für b!« Entscheidung nicht so sehr gravirend, wie ein anderer Ehebruchsfall. in welchem festgestellt wurde, daß Schulz sich an einem Dienstmädchen vergangen hatte. Der Prozeß wurde dahin entschieden, daß Schulz wegen Ehebruchs veruriheilt und die Ehe geschieden wurde. Wegen Meineids denunzirte Schulz nun den Angeklagten und stellte als Zeugenapparat die Theil- nehmer jenes Trinkgelages ans. In der neulichen Schwurgerichts- sitzung b e s ch w o r e n alle 8 Zeugen, daß Schulz nicht das Wirthshaus verlassen hatte, sondern nur der LS jährige Agent Woltcnberg mit einer Dame im Garten promenirt hatte. Sämmtliche Aussagen gingen dahin, daß Schulz mit keinem Schritte in der Laube nnd infolge dessen auch jede unzüchtige Handlung ausgeschlossen gewesen sei. Der Staatsanwalt schenkte den Zeugen vollen Glauben und betonte, daß die Zeugen unmöglich gekauft sein könnten.„Es i st ein k l a r e r U n s i n n, daß ein Schlächter- meister sich mit einem Mädchen derart einlassen soll," so etwas halte er für total ausgeschlossen. Nach kurzer Berathung lautete der Spruch der Geschworenen auf n i ch t s ch u l d i g. Der Gerichtshof sprach Kantimm des wissentlichen Meineids frei und verfügte die Entlassung aus der Untersuchungshaft, die der Freigesprochene seit dem 22. Juli d. I. unschuldig verbüßte. Zum Kapitel: Berliner Schutzleute. Eine unberechtigte Sistirung seitens eines Schutzmannes kam in der Berhandlnng zur Sprache, welche gestern vor der neunten Strafkammer des Landgerichts I gegen den Fuhrmann Albert Witt stock statt- fand. Der Angeklagte war vom Schöffengericht wegen Wider- standes gegen die Staatsgewalt zu drei Wochen Gefängniß und wegen Beamtenbeleidigung und Uebertretung der Straßen- Polizei-Ordnung zu insgesammt 40 M. Geldstrafe verurtheilt worden. Er hatte hiergegen Berufung eingelegt. An einem Junitage hatte der Angeklagte Kohlen nach einem Hause an der Spandaner Brücke zu bringen. Er hielt mit seinem Wagen in der ohnehin engen und verkehrsreichen Straße so nahe an der Haltestelle der Pferdebahn, daß das Ein- und Aussteigen den Fahrgästen erschwert wurde. Der Schutzmann Bartel verlangte von dem Angeklagten, daß �er seinen Wagen weiter zurückschieben solle. Da der Angeklagte nicht gehorchen wollte, kam es zwischen ihm und dem Schutz- mann zu einem Wortwechsel. Der Beamte wollte Name» und Mahnung des Angeklagten wisse», erhielt auch eine korrekte A»t- wort und wurde außerdem auf das am Wagen befindliche Schild verwiesen. Nun bestand der Schutzmann darauf, daß der An- geFlagte ihm zur Wache folge, da derselbe ihn beleidigt Hab«. Es mußte Gewalt angewendet werden, wobei der An- geklagte sehr unsanft behandelt sein will. Wenigstens ließ er sich am folgenden Tage vom Arzt bescheinigen, daß er am Arm blutunterlaufene Stellen halte. Im Termin vor der Berufungsinstanz legte der Bertheidiger besonderes Gewicht dar- auf, daß die Sistirung eine unberechtigte war, weil der Beamte Namen und Wohnung des Angeklagten kannte. Dieser An- schauuniZ trat der Gerichtshof bei, wobei besonders noch ans eine kürzlich getroffene Entscheidung des Reichsgerichts hingewiesen wurde,> vonach Zwangsmaßregeln zur Sistirung einer Person unzulässig sind, wenn dem Beamten Namen und Wohnung des betreffent«n nachgewiesen werden. War die Sistirung demnach eine unberechtigte/ so konnte der Angeklagte auch