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hiesiger Sfcmfmnnn vorgestern hier verhaftet worden. Vor einigen Tagen sind in Köln   znzei Personen wegen gleichen Verdachts an- gehakten worden; die Mutter des einen dieser Verhafteten, die in Magdeburg   wohnte, ist ebenfalls festgenommen worden. I m Reichstags-Bureau wird an der Herstellung eines G e n e r a l r e g i st e r s zu den stenographischen Berichten und Drucksachen gearbeitet, das die Arbeiten des Reichstages vom Zusammentritt des konstituirenden Reichstages, dem 24. Februar 1867, bis jetzt umfaßt. Im Laufe der nahezu W Jahre sind die Drucksachen und stenographischen Berichte des Reichstages zu einer so ungeheueren Zahl angewachsen, daß es selbst alten Parlamentariern schwer wird, sich schnell zurecht zu finden. Das in Aussicht stehende Generalregister wird nun jeden in die Lage versetzen, sofort zu wissen, in welchem Jahre und an welchem Tage eine Vorlage oder ein Antrag eingegangen und zur Verhandlung gekommen ist. Das General- register soll vor Weihnachten noch zur Vertheilung an die Mit- glieder des Hauses gelangen und wird alsdann auch in den Buchhandel gebracht werden. Der Verbandstag Deutscher   Gewerbe- vereine in Kassel   beschloß gestern eine Resolution, daß durch eine mehr planmäßige Vergebung der öffentlichen Arbeiten der Arbeitslosigkeit gesteuert werden könnte. Weiter wurde als Ort für den nächstjährigen Verbandstag Stuttgart   ge- wählt und danach der Verbandstag geschlossen. Ueber den Bauschwindel veröffentlicht derVer- band deutscher   Schlosserinnungen" soeben neues Material, welches durch die Handels- und Gewerbekammer des Bezirks Dresden  gesammelt worden und sich auf sämmtliche Innungen von Dresden   und 14 umliegende Orte, sowie einige Großbetriebe er- streckt. Die Verluste der Innungen durch unreelle oder be- trügerische Bauunternehmer bezifferten sich danach insgesammt auf 243 681,94 M. Außerdem verloren Einzelfirmen noch 162 762,22 M., sodaß sich also der Gesammtverlust auf 416 844,16 M. belauft. Wie derVerband deutscher Schlosser- Innungen" noch hinzufügt, dürfte>diese Aufstellung kaum mehr als den dritten Theil aller wirklich erlittenen Schäden repräsentiren, da noch nicht alle befragten Innungen resp. Einzelfirmen ihre Verlustziffern mitgetheilt haben. Das Versammlungsrecht in Hessen   ist durch einen Erlaß des Kreisamts Erbach i. Odenw., welcher den Antisemiten eine Versammlung unter freiem Himmel in König verbot, in einer Weise beschränkt worden, daß im nächsten Land- tag auch von feiten der Antisemiten dem Ministerium darüber die Meinung gesagt werden wird. Aus Elsaß-Lothringen   wird uns geschrieben' Ein großer Entrüstungsrummel ging vor einigen Monaten durch die katholische Klerisei des Elsasses. Es war bekannt geworden, daß die Regierung einen Antrag auf Wiederzulassung der R e d e in p t o r i st e n in ihren Niederlassungen zu Bischen- berg(Unter-Elsaß) und Teterchen(Lothringen  ) abschlägig beschieden hatte. Die klerikale Presse wimmelte von Protest- schreiben Geistlicher an den Bischof, man schwur hoch und heilig, nicht eher zu ruhen, bis die Sache der Ge- rechtigkeit und Freiheit gesiegt denn nie ist die Freiheitsbegeisterung der Geistlichkeit so ungeheuchelt, als wenn ihre Freiheit angetastet wird kurz, man bauschte die Affäre zu einer Haupt- und Staatsaktion auf, wie eine zweite in Elsaß-Lothringen   noch nie dagewesen. Vor einigen Tagen nun ließ sich dieKölnische Volkszeitung" ans Straßburg  telegraphisch melden, die Redemptoristen   seien nunmehr in Bischenberg und Teterchen zugelassen. Der Straßburger  katholischeElsässer" druckte das Telegramm nach mit der Bemerkung, die Nachrichtscheine begründet" zu sein, denn auch dieStraßburger Post" habe sie ohne Dementi mitgetheilt, und