Bor zehn Jahren waren nicht nur die Augen der Arbeiterklasse, sondern die aller Friedensfreunde gespannt auf Stocholm gerichtet in der Erwartung, daß von dort aus der internationale Sozialismus der Menschheit die frohe Botschaft des Friedens bringen würde. In allen Ländern hatten die Massen der Bevölkerung das finnlose Morden längst fatt. Nicht zuletzt die Kämpfer in den Schüßengräben und die Millionen von Gefangenen, die im fremden Lande Fronarbeit verrichten mußten.
Worauf stüßten sich die Hoffnungen der Friedensfreunde aller Länder im Frühjahr 1917? In Rußland hatte das Bolt den Zaren vom Thron gestürzt. Das war mitten im Weltkriege der Sieg einer revolutionären Bewegung. Heißen Herzens fragten sich die Friedens. freunde aller Länder: Wird die russische Revolution auch den Krieg besiegen?
Die russischen Arbeiter und Soldatenräte gaben nach dem Sturze des Baren an alle Welt die Parole aus: Frieden ohne Annegionen und Kontributionen auf Grund der nationalen Selbstbestimmung."
Formel für sehr auslegungsfähig hielt. Sie hatte ihre Vorbehalte.| überreichten Memorandum der deutschen sozialdemokratischen Selbst im Osten wollten sie auf Grenzberichtigungen nicht ganz Delegation über die Abrüftung, über das Weltschiedsgerichtsverfahren, verzichten. Da fie feine unzweideutige Erklärung abgab, mar ihre über die Kontrolle internationaler Berträge und die Abfchaffung der Zweideutigkeit der Herbeiführung des Friedens hinderlich. Die Geheimdiplomatie, über die Sicherung des Belthandels und die Ab. Erklärungen der faiserlichen Regierung genoffen im Auslande schon schaffung des Schutzzollsystems, über den internationalen Arbeiterlange, bevor der Reichstanzler Michaelis im Reichstage fein Wie schutz und über die kulturelle Autonomie der Nationalitäten gesagt ich es auffaffe" sprach, fein Bertrauen mehr. Man wußte, daß die ist, wird heute bei allen Sozialisten Anerkennung finden. In allen Regierung Bethmann und ihre Nachfolger unter dem Drud diesen Bunften sind die Gewaltverträge von Bersailles, St. Germain, der Obersten Heeresleitung, die jede ehrliche, offene Neuilly und Trianon den berechtigten Forderungen der Sozialisten Friedensgefte als ein Zeichen der Schwäche anfah, die Geschäfte führte. nicht gerecht geworden, weshalb heute noch der wahre Bölkerfrieden 1762 wurde nach dem Tode der Kaiserin Elisabeth Friedrich II. nachzuholen ist. von Preußen durch das„ russische Wunder" gerettet und so Preußen als Großmacht erhalten. Im Weltkriege hat das deutsche Große Hauptquartier aus dem„ russischen Wunder der Frühjahrsrevolution" feinen Nutzen gezogen. Ein damals gegen alle Welt ausgesprochener glaubhafter Berzicht auf alle Annexionen und Kontri butionen zur Herbeiführung eines allgemeinen Friedens hätte ficherlich die Stimmung in allen Ententeländern auf das stärkste beeinflußt. Aber solche Politik duldete der Diktator Ludendorff nicht.
In Deutschland fand diese Parole den lebhaftesten Widerhall. Die beiden sozialistischen Parteien erklärten ihr volles Einverständnis. An der Sigung des sozialdemokratischen Parteivorstandes und Partei- Die deutschen Militärs waren ohne jeden politischen Instinkt. ausschusses, die am 19. April 1917 tagte, nahmen auch Bertreter Sie überschäßten die Kraft Deutschlands und seiner Berbündeten und der österreichischen und der ungarischen Sozialdemokratie teil. In unterschäßten die durch Ameritas Beitritt in den Krieg neu gestärkten dem Beschluß dieser Konferenz wurde der Sieg der russischen Re- Ententemächte. So fand die russische Friedensparole in den maßvolution mit leidenschaftlicher Anteilnahme be gebenden deutschen Kreisen nicht das Echo, auf das sehnsüchtig die gebenden deutschen Kreisen nicht das Echo, auf das sehnsüchtig die grüßt und eindeutig das Einverständnis mit der Formel befundet, Friedliebenden der ganzen Welt warteten. Prüfftein für den deutschen die die russischen Arbeiter- und Soldatenräte zur Friedensgrundlage Friedenswillen wäre eine flare Erklärung über die restlose politische, gewählt hatten. ökonomische und militärische Freigabe Belgiens gewesen. An der Abgabe einer solchen Erklärung hinderten die Militärs die Regierung.