nicht wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt bestraft werden. In betreff der beiden Geldstrafen blieb es bei dem ersten Er- kenntniß. Ei» antisemitischer Prestprozest wurde am Sonnabend vor dem Amtsgericht Dresden verhandelt. Die„Deutsche Wacht" vom 28. Attirz d. I. brachte unter der Rubrik„Politisches " einen Artikel mit der Spitzmarke: Ein Schneideraufstand in Berlin , in welchem die Berliner Firma Bär Sohn des betrügerischen Geschäftsbetriebes bezichtigt wurde. Während auf der einen Seite das Publikum durch marllschreierische Reklame und unter der Maske der Arbeiterfreundlichkeit angelockt würde, würde es andererseits durch minderwerthige Gegenstände übervortheilt. Die Firma drücke ihre Arbeiter mit den Löhnen, halte sie zu nachlässiger Arbeit an, um daraufhin unberechtigte Lohnabzüge zu machen. Mus dem ganzen Artikel geht hervor, daß die Firma Bär Sohn in die Kategorie der Schwindelfirmen gehöre. Der Inhaber dieser Firma, Emil Bär, klagte wegen dieses de- leidigenden Artikels gegen den verantwortlichen Redakteur der „Deutschen Wucht", Emil Huhle. Die Parteien waren persönlich erschienen und der Kläger hatte seine Geschäftsbücher und sonstiges Material niitg«bracht, welches Aufschluß gab, daß die in dem inkriminirten Artikel enthaltenen Behauptungen haltlos waren. Es wurden die kommissarisch vernommenen Zeugenaussagen vor- getragen. eine Reihe von Attesten des gerichtlichen Bücher- Revisors vorgelesen, welche den Geschäftsbetrieb der Firma als reell bezeichneten, von einem unlauteren Geschäftsbetriebe könne keine Rede sein, kurzum, es befanden sich Behauptungen in dem Sieserate, welche nicht erweislich waren. Als Urheber des Artikels bezeichnete Huhle Paul Dehn in Friedenau , Inhaber eines literarischen Bureaus. Nachdem ein angebahnter Vergleich gescheitert war, beantragte Huhle Vertagung der Hauptverhand- lung und Einstellung des Verfahrens gegen ihn, da der Einsender für den betreffenden Artikel haftbar zu machen sei:c. Dieser Antrag wurde abgelehnt, da Huhle als verantwortlicher Redakteur als Mitthäter anzunehmen sei. Das Urtheil lautete nach den „Dresdener Nachrichten" auf 300 Mark Geldstrafe ev. 20 Tage Gefängniß, außerdem auf dreimalige Verkündung des Urtheils in der„Deutschen Wacht". Von einer Freiheitsstrafe sah der Gerichtshof ab. da Huhle in gutem Glauben gemeint habe, der ihm gesandte Artikel beruhe auf wahrheitsgemäßen Mit- theilnngen. Der Anarchist Leon Bouteilhe, der Urheber des Attentats gegen die Rothschild'sche Bank, erscheint nächsten Donnerstag vor der 9. Strafkammer des Pariser Zuchtpolizeigerichts. Sozinle LtrberJnijk. Zur Frage der Gewerbegerichte. Wie sehr alle?, auch das geringste, was dem Arbeiter nutzen kann, der Unternehmer- sippe ein Dorn im Auge und zuwider ist, beweist das Vorgehen gewisser Kreise gegen die G e w e r b e g e r i ch t e. So brachte in seiner Augustnummer das in Remscheid erscheinende Organ des Bergischen Fabrikanten-VerbandeS, die „ D e u t s ch e M e t a l l, n d u st r i e- Z e i t u n g" einen Artikel gegen die Gewerbegerichte, welcher folgenden gemein-denunziattori- scheu Ausfall enthält: „Auch in Deutschland hat die Sozialdemokratie bereits ver- sucht, die Beisitzer der Gewerbcgerichte zu„organisiren" und die bei uns so beliebte Vereinsspielerei hat auch nianchen bürger- liehen Beisitzer veranlaßt, den, dazu