aus der Zeit der großen französischen Revolution, das bei ssiner kürzlich erfolgte» Premier« sehr viel Beifall fand. Die Vorstellungen finden am 27., 28.. 29. April, 4., 3.. 6., 11.. 12. und 13. Mai nach der Datumsfolgs in folgend?» Sälen itatt: Saalbau Hochscbulbraverci, Märchenbrunnen, Sckiloß- brauerei Schöneberg , Böhmisches Brauhaus, Landsberger Allee , Lindners Konzerthaus Pankow, Stadthalle Weißensee, Krieger- vereinshaus Chausteestraße, Andreas-Festsöl« und Prachtsäle Treptow abends 8 Uhr statt.

Trauerfeier für Paul Rathan. Zu Ehren des vor kurzem ver- storbenen Dr. Paul Nathan wurde am Montag on dein Tage, an dem er sein 70. Lebensjahr vollendet bätt« eine Trauer­feier im Hilssverein der deutschen Juden veranstaltet. Den Hilssverein der deutschen Juden gründete Paul Nathan vor einem Vierteljahrhundert zusammen mit Dr. James Simon , um planvoll Schutz und Hilfe für die Juden Osteuropas betreiben zu können. James Simon , der Vorsitzende des Vereins, hielt dem verstorbenen kie Gedenkrede, die in schlichter Sachlichkeit das Wirken Nathans schildert«. Für Freiheit, Gerechtigkeit und Menschenwürde habe Nathan, führte er aus. von dem Tage an sich eingesetzt, wo er Im Jahre 1883 al»«in Sechsundzwanzig- jähriger zuerst im öffentlichen Leben auftrat. Vom Kampf gegen den Antisemitismus gelangte Nathan zur Betrachtung der allgemei- nen Lag« der Juden in Europa und zu Bemühungen, den Kultur- stand der Juden Osteuropas zu heben. Simon gedachte auch der politischen Arbeit Nathans in der von ihm gegründeten Zeitslbriit ..Nation" und in der Berliner Stadtverordnetenversammlung. Daß Paul Nathan , der als bürgerlicher Demokrat begonnen hatte, später zur Sozialdemokratischen Partei übertrat und ihr im letzten Jahrzehnt seines Lebens angehört hat, erwähnte der Redner nicht. ZlnkUemIkett als Judenmorder. In W i l n a wurden am Sonntag zwei jüdisch« Kausleuie. der 23jährige Kantorowicz und der 20jährige Zablocki aus Baranowicz. voneiner GruppeAntisemiten geknebelt zum katholischen Friedhof gebracht und dort ermordet. Genosse Professor«rolsatin hält im Rohmen der von der Uni' Heilung silt Er d t u n d e und Eugenik veranstalteten Bor- tranSreihe amvonnerttna. dem ZS.TlUril. nachm. von 5 7 Ubr. Im Zeu« tralinstltut sür Erziehung und Unterricht, Potsdamer Dlr. 120, einen Dortrag über Gehaltszahlung. Famiiienlöbne und Eltern- schaHSversicherung im D i e n lt der Eugenik. Nach ibm spricht RmtSgerichlSrat Dr. Schubert über Rasserbtiqiene und Recht.?lm Mittwoch, dein 27. April, abend» 8 Uhr, an derselben Stelle: Bortrag de» OberschuleatS Dr. Kurz-Bremen: Kinherzabl und wirtichaitliche Lage im Eliernbau» der biemsschen Schulkinder imit Lichtbildern). Am Freitag, dem 29. April, nackm. S 7 Ubr: Pros. Weiteniiöfer-Derlin: Rassenhhgiene und Eheresorm. Retior Tbiede-Berlin Beamtenbesoldung und die For- derungen der PevölkerungSpolitik und Raflenhhgiene.

Parteigenossen, Gewerkschaftler!