B
Die deutschen Sozialdemokraten hatten seit Kriegsbeginn mit den Sozialisten der neutralen Länder Fühlung gehalten. In Be fprechungen mit holländischen und skandinavischen Sozialisten war immer wieder die Frage erörtert worden, wie ein Ausweg aus diefem furchtbaren Morden zu finden fei. Sie waren deshalb sehr damit einverstanden, daß nach dem Sieg der ruffischen Revolution ein holländisch skandinavisches sozialistisches Komitee eingesetzt wurde zu dem Zweck, die Einberufung einer allgemeinen sozialdemokratischen Friedenskonferenz zu bewerkstelligen. Als Mitglieder dieses Komitees bemühten sich vor allem Troelstra und Balbarda aus Holland , Branting , Möller und Engberg aus Schweden , Stauning, Bjorgberg und Nina Bang aus Dänemark nun monatelang um das Zustandekommen einer internationalen Sozialistenkonferenz, die die Grundlage für einen wirt lichen Frieden aufzeigen sollte, der nicht den Keim zu neuen Kriegen in sich tragen würde. Ihnen zur Seite stand Camille Huysmans , der fich als Gekretär der 2. Internationale in pielen Jahren vor dem Krieg als internationaler Mittler unter den sozialistischen Barteien trefflich bewährt hatte.
Als Troelstra auf der Reise nach Stockholm in Berlin durch reifte, fanden in Anwesenheit Viktor Ablers Besprechungen mit den deutschen Sozialisten statt. Bjorgberg hatte nach Fühlungnahme mit den deutschen Sozialisten wiederum auf einer Reise nach Petersburg Das Terrain des neuen Rußland sondiert. Ueber ben festen Willen Der deutschen Sozialdemokraten, zum baldigen Frieben zu lommen, hatten die Neutralen feinen Zweifel. Die deutschen Sozialdemokraten hatten fängst die Ueberzeugung, daß der Krieg bestenfalls als unentschiedene Partie ausgehen würde, auf keinen Fall aber ein ,, Siegfrieden" zu gewinnen war, was sich übrigens die Militärs nach Der verlorenen Marneschlacht auch schon hätten sagen fönnen. In Desterreich wunderte man sich darüber, daß der Krieg überhaupt bis 1917 fortgesetzt werden fonnte. Im Friedenswillen mar dort alles einig. Raiser Karl eingeschlossen, der, mie fich gezeigt hat, mit Recht den Sturz der Habsburger fürchtete.
Bor allem aber war wichtig, daß die Sozialdemokraten darin einig waren, daß der kommende Frieden den allgemeinen Weltfrieden bringen müsse und nicht etwa einen Separat frieden mit Rußland , nach dessen Abschluß das Morden verstärkt im Westen fortgelegt werden konnte. Ein Separatfrieden mar übrigens damals gar nicht zu haben. Die in Rußland ans Ruder gefommene Regierung Rerensti ließ bald erkennen, daß sie nicht beabsichtigte, sich von den Entente- Regierungen zu trennen. Zur herbeiführung des allgemeinen Friedens forderte die Sozialdemokratie von der deutschen Regierung die öffentliche Anerkennung der russischen Formel. Die taiserliche Regierung tam dieser Forderung entgegen, weil sie die russische
Zeit und Kultur.