geschaffenen„Verbände der Gewerbegerichte" beizutreten. In Sachsen ist kürzlich die Kreis- hauptmannschait Chemnitz gegen den Verband eben wegen seiner sozialdemokratischen Tendenzen eingeschritten und hat den Städten befohlen, ihre Gewerbegerichte zum Austreten an- � � Das war stark und es sahen sich der Vorsitzende des Ver- bandes deutscher Gewerbegerichte, Herr Ober- Bürger- meister Dr. G a ß n e r von Mainz , und der Schriftführer des Verbandes, Herr Stadtrath Dr. Flesch-Frank- s u r t. veranlaßt, an das genannte Unternehmerorgan folgende �"'„Der' Verband der deutschen Gewerbegerichte zählt bereits 84 Gewerbegerichte zu Mitgliedern. Derselbe wird von einem Ausschuß geleitet, der aus den Vorsitzenden der Gewerbegerichte zu Berlin . Mainz , Frankfurt a. M., Karlsruhe , München . Halle, Leipzig , Hannover und dem früheren Vorsitzenden des Gewerbe- gerichls Siultgart besteht. Wie sich schon hieraus ergiebt, hat der Verband, dein Privatpersonen überhaupt nicht angehören, weder mit der sozialdemokratischen, noch mit irgend welcher anderen Partei etwas zu thnn. Seine Thätigkeit besteht Haupt- sächlich in der Herausgabe der Mittheilungen des Verbandes, welche regelmäßig 14tägig als besondere Abtheilnng der Zeit- schrift„Soziale Praxis" erscheinen und Auszüge aus den Jahres- berichten der Gewerbegcrichte, Urtheile in geiverblichen Streit- fachen, Mittheilungen über von Gewerbegerichten erstaltete Gut- achten und von Gewerbegerichten ausgehende Anträge u. f. w. enthalten. Sie ersehen hieraus, in welch' bedauerlicher Un- kenntniß der Verfasser des Artikels sich über den von ihm an- gegriffenen Verband befand. Es steht allerdings richtig, daß zwei sächsische Städte neuerdings aus dem Verband ausgetreten sind. Falsch ist aber, daß dieser Austritt irgendwie in der Thätigkeit des Verbandes begründet gewesen wäre. Ebenso ist es zum mindesten irreführend, wenn weiterhin in dem Artikel behauptet wird, der Vorsitzende der Kammer des Berliner Ge- Werbegerichts habe sich veranlaßt gefunden, eine Anzahl offen- sichtlich unrichtiger Urtheile der Berliner Gewerbegerichte zur Kenntniß des Ministers für Handel und Gewerbe zu bringen. Das Berliner Gewerbegericht hatte lediglich einen Auftrag des Ministers zu entsprechen, der gerade infolge der Eingabe des Zentral- Ausschusses der Berliner gewerblichen Vereine gegeben worden war; und der Umstand, daß Herr von Berlepsch, wie es in Ihrem Artikel heißt. bisher keine Einleitungen getroffen hat, um zu verhindern, daß diese Praxis zum Gewohnheitsrecht werde, beweist am besten, daß es sich hierbei nur um ganz vereinzelte Fälle und, wie wir hinzufügen, vielfach rein formaler Natur gehandelt hat." Wenn schon bürgerliche Kreise gegen solche Unverschämt- heiten front zu machen für nöthig finden, um wie viel nöthigcr ist es für die Arbeiter, die Augen offen zu behalten. Am 6. Oktober findet übrigens in Frankfurt a. M. eine Ausschußsitznng des Verbandes deutscher Gewerbegerichte statt, woselbst die obige Angelegenheit zur Sprache gebracht werden wird. Der Verband der Hafenarbeiter Teutschlands in Hamburg hatte unterm 10. Oktober v. I. in einer Eingabe an den Reichskanzler die bei den Lösch- und B e f r a ch t u n g s- arbeiten ungemein zahlreich vorkommende» Unfälle betont und beantragt, daß für eine bessere Beaufsichtigung dieser Betriebe Sorge