andere katholische Blätter meldeten seither aus Teterchen, es verlaute dort mit großer Bestimmtheit, daß die Niederlassung der Redemptoristen   in dem Klosterb e- reits seit längerer Zeit" genehmigt worden sei. Nach der tönenden Sprache während der frühsommerlichen Protest- bewegung wirkt diese Unsicherheit über den Erfolg ungemein komisch. Aber die Sache hat auch ihre ernste Seite. Kann es eine bessere Kritik des politischen Lebens in den Reichslanden und zugleich eine schärfere Verurlheilung der dortigen Ausnahme- Verhältnisse geben, als sie hier in Erscheinung tritt? Die Presse der stärksten und ältesten Partei des Landes schwebt wochen- ja monatelang im Unklaren über die Lösung einer Frage, welche die ganze Partei aufs tiefste erregt und zu den lautesten Kund- gedungen iu der Oeffcntlichkeit geführt hat. In welchem Bundes- staate des Deutschen Reiches wäre ähnliches möglich? Das Zentrum, als politische Interessenvertretung der katholischen Klerisei Gesammtdeutschlands hat allen Grund, zu Nutz und Frommen seiner elfässtschen Freunde für die baldige Aufhebung der dortigen Ausnahmezustände sich nachdrücklich ins Zeug zu legen. Mehr als die sozialdemokratische Partei, welche die Regierung mit Hilfe des Diktalurvaragraphen vergeblich unter dem Daumen zu halten versucht, steht die weniger lebenskräftige katholische Bewegung unter dem lähmenden Einfluß der preußischen Polizeidiktatur. Oesterreich. Ueber die letzte Wiener   Wahlrechts- Demonstration schreibt unser Wiener Korrespondent unterm 22. d. M.: Heute Vormittag fand die am vorigen Sonntag wegen strömenden Regens verschobene Massenversammlung im Prater statt. Sie gestaltete sich zu einer wahrhaft großartigen Demonstration für das Wahlrecht, und mit ihr hat die neue Kampagne, die uns bevorsteht, in der imposantesten Weise wieder eingesetzt. Die Feuerwerkswiese war von einer Menschenmenge besetzt, die nach den niedrigsten Schätzungen 3646 666 zählte. Genoffe Reu mann führte das Präsidium, Genosse Adler referirte deutsch. Gen. Rem ec czechisch. Die Stimmung der Versammlung war eine begeisterte und entschlossene. Die Redner führten aus, daß, so ungewiß die nächste Zukunft sei, eines sei sicher, daß die nächsten Wahlen nicht mehr unter dem heutigen verrotteten Wahlgesetze vor sich gehen werden, und daß, mag kommen was inimer, die Arbeiterschaft sich das nicht gefallen lassen werde. Sollte Graf B a d e n i polnische Regierungs- gewohnheiten nach Wien   mitbringen, so fühle die Arbeiterschaft Kraft genug in sich, auch an ihm das Erziehungswerk zu voll- bringen, das sie an so vielen Beamten leisten mußte. Mit uu- geheurem Enthusiasmus und nicht endenwollenden Hochrufen wurde die Erklärung angenommen, daß sich das österreichische Proletariat solidarisch fühlt mit der Rotte der deutschen  Genossen. Eine mächtige Wirkung machte es, als zwei ruthenische Bauern, angethan mit den nationalen Schafpelzen, dem Meeting vorgestellt wurden. Sie erzählten von den brutalen Vergewaltigungen, denen die Bauern bei den Landtagswahlen in Galizien   aus- gesetzt seien unter der Regierung desselben Badem  , der nun Minister werde. Sie waren nach Wien   gekommen, sich im Ministerium zu beschweren, waren aber nicht vom provisorischen Minister Kielmansegg, sondern nur von einem Sektionschef empfangen worden. Die Bauern, deren einer gebrochen deutsch  , der andere ruthenisch sprach, erklärten, daß sie von der Arbeiterschaft auch für ihre Roth Hilfe erwarten. Genossin Nötscher wendete sich an die zahlreichen Frauen in der Versammlung und erklärte, die Frauen seien bereit, wenn es nöthig werden sollte, für das Wahlrecht in den General st reik zu treten, niit aller Auf- opferung den Männern zur Seite zu stehen. Nach der Versammlung kam es zu zahlreichen, durch die Polizei