Eine Maibetrachtung von Heinrich Schulz. Wer längere Zeit aus wirtschaftlicher Not Hunger leidet, fann sich nicht vorstellen, daß er in Zukunft jemals einen Groschen Geldes für etwas anderes ausgeben wird als für Brot, für Fressen und Saufen", und wer längere Zeit durch Ueberarbeit bei Tag und Nacht müde und ausgeschöpft ist, fennt nur eine Sehnsucht: schlafen, schlafen und nie wieder aufwachen! Man dente nur einige Jahre zurüd an die grauenhafte Zeit des Krieges. Sprachen selbst geistig hochstehende Menschen damals über etwas anderes als über Brots farten und Fleischfarten und über erfolgversprechende Mittel, sich auf unerlaubte Weise einen kleinen Zuschuß zum rationierten Essen zu verschaffen? Und wer tages und wochenlang im Schügengraben die nervenaufpeitschende Aufregung und das furchtbare Getöse der unmittelbaren Kampffront durchmachen mußte, dachte, wenn er aus der Hölle überhaupt wieder rauskommen sollte, daß er nur noch liegen und schlafen wollte und sonst in der Welt nichts mehr. Aber solche engbegrenzten, materiellen Wünsche und Sehnsüchte halten erfreulicherweise nicht lange an. Der Hunger tritt durch die Selbstverständlichkeit regelmäßigen Effens bald in den Hintergrund Selbstverständlichkeit regelmäßigen Essens bald in den Hintergrund des Bewußtseins und mit ihm die animalische Freßger, und wer erst richtig wieder ausgeschlafen hat, hält es über die normale Beit hinaus im Bette, nicht mehr aus. Der Mensch lebt eben nicht vom Brot allein. Sobald er neben feiner täglichen Berufsarbeit Zeit gewinnt, dient fie ihm nicht zum Faulenzen, und das Geld, das nicht für die Befriedigung der unmittelbaren leiblichen Notwendigkeiten gebraucht wird, findet für geftige Interessen Anwendung Sich fait zu essen, ist an sich noch feine fulturelle Betätigung, wohl aber eine erste unerläßliche Voraussetzung dafür. Freie Zeit zu haben, bedeutet nicht immer, daß sie der Kultur nußbar gemacht wird, aber um fulturell zu wirfen, muß man Zeit haben. Zeit ist die unmittelbar notwendige Borausfegung für Kulturarbeit.
Sp zeigt es auch die Entwicklung der Menschheit. Erst als sich eine Klasse von Menschen von ber mühevollen förperlichen Arbeit Don früh bis spät freimachen tonnte, indem sie sie Unterjochten und Sflanen übertrug, erwuchsen bei ihr der Sinn und die Fähigkeit für fulturelle Arbeit, für Kunst, Wissenschaft, Körperpflege, öffent
Hingegen half der preußische Generalstab die ruffische Revo. Iution weiter zu treiben, indem er Lenin und seine Freunde im plembierten Wagen durch Deutschland beförderte. Der preußische Militarismus als Geburtshelfer des Bolschewismus! Nach dem Zusammenbruch der von den Ententemilitärs geforderten galizischen Offensive führte der Bolschewismus prompt den Sturz der Regierung Kerenski herbei. Das Schlimmste war aber, daß die Das Schlimmste war aber, daß die Politik der faiferlichen Regierung so die Offenfiotraft der Friedensanhänger in den anderen Ländern an der Entfaltung gehindert hat.