getragen werden möge. Erst auf wiederholtes Drängen des Reichs-Versicheruugsamls hat alsdann die zuständige Speditiv ns-, Speicher- und Kellerei-Berufs- Genossenschast, welche bislang dem Beauftragten-Jnstitut grundsätzlich fern stand, diesen ablehnenden Standpunkt aufgegeben und im April d. I. versuchsweise auf ein Jahr einen Beauftragten in Hamburg angestellt. Die Unfälle im Stauergewerbe und namentlich die schweren Unfälle haben sich seither nicht vermindert. Einen solchen Erfolg hat sich wohl auch niemand von der Thätigkeit dieses einen provi- sorischen Beauftragten versprochen. Es wird sich vielmehr darum handeln, auf grund seiner Erfahrungen in Verbindung mit denjenigen anderer interessirter Kreise eine gründliche Umgestaltung der Unfallverhütungs-Bor- s ch r i f t e» hinsichtlich der Arbeiten an und aus Wasserstraßen vorzunehmen. Die Unfälle in Stanereien werden übrigens nicht immer durch mangelhafte Einrichtungen des Stauereibetriebes, sondern oft durch mangelhafte Zustände auf den Schiffen, wo die Lösch- und Lade-Arbeiten stattfinde», oder durch mangelhafte Hafeneinrichtungen oder durch mangelhaste Verkehrsverhältnisse veranlaßt, worüber die Berussgenoffenschaft Bestimmungen zu treffen nicht befugt ist. Beim Senat in Hamburg ist deshalb auf den Erlaß entsprechender Polizei-Vor- s ch r i f t e n hingewirkt worden, wonach insbesondere auch aus- ländischen Schiffen die Pflicht auferlegt- werden soll, auf Leben und Gesundheit unserer heimischen Arbeiter Bedacht zu nehmen. Ueber die Sonntagsruhe im Branergetverbe theilt Ge- noffe R. Wiehle als Ergebniß der bei seiner letzten Agitation?- reise gemachten Erfahrungen das folgende in der„Brauer- Zeitung" mit: „In allen Orten, welche ich auf meiner Agitationstour be- rührte, war von Sonntagsruhe keine Spur. Man arbeitet an Sonntagen von �/s4, 4, Veb, 5 bis 9 Uhr und auch noch darüber. Damit aber die Arbeiter an dem Besuche des Gottesdienstes nicht gehindert werden, dürfen sie zwischen 9 und 11 Uhr frühstücken oder auch ohne Frühstück in die Kirche gehen. Um II Uhr wird die Arbeit dann fortgesetzt. Die Kutscher und Hilfsarbeiter haben ebenso gut die Sonnlageruhe zu beanspruchen als die Brauer. In mehreren Orten sperren die Brauereien ihre Thore zu, da- hinter werden nach wie vor die Arbeiter auch während der Kirche beschäftigt. Die geräuschvolle Arbeit läßt man, dagegen wird im Keller, in der Abziehhalle K. flott weiter gewurstelt. Nennen das die Brauereien Achtung vor dem Gesetz?" Hungerlöhne in Leipziger Konfektionsgeschäften. Wie die„Gleichheit" berichtet, erhielt eine Näherin in einem Konfektionsgeschäft sür das Anfertigen von 3 Blousen ganze 75 Pf., von denen sie noch die Auslagen für Nähfaden bestreiten mußte. Als sie nach U/etägiger Arbeit ihren„Schlemmerlohn" in Empfang nehmen wollte, mußte sie von Nachmittags 3—7 Uhr vergebens warten und wurde dann schließlich mit der Bemerkung fortgeschickt, es sei heute nichts zu Ihun, sie solle Sonnabend wiederkommen. Am Sonnabend mußte sie wieder mit leeren Händen abziehen, weil sie— ihren Wohnungsschein vergessen hatte. Erst am Montag erhielt sie ihren Verdienst ausgezahlt. Für 1>/2 Tage Arbeit, sünsmaligen Weg und Wartezeit wurden ihr, wie milgetheilt, 75 Pf. ausgezahlt, d. h. sie hatte pro Stunde 2'/-— 3 Pf. verdient. Wenn bei solchem Verdienst die ledige, alleinstehende