muthwillig provozirten erregten Szenen. Am Ausgange des Praters, amPraterstern". verhinderten etwa 866 Wachleute zu Fuß und zu Pferde, daß die Leute ruhig ihres Weges zogen, und suchten sie in die Seitengassen mit brutaler Gewalt abzudrängen. Die Wachleute ritten mit gezogenem Säbel in die Menge und zahlreiche flache Hiebe fielen; eS law dort und später auf der Ringstraße, soweit jetzt festzustellen, zu etwa 20 Verhaftungen. In der Praterstraße verfolgten Wachleute mit gezücktem Säbel ein Individuum bis in die Einfahrt eines Hauses; Berittene stürzten säbelschwingend nach und als sie den Mann glücklich hatten legitimirte er sich als Polizei-Agent. Der ganze Stadttheil vom Prater bis zum Parlament bot bis Nachmittag den merk- würdigsten Anblick. Abtheilungen von 6686 Berittenen sprengten im Galopp die Ringstraße aus und nieder zur größten Ver- wunderung harmloser Spaziergänger; so wurden auch die oberen Zehntausend, die von der Wahlrechtsdemonstration nichts wußten, davon gebührend in Kenntniß gesetzt. Nur der er- probten Kaltblütigkeit der Wiener   Arbeiter ist es zu danken, daß es trotz der Provokationen der Polizei nicht zu ernsten Zwischen- fällen kam. Die Wahlreform des Grafen Baden i. Das neue Ministerium, das anfangs Oktober ins Amt treten wird, läßt nun etwas über seine Wahlreform-Pläne verlauten. Dem- nach soll zu den gegenwärtigen Kurien, deren Abgeordnete von privilegirten Wählern entsandt werden, eine weitere Kurie kommen, in der die Wähler ziemlich allgemeines Wahlrecht haben sollen und die 86 Abgeordnete ins Parlament entsenden soll. Demnach sollen die Millionen bisher nicht Wahlberechtigter bei- läufig eben so viele Sitze im Parlament haben als einige hundert Großgrundbesitzer. Frankreich  . Der sozialistische Deputirte Mir man ist am 23. September definitiv aus dem Militärdienst entlassen worden. In L i m o g e s wurde am 23. September ein So- zialistenkongreß eröffnet, der der bedeutendste des Jahres zu werden verspricht. Er wurde auf dem vorjährigen Kongreß in Nantes   beschlossen, au welchem ich 1432 Arbeitervereine be- theiligtcn. Voraussichtlich werden auf dem Kongresse in Limoges  etwa 2666 Arbeitervereine vertreten sein. Bulgarien  . Aus Sofia   wird demWiener Fremdenblatt" heute telegraphirt: Metropolit K l e m e n t(der Führer der Russenpartei) zele- brirte ein Requiem für den verstorbenen Führer der makedonischen Bewegung Trajko Kitantschew. Nach Beendigung der Zeremonie hielt Klement eine Ansprache von den Stufen des Altars herab; er sagte:Der frühe Tod Kitantschew's, wie auch anderer für die Nationalidee Verstorbener, die wir beweinen, er- heischt von uns gebieterisch, diese Idee zu unterstützen! Selbst der Stärkste muß sich's überlegen und weichen, wenn er sieht, daß wir alle einmüthig unsere wahrhastigen, nationalen Interessen vertheidigen und bereit sind, für das All- gemeinwohl und das Vaterland unsere persönlichen Vor- theile und unsere Ruhe zu opfern. Die uneigen- nützigen und theueren Opfer sollen uns als Vorbild und Auf- munterung dienen. Die Todten werden ihren Peinigern ver- zeihen. Sollen sie aber auch nns Verzeihung gewähren, so müssen wir ihrem Beispiel folgen!" Von der Kathedrale fuhr Klement unter großer geistlicher Assistenz und von einer großen Menge von Bürgern begleitet, nach dem Friedhof, wo eine Todtenmesse auf den Gräbern Kitantschew's, des Majors Panitza, Jmilaow's, Keragjulow's, und Konstantin Popow's abgehalten wurde. Die Rede Klement's wird als Vorläufer neuer Kämpfe aufgefaßt. So das Telegramm. Herr Metropolit Klement, ein in russischem Solde stehender Hetzpfasse, der neulich in Petersburg  war, um vorVäterchen" zu katzbuckeln und sich von ihm Ver- haltungsbefehle zu holen, hat durch das gestrige Requiem die Maske abgeworfen und den russischen