Das holländisch- skandinavische Komitee nahm inzwischen mit Eifer seine Arbeiten auf. Es wurde sicherlich dabei so manches Ueberflüssige gemacht. Als z. B. die Delegierten der deutschen Mehrheitssozialdemokratie, David, Ebert, Fischer, Molkenbuhr, Scheidemann fozialdemokratie, David, Ebert, Fischer, Mollenbuhr, Scheidemann und ich und Bauer, Legien und Saffenbach von den Gewerkschaften nach Stockholm tamen, wurden wir auf Grund eines Fragebogens eingehend vernommen. Dabei wurde auch die Bergangenheit vom Kriegsausbruch ab erörtert. Troelstra ist vorher mit uns darin einig gewesen, daß die sogenannte Kriegsschuldfrage zu erörtern zurzeit eigentlich zwecklos fei. Da andere Mitglieder des Komitees anderer Auffassung waren, haben wir uns auch über diesen Bunft eingehend ausgelassen, wobei mir allerdings mit Schärfe betonten, daß es damals nicht an der Zeit mar, über etwaige Fehler der Vergangen, heit Untersuchungen anzustellen, sondern daß es gelte, den Weg zum Frieden zu finden. Vor allem aber tonnten die Absichten bes holländisch- standinavischen Komitees nicht zum Erfolg geführt bes holländisch- standinavischen Komitees nicht zum Erfolg geführt werden, weil aus den Ländern der Entente nur auf der Durchreise nach Rußland befindliche Sozialistenführer gelegentlich nach Stodhelm tamen. Die Regierungen der Ententeländer betrachteten die beabsichtigte Konferenz mit solchem Mißtrauen, daß sie den offiziellen Delegierten der franzöfifchen und englischen Sozialisten einfach bie Bässe nach Stockholm verweigerten. So fam das Komitee über Besprechungen mit Sozialisten aus den Ländern der Mittelmächte und über die Fühlungnahme mit ruffifchen Sozialisten nicht hinaus. Zwischen mir und russischen Sozialisten fanden in Stockholm im Laufe der Monate eingehende Aussprachen statt. Die Ruffen gaben dabei die Absicht zu erkennen, daß fie selber zu einer Konferenz einladen wollten, was wiederum die Arbeit des holländisch standinavischen Komittees hemmte. So wurde die Einberufung einer allgemeinen Sozialistenkonferenz immer wieder verschoben.
Dabei wäre über die grundsägliche Friedensfrage eine Einigung unter den sozialistischen Parteien leicht zu erzielen gewesen, wenn es gelten sollte, das Fundament für einen dauerhaften Frieden zu legen. Was zum Beispiel in dem am 12. Juni 1917 in Stockholm
liches Wirken. Wo immer eine bedrückte Klasse sich aus wirtschaftlicher und politischer Gebundenheit befreite und damit Zeit gewann, erwachten bei ihr auch fulturelle Bedürfnisse und sie beeinflußte die überlieferte Kultur aus ihrem Geiste und ihren Idealen heraus.
In diesem Sinne ist die moderne Arbeiterbewegung die größte Kulturbewegung aller Zeiten. Sie hat durch den gewerkschaftlichen Kampf den Arbeitern die beiden wichtig sten und elementarsten Boraussetzungen für die Kultur verschafft: durch höhere Löhne den allmählichen Sieg über die Diktatur des Magens, durch Kürzung der Arbeitszeit die freien Stunden für fulturelle Arbeit. Indem sie die Arbeiter zur Erfenntnis ihrer wirt schaftlichen und sozialen Lage brachte und ihnen den festen Willen einflößte, die vorhandenen unbefriedigenden Zustände im Sinne ihres soz alistischen Zieles umzugestalten, entwidelte sie zugleich in jedem Arbeiter mit dem Klassenbewußtsein und dem Klaffenwillen das fulturell notwendige Persönlichkeitsbewußtsein und den Willen zu persönlicher Freiheit auf allen Gebieten, auf denen Berbundenheit miteinander und soziale Abhängigkeit nicht notwendig sind.