Arbeiterin zur Dirne wird, ist es ebensowenig wunderbar, als wenn der kapitalistische Unternehmer auf der Leiter derartiger Löhne zum Millionär und Kommerzienrath emporklimmt. Dampfkessel- Explosionen im Deutsche» Reiche. Nach den Mittheilungen des kaiserlichen Statistischen Amts im dritten „Vierteljahrsheste zur Statistik des Deutschen Reiches ", Jahr« gang 1895, fanden während des Jahres 1894 im Deutschen Reiche 35 Dampskessel-Explostonen statt. Die Zahl der dabei getödteten oder binnen 48 Stunden nach dem Unfall verstorbenen Personen betrug 12, die Zahl der Schwerverwundeten 9, leicht verwundet wurden 13 Personen. Als mnthmaßliche Ursache der Explosion wurde angegeben in 18 Fällen Wassermangel, dazu kommen in 5 Fällen wenig sachgemäße Wartung, in 2 Fällen Alter, SIbnutzung und in einem Falle ungenügende Befestigung eines Rohrs. In 5 Fällen ist örtliche Blechschwächung bezeichnet, und zwar in zwei Fällen in Verbindung mit Alter, weiter waren es in zwei Fällen Kesselstein, in zwei Fällen mangelhafte Schweißnng eines Rohrs, nnd in je einem Falle Alter, Schlammablagerung, Ueberhitzung eines Rohrs, überangestrengter Betrieb. Verrostung zweier Röhren von außen, fehlerhaftes Rohr, Kesietstein und Echlammablagerung, zu hohe Dampfspannung. Für jeden ein- zelnen Fall enthalten die Nachweisnngen eine genaue, durch Zeichnungen und Maße erläuterte Beschreibung des Kessels und eine Darlegung der Umstände vor und nach der Explosion. Insgesammt betrug in den letzten 18 Jahren die Zahl der Ex- plosionen 289 und der dabei Verunglückten 636, von denen 226 getödtet, 134 schwer nnd 326 leicht verwundet wurden. „Die Arbeiterschutz-Gesetzgebung in bezng auf die im Kleinbetriebe beschäftigten Arbeiter". Ueber dieses Thema soll am 6. Oktober in ganz Oesterreich in Versammlungen referirt und diskutirl werden. Es handelt sich hierbei um Stellungnahme zu einer Gewerbe- Ordnungs- Novelle. die den österreichischen Neichsrath in der nächsten Session beschästigen soll. Eine Enquete über die Sonntagsruhe veranstaltet die belgische Regierung. Ein königlicher Erlaß im„Moniteur" be- ruft für Sonntag, den 29. ch. M. eine Versammlung aller Sektionen der Industrie- und Arbeitsräthe von Belgien ein, wo die Delegirten der Arbeiter und der Fabrikanten berathen sollen. um der Regierung über die Sonntagsarbeit in den industriellen Unternehmungen Vorschläge zu machen. Die Regierung hat einen gedruckten Fragebogen ausgegeben, und die Vorschlage sollen die Form von Antworten auf diese Fragen haben. Auch für das Ausland wurde eine Enquete über die Sonntagsruhe abgehalten. Tie englischen Fabrikinspektorinnen. Miß Abraham, Miß Patterson, Miß Deane und Miß Anderson haben in den letzten zwei Monaten 64 Uebertretungen der Arbeiterschutzgesetze zur Anzeige gebracht. In 29 Fällen haben Schneider ihre Ar- beiterinnen über die gesetzliche Arbeitszeit hinaus, besonders am Sonnabend bis in die Nacht hinein arbeiten lassen. Als Ent- schuldigung gaben sie an, daß ihre vornehmen Kundinnen gerade für den Kirchgang am Sonntag Morgen neue Toiletten zu haben wünschten. Die Frömmigkeit dieser Damen verlangt also das Opfer der Gesundheit von Hunderten armer Mädchen! Dänische Arbeiter gegen Vergebung öffentlicher Ar- beiten an Ausländer. Eine P r o t e st- V e r s a m in l n n g größten U m f a n g e s veranstalteten die Schmiede