Ursprung desmakedonischen Aufstands" anerkannt. Dieses Eingeständnisses bedurfte es frei- lich nicht, aber daß es so rückhaltlos erfolgte, hat immerhin eine gewisse Bedeutung, insofern damit erklärt ist, daß die russische Diplomatie die für kurze Zeit unterbrochene Aktion gegen die Türkei  fortzusetzen entschlossen ist. Es hängt dies ohne Zweifel mit der Entwickelung der Dinge in O st a s i e n zusammen, wo ein Konflikt sich vorzubereiten scheint. Die Russen wollen offenbar den Engländern in Europa   einige Beschäftigung geben. Nachdem obiges geschrieben, kam ein neueres Telegramm, demzufolge Herr Klement seine gestrige Rede etwas abzuschwächen sucht. Es lautet: DemFremdenblatt" wird aus Sofia   gemeldet: Die Oppositions- Parteien betrachten die gestrige Rede des Metropoliten Klement  als Kriegserklärung gegen das jetzige Regime. Klement erklärte jedoch dem Korrespondenten desFremdenblatts" gegenüber, seine Rede sei falsch verstanden worden; sie beziehe sich nicht auf die jetzige Politik; sie habe, da der Prinz und die Regierung den Wünschen der Nation Rechnung tragen wollen, lediglich den Zweck kirchlicher Erbauung gehabt. Tie orthodoxe Taufe des Prinzen Boris sei für das Wohl der Nation und der Dynastie unumgänglich nöthig. Ferner bestätigte Klement, daß die Worte des Kaisers an die bulgarische Kranzdeputation, betreffend die Hoffnung der baldigen Wiederherstellung guter Beziehungen zwischen Rußland   und Bulgarien  , authentisch seien. Das Dementi ist offenbar von Petersburg   aus veranlaßt, weil der Herr Metropolit etwas zu geschwätzig aus der Schule geplaudert hat. Uebrigens ist es ganz gleichgiltig, ob er die jetzige Politik gemeint hat, und welchejetzige", denn es giebt in Bulgarien   verschiedenejetzige" Politiken. Was der fromme Herr hat fördern wollen, ist jedenfalls die russische  Politik.   Griechenland  . Die Griechen waren allezeit sehr eifrige Politiker und eine der angenehmsten Bcschästigungen für sie das Wühlen. Sie suchen sich dieses Vergnügen deshalb möglichst oft zu ver- schaffen. Wählen sie nicht für die Kammer oder für einen Pro- vinzialrath, so wählen sie für die Gemeinde. Und regelmäßig gewinnt dann die Partei, welche gerade an der Regierung ist, und dann so lange an der Regierung bleibt, bis sie über irgend eine Apfelsinenschaale zu Fall kommt. Jetzt waren Gemeinde- r a t h s w a h l e n. Ein Telegramm meldet darüber: Athen  , 24. September. Das Gesammlresultat der Gemeindewahlen ist überall, namentlich in den größeren Städten, für die Regierungspartei überaus günstig ausgefallen. Nur in Misolunghi, der Vaterstadt des früheren Ministerpräsidenten Trikupis, wurde der Trikupist Macris mit großer Majorität gewählt. China  . Die Chinesen quittiren bereits über Deutschlands  Intervention gegen Japan  . Wie dieWorld" aus Shanghai  meldet, wurde die deutsche M i s s i o n s st a t i o n in der Nähe von Swatan geplündert. Z�iU'ket �Ncrrhvichten. Der ausgelöste sozialdemokratische Verein in Wilkau  in Sachsen   hat sein kleines Vermögen dem sozialdemokratischen Landtags-Wahlfonds überwiesen. Zweiter pfälzischer Wahlkreis. In Lambrecht   tagte am 22. September eine sehr gut besuchte Konferenz der Parteigenossen des zweiten pfälzischen Wahlkreises, welche Stellung zum Agrarprogramm- Entwurf und zum Breslauer Parteitage nahm. Nach einer sehr eingehenden Diskusston, in welcher sich eine ab- lehnende Meinung gegen den Entwurf der Agrarkommission in allen seinen Theilen breit machte, wurde als Resümee eine Resolution mit über Zweidrittelmajorität angenommen: Die Konserenz des zweiten pfälzischen Wahlkreises ist der Ansicht, daß das von der Agrarkommission herausgegebene Pro- gramm in seiner jetzigen Gestalt nichtgeeignetist, dassel<» anzunehmen, glaubt vielmehr im Weiterbestehen