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Die Friedensverträge wurden eben ohne Einmirkung der Sozialisten aufgesetzt. Eine der Aufgaben der beabsichtigten allgemeinen Stocholmer Konferenz sollte sein, den Einfluß der Sozialisten auf den Frieden durch Mitarbeit der sozialistischen Internationale während der Friedensverhandlungen zu sichern. Bor dem Frieden kam aber der Zusammenbruch, weil der größenwahnfinnige preußische Militarismus einen Scheidemann - Frieden der Berständigung schroff ablehnte, hingegen 1918 noch nach Herzogs hüten für deutsche Prinzen in Kurland und Litauen jagte und die Sieg- Frieden"- Agitation von Zirpißens Baterlandspartei in jeder Weise begünstigte. Das gab wiederum den Entente- Staatsmännern die erwünschte Gelegenheit, unter Hinweis auf diese Agitation den Friedenswillen in den Ententeländern niederzuhalten, bis 1918 der militärische Zusammenbruch der Mittelmächte dahin führte, daß die Sieger über den Inhalt der Gewaltverträge frei von jeder sozialistischen Einflußnahme allein bestimmten. Waren doch die Entente- Staatsmänner sogar übereinge kommen, den Papst von den Friedensverhandlungen auszuschalten, weil er durch seine Botschaften für einen Bersöhnungsfrieden ihnen während des Krieges mehrfach unbequem geworden war.
Um der Wahrheit willen muß festgestellt werden, daß die Stock holmer Verhandlungen nicht nur für den Frieden verloren waren, fondern auch für den internationalen Sozialismus eine Niederlage bedeuteten. Auf hochgespannte Erwartungen max eine ungeheure Enttäuschung gefolgt, als die am 9. September geplante allgemeine sozialistische Friedenskonferenz zum dritten Male, und diesmal auf unbestimmte Zeit in Wahrheit für immer- verschoben wurde.
Die Militaristen aller Länder triumphierten über den Bankerott des internationalen Sozialismus. Sie hatten Grund zum Erstaunen, als es bald nach Beendigung des Völkermordens gelang, die Internationale des demokratischen Sozialismus neu zu beleben, wobei die Sozialisten der neutralen Länder von der Berner Februar- Konferenz des Jahres 1919 ab nach besten Kräften Hilfe leisteten. Nach dem Kriege sahen die breiten Massen auch in den Sieger- Ländern bald ein, daß ein mit den modernsten Mitteln ber Berwüstungstechnik geführter Krieg für Sieger und Besiegte gleich furchtbare Folgen zeitigen muß.
Das Fiasto von Stockholm lehrt uns, daß es vor allem gilt, den Ausbruch der Kriege zu verhindern. Dazu wurde der Bölferbund von den Siegermächten nach dem Kriegsende ins Leben gerufen. Aber der Bölferbund hat bisher noch fein Mittel gefunden, das gegen Friedensbrecher, besonders menn sie Großmächte find, rechtzeitig und präzise funktioniert. Das zeigt seine Berbefferungsbedürftigkeit, auf die hinzuwirken vor allem Aufgabe des internationalen Sozialismus ift. In jedem Lande müssen die Sozialisten ihren Einfluß im Barlament und auf die Regierung geltend machen, damit der Bölkerbund zu einer Inftitution wird, die diesen Namen wirklich verdient.
Nach dem Weltkriege haben die friedliebenden Maffen eines jeden Landes und die Massen sind von Haus aus überall friedliebend die Pflicht, mit allen Mitteln für die Erhaltung des Friedens zu arbeiten. Aber die Regierungen sind in einigen Ländern trotz demokratischer Verfassung so zusammengesetzt, daß sie nur schwer auf das hören, was die Sozialisten von ihnen fordern. Deshalb ist das Notwendigste, daß in jedem Lande die Arbeiterklasse eine einheitlich organisierte Macht dar stellt, die im Intereffe des Friedens stets bereit ist, ihren vollen Einfluß geltend zu machen, und daß die Arbeiter aller Länder gewillt find, in gemeinsamer Attion ihre Macht in die Wagschale zu werfen. Für die stärkste Machtentfaltung der Sozialdemokratie zugunsten der dauernden Erhaltung des Welt, friedens demonstrieren wir am 1. Mai.
ihre Kauffraft durch eine falsche Wirtschaftspolitik schwächt. Der einzelne Arbeitgeber tröstet sich und feinesgleichen hierfür mit dem Argument, daß der Arbeiter höhere Löhne doch nur zum Fressen und fürzere Arbeitszeit doch nur zum Faulenzen vermenden würde. Die ganze Klasse der Kapitalisten aber hofft durch solche Politik die Arbeiter als andrängende revolutionäre Klasse zu schwächen.