und Maschinenarbeiter in Kopenhagen , in der gegen die Art und Weise opponirt werden sollte, in welcher die Gemeinde ihre Arbeiten vergiebt. Dieselbe hat nämlich bei den großen Arbeiten, welche zur Zeit von ihr ausgeführt werden, den Grundsatz an- genommen: die Arbeiten von jedem beliebigen ausführen zu lassen, der billig zu haben ist. So hat einen großen Theil der Lieferungen ein englischer Fabrikant erhalten, obwohl ein dänischer Fabrikant ein niedrigeres Angebot gemacht hatte. Die Versammlung nahm folgende Resolution an:„Die Versammlung spricht ihre ernste Mißbilligung darüber aus. daß der Magistrat, trotz der während der Behandlung der Sache in der Stadtverordneten - Versammlung gefallenen Aussprüche, die Ausführung der Arbeiten an dem Oester- Gaswerk in einer Weise vergeben hat, daß der größte Theil des Verdienstes dabei nicht dänischen, sondern ans- ländischen Arbeitern zu gute kommt, und ermahnt, bei zu- künstigen Wahlen ftir die Staatsvertretung nur Männer zu wählen, die in höherem Grade, als es bisher geschehen ist. ver- suchen werden, die Arbeiten der Gemeinde von dänischen Fabrikanten und Arbeitern ausführen zu lassen." Tie Handelsgenossenschaft von Neu-Seeland , jenem Lande, wo die Frauen politische Rechte besitzen, hat eine Reso- lution angenommen, welche der Regierung vorgelegt werden soll und die für alle, von der Regierung angestellten oder beschäftigten Frauen dieselben Löhne resp. Gehälter fordert wie sür die Männer. VerpÄnrmlunsen. Die Parteigenosse» des Teltow -BeeSkoWer Wahl- kreiseS hatten am Sonntag in R i x d o r f eine Kreisversammlung, die sich in der Hauptsache mit den Anträgen zum Parteitag beschäftigte. Zu Beginn der Verhandlungen erstattete K ö st e r- Schöneberg Bericht von der am 15. September abgehaltenen Provinzialkonferenz. In eine Diskussion dieses Gegenstandes trat die Versammlung nicht ein. An Stelle des Genossen Sellin , der eine Wiederwahl ablehnt, wurde Genosse Köster als Vertreter des Kreises in die Agitationskommission gewählt. Man sah, um Zeit zu gewinnen, davon ab, ein Referat über die Bedeutung des Parteitages halten zu lassen und nahm sogleich die Be- sprechung der Anträge vor, deren erster sich mit der Sicherung des Arbeitslohnes im Baugewerbe befaßte. Es lag ein Antrag vor:„Die Fraktion möge einen Gesetzentwurf im Reichslage einbringen, damit Handwerker und Arbeiter aus Bauten ihre Lohnforderungen auch bei den Grundstücks- und Hypothekenbesitzern geltend machen können." Von Thomas- Rixdorf wurde der Antrag damit motivirt, daß ein nicht unbe- beträchtlicher Theil von Arbeitslöhnen durch das in den größeren Städten grassirende Bauschwindlerthum dem Handwerker und Arbeiter entzogen werde. Fällt der Handwerker mit seinen Forderungen aus, so erhält der Arbeiter in den meisten Fällen gleichfalls keine Bezahlung. Der Redner meint, es könne die Partei, ohne sich etwas zu vergeben, für eine gesetzliche Regelung dieser Frage eintreten. Ein Gegner des Antrages ist Sellin - Charlottenburg . Er bedauere gleichfalls die armen Teufel, welche auf diese Weise ihr Geld verlieren, meine jedoch, daß es nicht Aufgabe der Partei sein könne, sich für die Handwerksmeister im Baugewerbe besonders ins Zeug zu legen. Man werde durch solche Maßnahmen den Handwerkerstand konserviren und dazu sei die sozialdemokratische Partei nicht da. Im