der Agrar« kommission eine Gewähr für bessere Vorschläge dieser Konrmission an künftigen Parteitagen." Auf eine Delegation zum Breslauer Parteitage wurde des hohen Kostenpunktes wegen verzichtet. Polizeiliches, Gerichtliches ec. Preßprozesse derFränkischen Tages- p o st". Genosse O e r t e l, der Verleger derFränkischen Tages- post", ist in Untersuchung gezogen, Genossen Oehme, dem zur Zeit zeichnenden Redakteur, sind zwei Anklagen und dem eben aus dem Gefängniß entlassenen Genossen Gärtner   eine An- klage zugegangen. Genosse Leven wurde wegen Beleidigung eines in der«Reußischen Tribüne" weder mit Namen noch mit Beruf ge- nannten Gendarmen zu einem Monat Gefängniß verurtheilt. In Straßburg   i. Elf. ist eine auf Montag den 23. d. M. anberaumte öffentliche Parteiversammlung ohne Angabe von Gründen durch das Bezirkspräsidium des Unter-Elsaß verboten worden. Die Tagesordnung handelte von der Beschickung des Breslauer Parteitages und von der Diskussion über die Beschlüsse der letzten elsaß  -lothringischen Landeskonferenz; eine Versammlung mit ganz ähnlicher Tages- ordnung hat in Straßburg   vor etwa 14 Tagen unbeanstandet und ohne jeden Zwischenfall stattgefunden. Warum also dieses plötzliche Verbot? Sind diemaßgebenden" Behörden des Unter- Elsaß erst inzwischen von dem Geist der kaiserlichen Sedanrede ergriffen worden? Die Genossen werden nun von Straßburg  regelmäßig nach dem badischen Neumühl pilgern. Amtsrichter Dr. Becker ist nicht befangen, so hat denn nun glücklicherweise auch das Dresdener   Oberlandesgericht entschieden in der von uns schon mehrfach besprochenen Sache gegen den Vorsitzenden der Turnerschast Pieschen, den Genossen Emil Lungwitz. Auf seine Beschwerde gegen den ablehnenden Beschluß des Landgerichts erhielt er folgenden Bescheid: Das königlich sächsische Oberlandesgericht hat nach An- hörung der Staatsanwaltschaft die nach tz 23 der Straf- Prozeßordnung als sofortige zu betrachtende Beschwerde des Zigarrenarbeiters Emil Lungwitz in Pieschen   gegen den Beschluß der Strafkammer des Landgerichts Dresden  , wo- durch in der wider ihn bei dem Amtsgericht Dresden   anhängigen Strafsache wegen Vergehens gegen das Vereinsgesetz vom 22. No- vember 1856 das von ihm gegen den Amtsrichter Dr. Becker als Vorsitzenden angebrachte Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt worden ist, da den für diese Entscheidung in dem an- gefochtenen Beschlüsse geltend gemachten Gründen bei- zupflichten und zu deren Widerlegung etwas Beachtens- werthes nicht vorgebracht worden ist, sowie in betracht, daß Wechsel der Entscheidung noch keineswegs Miß- trauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu be- gründen geeignet ist, welcher an der abgeänderten Ent- scheidung theilgenommen hat, und daß endlich das Anführen des Beschwerdeführers: Amtsrichter Dr. Becker habe bei Gelegenheit einer Verhandlung gegen den Stellmacher Gruner nicht zur Sache gehörige Bemerkungen über die Sozialdemokratie gemacht. woraus seine Voreingenommenheit gegen diese Partei, welcher der Angeklagte angehört, hervorgehe, theils thatsächlich zu un- bestimmt ist, theils der nach Z 26 der St.-P.-O. erforderlichen Glaubhaftmachung entbehrt, als unbegründet verworfen und dem Beschwerdeführer gemäߧ 565 der St.-P.-O. die Kosten des Rechtsmittels auferlegt. DieSächsische Arbeiter-Zeitung" bemerkt hierzu: Also derWechsel der Entscheidungen", die Masse der von Lungwitz in seiner Beschwerdeschrift angeführten kasfirten Urtheile des Amtsrichters Dr. Becker sind nicht geeignet, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu begründen. Auf den Um- stand, daß Amtsrichter Dr. Becker Waldschlößchen- Aktionär ist und von Lungwitz während des Waldschlößchen- Boykotts in seinem Geschäft als solcher geschädigt wurde, ist das Ober-Landes- gericht überhaupt nicht eingegangen. Kopsschüttelnd muß man sich fragen, welchen Lebenszweck der§ 23 der St.-P.-O. eigentlich zu erfüllen hat. Trotz dieses Ausganges möchten sich aber die Parteigenossen nicht abhalten.lassen, vorkommendenfalls den Amts- richter Dr. Becker abzulehnen. Genosse Wu lisch leger, Redakteur des Basler Vorwärts", wird wegen Majestätsbeleidigung von deutschen   Ge- richten verfolgt. Unser Basler Bruderorgan ist in der Lage, aus Nr. 219 der vom großherzoglich badischen Korpskommando der Gendarmerie ausgegebenen Fahndungsblatte(datirt Karlsruhe  26. September 1895) folgendes zu veröffentlichen: Kreis Lörrach  . Nr. 4945. Gr. Amtsgericht Lörrach. 14. IX. 95.(Nr. 19 631.) Gegen Redakteur E. Wullschleger in Basel  , welcher als Aus- länder fluchtverdächtig erscheint, ist wegen Majestätsbeleidigung die Untersuchungshaft verhängt. Es wird ersucht, denselben beim Betreten im Inlands zu ver- haften und in das hiesige Amtsgesängniß einzuliefern." Da Majestätsbeleidigungen, von Ausländern im Auslande ver- übt, im Deutschen   Sieiche nicht strafbar sind, so haben wir es wohl wieder mit einer merkwürdigen Auslegung deutscher   Strafgesetze zu thun._ SoMle Lleberflchk. Landarbeitcrverhältnisse i» Mecklenburg  . Von zwei Gütern Mecklenburgs sandten uns Landarbeiter Schilderungen des H o f g ä n g e r l e b e n s. Die Angaben sind im wesentlichen gleich und dürften daher auf das Hofgängerwesen wenigstens eines großen Theils des Obotritenlandes zutreffen. Danach hat der Hofgänger jede vorkommende Arbeit, sei sie landwirthschaft- lich oder anderer Art, zu verrichten. Die Arbeit beginnt früh 6 Uhr und dauert bis abends 3 und 9 Uhr, in der Ernte auch noch länger. Der Inspektor sorgt durch strengste Kontrolle dafür, daß immer aufs flottste gearbeitet wird. Thätlichkeiten des In- spektors gegen die Arbeiter sind nichts Seltenes, ebenso wenig Strafabzttge vom Lohn. Die Geldstrafen werden um so schwerer empfunden, als der Hofgänger jährlich nur 7275 Mark Lohn bekommt. Neben freier Station allerdings, aber diese ist auch danach. Kartoffeln, Speck, grobes Brot, Mehlsuppen, Kaffee, mitunter Hering das sind die Hauptbestandtheile der Kost. Sonntags ist, wenn der Hofgänger nicht dem Tagelöhner helfen muß, Arbeitsruhe. Der Hofgänger hat dann Gelegenheit, die einzige geistige Nahrung, die es für die Proletarier auf dem Gute giebt, entgegenzunehnien; sie wird in Gestalt der religiösen Erbauung" durch den Gutsgeistlichen gespendet, und zwar in ausreichendster Weise. Daß der Hofgänger fein ruhig, ohne Mucksen, sein Joch ertrage, dafür ist durch das ritterschastliche Polizeiamt gesorgt. Kurz, der Hofgänger führt ein Dasein, dessen Trübseligkeit im schneidendsten Gegensatz zu dem Wohlleben der Herren Grundbesitzer steht. Zur Einführung des NormalarbeitStagcS in Nußland. Nachdem die Lodzer Sektion desVereines für die Förderung der russischen Industrie" die Frage über die Normirung des Arbeitstages angeregt hat, hat sich der Moskauer  Verein für die Förderung und Entwickelung der Mannfaktur-Industrie" auch mit dieser Frage befaßt. Im Auftrage der Abtheilung dieses Vereins für die Textilindustrie hat der Vorsitzende der- selben, Aljantschikoff, 77 Fragebogen an Mitglieder des Vereins, welche Beziehungen zur Textilindustrie haben, wie auch an zwölf andere Personen(Fabrikdirektoren, Fabrikärzte und-Inspektoren) versandt und über die 36 eingelaufenen Antworten berichtet er jetzt in denRußkija Wedomosti" das folgende: Von den Antwortenden(welche Unternehmer oder meistens ihnen nahe stehende Leute sind) sagten drei, die Frage über den Normalarbeitstag sei überhaupt grund- und zwecklos ausgeworfen worden; die Antwortenden meinten, das An- egen dieser Frage sei ein schlaues Manöver der Fabri-