Das eine wie das andere ist falsch und unsinnig und außerdem erfreulicherweise erfolglos. Das ändert aber nichts an der Tatsache und mildert sie erst recht nicht, daß dieses Verhalten der herrschenden Klaffe, vom Standpunkt der Kultur aus gesehen, die größte Sünde ist, die an der Kultur begangen werden fann. Wenn solche b- fichten gelängen, würden dadurch gerade die größten und stärksten Quellen für die menschliche Kultur verschüttet werden. Der Kapitalist schließe einmal von sich auf andere: er hat ein großes Einfommen und viel Zeit; dient es ihm nur zur Befriedigung animalischer Ge lüfte? Gewiß bei vielen, aber doch nicht als Regel Und wie steht es bei den Arbeitern? Ist die ganze Geschichte der Arbeiterbewegung nicht eine einzige Widerlegung des fapitalistischen Argumentes? Jebe Stunde Zeit, die der denkende und wollende Arbeiter erübrigt, verwendet er neben der Vervollkommnung des eigenen Ichs, womit er mittelbar fchon dem allgemeinen Wohl dient, freiwillig und in verschwenderischem Maße zur Mitarbeit im öffentlichen Leben, zu gewerkschaftlicher und politischer Tätigkeit, zu fozialer Hilfsarbeit, zu fultureller Betätigung.
Diese gewaltige Erwedungs- und Erziehungsarbeit hat die und praktisch für die ganze Welt, für die Proletarier aller Länder" moderne Arbeiterbewegung von den ersten Anfängen an theoretisch geleistet, nicht zuletzt durch den Maigebanten, der am gleichen Tage Millionen von sozialistischen Arbeitern auf dem ganzen Erdball in gemeinsamen Gedanken, Gefühlen und Willensimpulsen vereinigt. Bon Jahr zu Jahr wird dieses Millionenheer größer, die neuesten Arbeiterfolonnen, vorläufig noch etwas unsicher im Ziel und Marschieren, haben sich im chinesischen Riesenreich in Bewegung gesetzt. Darum ist die sozialistische Bewegung an Intensität und an Ausübung fann der einzelne zumeist nicht seinem freien Willen und dehnung die gewaltigste Kulturbewegung aller Zeiten, die ihr Wesen, ihre Ziele und Ideale von Tag zu Tag mehr in der allgemeinen und überlieferten Kultur zur Geltung bringt.
Der furzsichtige Kapitalist und profitjagende Arbeitgeber wider feßt sich dieser Kulturbewegung schon in ihren elementarsten Boraus sehungen, indem er die Löhne herabzusetzen und die Arbeitszeit zu verlängern sucht. Es ist eines der traurigsten Zeugnisse für die reaktionäre Belle, die nach dem Abflauen der Novemberrevolution mit immer stärferem Schlag über Deutschland dahinflutet, daß sogar der Achtstundentag zum großen Teil wieder beseitigt und grund fäßlich in Frage gestellt wird und man die Löhne niedrig hält bzw.
Das aber gerade braucht der Boltsstaat, wenn er gedeihen soll, außer der selbstverständlichen beruflichen Tücht gfeit, von seinen Bolfsgenossen. Bei der Wahl feines Berufs und der späteren Aus.
feiner Neigung folgen, er leidet oft unter der Eintönigkeit und Unerfreulichkeit feiner Berufsarbeit. Um so mehr soll und wird er die freie Zeit, die ihm Berufsarbeit und Persönlichkeitspflege laffen, freiwillig und nach seiner Neigung im öffentlichen Leben einfeßen.
So führt der Achtstundentog, diefe alte noch immer unerfüllte Maiforderung der Arbeiter, auch wenn fie in späteren Zeiten schon über den Achtstundentag hinaus zum Sieben- und Sechsstundentag geführt hat, nicht zur Faulheit und zur fulturellen Berlotterung, fondern immer mehr zum Wachstum ber Kultur in die Tiefe und in die Breite und damit allmählich zur idealen sozialistischen Boltsgemeinschaft.