gleichen Sinne äußert sich K ö st e r- Schöneberg. Deutsch - Baumschulenweg wundert sich, daß der Vorredner Organisation der Arbeiter als Heilmittel gegen die Verluste durch Ausfall des Arbeitslohnes empfohlen habe. Von den Leuten, die absolut nichts besitzen, könne die Organisation auch nichts herausholen. Der Redner wünscht, daß dem Antrag beigefügt wird, daß die Hypotheken-:c. Besitzer für den Arbeitslohn haftbar gemacht werden. Gegen den Antrag spricht H i l p e r t- Rixdorf. Er führt aus, daß ein Theil der ausgefallenen Forderungen von der leichtfertigen Kreditgewährung mancher Kleinhandwerker herrührt. I o h n-Johannisthal und F l e m m i n g- Charlottenburg unterstützen den Antrag aus praktischen Rücksichten. Der letztere bemerkt u. a., daß die in Hamburg domizilirte Kommission für Ausdeckung der Mißstände im Baugewerbe sich im Sinne dieses Antrages ausgesprochen habe. Ein Schaden für die Partei könne in keiner Weise daraus erwachsen, sondern nur Vorthcil, wenn der Antrag auf dem Partei- tag diskutirl würde. Zur Sache äußern sich noch kurz Görke- Charlottenburg. L a b j u h n- Lichterfelde und B o t h e n y- Rix- dorf und zwar ablehnend. Bei der Abstimmung fällt der Antrag gegen eine bedeutende Minderheit. Der nächste Antrag, der zur Debatte steht, ist der folgende: „Denjenigen Reichstags-Abgeordneten, welche Beamte der Partei, im Besitze eines Einkommens von über 3000 M. u n d in Berlin wohnhaft sind, sind keine Diäten für den Reichstag zu zahlen. Außerdem hoffen die Parteigenossen des Kreises, daß alle Abgeordnete, welche wirthschaftlich so gestellt sind, daß sie der Diäten nicht benöthigen, im Interesse der Partei daraus verzichten." Die Quintessenz der Ausführungen gegen und für den Antrag war dieselbe wie in den Berliner Versammlungen. Gegen den zweiten Theil des Antrages wurde eingewendet, daß derselbe gegenstandslos sei, weil man doch nicht die Macht nnd wohl auch nicht die Abficht habe, eine genaue Vermögens-Einschgtzung aller Abgeordneten vorzunehmen. R e tz e r a u führte in längerer Rede aus, daß eine gründliche Revision aller Gehälter nothwendig sei. Er will die Wahrnehmung gemacht haben, daß sich die Parteibenmten zum größten Theil ans der befitzenden Klasse rekrutiren. Die Debatte, an der sich außer den vorgenannten Rednern noch Hoppe» Rixdorf, N e n m a n n- Nowawes und Z u b e i l betheiligten, zog sich sehr in die Länge. Der vorliegende Antrag wurde schließlich angenommen. Ein weilerer Antrag betraf die Verbesserung des Alters- und Jnvaliditätsversicherungs-Gesetzes. Mit Rücksicht darauf, daß seitens der Fraktion schon dahin zielende Anträge gestellt sind, beziehungsweise die Regierung die Berücksichtigung einiger Wünsche zugesagt hat, wurde der Antrag zurückgezogen. Ein Antrag, der sich mit der Veröffentlichung der Ergebnisse der Alters- und Invaliden- Versicherung beschäftigt, wurde a n- g e n o ni m e n. nachdem L a bju h n denselben kurz begründet hatte. Derselbe hat folgenden Wortlaut:„Der„Vorwärls" wird verpflichtet, alljährlich über die Ergebnisse der Alters- und Jnva- liden-Verficherung ausführlich zu berichten, sobald das einschlägige Material dazu vorliegt." R e tz e r a u empfahl dann folgenden Antrag:„Die Reichstags- fraktivn wird beaufiragt, in der nächsten Session den Antrag im
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten